Glücksspiel mal anders: Tarp-Oeversee gegen ETSV Weiche ohne Schiri

Bereits seit 1997 zeichnet der Deutsche Fußball-Bund (DFB) besonders faire Spieler, Mannschaften und Funktionäre aus. Die Initiative "Fair ist mehr" soll dazu beitragen, dass faires Verhalten positiv gesehen wird - und nicht als Hemmschuh des Erfolgs. Seit dem Start der Kampagne gingen fast 7000 Meldungen beim DFB und seinen Landesverbänden ein.

Die aktuellen Sieger werden beim EM-Qualifikationsspiel der Nationalmannschaft gegen Gibraltar in Nürnberg am 14. November (ab 20.45 Uhr, live bei RTL) geehrt. DFB.de stellt vorab die fünf Amateure und zwei Profis vor, die sich in diesem Jahr vorbildlich fair auf dem Fußballplatz verhalten haben. Heute: die beiden Jugendtrainer Frank-Peter Meier und Lothar Jessen.

Schere-Stein-Papier, Schnick-Schnack-Schnuck oder Ching-Chang-Chong; egal wie man es dreht oder wendet, die weltbekannte Knobelei, bestehend aus drei simplen Gesten, ist und bleibt ein Glücksspiel. Keiner weiß, wie es vorher ausgeht und, weil jedes Symbol gegen ein anderes gewinnen kann, sollte man es nicht zur Entscheidungsfindung nutzen, wenn es um etwas Wichtiges geht. Wie zum Beispiel eine Elfmeterentscheidung…

Dass so etwas aber trotzdem passiert und dabei beispielhaft für faires Verhalten auf dem Fußballplatz sein kann, zeigt das Beispiel des A-Juniorenspiels FC Tarp-Oeversee gegen ETSV Weiche am 17. Mai 2014.

Eigentlich läuft an diesem Tag alles schief, was schief laufen kann. Es beginnt damit, dass die beiden etatmäßigen A-Jugendtrainer des ETSV Weiche beruflich verhindert sind und Frank-Peter Meier, eigentlich Jugendobmann, einspringen muss. Wie es bei A-Jugendlichen im unteren Leistungsbereich üblich ist, hagelt es am Wochenende gerne Absagen, wenn „die Jungs am Abend vorher um die Häuser ziehen“, erinnert sich Meier. „Deshalb musste ich schon vormittags die Spieler aus den Betten klingeln und mir meine Mannschaft zusammen telefonieren.“

Mit Ach und Krach kriegt Frank-Peter Meier 13 Mann zusammen, mit denen er sich zum Auswärtsspiel nach Tarp aufmacht. Dort angekommen, trifft er auf einen Leidensgenossen. Denn auch Lothar Jessen ist nur an diesem Tag verantwortlich für die A-Jugend des FC Tarp-Oeversee, normalerweise trainiert er die C-Junioren. Und das Problem, die Spieler aus den Betten zu klingeln, kannte er bis dato auch noch nicht…

„Hier fehlt doch einer!?“ Der Schiedsrichter.

Aber, geteiltes Leid ist halbes Leid, und so machen die zwei Aushilfstrainer das Beste aus der Situation, füllen zusammen den elektronischen Spielbericht aus, schicken die Jungs zum Warmmachen und freuen sich irgendwann auf das bevorstehende Spiel. Bis ihnen 20 Minuten vor dem Anpfiff auffällt: „Hier fehlt doch einer!?“ Genau, der Schiedsrichter.

Was nun? Das Spiel absagen? Wo doch der ganze Tag bereits aus purer Improvisation bestand. Die beiden Trainer überlegen und kommen auf eine „verrückte Idee“, erinnert sich Meier. „Warum nicht nach den Fairplay-Regeln der unteren Altersklassen spielen?“ Das bedeutet: ohne Schiedsrichter, beide Trainer agieren zusammen, strittige Szenen werden unter den Spielern geklärt und die Eltern halten 15 Meter Abstand zum Spielfeld. Nun ja, die letzte Regel konnte vernachlässigt werden und die die zweite Regel wurde leicht abgewandelt. Jeder Trainer sollte eine Spielhälfte bekommen, auf der nur er das Sagen hat. Auch in der Halbzeit sollte diese Seite nicht getauscht werden, damit keine Mannschaft bevorzugt wird. Nun mussten nur noch die beiden Mannschaften überzeugt werden.

„Die Begeisterung hielt sich in Grenzen“, so Meier. „Aber als sie die Wahl hatten: kicken oder das Spiel verlegen, haben sie sich doch überzeugen lassen“. Frank-Peter Meier und Lothar Jessen gehen ans Werk, ohne Pfeife, ohne Rote oder Gelbe Karte, aber immerhin mit Stoppuhr, Stift und Zettel. Und sie sind beide überrascht. Das Spiel verläuft einwandfrei. Mehr noch: „Die Jungs haben sich sogar fairer als sonst verhalten, nicht gemeckert und sich gegenseitig vom Boden hoch geholfen“, erinnert sich Meier. 2:1 steht es in der Halbzeit für den ETSV Weiche.

Elfmeter? Schere-Stein-Papier entscheidet

Auch in der zweiten Halbzeit geht es so weiter, bis plötzlich ein Tarper Spieler im Strafraum des ETSV Weiche fällt. Elfmeter sagt der Stürmer, Ball gespielt der Torhüter. Auch die Fans aus Tarp sind zum ersten Mal lautstark zu hören. Ehe die Situation eskaliert, verabreden sich Meier und Jessen am Mittelkreis, um sich zu beratschlagen. Doch bevor es soweit kommt, sehen sie, wie die beiden involvierten Spieler anfangen „Schere-Stein-Papier“ zu spielen. Papier schlägt Stein, und so bekommt der FC Tarp/Oeversee den Elfmeter zugesprochen. „Alle waren sofort damit einverstanden, wir mussten gar nicht intervenieren“, wundert sich Meier noch heute. Ebenso abgezockt wie beim Knobeln zeigt sich der Tarper Stürmer vom Elfmeterpunkt und verwandelt zum 2:2. Später gelingt den Weichern noch der Siegtreffer, die Szene des Spieltages ist aber bereits vergeben.

Es folgt eine kurze Auswertung mit den Spielern. Tenor: ein gutes Experiment, aber das nächste Mal bitte wieder mit Schiedsrichter. Obwohl sich alle einig sind, musste Frank-Peter Meier das Experiment wegen erneutem Schiedsrichtermangel in den letzten Monaten dreimal wiederholen. „Bisher ist es immer gut gegangen. Für mich bleibt es aber ein Vabanquespiel.“

Also ein Glücksspiel, genauso wie Schere-Stein-Papier. Das nun wirklich nicht jede Woche zum Einsatz kommen sollte, wenn es auf Fußballplätzen um Elfmeterentscheidungen geht. „Vor allem nicht, wenn der Torhüter eigentlich zur Schere ansetzen will, es aber durch die Handschuhe nicht richtig hinbekommt. Aber das nur am Rande“, lacht Meier über den Fauxpas seines Schlussmannes. Geschehen am 17. Mai 2014 beim Spiel FC Tarp/Oeversee gegen ETSV Weiche.

[ps]

Bereits seit 1997 zeichnet der Deutsche Fußball-Bund (DFB) besonders faire Spieler, Mannschaften und Funktionäre aus. Die Initiative "Fair ist mehr" soll dazu beitragen, dass faires Verhalten positiv gesehen wird - und nicht als Hemmschuh des Erfolgs. Seit dem Start der Kampagne gingen fast 7000 Meldungen beim DFB und seinen Landesverbänden ein.

Die aktuellen Sieger werden beim EM-Qualifikationsspiel der Nationalmannschaft gegen Gibraltar in Nürnberg am 14. November (ab 20.45 Uhr, live bei RTL) geehrt. DFB.de stellt vorab die fünf Amateure und zwei Profis vor, die sich in diesem Jahr vorbildlich fair auf dem Fußballplatz verhalten haben. Heute: die beiden Jugendtrainer Frank-Peter Meier und Lothar Jessen.

Schere-Stein-Papier, Schnick-Schnack-Schnuck oder Ching-Chang-Chong; egal wie man es dreht oder wendet, die weltbekannte Knobelei, bestehend aus drei simplen Gesten, ist und bleibt ein Glücksspiel. Keiner weiß, wie es vorher ausgeht und, weil jedes Symbol gegen ein anderes gewinnen kann, sollte man es nicht zur Entscheidungsfindung nutzen, wenn es um etwas Wichtiges geht. Wie zum Beispiel eine Elfmeterentscheidung…

Dass so etwas aber trotzdem passiert und dabei beispielhaft für faires Verhalten auf dem Fußballplatz sein kann, zeigt das Beispiel des A-Juniorenspiels FC Tarp-Oeversee gegen ETSV Weiche am 17. Mai 2014.

Eigentlich läuft an diesem Tag alles schief, was schief laufen kann. Es beginnt damit, dass die beiden etatmäßigen A-Jugendtrainer des ETSV Weiche beruflich verhindert sind und Frank-Peter Meier, eigentlich Jugendobmann, einspringen muss. Wie es bei A-Jugendlichen im unteren Leistungsbereich üblich ist, hagelt es am Wochenende gerne Absagen, wenn „die Jungs am Abend vorher um die Häuser ziehen“, erinnert sich Meier. „Deshalb musste ich schon vormittags die Spieler aus den Betten klingeln und mir meine Mannschaft zusammen telefonieren.“

Mit Ach und Krach kriegt Frank-Peter Meier 13 Mann zusammen, mit denen er sich zum Auswärtsspiel nach Tarp aufmacht. Dort angekommen, trifft er auf einen Leidensgenossen. Denn auch Lothar Jessen ist nur an diesem Tag verantwortlich für die A-Jugend des FC Tarp-Oeversee, normalerweise trainiert er die C-Junioren. Und das Problem, die Spieler aus den Betten zu klingeln, kannte er bis dato auch noch nicht…

„Hier fehlt doch einer!?“ Der Schiedsrichter.

Aber, geteiltes Leid ist halbes Leid, und so machen die zwei Aushilfstrainer das Beste aus der Situation, füllen zusammen den elektronischen Spielbericht aus, schicken die Jungs zum Warmmachen und freuen sich irgendwann auf das bevorstehende Spiel. Bis ihnen 20 Minuten vor dem Anpfiff auffällt: „Hier fehlt doch einer!?“ Genau, der Schiedsrichter.

Was nun? Das Spiel absagen? Wo doch der ganze Tag bereits aus purer Improvisation bestand. Die beiden Trainer überlegen und kommen auf eine „verrückte Idee“, erinnert sich Meier. „Warum nicht nach den Fairplay-Regeln der unteren Altersklassen spielen?“ Das bedeutet: ohne Schiedsrichter, beide Trainer agieren zusammen, strittige Szenen werden unter den Spielern geklärt und die Eltern halten 15 Meter Abstand zum Spielfeld. Nun ja, die letzte Regel konnte vernachlässigt werden und die die zweite Regel wurde leicht abgewandelt. Jeder Trainer sollte eine Spielhälfte bekommen, auf der nur er das Sagen hat. Auch in der Halbzeit sollte diese Seite nicht getauscht werden, damit keine Mannschaft bevorzugt wird. Nun mussten nur noch die beiden Mannschaften überzeugt werden.

„Die Begeisterung hielt sich in Grenzen“, so Meier. „Aber als sie die Wahl hatten: kicken oder das Spiel verlegen, haben sie sich doch überzeugen lassen“. Frank-Peter Meier und Lothar Jessen gehen ans Werk, ohne Pfeife, ohne Rote oder Gelbe Karte, aber immerhin mit Stoppuhr, Stift und Zettel. Und sie sind beide überrascht. Das Spiel verläuft einwandfrei. Mehr noch: „Die Jungs haben sich sogar fairer als sonst verhalten, nicht gemeckert und sich gegenseitig vom Boden hoch geholfen“, erinnert sich Meier. 2:1 steht es in der Halbzeit für den ETSV Weiche.

Elfmeter? Schere-Stein-Papier entscheidet

Auch in der zweiten Halbzeit geht es so weiter, bis plötzlich ein Tarper Spieler im Strafraum des ETSV Weiche fällt. Elfmeter sagt der Stürmer, Ball gespielt der Torhüter. Auch die Fans aus Tarp sind zum ersten Mal lautstark zu hören. Ehe die Situation eskaliert, verabreden sich Meier und Jessen am Mittelkreis, um sich zu beratschlagen. Doch bevor es soweit kommt, sehen sie, wie die beiden involvierten Spieler anfangen „Schere-Stein-Papier“ zu spielen. Papier schlägt Stein, und so bekommt der FC Tarp/Oeversee den Elfmeter zugesprochen. „Alle waren sofort damit einverstanden, wir mussten gar nicht intervenieren“, wundert sich Meier noch heute. Ebenso abgezockt wie beim Knobeln zeigt sich der Tarper Stürmer vom Elfmeterpunkt und verwandelt zum 2:2. Später gelingt den Weichern noch der Siegtreffer, die Szene des Spieltages ist aber bereits vergeben.

Es folgt eine kurze Auswertung mit den Spielern. Tenor: ein gutes Experiment, aber das nächste Mal bitte wieder mit Schiedsrichter. Obwohl sich alle einig sind, musste Frank-Peter Meier das Experiment wegen erneutem Schiedsrichtermangel in den letzten Monaten dreimal wiederholen. „Bisher ist es immer gut gegangen. Für mich bleibt es aber ein Vabanquespiel.“

Also ein Glücksspiel, genauso wie Schere-Stein-Papier. Das nun wirklich nicht jede Woche zum Einsatz kommen sollte, wenn es auf Fußballplätzen um Elfmeterentscheidungen geht. „Vor allem nicht, wenn der Torhüter eigentlich zur Schere ansetzen will, es aber durch die Handschuhe nicht richtig hinbekommt. Aber das nur am Rande“, lacht Meier über den Fauxpas seines Schlussmannes. Geschehen am 17. Mai 2014 beim Spiel FC Tarp/Oeversee gegen ETSV Weiche.