Julius Hirsch Preis
Julius Hirsch Preis: "Heute notwendiger denn je"
In der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern wurde gestern der Julius Hirsch Preis 2024 verliehen. Geehrt wurden Projekte, die sich in herausragender Weise gegen Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierung engagieren und für Verständigung sowie gesellschaftlichen Zusammenhalt eintreten.
Am Abend nach "Jom Kippur", dem höchsten Feiertag im Judentum, der der Versöhnung mit Gott und den Mitmenschen gewidmet ist, versammelten sich etwa 350 Gäste in der Kultusgemeinde am Sankt-Jakobs-Platz im Herzen Münchens, die diesjährigen Preisträger*innen zu ehren. Der Preis wurde von DFB-Präsident Bernd Neuendorf, DFB-Vizepräsidentin Célia Šašić und der Urenkelin Julia Hirsch überreicht. Nationalspielerin Guilia Gwinn und Dr. h.c. mult Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, zählten ebenfalls zum Kreis der prominenten Gratulant*innen.
Seit 2005 verleiht der DFB jährlich den Julius Hirsch Preis, um an den deutschen Nationalspieler jüdischen Glaubens und zweifachen Deutschen Meister Julius Hirsch (1892–1943) zu erinnern, der von den Nationalsozialisten verfolgt, entrechtet und schließlich in Auschwitz ermordet wurde. Julius Hirsch steht symbolisch für das Schicksal vieler jüdischer Sportler*innen, die unter dem NS-Regime verfolgt wurden.
Der Blick über die vier Eckfahnen hinaus
"Der Julius Hirsch Preis ist für mich der wichtigste Preis, den der DFB zu vergeben hat. Hinzu kommt, dass die Auszeichnung heute notwendiger ist denn je. Denn sie zeichnet Vereine und Initiativen aus, die sich für mehr Respekt und Miteinander sowie gegen Diskriminierung vor allem auch Antisemitismus einsetzen. Wir haben bewusst entschieden, die Preisverleihung in diesem Jahr hier, in der Israelitischen Kultusgemeinde, abzuhalten", erklärte Bernd Neuendorf in seiner Rede. "In diesem Jahr haben wir sehr unterschiedliche Preisträger, die jedoch eines gemeinsam haben: Sie blicken über das Geschehen auf dem Spielfeld hinaus und setzen sich aktiv mit den Herausforderungen im und rund um den Fußball auseinander, anstatt sie einfach hinzunehmen."
Den ersten Platz verlieh die achtköpfige Jury in diesem Jahr an die "Initiative für mehr gesellschaftliche Verantwortung im Breitensport-Fußball", ein Projekt des AG Bildung e. V. aus Sachsen. Die Initiative engagiert sich seit 2009 für Bildungsarbeit im sächsischen Fußball und thematisiert dabei Vielfalt, Gleichberechtigung und Teilhabe. Mit dem Projekt "Ein Verein für Alle" fördert sie langfristig eine offene und vielfältige Vereinskultur.
Große Wirkung durch den Fußball
Dr. h.c. mult Charlotte Knobloch, Holocaust-Überlebende und Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, betonte in ihrer bewegenden Ansprache: "Es gibt nur wenige Institutionen, die so viele Menschen begeistern können wie der Fußball. Er hat eine große Wirkung auf Jung und Alt und eine enorme gesellschaftliche Relevanz. Deshalb ist der Julius Hirsch Preis so wichtig – er würdigt das Engagement jedes Einzelnen in den Projekten und das, wofür wir heute hier zusammengekommen sind: Gemeinschaft."
Charlotte Knobloch war von 2006 bis 2010 Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland und setzt sich seit Jahrzehnten für jüdisches Leben und den interreligiösen Dialog ein. Seit vielen Jahren ist sie auch Teil der Jury, die den zweiten Preis an den Verein "Blau-Weiß statt Braun" vergab. Der Fanclub wurde im Jahr 2000 von Anhänger*innen des Karlsruher SC gegründet, um einem damals zunehmenden Rechtsextremismus in der Fanszene entgegenzuwirken. Der Fanclub verfolgt das Ziel, den Fußball "bunt oder in unserem Fall blau-weiß" zu halten und sich gegen extremistische Gruppen zu wehren.
Den dritten Platz belegte der F. C. Hertha Bonn 1918 e. V. mit dem Projekt "Fußball verbindet. Auch ohne gemeinsame Sprache." Dieses Projekt richtet sich an geflüchtete Kinder in der Erstaufnahmeeinrichtung der Bonner Ermekeilkaserne. Um die Kommunikation im Training zu erleichtern, veröffentlichte der Verein im Mai 2024 einen Leitfaden mit Bildkarten, der andere Vereine ermutigen soll, ähnliche Angebote zu entwickeln.
Giulia Gwinn: "Nicht nur Anerkennung, auch Anstoß"
Nationalspielerin Giulia Gwinn sprach über ihre eigenen Diskriminierungserfahrungen, die sie schon in jungen Jahren auf dem Spielfeld gemacht hat. "Verantwortung für andere zu übernehmen, beginnt oft im Kleinen, doch gerade diese Dinge sind von großer Bedeutung. Fußballvereine sind Orte der Begegnung, wo Konflikte zwar unausweichlich scheinen, aber auch klar sein muss, dass es für Diskriminierung keine Toleranz geben darf", sagte sie. "Der heutige Abend sollte nicht nur Anerkennung sein, sondern auch ein Anstoß. Wir sind nicht nur Menschen, sondern auch Mitmenschen."
Der Dank und die Anerkennung galten an diesem Abend nicht nur den Preisträger*innen, sondern auch all jenen, die sich in einem der insgesamt 134 Projekte für den Julius Hirsch Preis engagiert und damit einen wichtigen Beitrag zu einem respektvollen Miteinander im Fußball geleistet haben.
Kategorien: Julius Hirsch Preis, DER DFB
Autor: dfb
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