Syhre: Auf Boatengs Spuren?

Zeigt's uns! DFB.de stellt regelmäßig prägende und interessante Figuren der 3. Liga vor. Heute: Anthony Syhre vom VfL Osnabrück, der seine Partie am 7. Spieltag beim 1. FC Magdeburg erst am 15. September (ab 18.30 Uhr) absolviert.

Für jeden jungen Fußballer ist es etwas Besonderes, seinem Idol gegenüberzustehen. Bei Anthony Syhre ergab sich dies vor einem Ligaspiel mit der B-Jugend von Hertha BSC Berlin, als die Kabinentür unerwartet aufging und Nationalspieler Jerome Boateng hereinkam. "Die Nationalmannschaft hatte gerade in Berlin trainiert", erzählt Syhre im Gespräch mit DFB.de. Boateng kam in die Kabine, um uns zu motivieren. Er meinte, wir sollen unsere Chance nutzen. Vor ein paar Jahren spielte er schließlich selber noch für die B-Jugend. Es war eine tolle Sache, dass so ein großer Fußballer zu uns in die Kabine kommt."

Angesichts der vielen Gemeinsamkeiten ist es nicht verwunderlich, dass Boateng sein Vorbild ist: Beide gewannen mit der B-Jugend der Hertha die Deutsche Meisterschaft. Beide sind in der Verteidigung flexibel einsetzbar, bevorzugen aber die Position des Innenverteidigers. Beide wurden in ihrer Jugend mit der Fritz-Walter-Medaille für Nachwuchsspieler ausgezeichnet. Und beiden hängt teilweise das Image des "Berliner Jung" an. "Viele denken immer, Jungs aus Berlin haben eine große Fresse. Aber das trifft bei mir nicht zu", stellt Syhre klar.

Osnabrück statt 2. Bundesliga

Im März feierte Anthony Syhre seinen 20. Geburtstag. Er ist in einem Alter, in dem man nicht mehr als Talent gelten, sondern ein Leistungsträger sein möchte. Der VfL Osnabrück bietet ihm in der 3. Liga die Möglichkeit dazu. "Er ist beidfüßig, robust und bringt daher ideale Voraussetzungen mit", schwärmte VfL-Sportkoordinator Lothar Gans bei seiner Verpflichtung. Syhre hatte bereits im vergangenen Jahr ein Probetraining in Osnabrück absolviert. Eine Ausleihe war damals im Gespräch. Nun wurde er fest verpflichtet und unterschrieb einen Zweijahresvertrag bis Sommer 2017. "Es gab auch Angebote aus der 2. Bundesliga, aber der VfL ist der richtige Verein, um im Profibereich Fuß zu fassen und den nächsten Schritt zu machen", erklärt er. "Für mich ist Spielpraxis das Wichtigste."

Seine Qualitäten konnte der 1,86 Meter große Abwehrspieler die letzten Jahre speziell bei den U-Nationalmannschaften unter Beweis stellen. Der größte Erfolg war der Gewinn des Europameistertitels 2014 mit der U 19-Nationalmannschaft in Ungarn. In drei Spielen kam er zum Einsatz, steuerte sogar ein Tor zum Auftaktsieg gegen Bulgarien bei. Im Endspiel gegen Portugal wurde er in der Nachspielzeit eingewechselt. "Was gibt es Schöneres, als im Finale ins Spiel zu kommen, ein bisschen die Luft zu schnuppern und dann mit dem ganzen Team zu feiern?", fragt er.

Gerne hätte er auch in diesem Jahr einen Titelgewinn bejubelt. Doch bei der U 20-Weltmeisterschaft in Neuseeland scheiterte Deutschland im Viertelfinale an Mali. Syhre hatte lediglich beim Vorrundenspiel gegen Usbekistan einen Kurzeinsatz, verfolgte die Spiele ansonsten von der Bank aus. Trotzdem bezeichnet er die Weltmeisterschaft als ein schönes Event: "Wir wussten, dass die WM schwieriger wird als die Europameisterschaft im Jahr zuvor. Letztendlich ist es auch Pech, wenn man im Elfmeterschießen ausscheidet. Wir haben trotzdem ein super Turnier gemacht, viel erlebt und sind als Mannschaft zusammengewachsen."

Gegen Bayern auf der Hertha-Bank

Dass Anthony Syhre ein großes Talent ist, blieb auch den Verantwortlichen von Hertha BSC nicht verborgen. Kaum hatte er 2012 die B-Jugend Meisterschaft gewonnen, fand er sich bereits bei der U 23 in der Regionalliga wieder. Auch die ersten Trainingseinheiten bei den Profis ließen nicht lange auf sich warten. Sein persönliches Highlight: Im März 2014 saß er beim Heimspiel gegen den FC Bayern München auf der Bank. "Wenn man sich direkt neben diesen Stars warm macht und das Spiel aus der Nähe verfolgt, ist das etwas ganz Anderes als im Fernsehen", sagt er.

Einen Grund dafür, dass der Traum vom Profidebüt bei der Hertha unerfüllt blieb, kann er nicht nennen: "Das hängt von vielen Dingen ab. Man braucht das Talent, muss Glück haben, gesund bleiben und braucht den richtigen Trainer. Aber letztendlich gibt es viele Wege nach Rom." Mit Rom meint er die Bundesliga. Der Weg dorthin ist nun der VfL.

Unter Enochs "fängt jeder bei Null an"

Syhre ist in Osnabrück noch in der Findungsphase. Drei Einsätze hat er nach sechs Spieltagen vorzuweisen. Unter Ex-Trainer Maik Walpurgis hatte er sich am dritten und vierten Spieltag einen Platz in der Startformation erkämpft. Doch nach dem verpatzten Saisonstart (nur zwei Punkte nach vier Spielen) trennte sich der Verein von Walpurgis und übergab Joe Enochs die Verantwortung, der inzwischen vom Interims- zum Cheftrainer aufgestiegen ist. "Nun werden die Karten wieder neu gemischt, jeder fängt bei Null an", weiß Syhre. Beim jüngsten Sieg gegen Holstein Kiel kam er immerhin zu einem zehnminütigen Einsatz.

Das Wichtigste sei ohnehin, dass die Mannschaft nun endlich ihr Potenzial abrufe. Sechs Punkte aus den beiden Spielen unter Enochs sind der beste Beweis. "Vorher haben wir häufig die Tore nicht gemacht", so Syhre. "Meist ist es die Konsequenz, dass die Tore stattdessen hinten reingehen. Aber nun haben wir uns gefangen."

Nach der Länderspielpause steht das Heimspiel gegen den SV Wehen Wiesbaden am Samstag, 12. September (ab 14 Uhr), an. Dank der jüngsten Erfolgserlebnissen ist das Selbstvertrauen nach Osnabrück zurückgekehrt. "Wenn wir die nächsten Spiele gut bestreiten, können wir im oberen Tabellendrittel landen", sagt Syhre voller Überzeugung. Er selbst will dann auch mehr beitragen - es muss ja nicht direkt so steil bergauf gehen wie beim großen Vorbild Boateng.

[oj]

Zeigt's uns! DFB.de stellt regelmäßig prägende und interessante Figuren der 3. Liga vor. Heute: Anthony Syhre vom VfL Osnabrück, der seine Partie am 7. Spieltag beim 1. FC Magdeburg erst am 15. September (ab 18.30 Uhr) absolviert.

Für jeden jungen Fußballer ist es etwas Besonderes, seinem Idol gegenüberzustehen. Bei Anthony Syhre ergab sich dies vor einem Ligaspiel mit der B-Jugend von Hertha BSC Berlin, als die Kabinentür unerwartet aufging und Nationalspieler Jerome Boateng hereinkam. "Die Nationalmannschaft hatte gerade in Berlin trainiert", erzählt Syhre im Gespräch mit DFB.de. Boateng kam in die Kabine, um uns zu motivieren. Er meinte, wir sollen unsere Chance nutzen. Vor ein paar Jahren spielte er schließlich selber noch für die B-Jugend. Es war eine tolle Sache, dass so ein großer Fußballer zu uns in die Kabine kommt."

Angesichts der vielen Gemeinsamkeiten ist es nicht verwunderlich, dass Boateng sein Vorbild ist: Beide gewannen mit der B-Jugend der Hertha die Deutsche Meisterschaft. Beide sind in der Verteidigung flexibel einsetzbar, bevorzugen aber die Position des Innenverteidigers. Beide wurden in ihrer Jugend mit der Fritz-Walter-Medaille für Nachwuchsspieler ausgezeichnet. Und beiden hängt teilweise das Image des "Berliner Jung" an. "Viele denken immer, Jungs aus Berlin haben eine große Fresse. Aber das trifft bei mir nicht zu", stellt Syhre klar.

Osnabrück statt 2. Bundesliga

Im März feierte Anthony Syhre seinen 20. Geburtstag. Er ist in einem Alter, in dem man nicht mehr als Talent gelten, sondern ein Leistungsträger sein möchte. Der VfL Osnabrück bietet ihm in der 3. Liga die Möglichkeit dazu. "Er ist beidfüßig, robust und bringt daher ideale Voraussetzungen mit", schwärmte VfL-Sportkoordinator Lothar Gans bei seiner Verpflichtung. Syhre hatte bereits im vergangenen Jahr ein Probetraining in Osnabrück absolviert. Eine Ausleihe war damals im Gespräch. Nun wurde er fest verpflichtet und unterschrieb einen Zweijahresvertrag bis Sommer 2017. "Es gab auch Angebote aus der 2. Bundesliga, aber der VfL ist der richtige Verein, um im Profibereich Fuß zu fassen und den nächsten Schritt zu machen", erklärt er. "Für mich ist Spielpraxis das Wichtigste."

Seine Qualitäten konnte der 1,86 Meter große Abwehrspieler die letzten Jahre speziell bei den U-Nationalmannschaften unter Beweis stellen. Der größte Erfolg war der Gewinn des Europameistertitels 2014 mit der U 19-Nationalmannschaft in Ungarn. In drei Spielen kam er zum Einsatz, steuerte sogar ein Tor zum Auftaktsieg gegen Bulgarien bei. Im Endspiel gegen Portugal wurde er in der Nachspielzeit eingewechselt. "Was gibt es Schöneres, als im Finale ins Spiel zu kommen, ein bisschen die Luft zu schnuppern und dann mit dem ganzen Team zu feiern?", fragt er.

Gerne hätte er auch in diesem Jahr einen Titelgewinn bejubelt. Doch bei der U 20-Weltmeisterschaft in Neuseeland scheiterte Deutschland im Viertelfinale an Mali. Syhre hatte lediglich beim Vorrundenspiel gegen Usbekistan einen Kurzeinsatz, verfolgte die Spiele ansonsten von der Bank aus. Trotzdem bezeichnet er die Weltmeisterschaft als ein schönes Event: "Wir wussten, dass die WM schwieriger wird als die Europameisterschaft im Jahr zuvor. Letztendlich ist es auch Pech, wenn man im Elfmeterschießen ausscheidet. Wir haben trotzdem ein super Turnier gemacht, viel erlebt und sind als Mannschaft zusammengewachsen."

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Gegen Bayern auf der Hertha-Bank

Dass Anthony Syhre ein großes Talent ist, blieb auch den Verantwortlichen von Hertha BSC nicht verborgen. Kaum hatte er 2012 die B-Jugend Meisterschaft gewonnen, fand er sich bereits bei der U 23 in der Regionalliga wieder. Auch die ersten Trainingseinheiten bei den Profis ließen nicht lange auf sich warten. Sein persönliches Highlight: Im März 2014 saß er beim Heimspiel gegen den FC Bayern München auf der Bank. "Wenn man sich direkt neben diesen Stars warm macht und das Spiel aus der Nähe verfolgt, ist das etwas ganz Anderes als im Fernsehen", sagt er.

Einen Grund dafür, dass der Traum vom Profidebüt bei der Hertha unerfüllt blieb, kann er nicht nennen: "Das hängt von vielen Dingen ab. Man braucht das Talent, muss Glück haben, gesund bleiben und braucht den richtigen Trainer. Aber letztendlich gibt es viele Wege nach Rom." Mit Rom meint er die Bundesliga. Der Weg dorthin ist nun der VfL.

Unter Enochs "fängt jeder bei Null an"

Syhre ist in Osnabrück noch in der Findungsphase. Drei Einsätze hat er nach sechs Spieltagen vorzuweisen. Unter Ex-Trainer Maik Walpurgis hatte er sich am dritten und vierten Spieltag einen Platz in der Startformation erkämpft. Doch nach dem verpatzten Saisonstart (nur zwei Punkte nach vier Spielen) trennte sich der Verein von Walpurgis und übergab Joe Enochs die Verantwortung, der inzwischen vom Interims- zum Cheftrainer aufgestiegen ist. "Nun werden die Karten wieder neu gemischt, jeder fängt bei Null an", weiß Syhre. Beim jüngsten Sieg gegen Holstein Kiel kam er immerhin zu einem zehnminütigen Einsatz.

Das Wichtigste sei ohnehin, dass die Mannschaft nun endlich ihr Potenzial abrufe. Sechs Punkte aus den beiden Spielen unter Enochs sind der beste Beweis. "Vorher haben wir häufig die Tore nicht gemacht", so Syhre. "Meist ist es die Konsequenz, dass die Tore stattdessen hinten reingehen. Aber nun haben wir uns gefangen."

Nach der Länderspielpause steht das Heimspiel gegen den SV Wehen Wiesbaden am Samstag, 12. September (ab 14 Uhr), an. Dank der jüngsten Erfolgserlebnissen ist das Selbstvertrauen nach Osnabrück zurückgekehrt. "Wenn wir die nächsten Spiele gut bestreiten, können wir im oberen Tabellendrittel landen", sagt Syhre voller Überzeugung. Er selbst will dann auch mehr beitragen - es muss ja nicht direkt so steil bergauf gehen wie beim großen Vorbild Boateng.