DFB-All-Stars
Martina Müller: "Es war eine großartige Zeit"
Nach der Serie ist vor der Serie. Im CdN-Magazin haben ehemalige Nationalspieler*innen bislang über ihre ersten Länderspiele gesprochen. Nun reden die DFB-All Stars im neuen Newsletter über ihre besten Länderspiele. Nach dem Auftakt zuletzt durch Erich "Ete" Beer erinnert sich nun die 101-fache Nationalspielerin Martina Müller an eine Partie im September 2012 – beim 10:0 gegen die Türkei sind der heute 44-Jährigen drei Treffer in ihrem 100. und gleichzeitig vorletzten Länderspiel gelungen.
DFB.de: Martina Müller, lassen Sie uns über Ihr bestes Länderspiel sprechen. Müssen wir uns dafür auf eine Reise in den September 2012 begeben?
Martina Müller: Zum Tag meines 100. Länderspiels?
DFB.de: Genau.
Müller: Wir haben gegen die Türkei 10:0 gewonnen und mir sind drei Tore gelungen. Es war sicher aufgrund der beiden Aspekte, die da zusammengekommen sind, mein bestes Länderspiel.
DFB.de: Was bedeutet es Ihnen, über 100 Länderspiele bestritten zu haben?
Müller: Sehr viel. Zu diesem Anlass haben ich damals einen Pokal bekommen, der während unseres Gesprächs neben mir steht. Übrigens direkt neben einem Duplikat des WM-Pokals. Beide müssten mal wieder etwas entstaubt werden. (lacht) Wenige Tage vor meinem 100. Länderspiele hatte ich mit der damaligen Bundestrainerin Silvia Neid gesprochen, dass ich meine DFB-Karriere beenden werde. Gleichzeitig habe ich ihr gesagt, dass ich auf jeden Fall das 100. Länderspiel noch bestreiten möchte.
DFB.de: Am Ende sind es 101 Länderspiele geworden.
Müller: Richtig, eines ist dann im November 2012 noch dazu gekommen. Und dann war das Kapitel für mich auch beendet. Es war eine großartige Zeit. Ich bin auf jedes einzelne stolz und bin auch insgesamt sehr glücklich über meine Länderspielzeit. Ich habe jede Minute genossen, in der ich das DFB-Trikot tragen durfte – für mich gab es in dieser Hinsicht auch keinen Unterschied, ob es ein Freundschaftsspiel oder ein WM-Finale ist.
DFB.de: Lassen Sie uns noch einmal zum 10:0 gegen die Türkei und Ihre drei Tore zurückkommen. Was ist Ihnen in Erinnerung geblieben von dieser Begegnung?
Müller: Puh, ich habe befürchtet, dass die Frage kommen würde. Das ist zwölf Jahre her… Ich weiß noch, dass es ein typisches Martina-Müller-Spiel. Ich war beim DFB ja sozusagen der Edel-Joker. Und so auch in dieser Partie. Ich bin nach etwa einer Stunde in die Begegnung gekommen und habe noch dreimal getroffen – unter anderem in der 86. und 90. Minute. Mir war es immer völlig egal, wie es stand und wie der Gegner hieß. Ich wollte immer meine Tore machen und dem Spiel meinen Stempel aufdrücken. Ich denke, dass mich das ausgezeichnet hat. Ich war immer da, wenn man mich gebraucht hat. Das wussten auch Tina Theune und Silvia Neid, die beiden Bundestrainerinnen, die ich erleben durfte. Einen Satz von Tina werde ich nie vergessen.
DFB.de: Nämlich?
Müller: Dass ich schwer auszurechnen sei – sowohl für die Gegnerinnen, als auch für meine Mitspielerinnen. Heute kann ich sagen, dass sie damit den Nagel wahrscheinlich auf den Kopf getroffen hat.
DFB.de: Von Ihren 101 Länderspielen haben sie nur elf Begegnung über 90 Minuten bestritten. 75 Mal sind Sie eingewechselt worden. Wie sind Sie mit dieser Rolle umgegangen?
Müller: Ich hätte es natürlich gerne anders gehabt. Alles andere wäre eine Lüge. Aber wir hatten zu meiner Zeit überragende Stürmerinnen im Kader.
DFB.de: Birgit Prinz, Sandra Smisek und Claudia Müller zum Beispiel.
Müller: Da war es einfach schwierig für mich, einen Platz in der Startelf zu erkämpfen. Ich musste mich oft hintenanstellen. Das war nicht immer schön. Aber ich habe mich stets in den Dienst der Mannschaft gestellt und meine Rolle so angenommen, wie sie war. Ich musste immer 100 Prozent geben. Denn ich wusste auch, dass ich vielleicht nicht dabei sein werde, wenn ich es schleifen lasse. Heute kann ich im Rückblick schon sagen, dass ich von meinen Trainerinnen für meinen Einsatz belohnt worden bin.
DFB.de: Sie haben mit der DFB-Auswahl unter anderen zweimal die Europameisterschaft und zweimal die Weltmeisterschaft gewonnen. Welche Erfolge stechen heraus?
Müller: Nichts geht über die großen Turniere. In meinem Fall war es wahrscheinlich die Weltmeisterschaft 2007 in China. Das Turnier war unglaublich. Wir hatten einen überragenden Zusammenhalt innerhalb des Teams. Es war Wahnsinn, als ich vor 31.000 Zuschauerinnen und Zuschauern im Finale gegen Brasilien 15 Minuten vor Schluss eingewechselt wurde.
DFB.de: Mal wieder eine Einwechslung…
Müller: Ja, mal wieder. Aber in diesem Fall sind auch diese paar Minuten unvergesslich. Was nach unserem Triumph abgegangen ist, war unbeschreiblich. Ich hatte mit diesem Team das Gefühl, dass uns überhaupt nichts passieren konnte. Niemand war in der Lage, uns zu stoppen. Wir hatten ganz starke Charaktere in der Mannschaft. Es war großartig.
DFB.de: Auffällig in Ihrer Vita neben all den Titel ist auch, dass Sie 2005 als Welt- und Europameisterin zum VfL Wolfsburg gewechselt sind, der gerade in die 2. Bundesliga abgestiegen war. Warum?
Müller: Es war eine Bauchentscheidung und die Verantwortlichen haben mir den Weg gezeigt, den der Frauenfußball in Wolfsburg in den darauffolgenden Jahren gehen sollte. Und genauso ist es ja auch gekommen. Wir haben alles gewonnen. Wirklich alles. Natürlich war dieser Wechsel ein Risiko. Aber ich bin für diesen Schritt doppelt und dreifach belohnt worden.
DFB.de: Hatten Sie keine Sorge, dass Sie damit Ihre Karriere beim DFB gefährden könnten?
Müller: Ich habe natürlich vorher mit Tina Theune und Silvia Neid gesprochen und sie um Rat gefragt. Beide haben mir versichert, dass ich selbstverständlich dabeibleibe, wenn ich weiterhin meine Leistung bringe und Tore machen.
DFB.de: 36 Treffer sind Ihnen in dieser Zweitligasaison gelungen…
Müller: Diese Saison war eine der härtesten, die ich erlebt habe. Wir waren der große Favorit und alle waren gegen uns extrem motiviert. Auch hier kann ich nur sagen: Es war eine fantastische Zeit. Ich glaube, dass wir damals den Grundstein dafür gelegt haben, dass der VfL in den Jahren danach national und international lange über allen anderen gethront hat. In Wolfsburg habe ich die besten Spiele meines Lebens bestritten. Hier habe ich auch die wichtigsten Tore meiner Karriere gemacht.
DFB.de: Zum Beispiel beim 1:0 im Finale der Champions League 2013.
Müller: Ja, das ist eines von mehreren Beispielen. Niemand hat damals damit gerechnet, dass wir wirklich das Triple holen könnten. Aber wir haben es geschafft. Und warum? Nicht weil wir die besten Spielerinnen hatten. Auch hier war für mich der Zusammenhalt wieder der entscheidende Faktor.
DFB.de: Sie haben 2015 Ihre Karriere beendet. Aber ganz ohne Fußball geht es dann doch nicht.
Müller: Sie sprechen mein Comeback im Amateurfußball beim TSV Barmke an.
DFB.de: Ja, wie kam es dazu?
Müller: Ich hatte einfach Lust dazu. Ich wollte nochmal die Faszination Amateurfußball erleben und hatte viel Spaß in der zweiten Mannschaft des TSV Barmke. Aber der Fußball beansprucht auch auf diesem Niveau unfassbar viel Zeit – und die kann und will ich nicht mehr investieren. Ich habe zum Schluss die letzten zwei Spiele nochmal in der ersten Mannschaft ausgeholfen und so meinen Teil dazu beigetragen, dass wir den Abstieg aus der Regionalliga Nord verhindern konnten. Das war ein schöner Abschluss.
10:0 gegen die Türkei: Martina Müller trifft dreimal
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Autor: sl
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