DFB-Pokal

Vor 50 Jahren: Pokalfinale von Düsseldorf

17.08.2024
Jürgen Grabowski (l.): "Der Pokalsieg ist genauso wertvoll wie die Weltmeisterschaft"

An diesem Wochenende startet die neue Pokalrunde, wie eigentlich immer im August. Heute vor 50 Jahren aber endete sie – mit dem Finale von Düsseldorf. Ein Pokal-Finale zum Saisonstart, noch vor Anpfiff der Bundesliga – wie konnte das denn sein?

Das verdankten die Zuschauer der WM 1974 im eigenen Land, auch begann der Wettbewerb 1973 erst am 1. Dezember. Schon da stand fest: das Finale steigt am 17. August. Denn die Bundesliga-saison endete am 18. Mai, zehn Tage später berief Bundestrainer Helmut Schön seine WM-Kandidaten nach Malente. Nationalspieler, die eventuell im Finale gestanden hätten, hätten bei einem Termin in der Woche darauf quasi gar keinen Urlaub gehabt. Außerdem brauchte das WM-OK jede helfende Hand, es war einfach viel praktischer, das Pokal-Finale nicht noch vor der WM organisieren zu müssen.

Von Nachteil war es nur für die Spieler, die den Verein wechselten, da blieb der DFB streng. Die Verträge begannen mit dem 1. Juli und so konnte Frankfurts zu Hertha BSC gewechselter Abwehrriese Uwe Kliemann, der auf dem Weg zum Finale keine Minute versäumt hatte, nur als Ehrengast auf der Tribüne dabei sein. Außerdem war zu befürchten, dass der Termin von Nachteil für das Niveau des Spiels hätte sein können.

August-Finale im Jahr 1970

Die Spieler kamen direkt aus der Vorbereitung, die Frankfurter Weltmeister Jürgen Grabowski und Bernd Hölzenbein stiegen zudem drei Wochen später ein, während der HSV damals keine Nationalspieler hatte. Aber schon 1970, damals wegen eines allzu strengen und langen Winters mit vielen Nachholterminen, hatte es ein sehenswertes August-Finale gegeben, als Außenseiter Kickers Offenbach, gerade aufgestiegen, den 1. FC Köln 2:1 schlug. Das machten ihnen nun die großen Nachbarn von der anderen Main-Seite nach.

Die Zuschauer im Düsseldorfer Rhein-Stadion sahen ein gutes Finale, in dem die Eintracht vom Anpfiff weg dominierte. Das 1:0 fiel aber nur, weil sich ein Spieler nicht an die Vorgabe des Trainers hielt: Gert Trinklein sollte auf Kommando von Dietrich Weise eigentlich die Mittellinie nicht überschreiten, nach 40 Minuten tat es der Verteidiger doch und überwand Rudi Kargus mit einem raffinierten Schlenzer. Aber auch der HSV hatte damals einen Kunstschützen: der Däne Ole Björnmose, einer von zwei erlaubten Ausländern pro Team, glich nach 75 Minuten aus rund 25 Metern aus.

Hamburgs Abwehrchef Peter Nogly traf noch die Frankfurter Latte, dann kam der vorläufige Abpfiff. Jeder dominierte eine Halbzeit, da war die Verlängerung nur folgerichtig.  In der wurde der frisch gekürte Weltmeister Bernd Hölzenbein seinem Ruf als Schlitzohr gerecht und schaltete nach einer unübersichtlichen Situation am schnellsten, überlupfte Kargus (95.) zum 2:1. Was war so unübersichtlich? Schiedsrichter Hans-Joachim Weyland entschied im Mittelfeld nach einem Foul auf Freistoß. Doch für wen eigentlich? Die Interviewaussagen danach trugen zur Aufklärung nicht bei. HSV-Verteidiger Manfred Kaltz beteuerte, Weyland habe seinem Mitspieler Kurt Eigl gesagt: "Für Blau!" – also den HSV. Frankfurts Bernd Nickel wiederum will von Weyland gehört haben: "Ja, für Frankfurt!"

Kraus sorgt für die Entscheidung

Während viele noch am Grübeln waren, schaltete Hölzenbein wieder mal am schnellsten und sorgte für die Vorentscheidung. Die Entscheidung überließ er Wolfgang Kraus, dessen Flugkopfballtor (105.) er per Flanke vorbereitete. Fertig war Frankfurts erster Pokalsieg überhaupt und der Bundestrainer war voll des Lobes: "Ich muss beiden Mannschaften ein Kompliment machen, dass sie zu Saisonstart bereits so konditionsstark waren. Eintracht Frankfurt hat vielleicht um ein Tor zu hoch gewonnen." Das war den Hessen herzlich egal. "Der Pokalsieg ist für mich genauso wertvoll wie die Weltmeisterschaft.", sagte Kapitän Jürgen Grabowski voller Stolz.

Um das Eintracht-Idol rankte sich noch eine lustige Geschichte. Nach Abpfiff tauschte er, wie er das gewohnt war nach großen Spielen, sein Trikot und übernahm dann den Pokal im HSV-Dress. Wäre das früher nur ein optischer Faux pas gewesen, war es diesmal ein kleines Politikum. Denn beide Seiten trugen Trikotwerbung, weshalb übrigens das ZDF die Liveübertragung noch platzen lassen wollte. Ansichten von 1974, heute kaum vorstellbar.

Für die Eintracht war es zudem eine Premiere, in den 75 Jahren davor prangte nur der Adler auf ihrer Brust. Sponsor Remington durfte also nicht nachhaltig verärgert werden und so stülpten sie Grabowski vor den nächsten Siegerfotos schnell ein Ersatzspielerdress über. Trotzdem bedankte sich der HSV-Sponsor Campari mit sechs Flaschen Likör der Hausmarke. Geschichten, die der Pokal erzählt. Nicht nur, aber auch im August, aber wohl nie mehr in einem Finale.

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Autor: um