Alemannia-Trainer Heiner Backhaus: "Wir sind Herausforderer"

Nach elf Jahren Abstinenz meldet sich der Traditionsklub Alemannia Aachen in der 3. Liga zurück. Gleich zum Auftakt geht es am Samstag (ab 14 Uhr, live bei MagentaSport und im WDR) zum Westklassiker beim alten Rivalen Rot-Weiss Essen. 1953 standen sich die beiden Klubs sogar im Endspiel um den DFB-Pokal gegenüber (2:1 für RWE in Düsseldorf), später auch in der Bundesliga.

Im DFB.de-Interview spricht Aachens Aufstiegstrainer Heiner Backhaus (42) mit Mitarbeiter Peter Haidinger über das Wiedersehen mit seinem früheren Verein, die Euphorie rund um den Tivoli und seine Teilnahme am 70. Pro-Lizenz-Lehrgang am DFB-Campus in Frankfurt.

DFB.de: Der Saisonstart in der 3. Liga steht auch für Alemannia Aachen kurz bevor. Mit welchen Gefühlen gehen Sie nach der Vorbereitung in das Auftaktspiel bei Ihrem früheren Verein Rot-Weiss Essen, Herr Backhaus?

Heiner Backhaus: Wir haben bei der 0:1-Testspielniederlage gegen den Bundesligisten VfL Bochum und auch beim 1:2 gegen den niederländischen Zweitligisten Roda JC Kerkrade starke Leistungen gezeigt. Die Art und Weise, wie wir bislang aufgetreten sind, macht große Lust auf den Westschlager in Essen. Wir haben viel zu gewinnen und wenig zu verlieren.

DFB.de: Worauf wurde während der Vorbereitung neben der Integration der Neuzugänge der Fokus gelegt?

Backhaus: Die größten Unterschiede zwischen der Regionalliga und der 3. Liga sind die körperliche Fitness und das Tempo. Die Wucht und Robustheit sowie das Sprintvermögen der einzelnen Teams entscheiden am Ende oft über Sieg oder Niederlage. Bei den Zugängen haben wir deshalb besonders darauf geachtet, dass sie vor allem läuferisch und körperlich die Voraussetzungen mitbringen, um in dieser herausfordernden Spielklasse mithalten zu können.

DFB.de: Alemannia Aachen ist erstmals seit elf Jahren wieder in der dritthöchsten deutschen Spielklasse vertreten. Was bedeutet das für den Klub und das Umfeld?

Backhaus: Unseren Fans ist nach dem Aufstieg eine Last abgefallen. Elf Jahre nur in Nordrhein-Westfalen zu spielen, ist für einen Traditionsverein wie Alemannia Aachen hart. Wir haben bereits knapp 17.000 Dauerkarten verkauft, was die Lust auf überregionalen Fußball eindeutig dokumentiert. Mit diesem Zuspruch ist allerdings auch eine gewisse Erwartungshaltung verbunden. In der abgelaufenen Saison haben wir unter meiner Regie elf von 13 Heimspielen am Tivoli gewonnen. Diese Quote werden wir in der 3. Liga kaum toppen können. Wir gehen demütig an die neue Aufgabe heran, müssen erst einmal in der Liga ankommen.

DFB.de: Als Sie das Team im September 2023 übernommen hatten, betrug der Rückstand zur Tabellenspitze bereits zehn Punkte. Mal Hand aufs Herz: Haben Sie zu dem Zeitpunkt überhaupt an den Aufstieg gedacht?

Backhaus: Durch die Siege in den direkten Duellen mit den Konkurrenten Wuppertaler SV oder Fortuna Köln ist uns in der Tabelle recht schnell ein großer Sprung gelungen. Danach waren wir zumindest schon in Schlagdistanz. Grundsätzlich habe ich aber nur von Spiel zu Spiel und an das nächste Training gedacht. Genauso werden wir auch in die neue Saison gehen - und zwar unabhängig davon, ob wir nun gut oder schlecht starten.

DFB.de: Seit Ende Januar nehmen Sie am 70. Pro-Lizenz-Lehrgang am DFB-Campus teil, streben also die höchste Ausbildungsstufe als Trainer an. Welche Bedeutung hat das für Sie?

Backhaus: Der Pro-Lizenz Lehrgang stellt für jeden Trainer einen überragenden Mehrwert dar. Besonders mit Blick auf die Inhalte und Strukturen bringt mich die Ausbildung definitiv auf die nächste Stufe.

DFB.de: Was hat Sie besonders beeindruckt oder vielleicht auch überrascht?

Backhaus: Die Dinge und Trainingsabläufe, mit denen ich mich tagtäglich beschäftige, werden von mir reflektiert betrachtet. Ständig frage ich mich: Wie komme ich zu einer Entscheidung? Das kann ich noch besser machen? Das sind Aspekte, mit denen ich mich nun noch mehr beschäftige. Außerdem gehen alle Teilnehmer des Lehrgangs sehr ehrlich miteinander um und lernen viel untereinander. Im "richtigen Leben" sagt dir ein Co-Trainer niemals, was du gut oder nicht gut gemacht hast.

DFB.de: Wie würden Sie sich selbst als Trainertyp bezeichnen?

Backhaus: Es ist besser, wenn andere Leute das bewerten. Man sagt mir allerdings nach, dass die Kommunikation mit den Spielern und die Mannschaftsführung insgesamt zu meinen Stärken gehören. Ich habe eine gewisse Dominanz vor der Gruppe, bevorzuge einen klaren Führungsstil. Dinge wie Kampf, Einsatz, Leidenschaft, Moral, Haltung, Sprintqualität und -quantität sind bei mir unverhandelbar. Dazu komme ich sehr gut mit Drucksituationen klar und habe kein Problem damit, wenn es auch mal unruhig wird. Das ist speziell bei einem großen Traditionsverein wie der Alemannia ein wichtiger Punkt.

DFB.de: Zuletzt haben mit dem SSV Ulm 1846 Fußball und dem SC Preußen Münster gleich zwei Aufsteiger aus der Regionalliga den Durchmarsch in die 2. Bundesliga geschafft. Ist ein solches Szenario auch in Aachen denkbar?

Backhaus: Denkbar ist alles. Wenn wir über Ulm und Münster reden, sollten wir aber auch den VfB Lübeck nicht vergessen, der als Aufsteiger sofort wieder runtergegangen ist. Unser klares Ziel ist erst einmal, den Klassenverbleib so früh wie möglich zu sichern. Wenn wir alles investieren, haben wir gute Chancen, in der Liga zu bleiben. Sollte es zu Beginn gut laufen und die Leute gleich vom Durchmarsch sprechen, werden wir Probleme bekommen.

DFB.de: Der Saisonauftakt steigt bei Ihrem Ex-Klub Rot-Weiss Essen. Wie denken Sie an Ihre Zeit als Spieler an der Hafenstraße zurück?

Backhaus: Ich freue mich unglaublich auf die Partie, weil meine Zeit bei RWE sehr emotional war. Ich habe als A-Jugendlicher den Sprung in den RWE-Profikader geschafft. Ich war damals noch sehr grün hinter den Ohren, hatte mit Klaus Berge aber einen Trainer, der mich sehr gefördert hat. Wir hatten damals mit Typen wie Olaf Skok, Sascha Wolf oder Helmut Rahner eine extreme Hierarchie in der Mannschaft. Ich hielt meine Klappe und gab alles, um Spiele zu gewinnen. Dadurch wurde ich schnell akzeptiert.

DFB.de: Was nehmen Sie sich für das Auftaktspiel an der Hafenstraße vor?

Backhaus: Die Essener Mannschaft verfügt über mehr Drittligaerfahrung, ist uns auch individuell einen Schritt voraus. Wir sind Herausforderer, haben aber auch ein brutal starkes Kollektiv und werden mit allen Mitteln dagegenhalten.

[mspw]

Nach elf Jahren Abstinenz meldet sich der Traditionsklub Alemannia Aachen in der 3. Liga zurück. Gleich zum Auftakt geht es am Samstag (ab 14 Uhr, live bei MagentaSport und im WDR) zum Westklassiker beim alten Rivalen Rot-Weiss Essen. 1953 standen sich die beiden Klubs sogar im Endspiel um den DFB-Pokal gegenüber (2:1 für RWE in Düsseldorf), später auch in der Bundesliga.

Im DFB.de-Interview spricht Aachens Aufstiegstrainer Heiner Backhaus (42) mit Mitarbeiter Peter Haidinger über das Wiedersehen mit seinem früheren Verein, die Euphorie rund um den Tivoli und seine Teilnahme am 70. Pro-Lizenz-Lehrgang am DFB-Campus in Frankfurt.

DFB.de: Der Saisonstart in der 3. Liga steht auch für Alemannia Aachen kurz bevor. Mit welchen Gefühlen gehen Sie nach der Vorbereitung in das Auftaktspiel bei Ihrem früheren Verein Rot-Weiss Essen, Herr Backhaus?

Heiner Backhaus: Wir haben bei der 0:1-Testspielniederlage gegen den Bundesligisten VfL Bochum und auch beim 1:2 gegen den niederländischen Zweitligisten Roda JC Kerkrade starke Leistungen gezeigt. Die Art und Weise, wie wir bislang aufgetreten sind, macht große Lust auf den Westschlager in Essen. Wir haben viel zu gewinnen und wenig zu verlieren.

DFB.de: Worauf wurde während der Vorbereitung neben der Integration der Neuzugänge der Fokus gelegt?

Backhaus: Die größten Unterschiede zwischen der Regionalliga und der 3. Liga sind die körperliche Fitness und das Tempo. Die Wucht und Robustheit sowie das Sprintvermögen der einzelnen Teams entscheiden am Ende oft über Sieg oder Niederlage. Bei den Zugängen haben wir deshalb besonders darauf geachtet, dass sie vor allem läuferisch und körperlich die Voraussetzungen mitbringen, um in dieser herausfordernden Spielklasse mithalten zu können.

DFB.de: Alemannia Aachen ist erstmals seit elf Jahren wieder in der dritthöchsten deutschen Spielklasse vertreten. Was bedeutet das für den Klub und das Umfeld?

Backhaus: Unseren Fans ist nach dem Aufstieg eine Last abgefallen. Elf Jahre nur in Nordrhein-Westfalen zu spielen, ist für einen Traditionsverein wie Alemannia Aachen hart. Wir haben bereits knapp 17.000 Dauerkarten verkauft, was die Lust auf überregionalen Fußball eindeutig dokumentiert. Mit diesem Zuspruch ist allerdings auch eine gewisse Erwartungshaltung verbunden. In der abgelaufenen Saison haben wir unter meiner Regie elf von 13 Heimspielen am Tivoli gewonnen. Diese Quote werden wir in der 3. Liga kaum toppen können. Wir gehen demütig an die neue Aufgabe heran, müssen erst einmal in der Liga ankommen.

DFB.de: Als Sie das Team im September 2023 übernommen hatten, betrug der Rückstand zur Tabellenspitze bereits zehn Punkte. Mal Hand aufs Herz: Haben Sie zu dem Zeitpunkt überhaupt an den Aufstieg gedacht?

Backhaus: Durch die Siege in den direkten Duellen mit den Konkurrenten Wuppertaler SV oder Fortuna Köln ist uns in der Tabelle recht schnell ein großer Sprung gelungen. Danach waren wir zumindest schon in Schlagdistanz. Grundsätzlich habe ich aber nur von Spiel zu Spiel und an das nächste Training gedacht. Genauso werden wir auch in die neue Saison gehen - und zwar unabhängig davon, ob wir nun gut oder schlecht starten.

DFB.de: Seit Ende Januar nehmen Sie am 70. Pro-Lizenz-Lehrgang am DFB-Campus teil, streben also die höchste Ausbildungsstufe als Trainer an. Welche Bedeutung hat das für Sie?

Backhaus: Der Pro-Lizenz Lehrgang stellt für jeden Trainer einen überragenden Mehrwert dar. Besonders mit Blick auf die Inhalte und Strukturen bringt mich die Ausbildung definitiv auf die nächste Stufe.

DFB.de: Was hat Sie besonders beeindruckt oder vielleicht auch überrascht?

Backhaus: Die Dinge und Trainingsabläufe, mit denen ich mich tagtäglich beschäftige, werden von mir reflektiert betrachtet. Ständig frage ich mich: Wie komme ich zu einer Entscheidung? Das kann ich noch besser machen? Das sind Aspekte, mit denen ich mich nun noch mehr beschäftige. Außerdem gehen alle Teilnehmer des Lehrgangs sehr ehrlich miteinander um und lernen viel untereinander. Im "richtigen Leben" sagt dir ein Co-Trainer niemals, was du gut oder nicht gut gemacht hast.

DFB.de: Wie würden Sie sich selbst als Trainertyp bezeichnen?

Backhaus: Es ist besser, wenn andere Leute das bewerten. Man sagt mir allerdings nach, dass die Kommunikation mit den Spielern und die Mannschaftsführung insgesamt zu meinen Stärken gehören. Ich habe eine gewisse Dominanz vor der Gruppe, bevorzuge einen klaren Führungsstil. Dinge wie Kampf, Einsatz, Leidenschaft, Moral, Haltung, Sprintqualität und -quantität sind bei mir unverhandelbar. Dazu komme ich sehr gut mit Drucksituationen klar und habe kein Problem damit, wenn es auch mal unruhig wird. Das ist speziell bei einem großen Traditionsverein wie der Alemannia ein wichtiger Punkt.

DFB.de: Zuletzt haben mit dem SSV Ulm 1846 Fußball und dem SC Preußen Münster gleich zwei Aufsteiger aus der Regionalliga den Durchmarsch in die 2. Bundesliga geschafft. Ist ein solches Szenario auch in Aachen denkbar?

Backhaus: Denkbar ist alles. Wenn wir über Ulm und Münster reden, sollten wir aber auch den VfB Lübeck nicht vergessen, der als Aufsteiger sofort wieder runtergegangen ist. Unser klares Ziel ist erst einmal, den Klassenverbleib so früh wie möglich zu sichern. Wenn wir alles investieren, haben wir gute Chancen, in der Liga zu bleiben. Sollte es zu Beginn gut laufen und die Leute gleich vom Durchmarsch sprechen, werden wir Probleme bekommen.

DFB.de: Der Saisonauftakt steigt bei Ihrem Ex-Klub Rot-Weiss Essen. Wie denken Sie an Ihre Zeit als Spieler an der Hafenstraße zurück?

Backhaus: Ich freue mich unglaublich auf die Partie, weil meine Zeit bei RWE sehr emotional war. Ich habe als A-Jugendlicher den Sprung in den RWE-Profikader geschafft. Ich war damals noch sehr grün hinter den Ohren, hatte mit Klaus Berge aber einen Trainer, der mich sehr gefördert hat. Wir hatten damals mit Typen wie Olaf Skok, Sascha Wolf oder Helmut Rahner eine extreme Hierarchie in der Mannschaft. Ich hielt meine Klappe und gab alles, um Spiele zu gewinnen. Dadurch wurde ich schnell akzeptiert.

DFB.de: Was nehmen Sie sich für das Auftaktspiel an der Hafenstraße vor?

Backhaus: Die Essener Mannschaft verfügt über mehr Drittligaerfahrung, ist uns auch individuell einen Schritt voraus. Wir sind Herausforderer, haben aber auch ein brutal starkes Kollektiv und werden mit allen Mitteln dagegenhalten.