DER DFB
125 Jahre: DFB feiert Jubiläum in Leipzig
Am Ende des Abends standen sie alle gemeinsam auf der Bühne. Legenden des deutschen Fußballs, die mit ihren Nationalmannschaften zusammengenommen sechs Weltmeister- und elf Europameistertitel gewonnen haben, die in zusammengerechnet 3247 Länderspielen aufliefen. Für den deutschen Fußball und für den Deutschen Fußball-Bund (DFB), der am Freitagabend in seiner Gründungsstadt Leipzig Geburtstag feierte. Mit vielen Geburtstagsgästen aus der nationalen und internationalen Fußballfamilie. Die Welt- und Europameister unter ihnen nahmen ganz zum Schluss, als alle Reden gesprochen und alle Titel und Triumphe noch einmal gefeiert waren, Aufstellung zum goldenen Mannschaftsfoto.
Keine zwei Kilometer Luftlinie trennen die Kongresshalle am Zoo und die Büttnerstraße in Leipzig. Dort, an der Wand des Hauses Nummer 10, erinnert eine schlichte Tafel an ein historisches Ereignis. Am 28. Januar 1900 wurde hier in Leipzigs Mitte der Deutsche Fußball-Bund gegründet. Fast auf den Tag genau 125 Jahre später rief der DFB am Freitagabend zum Jubiläums-Festakt in die Kongresshalle – und alle kamen. Denn die Gaststätte "Zum Mariengarten", in der 36 Fußball-Pioniere aus 86 deutschen Vereinen einst den DFB aus der Taufe hoben, existiert nicht mehr. "Aber den DFB, der damals entstanden ist, den gibt es weiterhin", wie DFB-Generalsekretärin Heike Ullrich in ihrer Begrüßung zu Beginn des Abends sagte. "Denn der wird, auch im fortgeschrittenen Alter, von seinen vielen, ganz bunt gemischten Familien-Mitgliedern jung gehalten. Von den Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die Fußball spielen, von den Fans, die Fußball lieben und leben, von den Ehrenamtlichen, die Fußball möglich machen, von den Trainerinnen und Trainern, die Fußball erklären und vermitteln, von den mehr als 24.000 Vereinen in Deutschland, die dem Fußball eine Heimat geben, von den Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern, die den Fußball regeln. Sie alle sind der DFB, Ihnen gehört dieses Jubiläum. Und ihnen allen sagen wir von Herzen: Dankeschön!"
Folgerichtig war die Fußball-Familie am Freitag nach Leipzig gekommen: Der Bundeskanzler genauso wie die noch lebenden Ehrenspielführer sowie eine Ehrenspielführerin der Nationalmannschaften, die Präsidenten der internationalen Verbände FIFA und UEFA, die Bundestrainer, Amateurtrainerinnen und -trainer, ehrenamtlich Engagierte genauso wie Spitzenfunktionäre aus der Bundesliga und des Schiedsrichterwesens. Basis und Spitze waren gleichermaßen vertreten. Mit dem Mannschaftsbus der Nationalmannschaft waren die prominenten Gäste zum Teil vorgefahren worden. Die Präsidentinnen und Präsidenten der ausländischen Verbände, unter ihnen die Norwegerin Lise Klaveness und der frühere ukrainische Weltklassestürmer Andrij Schewtschenko, überreichten DFB-Präsident Bernd Neuendorf, Generalsekretärin Heike Ullrich und Dr. Holger Blask, dem Vorsitzenden der Geschäftsführung der DFB GmbH & Co. KG, vor Veranstaltungsbeginn ihre Gastgeschenke. Die anwesenden Weltmeister von 1990 und die Europameister von 1996 nahmen zusammen Aufstellung für ein glanzvolles Gruppenfoto.
Dass in Leipzig einst Geschichte geschrieben wurde, daran erinnerte auch DFB-Präsident Bernd Neuendorf gleich zu Beginn seiner Rede. Wer sich von der Büttnerstraße aus zu Fuß aufmacht in die Kongresshalle am Zoo, kommt mit einem kleinen Umweg schließlich an der Nikolaikirche vorbei. "Vor etwas mehr als 35 Jahren fanden hier die ersten Montagsdemonstrationen statt. Sie waren Ausgangspunkt einer friedlichen Revolution in der damaligen DDR, die am Ende dafür sorgte, dass Mauer und Stacheldraht nach 28 Jahren verschwanden, sich der Eiserne Vorhang öffnete, aus einem geteilten Land das wiedervereinigte Deutschland wurde. Wir alle, sehr verehrte Vertreter der Stadt Leipzig, haben den Menschen dieser Stadt viel zu verdanken. Wie klein, wie nichtig nimmt sich dagegen doch die Gründung eines Verbandes aus, der sich die Entwicklung des Fußballs auf seine Fahnen geschrieben hat", sagte Neuendorf. Gleichwohl blickte Neuendorf in seiner Rede auch auf die einzigartigen Erfolge des deutschen Fußballs zurück. "Herausragende Spielerinnen- und Spielerpersönlichkeiten haben das DFB-Trikot in diesen Jahrzehnten getragen. Wir erinnern uns gerne an große Erfolge und Pokale", sagte Neuendorf.
Lothar Matthäus, Jürgen Klinsmann und Philipp Lahm sind drei dieser herausragenden Spieler, Ehrenspielführer, die am Freitag in Leipzig auf der Bühne standen. Einer fehlte – der vor etwas mehr als einem Jahr verstorbene Franz Beckenbauer. "Er fehlt mir persönlich", sagte Matthäus, der unter Teamchef Beckenbauer gemeinsam mit Klinsmann 1990 in Italien Weltmeister geworden war, sichtlich gerührt. "Ich habe viel von ihm gelernt, nicht nur auf dem Platz, sondern auch außerhalb. Er war immer positiv, immer für die Menschen da. Er ist viel zu früh von uns gegangen. Ich denke häufig an ihn. Der deutsche Fußball, der Weltfußball hat mit Franz Beckenbauer nicht nur einen der größten Spieler verloren, sondern einen ganz tollen Menschen."
Bundeskanzler Olaf Scholz sprach in seiner Rede von einem "besonderen Tag". Denn: "Heute ist der DFB eine mächtige Kraft für das gute Miteinander im Land. Kein anderer Sport, kein anderer Zeitvertreib bringt uns so sehr zusammen wie der Fußball. 84 Millionen Menschen leben in Deutschland und fast acht Millionen von ihnen sind über ihre Vereine Mitglied im Deutschen Fußball-Bund. Was für eine unfassbar riesige Zahl. Mittelgroße Länder in Europa haben in etwa so viele Einwohner wie der DFB Mitglieder hat." Für Scholz habe der Fußball eine einzigartige Kraft. "Der Fußball sorgt immer wieder für magische Momente, die unser Land zusammenführen. Fußball steht für ganz viel von dem, was hier bei uns in Deutschland wirklich von Wert ist. Fußball steht für Respekt, für Fairness, für Vielfalt, Integration und Weltoffenheit." Und er blickte nach vorn: "Deshalb unterstütze ich auch aus vollem Herzen die aktuelle Bewerbung des DFB um die Ausrichtung der Frauen-EURO 2029." Scholz wünschte dem DFB und den vielen Fußballfans in Deutschland "jeden erdenklichen Erfolg in den nächsten 125 Jahren". Für die Zukunft stehen beim DFB unter anderem Hannes Wolf, der DFB-Direktor für Nachwuchs, Training und Entwicklung, und Lena Lotzen, Europameisterin von 2013 und heutige Co-Trainerin der U 16-Juniorinnen, die in Leipzig einen Einblick in die Trainingsphilosophie Deutschland gaben, in die neuen Spielformen für den Kinder- und Jugendfußball.
UEFA-Präsident Aleksander Ceferin bilanzierte: "Der DFB war immer im Herzen der wunderbaren Reise des Fußballs. Der deutsche Fußball war und ist ein Vorbild und eine Inspiration weltweit. Dank seiner Leidenschaft, dem großen Teamgeist und dem Streben nach Exzellenz." Auch Ceferin ehrte den Größten des deutschen Fußballs, "Kaiser" Franz Beckenbauer, "weil er das Idol meiner Kindheit war." Ceferin, der gemeinsam mit dem DFB im vergangenen Sommer die Europameisterschaft in Deutschland ausgerichtet hatte, nannte den DFB "die führende Bühne für die größten Fußball-Turniere".
FIFA-Präsident Gianni Infantino outete sich in seiner Rede als großer Fan des deutschen Fußballs. "Der deutsche Fußball hat mich geprägt. Deshalb liebe ich den Fußball auf der ganzen Welt, ganz besonders den deutschen", sagte der Schweizer. "Diese unglaublichen Fans, diese tollen Fans überall in Deutschland, diese fantastischen Klubs."
Der Journalist Arnd Zeigler sprach auf der Bühne über seine Liebe zum Fußball und resümierte: "Der DFB ist irgendwie in uns allen. Und ich kann auch nicht ohne den DFB."
Präsident Neuendorf betonte in seiner Rede aber auch die dunklen, beschämenden Kapitel der DFB-Historie. "Aber natürlich müssen wir an einem solchen Tag auch auf den düsteren Teil der Verbandsgeschichte zurückblicken. Es heißt klar Stellung zu beziehen – insbesondere, wenn es um die Rolle des Verbandes in der Zeit des Nationalsozialismus geht. Ja, der DFB hat sich mit dem NS-Regime und einem menschenverachtenden System, das den Holocaust zu verantworten hat, gemein gemacht. Dort, wo man sich für Verbandsvertreter und Vereinsmitglieder hätte einsetzen müssen, herrschten Opportunismus und Willfährigkeit. Aus dieser Historie erwächst unzweifelhaft eine Verantwortung. Wir müssen klar sagen: Nie wieder!", sagte Neuendorf und verwies auf den Julius Hirsch Preis, den der DFB jedes Jahr vergibt. "Seit zwei Jahrzehnten erinnert der aus meiner Sicht bedeutendste Preis, den der DFB zu vergeben hat, an den in Auschwitz ermordeten deutsch-jüdischen Nationalspieler Julius Hirsch. Mit diesem Preis wollen der DFB und die Familie Hirsch besonderes Engagement im Fußball würdigen. Engagement für Demokratie und Menschenwürde sowie gegen Antisemitismus, Rassismus und jede Form der Diskriminierung." Selbstkritisch blickte Neuendorf auch auf die Rolle des DFB bei der Förderung des Frauenfußballs. "Wir müssen die Potenziale im Frauen- und Mädchenfußball noch besser ausschöpfen. Das hat der DFB spät, für meine Begriffe zu spät, begriffen. Das Verbot von Frauenfußball-Abteilungen, welches der DFB noch 1955 aussprach, weil er "die weibliche Anmut in Gefahr" sah, zählt ganz sicher nicht zu den Sternstunden unseres Verbandes", sagte Neuendorf.
Für Sternstunden des Frauenfußballs hatte einst auch Bettina Wiegmann gesorgt. Die Weltmeisterin und viermalige Europameisterin, eine von zwei Ehrenspielführerinnen des DFB, stand Seite an Seite mit Frauen-Bundestrainer Christian Wück auf der Bühne. 2003 hatte Wiegmann in den USA den WM-Titel gewonnen, dank des Golden Goals der heutigen DFB-Sportdirektorin für den Frauenfußball, Nia Künzer, im Finale. "Wir waren super eingestellt und hatten einen super Spirit", sagte Wiegmann. Das strebt auch Wück an, der mit seiner Mannschaft im Sommer in der Schweiz um den EM-Titel spielt. "Die Frauen sind sehr hungrig und sehr fokussiert, den nächsten Titel zu holen. Die Bronzemedaille bei Olympia hat bewiesen, dass wir in der Lage sind, um Titel zu spielen. Das wollen wir im Sommer in der Schweiz beweisen."
Wücks Kollege, Männer-Bundestrainer Julian Nagelsmann, hatte ein besonderes Geschenk mit nach Leipzig gebracht. Im Rahmen des Festakts verlängerte er seinen Vertrag vorzeitig bis zur EM 2028. "Ich spüre ich bei allen Verantwortlichen beim DFB extremes Vertrauen", sagte Nagelsmann. "Nicht nur jetzt, sondern auch in Phasen, in denen es nicht so lief. Ich fühle mich unglaublich wohl. Und ich habe großes Vertrauen in die Mannschaft. Ich habe das Gefühl, dass wir noch nicht fertig sind. Der Weg ist noch nicht zu Ende. Ich will vollen Fokus in die Mannschaft stecken, den sie auch verdient. Als Nationaltrainer hat man das große Gut, dass jeder Fan der Nationalmannschaft ist. All das macht den Job, den ich im Moment habe, zu einem der schönsten der Welt."
Der Abend endete wie im Fußball üblich - mit dem Abpfiff. Ein junger Schiedsrichter aus dem Sächsischen Fußball-Verband schickte die mehr als 400 Gäste hinaus in die Leipziger Nacht. Und in die nächsten 125 Jahre Fußball in Deutschland.
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Autor: al
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