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Pawlak und Meister übers Wintertrainingslager: "Es geht darum durchzuziehen"
Für einen der beiden DFB-Trainer, U 17-Chefcoach Marc-Patrick Meister, ist das Wintertrainingslager in Spanien fast schon zur Routine geworden. Für den anderen, sein U 16-Pendant André Pawlak, war es eine Premiere. Im DFB.de-Interview sprechen beide gemeinsam über die wertvollen Trainingstage mit den rund 60 besten Talenten der Jahrgänge 2008 und 2009.
DFB.de: Herr Pawlak, Sie sind seit dem 1. Juli 2024 Trainer der U 16-Nationalmannschaft und gleich zu Beginn des neuen Jahres mit Ihrem Team nach Pinatar ins alljährliche Wintertrainingslager gereist. Wie hat Ihnen dieser etwas andere Jahresauftakt in Spanien gefallen?
André Pawlak: Sehr gut. Es war eine interessante Erfahrung, weil sowohl die U 16-Spieler als auch ich als Trainer zum ersten Mal im Wintertrainingslager waren. Da fragt man sich im Vorfeld natürlich, wie so etwas abläuft. Man hört das zwar über das Teammanagement und oder Gespräche mit Marc, aber wenn alle Cheftrainer der U-Nationalmannschaften beim ersten Training zusammen auf dem Platz stehen, dann macht das schon Eindruck. Den Spielern zu vermitteln, dass sie nicht unter Beobachtung stehen und cool bleiben können …
DFB.de: … wird nicht ganz einfach sein.
Pawlak: Genau (lacht). Das war für uns alle eine neue Erfahrung, die aber Spaß gemacht hat. Sich mit den Trainerkollegen auszutauschen und zum Beispiel Christian Wörns oder Toni Di Salvo bei den Einheiten mit der eigenen Mannschaft zu beobachten, war total spannend. Dazu die hervorragenden Bedingungen: Das Wetter, die Trainingsplätze und das Hotel haben super gepasst, alles war bestens organisiert.
DFB.de: Gingen die Spieler mit dem gleichen Enthusiasmus wie die Trainer in die Einheiten?
Pawlak: Ja, wir sind rundum zufrieden mit der Leistung der Jungs. Sie sind aus der kalten Hose gestartet, kamen anders als bei den Lehrgängen zuvor aus drei, vier Wochen Pause. Dann gleich an den Ball und in zwei Trainingseinheiten am Tag in Zweikämpfe zu kommen, ist herausfordernd. Die Spieler sind gut belastet, aber ohne muskuläre Verletzungen durchgekommen, was das Trainingslager zu einer Toperfahrung für uns alle gemacht hat.
DFB.de: Herr Meister, bei Ihnen kann man vom Wintertrainingslager als Neujahrsroutine sprechen. Ihr wievieltes Trainingslager war das?
Marc-Patrick Meister: Das fünfte.
DFB.de: Und was hat Ihnen dabei dieses Jahr besonders imponiert?
Meister: Frei raus: wie unsere Jungs allen Input zugelassen und draufgepackt haben. Ein Beispiel: Wir hatten mit Shkodran Mustafi einen weiteren Frischling im Trainerteam dabei. Er hat nach dem ersten von den zwei Spielen gesagt, dass er sich sehr darüber freut, wie die Jungs die Trainingsschwerpunkte aus dem individuellen Positionstraining sofort im Mannschaftskontext gezeigt haben.
DFB.de: Wie haben Sie und die anderen Trainer denn genau mit den verschiedenen Positionsgruppen gearbeitet?
Meister: In die Positionstrainings fließen die Erfahrungswerte der Trainerkollegen aus den älteren Jahrgängen mit ein. Wenn Toni Di Salvo mit 15-Jährigen auf dem Platz steht, dann merken sie, was in drei, vier Jahren gefragt ist, wenn sie dann immer noch zu den 30 besten deutschen Spielern ihres Jahrgangs zählen wollen. Für die Haltung und Bereitschaft, es in den professionellen Fußball zu schaffen, ist jahrgangsübergreifendes Anspruchsdenken extrem wertvoll. Es ist für die Spieler top, wenn ihnen zum Beispiel Hannes Wolf in einer Ansprache aufzeigt, warum sie bei diesem Trainingslager dabei sind und in welche Richtung sie weiterarbeiten sollen. Während Toni mit den Stürmern trainiert hat, haben Shkodran Mustafi, Christian Wörns und Michael Prus den Fokus auf die Abwehrkette gelegt. Hanno Balitsch und ich haben mit den Mittelfeldspielern gearbeitet. Wie die Jungs es mit nur einem einzigen Mannschaftstraining vor dem ersten Spiel geschafft haben, diese Inhalte zusammenzufügen, war schön zu sehen.
DFB.de: Wie zeigt sich das genau?
Meister: Es geht darum, dass die Mannschaft merkt, wie es zum Beispiel der Außenverteidiger schafft, den portugiesischen Zielspieler am Flügel auch wirklich auf der Seite zu lassen, dass er nicht in die Mitte kommt. Viele Jungs haben Schritte gemacht, indem sie ihre persönlichen Inhalte aus dem Training in den Wettkampf übertragen haben. Das war ein cooler Prozess über die neun Tage. Beim Blick in die Daten haben wir gemeinsam mit unseren Analysten gesehen, dass die Jungs mit zwei täglichen Einheiten immer wieder an der Belastungsgrenze waren. Aber sie können das ab und beißen sich durch. Es hat auch uns zwei als Trainer viel Spaß gemacht, das zu sehen.
Pawlak: In der U 16 haben wir noch keine Datenanalysten dabei, aber auch uns haben die Jungs zurückgemeldet, dass sie nach der sechsten Einheit sehr müde waren. Der 2009er-Jahrgang war zum ersten Mal im Wintertrainingslager und ist solche Abläufe nicht gewohnt. Zumal wir das erste halbe Jahr ausschließlich gesichtet und dementsprechend einen großen Kader hatten. Nicht alle Jungs kannten sich untereinander. Da muss man sich als Mannschaft erst mal finden.
DFB.de: Was in Kleingruppen schneller funktioniert.
Pawlak: Ja. Vor dem ersten Spiel haben wir die Gruppen im letzten Training dann in einer einzigen taktischen Einheit zusammengeführt. Dafür haben es die Jungs auf den verschiedenen Positionen sehr gut gemacht. Wie sie die Belastung angenommen, wie die angeschobenen Teamprozesse zu wirken begonnen haben, das war toll zu beobachten. Und als Trainernovize beim Wintertrainingslager nehme ich als Learning mit, wie man die vielen Cheftrainer, die vor Ort sind, bestmöglich nutzen kann.
DFB.de: Dann lassen Sie uns über die Highlights der Tage in Spanien sprechen, die Testspiele. Ihre Mannschaften trafen jeweils zweimal auf Portugal - und beide Spiele endeten jeweils mit dem gleichen Ergebnis: Auf ein 1:1 folgte ein 2:1-Abschlusserfolg. Wie ordnen Sie die Spiele ein?
Pawlak: Über drei der vier Halbzeiten hinweg hatten wir die Kontrolle übers Spiel, haben gut hinten raus gespielt und sind immer wieder hinter die erste Linie in offensive Aktionen gekommen. Die Konsequenz im letzten Drittel fehlt noch ein wenig. Defensiv haben wir kaum etwas zugelassen. Eines der beiden Gegentore war eine Standardsituation, daraus schließe ich, dass wir die Portugiesen aus dem Spiel heraus gut von unserem Tor weghalten konnten.
DFB.de: Was ist in der vierten Halbzeit passiert?
Pawlak: Die nehmen wir als Trainerteam auf unsere Kappe. Wir hatten keine frischen Außenverteidiger mehr und haben mit einer Dreierkette, die wir gar nicht trainiert hatten, gespielt. Für die Jungs, die sich kaum kennen, war das eine extreme Herausforderung. Da haben wir eine halbe Stunde gebraucht, um uns einzugrooven. Umso mehr freut mich, dass wir durch eine eigene Standardsituation noch gewonnen haben. Den Treffer nach einer Ecke auf den zweiten Pfosten haben sich die Jungs komplett selbst erarbeitet - ohne Trainerinput. Sie haben das durchgezogen und selbst eingeteilt, wer wo zu stehen hat.
Meister: Ich finde die Beschreibung von André mit Blick auf das gesamte Trainingslager wichtig: Die Spieler spüren und lernen, dass es darum geht durchzuziehen. Sowohl individuell, in einem Mannschaftsteil als auch in der gesamten Gruppe. Auf hohem Wettkampfniveau gegen hart verteidigende Gegner ist es nicht so leicht, vor das Tor zu kommen. Wenn dann noch eine von den Jungs entwickelte Strategie aufgeht, gibt das natürlich Kraft. Die Spieler merken: Wenn wir durchziehen, geht der Plan auf. Das Trainingslager hat auch davon gelebt, dass beide Teams wirklich einen guten Gegner hatten - und den trotz der intensiven Einheiten besiegt haben, weil sie durchgezogen haben.
DFB.de: Ihre Mannschaft hat einen Rückstand kurz vor Schluss noch gedreht, Herr Meister.
Meister: Der späte Siegtreffer ist für die Gruppendynamik natürlich cool. Wir können das gut einordnen - weder André noch ich hatten eine frische Mannschaft auf dem Platz, weil wir so viel trainiert hatten. Dennoch haben wir gesehen, was die Mannschaft auszeichnet. Im Vergleich zum Lehrgang im Oktober haben einige Jungs, was die Persönlichkeit und die Routine im DFB-Trikot angeht, einen weiteren Schritt gemacht. Die beiden Gegentore haben zum richtigen Zeitpunkt Dinge aufgedeckt, die wir sofort angesprochen haben.
DFB.de: Wie sahen die Situationen aus?
Meister: Einmal haben wir unseren Außenverteidiger nicht unterstützt, als wir den Tiefenlauf des Gegners nicht aufgenommen haben. Auch beim zweiten Gegentor hat die Abstimmung in der roten Zone nicht gepasst. Gute Mannschaften wie die Portugiesen bestrafen das.
DFB.de: Für die U 17-Nationalmannschaft steht im März die entscheidende zweite Qualifikationsrunde für die EM an. Mit Österreich, Spanien und Norwegen warten eben solche schweren Brocken. Worauf kommt es da an?
Meister: Es wäre ziemlich bescheuert von mir, wenn wir uns bis dahin nicht trotzdem die Zeit nehmen würden, Dinge im Sinne der Unberechenbarkeit auszuprobieren. Kein Gegner im März wird wissen, was ihn erwartet. Dieses Versprechen habe ich den Jungs gegeben: Wir werden unberechenbar sein. Dafür wollen wir auch den Algarve Cup in Portugal im Februar mit drei super Gegnern intensiv nutzen. Im März kommt es dann darauf an, die Spiele zu gewinnen.
DFB.de: Herr Pawlak, Ihr Team tritt ebenfalls beim Algarve Cup an. Wie wollen Sie die nächste Zeit nutzen?
Pawlak: Weiter zusammenzuwachsen, das wird unser Thema sein. Von den rund 75 Spielern, die wir bislang eingeladen hatten, waren beim Wintertrainingslager zum ersten Mal diejenigen dabei, die wir als Kern betrachten. Mit diesen rund 30 Jungs wollen wir die beiden nächsten Lehrgänge angehen. Wir arbeiten mit dem Wissen, dass in diesem Alter körperlich und mental einiges passiert, mit dem Kern an Spielern weiter an unseren Abläufen. Das erste Zwischenziel, das sich die Mannschaft selbst erarbeitet hat, ist es, alle Spiele inklusive der ersten EM-Qualirunde im Oktober zu gewinnen. Wir haben talentierte Jungs, die bereit sind, über den Punkt hinaus zu gehen und hart zu arbeiten.
Kategorien: Männer, U 16-Junioren, U 17-Junioren
Autor: jf
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