Google Pixel Frauen-Bundesliga

Eintracht-Trainer Arnautis: "Das ist der Schlüssel zum Erfolg"

03.01.2025
Arnautis: "Wir spielen einen sehr erfrischenden Fußball" Foto: Getty Images

Nicht Titelverteidiger FC Bayern München und auch nicht DFB-Pokalsieger VfL Wolfsburg, sondern Eintracht Frankfurt überwintert in der Google Pixel Frauen-Bundesliga an der Spitze. Der spannendste Meisterkampf seit vielen Jahren, vielleicht sogar aller Zeiten zeichnet sich ab. Im DFB.de-Interview spricht Eintracht-Trainer Niko Arnautis (44) mit Mitarbeiter Ralf Debat über Pläne und Perspektiven.

DFB.de: Seit zwölf Jahren heißt der Deutsche Meister immer VfL Wolfsburg oder FC Bayern München. Wird sich das 2025 ändern, Herr Arnautis?

Niko Arnautis: Wir hätten selbstverständlich nichts dagegen. (lacht) Es ist aber noch zu früh für eine Prognose, was im Frühjahr passiert. Fakt ist, dass wir bis zur Winterpause schon etwas Besonderes erreicht haben. Zuletzt war der Verein vor elf Jahren Herbstmeister und in einer ähnlichen Position. Das zeigt schon, dass wir bislang sehr gute Arbeit geleistet haben.

DFB.de: Wie gut gefällt Ihnen denn der Blick auf die aktuelle Tabelle nach zwölf Spieltagen?

Arnautis: Die Qualifikation für einen internationalen Wettbewerb ist und bleibt unser Ziel. Dazu wollten und wollen wir Druck auf die beiden Topteams aus München und Wolfsburg ausüben, den Abstand auf jeden Fall verringern und auch in den Spitzenspielen punkten. Das ist uns auf eine beeindruckende Art und Weise während der Hinserie gelungen. Als einziges Top4-Team sind wir in den Duellen untereinander noch ungeschlagen. Wir spielen Fußball mit Freude, Spaß, Leidenschaft und Selbstvertrauen. So wollen wir auch im neuen Jahr weitermachen.

DFB.de: Platz eins und vier trennen lediglich drei Punkte. Je nach Ausgang des Wiederholungsspiels von Bayer 04 Leverkusen in Freiburg könnte die Spitzengruppe sogar noch enger zusammenrücken. Wird es tatsächlich ein Vierkampf um den Titel?

Arnautis: Aktuell sieht es definitiv so aus. Ich denke, der Start nach der Winterpause wird zeigen, in welche Richtung es geht. Schließlich stehen schon recht früh im Februar einige direkte Duelle an. Von daher kann sich die Tabellensituation schnell ändern. Ich halte es aber auch nicht für ausgeschlossen, dass es bis zum letzten Spieltag so spannend bleibt.

DFB.de: Wie gut tut der Liga diese außergewöhnliche Konstellation?

Arnautis: So etwas gab es seit vielen Jahren nicht mehr, in dieser Form vielleicht sogar noch nie. Das ist für die Liga und den deutschen Frauenfußball überragend. Die Bundesliga ist aktuell die wohl attraktivste und spannendste Liga in Europa.

DFB.de: Die Eintracht hat nicht nur gemeinsam mit dem FC Bayern die meisten Punkte gesammelt, sondern auch die meisten Tore erzielt und die wenigsten Gegentreffer kassiert. Welche Aussagekraft hat das?

Arnautis: Das zeigt auf jeden Fall, wie gut wir bisher performt haben. Es sind ja nicht nur die Tore und Gegentreffer. Auch beim Ballbesitz, bei den Torschüssen und Pässen sind wir weit vorne. Dazu kommen unsere Spielerinnen wie Laura Freigang oder Nicole Anyomi in der Torjägerinnenliste und in der Scorerwertung oder auch Sophia Kleinherne und Lisanne Gräwe bei den gewonnenen Zweikämpfen auf herausragende Werte. Das alles bestätigt und verdeutlicht die positive Entwicklung als Team, aber auch individuell.

DFB.de: Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Gründe dafür, die Ihre Mannschaft in diese Position gebracht haben?

Arnautis: Wir spielen einen sehr erfrischenden Fußball - mit viel Power, Leidenschaft und Freude, aber auch schon einer hohen Konstanz. Daran wollen wir anknüpfen. Unser Kader ist breit aufgestellt und harmoniert sehr gut. Das ist der Schlüssel zum Erfolg.

DFB.de: Welche Rolle hat das bittere Verpassen der Gruppenphase der UEFA Women's Champions League gespielt?

Arnautis: Schwer zu sagen. Fest steht, dass die Reaktion der Mannschaft auf diese herbe Enttäuschung sehr erwachsen und reif war. Der Frust wurde sofort in positive Energie verwandelt. Dadurch sind wir als Team gewachsen.

DFB.de: Der FC Bayern und der VfL Wolfsburg haben sich in der "Königsklasse" für das Viertelfinale qualifiziert. Könnte das der entscheidende Vorteil für die Eintracht werden?

Arnautis: Das kommt darauf an, wie weit es noch geht. Da die K.o.-Runde erst Mitte März beginnt, haben beide Teams bis dahin keine weitere Belastung als wir oder auch Leverkusen. Von daher wird es zu Beginn der Rückrunde definitiv noch keine Rolle spielen. Ob sich das vielleicht hintenraus ändert, werden wir sehen. Grundsätzlich muss ich aber auch sagen, dass Spiele in der Champions League nicht nur eine sportliche und mentale Herausforderung sind. Sie können auch eine Motivation für die anderen nationalen Partien und Aufgaben sein.

DFB.de: Die bislang einzige Niederlage in dieser Saison gab es für die Eintracht beim 0:1 im eigenen Stadion gegen den SV Werder Bremen. Wie sehr ärgert Sie das noch?

Arnautis: Niederlagen sind immer ärgerlich. An diesem Tag war es so, dass wir sicherlich nicht unser bestes Spiel abgeliefert haben, aber dennoch genügend hochkarätige Möglichkeiten hatten, um in Führung zu gehen und die Partie für uns zu entscheiden. Wir sind dann in einen Konter gelaufen, der mit einem Sonntagsschuss abgeschlossen wurde. Der Treffer von Sophie Weidauer wurde nicht von ungefähr zum "Tor des Monats" gewählt. Es ist aber auch so, dass in dieser Liga keine Partie ein Selbstläufer ist. Jeder Gegner bringt eine gewisse Qualität mit. Das mussten auch andere Spitzenteams feststellen.

DFB.de: Auf der einen Seite ist der Gewinn der Meisterschaft möglich, auf der anderen Seite aber auch das Verpassen eines internationalen Wettbewerbs, wenn es nur zu Platz vier reichen sollte. Wie bewerten Sie dieses Spannungsfeld?

Arnautis: Dass es in der Tabelle so eng ist, wird uns sogar helfen, jede Aufgabe voll fokussiert anzugehen. Wir werden uns auf keinen Fall von unserer jetzigen Position blenden lassen. Entscheidend ist einzig und allein, dass wir nach dem 22. Spieltag unsere Ziele erreicht haben. Der Weg bis dahin ist aber noch weit.

DFB.de: Wie stolz macht es Sie, dass die Eintracht inzwischen den größten Block in der deutschen Frauen-Nationalmannschaft stellt? Ist das auch ein Indiz für die positive sportliche Entwicklung im gesamten Klub?

Arnautis: Auf jeden Fall. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als Sophia Kleinherne 2019 ihr DFB-Debüt in Wembley gab. Sie war damals die einzige Frankfurter Spielerin. Jetzt war in den Länderspielphasen etwa zwei Drittel unseres Kaders unterwegs. Teilweise hatten wir nur drei oder vier der gesunden Spielerinnen hier. Es sind ja nicht nur die acht aktuellen deutschen A-Nationalspielerinnen, sondern auch zahlreiche U 23- und andere Juniorinnen-Auswahlspielerinnen sowie Nationalspielerinnen anderer Länder. Das alles zeigt, dass Frankfurt als Standort für talentierte und ambitionierte Fußballerinnen äußerst attraktiv ist und wir sehr gute Arbeit leisten. Das macht uns stolz.

DFB.de: Auch im DFB-Pokal ist die Eintracht noch vertreten, muss im Viertelfinale beim FC Bayern München antreten. Wie sehen Sie die Chancen in diesem Wettbewerb?

Arnautis: Wir wollen selbstverständlich das Bestmögliche herausholen. Zum dritten Mal innerhalb von vier Jahren reisen wir nach München. Wir haben aber schon gezeigt, dass wir dort bestehen und auch gewinnen können. In der Liga gab es zuletzt zwei Unentschieden, im Pokal sind wir im zurückliegenden März erst im Elfmeterschießen gescheitert. Es war für beide Klubs sicherlich kein Wunschlos.

DFB.de: Welche Schwerpunkte werden Sie während der Vorbereitung setzen?

Arnautis: Da wird es keine großen Überraschungen geben. Es wird zunächst um Frische, Fitness und Athletik gehen, um auch weiterhin eine hohe Intensität und Widerstandsfähigkeit in unserem Spiel gewährleisten zu können. Dazu kommen die Abläufe mit und gegen den Ball, die wir weiter festigen wollen. Es ist uns aber auch ein wichtiges Anliegen, die Mädels nicht nur sportlich, sondern auch in ihrer Persönlichkeitsentwicklung voranzubringen.

DFB.de: In welchen Bereichen sehen Sie bei Ihrem Team vor allem Luft nach oben?

Arnautis: Verbessern kann man sich immer. Der bisherige Saisonverlauf hat aber gezeigt, dass wir in allen Bereich schon sehr weit und auf einem guten Weg sind. Von daher wird entscheidend sein, dieses Niveau auch weiterhin konstant auf den Platz zu bringen.

DFB.de: Mit Barbara Dunst fällt eine Leistungsträgerin wegen eines Kreuzbandrisses bis zum Ende der Saison aus. Sehen Sie sich deshalb auf dem Transfermarkt nach Ersatz um?

Arnautis: Zunächst einmal ist es sehr schade und traurig, dass uns eine wichtige Spielerin wie Barbara lange Zeit fehlen wird. Es ist auch richtig, dass wir uns in jeder Transferperiode umschauen. Wir werden aber nur dann reagieren, wenn wir überzeugt sind, dass uns jemand auch langfristig helfen und verstärken kann, und wenn das Gesamtpaket passt. Grundsätzlich haben wir volles Vertrauen in unseren Kader. Nach der Winterpause wird uns Geraldine Reuteler wieder zur Verfügung stehen, auch bei Ilayda Acikgöz dauert es nicht mehr so lange, bis sie vermehrt ins Mannschaftstraining integriert werden kann. Auch ihre Schwester Dilara wird wahrscheinlich in absehbarer Zukunft nach und nach in das Training einsteigen können. Die Vorrunde beweist, dass wir über viele Alternativen verfügen.

DFB.de: Sie sind gebürtiger Frankfurter und inzwischen seit siebeneinhalb Jahren Cheftrainer des Frauenteams. Wie würden Sie Ihre Verbindung zum Verein beschreiben?

Arnautis: Es ist ja kein Geheimnis, dass ich schon als kleiner Junge ein großer Fan der Eintracht war. Über die Kurve es bis an die Seitenlinie zu schaffen, ist für mich eine Traum-Konstellation und treibt mich an, das Beste für den Verein herauszuholen.

DFB.de: Was würde Ihnen ein Titelgewinn mit der Eintracht bedeuten?

Arnautis: Es wäre etwas sehr Besonderes für mich persönlich. Es würde aber für uns alle ein großer Traum in Erfüllung gehen. Selbstverständlich ist es ein Ziel, in den nächsten Jahren auch Titel zu gewinnen. Und wir merken, dass wir immer näher herankommen.

DFB.de: Wie lautet Ihr größter Wunsch für 2025?

Arnautis: Mein wichtigster Wunsch wäre, dass wir alle gesund sind und bleiben. Das ist die Basis für alles andere. Nur dann können wir in die Situation kommen, unsere Ziele zu erreichen. Dazu wünsche ich mir, dass wir unser sehr gutes Miteinander auf und neben dem Platz weiterhin pflegen. Wenn wir die Motivation und die Leidenschaft beibehalten, dann werden wir uns auch nicht von unserem Weg abbringen lassen.

Kategorien: Google Pixel Frauen-Bundesliga, DFB-Pokal der Frauen

Autor: mspw