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Rottenberg: "Eine sehr positive Entwicklung"

02.05.2023
Rottenberg: "Besonders wichtig, den Mädels optimale Bedingungen zu bieten"

16 junge Torhüterinnen, sechs Trainer*innen, zwei Videoanalysten, ein Ziel – sich gemeinsam weiterzuentwickeln, und zwar durch jede Menge Arbeit, viele Gespräche und noch mehr Spaß. Diese Ziele verfolgten ausgewählte Torhüterinnen der Jahrgänge 2008 und 2009 beim Torhüterinnen-Camp, das in der Sportschule Bitburg stattfand. Viermal jährlich organisiert die für den weiblichen Nachwuchs verantwortliche Torwarttrainerin Silke Rottenberg mit ihrem Team die Torhüterinnen-Camps – drei für den U 15- und eins für den U 16/U 17-Jahrgang. Im DFB.de-Interview spricht die zweimalige Weltmeisterin unter anderem über die Wichtigkeit des Camps, die Trainingsinhalte und den Austausch mit den Vereinen.

DFB.de: Was sind die größten Vorteile von einem für Torhüterinnen losgelösten Camp ohne Teamtrainingseinheiten oder Länderspiele?

Silke Rottenberg: Das Torhüterinnen-Camp ist für uns mit die wichtigste Maßnahme, um im Detail arbeiten zu können. Im Frauen- und Mädchenfußball haben wir leider keine Nachwuchsleitungszentren, wie es bei den Jungen der Fall ist. Und dann wird die Torhüterin-Position leider immer noch stiefmütterlich behandelt, weil für diese eine Position häufig nicht in Torwarttrainer*innen investiert wird. Das macht das Torhüterinnen-Camp noch viel wichtiger. Der Mehrwert liegt darin, dass wir dreieinhalb Tage am Stück torwartspezifisch arbeiten können. In diesem Umfang ist das bei normalen Lehrgängen mit den integrativen Trainingseinheiten nicht möglich. Der stramme Zeitplan, zu dem ja auch die Schule gehört, gibt solch ein spezifisches Training einfach nicht her. So bleiben uns in Lehrgängen oftmals nur 60 Minuten, in denen wir außerhalb des Mannschaftstrainings einzeln mit der Torhüterin arbeiten können. In den Camps können wir dann im Detail und mit unseren Analysen an unseren Lernzielen arbeiten. Dazu können sich die Torhüterinnen, die noch nicht richtig im Fokus stehen, zeigen und beweisen. Und natürlich ist auch die Gruppendynamik eine andere. Im Lehrgang mit Feldspielerinnen sind die Torhüterinnen oftmals diejenigen, die sich etwas bedeckt halten. Wenn die Torhüterinnen unter sich sind und ihre Erfahrungen austauschen, sind sie viel offener und entwickeln dabei auch ihre Persönlichkeit.

DFB.de: Worauf lag konkret der Fokus im Camp des Jahrgangs 2008/2009?

Rottenberg: Die technischen Grundlagen sind das A und O. In der Altersklasse U 15 liegt der Fokus deshalb ganz klar auf dem Techniktraining mit dosiertem taktischem Ansatz. Wir haben dabei vier Themen im Lehrgang bearbeitet: Ein Trainingsschwerpunkt liegt immer auf dem Offensivspiel, dem Spielaufbau und seinen technischen Anforderungen. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Raumverteidigung bei hohen Hereingaben. Im Fokus steht die Erarbeitung des richtigen Bewegungsablaufs, einer mutigen, hohen Positionierung im Raum und der Technik Fausten. In der Zielverteidigung fokussieren wir uns auf den flachen Abdruck, eine der schwierigsten Techniken, und dem Verhalten bei Pässen in den Sechzehner. Hier erarbeiten wir unter anderem die Eins-gegen-Torhüterin-Techniken.

DFB.de: Bleiben diese Schwerpunkte in den verschiedenen Altersklassen bestehen?

Rottenberg: Wir verfolgen aufeinander aufgebaute Lernziele in den einzelnen Altersklassen. Wir greifen die gerade genannten Themen aber immer wieder in den verschiedenen Camps auf. Die Raumverteidigung ist ein großes Thema im Frauenfußball. Das hat auch unsere Torhüterinnenanalyse nach der Frauen-EM im vergangenen Jahr in England gezeigt. Zum Beispiel geht es darum, auch mal die Torlinie zu verlassen, einen sauberen Bewegungsablauf zu haben, damit die Torhüterin im Raum positiv wirken kann. Je älter die Torhüterinnen werden, desto mehr beschäftigen wir uns mit dem situativen Training. Unseren Trainingsaufbau leiten wir aber immer von einer realen Spielsituation ab.

DFB.de: Welche Entwicklung können Sie bei den Spielerinnen nach den Camps erkennen?

Rottenberg: Der U 15-Jahrgang ist letztes Jahr im Juli gestartet und nach drei Torhüterinnen-Camps sieht man im Idealfall eine sehr positive Entwicklung in sehr vielen Bereichen. Unter 16-Jährige haben häufig nur ein einziges Torwarttraining in der Woche, sollten aber bestenfalls unsere Lernziele eines U 15-Spieljahres erzielen. Das gestaltet sich sehr schwierig. Deshalb ist es uns im Torhüterinnen-Camp besonders wichtig, den Mädels optimale Bedingungen zu bieten, damit sie sich adäquat im Detail weiterentwickeln können.

DFB.de: Umso wichtiger ist ein guter Austausch mit den Vereinen der Spielerinnen.

Rottenberg: Ja, auf jeden Fall. Das Camp lebt vom Austausch mit den Vereinen und Torwarttrainer*innen. Es ist uns sehr wichtig, dass wir mit den Torwarttrainer*innen, aber auch mit den Verbänden und DFB-Stützpunkten im engen Austausch stehen. Ein Feedback – egal ob nach einem Lehrgang oder nach einem Torhüterinnen-Camp – sieht immer so aus, dass wir mit Hilfe unserer Analysten, aber auch der intensiven Arbeit meines Torwarttrainer*innen-Teams Details aufbereiten. Wir erarbeiten Videosequenzen, um dann im Nachgang des Lehrgangs mit den Torwarttrainer*innen in einem Videocall zusammenzukommen. Dort sprechen wir auch die Details an, die für die nächsten Entwicklungsschritte wichtig sind, um auch international mithalten zu können. Die Mädels werden in ihren Vereinen unterschiedlich gefördert. Die Spannbreite ist groß – einige Spielerinnen haben ein Torwarttraining in der Woche, andere haben bis zu zwei bis drei Torwart-Trainer*innen, weil sie noch im DFB-Stützpunkt sind oder ein Zweitspielrecht besitzen und dadurch teilweise sowohl in einer Mädchen- als auch in einer Jungsmannschaft spielen. Um Hand in Hand zu arbeiten, muss ein regelmäßiger Austausch stattfinden, um in die gleiche Richtung zu arbeiten. Es wäre nicht zielführend, wenn eine Torhüterin bei uns einen anderen technischen Input bekommt als bei ihren Vereins-Torwarttrainer*innen. Der Austausch mit den Vereinen hat sich in der Vergangenheit sehr positiv entwickelt, weil er sehr offen und konstruktiv ist. Denn nur gemeinsam können wir die "Torhüterin von Morgen" weiterentwickeln und ihren Zielen näherbringen!

Kategorien: Über uns, U 15-Juniorinnen, U 16-Juniorinnen, U 17-Juniorinnen, Talentförderung, Frauen

Autor: agr