3. Liga
Mike Wunderlich: "Immer noch heiß genug"
325 Pflichtspiele von der fünftklassigen NRW-Liga bis zur 3. Liga: Der FC Viktoria Köln hat seinen Rekordspieler und -torschützen zurück. Mike Wunderlich läuft wieder für den Verein aus dem Stadtteil Höhenberg auf. Eineinhalb Jahre war Wunderlich für den 1. FC Kaiserslautern am Ball. Im DFB.de-Interview spricht der 36-Jährige mit Mitarbeiter Dominik Dittmar über die Rückkehr in seine Heimatstadt.
DFB.de: Nach 595 Tagen Pause haben Sie beim 1:3 in Osnabrück erstmals wieder in einem Pflichtspiel das Viktoria-Trikot getragen. Wie hat sich das angefühlt, Herr Wunderlich?
Mike Wunderlich: Sehr schön. Ich hatte schnell das Gefühl, wieder zu Hause angekommen zu sein. Viele Spieler, mit denen ich bei der Viktoria schon zusammengespielt hatte, sind nach wie vor im Verein. Ein paar neue Jungs kamen auch dazu. Das Zusammenspiel wird in den nächsten Wochen mit Sicherheit noch besser werden. Zum Auftakt nach der Winterpause hatten wir uns natürlich einen anderen Ausgang gewünscht.
DFB.de: Was hat gefehlt, um etwas Zählbares aus Osnabrück mitzunehmen?
Wunderlich: Wir haben ein wenig Anlaufzeit benötigt und lagen dann nach 20 Minuten mit zwei Treffern hinten. Bei den Witterungsbedingungen war es schwierig, unseren spielerischen Ansatz auf den Platz zu bringen. Wir konnten dennoch eine Reaktion auf den Rückstand zeigen. Beim Stand von 1:2 hätten wir nach einem Zweikampf von Patrick Sontheimer einen Elfmeter bekommen können, bei einem Lattentreffer von Marcel Risse hatten wir Pech. In der Schlussphase kassierten wir dann einen Konter zum 1:3-Endstand. Insgesamt waren wir nicht gierig genug, um unsere guten Phasen und guten Momente über einen längeren Zeitraum abzurufen.
DFB.de: Bereits am Freitag steigt gegen den 1. FC Saarbrücken das erste Heimspiel nach Ihrer Rückkehr. Wird das Kribbeln dann noch etwas stärker sein?
Wunderlich: Auf jeden Fall. Der Sportpark Höhenberg ist wie mein zweites Zuhause. In zehn Jahren habe ich dort viele sehr schöne Momente erlebt. Ich freue mich extrem drauf, wieder auf dem Platz zu stehen. Wir wollen im eigenen Stadion einen guten Start hinlegen. Dafür müssen wir als Mannschaft gut funktionieren.
DFB.de: In den vergangenen eineinhalb Jahren waren Sie für den 1. FC Kaiserslautern am Ball. Wie blicken Sie auf die Zeit zurück?
Wunderlich: Mein Abschied aus Köln war sehr emotional. Als es die Möglichkeit gab, zum 1. FC Kaiserslautern zu wechseln, wollte ich das aber angehen. Nach dem Aufstieg in die 3. Liga und zwei Jahren Klassenverbleib wollte ich mir selbst beweisen, dass ich auch bei einem anderen Verein als der Viktoria funktionieren und erfolgreich sein kann. Sportlich war es die beste Entscheidung meiner Karriere. Die Stimmung am Betzenberg nach dem Aufstieg in die 2. Bundesliga war unglaublich. Auch in der höheren Spielklasse haben wir eine gute Rolle gespielt. In den eineinhalb Jahren beim FCK ist sehr viel passiert. Der Zeitraum hat sich dadurch für mich auch noch intensiver angefühlt. Der Verein wird immer einen Platz in meinem Herzen haben.
DFB.de: Hatten Sie den Gedanken einer möglichen Rückkehr zur Viktoria immer im Hinterkopf?
Wunderlich: Im Fußball sollte man niemals nie sagen. Ich werde im März 37 Jahre alt, mein Vertrag beim 1. FC Kaiserslautern hatte sich im Aufstiegsjahr durch die Anzahl meiner Einsätze um eine Saison verlängert. Daher hatte ich damit eher weniger gerechnet. Und es sah zunächst auch nicht danach aus. Zu Saisonbeginn lief es für mich in der 2. Bundesliga gut. Dann gab es für mich aber einen Bruch. Mit Philipp Klement kam ein weiterer Konkurrent auf meiner Position dazu. Die ersten Spiele haben wir noch gemeinsam in der Startelf bestritten. Die Ausrichtung mit uns beiden war Trainer Dirk Schuster aber zu offensiv. Von da an war es für mich schwierig, in die Startelf zu kommen. Nach meinem Treffer beim 3:3 gegen den Tabellenführer SV Darmstadt 98 hatte ich Hoffnung. An meiner Situation änderte sich aber nicht viel. Das hatte mich zum Nachdenken gebracht. Auch mit 36 Jahren bin ich für eine Rolle als Einwechselspieler noch zu ehrgeizig.
DFB.de: Wie kann man sich die Wechselgespräche zwischen Ihnen und Ihrem Vater Franz Wunderlich vorstellen?
Wunderlich: Von meinem Vater kam in der Tat der Impuls, ob ich mir eine Rückkehr vorstellen kann. Die familiäre Situation und seine Funktion als Sportvorstand bei der Viktoria konnten wir aber schon immer gut trennen. Dass der eigene Vater im selben Verein in der sportlichen Verantwortung steht, ist schließlich eine ungewöhnliche Konstellation. Als es jetzt um meine Rückkehr ging, habe ich die folgenden Gespräche mit den weiteren Verantwortlichen geführt. Mein Herz hängt sehr an der Viktoria. Daher bin ich dankbar, dass die Rückkehr geklappt hat.
DFB.de: Sie haben bereits angekündigt, nach der aktiven Karriere die Gebäudereinigungsfirma Ihres Vaters übernehmen zu wollen. Bestreiten Sie also Ihr letztes Halbjahr im Profifußball?
Wunderlich: Bisher sieht es so aus, dass ich im Sommer meine Karriere beenden werde. Bereits zum 1. November habe ich 50 Prozent der Anteile der Firma meines Vaters gekauft. Schon jetzt vor Ort zu sein, ist sicherlich von Vorteil. Ich habe dort in jungen Jahren meine Ausbildung absolviert und noch zu Regionalligazeiten auch im Innendienst gearbeitet. Dem Fußball will ich weiterhin erhalten bleiben. Aktuell kümmere ich mich neben dem Platz um meine Trainerscheine. Vielleicht spiele ich aber auch im Amateurbereich weiter. Mal schauen, welche Möglichkeiten sich ergeben. Bis zum Sommer sind ja noch ein paar Monate. Das lasse ich also in Ruhe auf mich zukommen.
DFB.de: Was haben Sie sich mit der Viktoria noch vorgenommen?
Wunderlich: Ich fühle mich weiterhin gut und fit, um regelmäßig auf dem Platz zu stehen, und bin noch immer heiß genug, um mit der Mannschaft erfolgreich zu sein. Dazu will ich meinen Teil beitragen. Wir haben Tuchfühlung zu den vorderen Tabellenplätzen und wollen auch weiterhin eine gute Rolle spielen.
DFB.de: Bis zu Ihrem Abschied waren Sie Kapitän. Sehen Sie sich erneut in der Chefrolle?
Wunderlich: Ich werde meine Erfahrung sehr gerne einbringen. Es ist allerdings keinesfalls so, dass ich dafür Kapitän sein muss. Das war mir auch in den Gesprächen mit Trainer Olaf Janßen wichtig. Die Mannschaftsstruktur hat sich gut entwickelt. Da werde ich mich nicht vordrängeln, sondern ins Team einordnen. Mit Marcel Risse haben wir einen sehr guten Kapitän, der auch schon in der Bundesliga gespielt hat.
DFB.de: Mit dem 1. FC Saarbrücken kommt am Freitag der Tabellendritte, der ebenfalls sein Auftaktspiel verloren hat. Was erwarten Sie für eine Partie?
Wunderlich: Wir treffen auf einen Gegner, der sich den Aufstieg zum Ziel gesetzt hat und zuletzt auch schon nah dran war. Der 1. FC Saarbrücken tritt robust und zweikampfbetont auf. Es gibt aber keinen Gegner, vor dem wir uns verstecken müssen. Wir sind von unseren Qualitäten überzeugt. Wir brennen auf das erste Heimspiel des Jahres und wollen vor den eigenen Fans die Niederlage von Osnabrück geradebiegen.
Kategorien: 3. Liga
Autor: mspw
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