DFB-Pokal
Jena-Coach Bürger: "Wir wollen nicht nur Sparringspartner sein"
Trainer Henning Bürger trifft heute (ab 18 Uhr, live im ZDF und auf Sky) in der ersten DFB-Pokalrunde mit dem Regionallisten FC Carl Zeiss Jena auf Bayer 04 Leverkusen. Ihm gelang es schon einmal, als Jena-Coach gegen einen amtierenden Meister zu gewinnen. Im aktuellen DFB.de-Interview spricht der 54-Jährige mit Mitarbeiter Oliver Jensen über damals und heute.
DFB.de: Herr Bürger, Sie haben schon einmal als Carl-Zeiss-Trainer den amtierenden Meister bezwungen. In der Saison 2007/2008 gewannen Sie gegen den VfB Stuttgart. Macht das Mut, dass so etwas noch einmal möglich sein könnte?
Henning Bürger: Nein, das ist schon so viele Jahre her – eine Ewigkeit. Das spielt in meinen Gedanken heute keine Rolle mehr. Wir sind im Hier und Jetzt.
DFB.de: Dann sprechen wir über die Gegenwart. Wie könnte Ihre Mannschaft das Spiel gegen Leverkusen taktisch angehen? Lieber hinten sicher stehen oder mutig nach vorne spielen?
Bürger: Wir haben beides vor. Aus sportlicher Sicht ist es natürlich unabdingbar, dass wir hinten sicher stehen und wenig zulassen wollen. Aber da wir von vielen Zuschauern super unterstützt werden und diese Partie für die ganze Stadt ein Highlight ist, wollen wir nicht nur ein Sparringspartner sein, sondern mutig auftreten. Ich freue mich darauf, dass wir so ein besonderes Spiel erleben werden. Und es wird spannend zu sehen sein, wie auf höchstem Niveau Fußball gespielt wird.
DFB.de: Wie groß ist Ihre Hoffnung auf eine Sensation? Oder denken Sie gar nicht daran?
Bürger: Doch, natürlich ist das ein Gedanke. Wir sind Sportler und gehen immer optimistisch in solche Spiele. Das ist die Grundeinstellung eines jeden Sportlers.
DFB.de: Wie haben Sie die Pokal-Auslosung, als Sie Bayer Leverkusen zugelost bekamen, miterlebt?
Bürger: Ich habe mir das zu Hause gemeinsam mit meiner Lebensgefährtin und den Kindern angeschaut. Die Euphorie in der Stadt und im Verein war groß. Ich habe das ein bisschen anders gesehen, weil ich als Trainer in einem Pokalwettbewerb so weit wie möglich kommen möchte. Nun spielen wir gegen die beste deutsche Mannschaft. Das ist ein Brett. Aber natürlich freue ich mich jetzt auch auf das Spiel, weil Leverkusen einen tollen Fußball spielt.
DFB.de Ihr Stadion wurde modernisiert und ist ausverkauft. Welche Rolle kann der Heimvorteil spielen?
Bürger: Eine große Rolle. Das Stadion bekam in den letzten Wochen eine unfassbare Aufwertung und ist ein echtes Schmuckstück. Die Leute nehmen das super an. Wir hatten hier bereits tolle Veranstaltungen – einmal unsere Fußballspiele, aber auch das Training der deutschen Nationalmannschaft und das Training der englischen Nationalmannschaft. Uns erwartet nun ein tolles Spiel bei tollem Wetter.
DFB.de: Ihre Mannschaft ist mit fünf Siegen in die Saison gestartet, obwohl es in der Sommerpause einige Abgänge gab. Was macht die Mannschaft so stark?
Bürger: Wir haben eine gute Vorbereitung gehabt. Die Jungs haben das Training topp durchgezogen. Vor allem aber ist das Teambuilding sehr gut gelaufen. Die Jungs haben sich als Mannschaft gefunden. Wir haben einige Tage auch außerhalb des Fußballs miteinander verbracht. Das könnte ein Schlüssel gewesen sein.
DFB.de: Mit welchem Ziel sind Sie in die Saison gegangen?
Bürger: Wir haben kein konkretes Saisonziel formuliert. Uns geht es eher darum, dass wir uns leistungstechnisch verbessern und in jedem Training eine volle Leistungsbereitschaft an den Tag legen. Das hat bislang hervorragend funktioniert.
DFB.de: Besteht Ihre Mannschaft aus Vollprofis oder gibt es auch Spieler, die nebenher noch einem Beruf nachgehen?
Bürger: Unsere Spieler sind Vollprofis, sind aber trotzdem bestrebt, nebenbei noch etwas zu machen. Wir haben zum Beispiel viele junge Spieler, die auf ein Sportgymnasium gehen und ihr Abitur machen. Wir haben auch einige Jungs, die ein Fernstudium machen.
DFB.de: Sie sind im Verein großgeworden, haben für die U 19 gespielt und gaben hier später ihr Profidebüt, sind jetzt bereits zum zweiten Mal Cheftrainer der Mannschaft und waren zwischenzeitlich auch Nachwuchsleiter. Was macht den FC Carl Zeiss Jena für Sie aus?
Bürger: Der Verein muss permanent einen kräftigen Spagat vollbringen. Wie Sie bereits sagten, kenne ich den Verein aus der Sicht eines Schülers, eines Spielers, eines Nachwuchsleiters und eines Trainers. Der Verein ist hier in der Region sehr beliebt und trägt die Bürde der Tradition mit sich herum. Andererseits sind wir nun schon seit vielen Jahren ein Regionalligist. Daher passen die hohen Ansprüche nicht mehr zur Realität. Wir arbeiten daran, uns Stück für Stück mit dem neuen Stadion dort wieder rauszuarbeiten. Irgendwann müssen wir uns sportlich in eine höhere Liga hinarbeiten. Wann uns das gelingt, weiß ich nicht.
DFB.de: Auch wenn Sie sagten, dass die Pokal-Historie von 2007/2008 nicht mehr in Ihren Gedanken präsent ist, möchte ich dennoch darauf zurückkommen. Sie haben damals nicht nur den Deutschen Meister Stuttgart, sondern auch den amtierenden DFB-Pokalsieger 1. FC Nürnberg besiegt und erreichten schlussendlich das Halbfinale. Ist das der Beweis dafür, dass im DFB-Pokal alles möglich ist?
Bürger: Auf jeden Fall. Man muss natürlich ergebnistechnisch permanent im Spiel drinbleiben, man braucht eine gewisse Energie an dem Abend - es muss einfach passen. Es müssen die richtigen Aktionen gelingen, dass man gut ins Spiel kommt und den Gegner ins Grübeln bringt. Wenn das gelingt, wird die eigene Mannschaft immer mutiger. Es ist natürlich mein Wunsch, dass uns das auch im bevorstehenden Spiel gegen Leverkusen gelingt. Ob das nun klappt oder nicht, werden wir sehen.
DFB.de: Was haben die damaligen Erfolge im DFB-Pokal mit dem Verein gemacht?
Bürger: Um uns herum war sehr viel los. Aber wir sind trotzdem aus der 2. Bundesliga abgestiegen. Die Ergebnisse im Pokal und im Liga-Alltag passten nicht zusammen. Finanziell war es für den Verein natürlich trotzdem eine gute Sache.
DFB.de: Das Spiel gegen den VfB Stuttgart gewannen Sie damals im Elfmeterschießen. Lassen Sie das vor dem Spiel gegen Leverkusen üben, falls es erneut ins Elfmeterschießen geht?
Bürger: Es schadet nicht, wenn man das trainiert. Aber die nervliche Anspannung, wenn man zum Beispiel als junger Spieler vom Mittelpunkt aus zum Elfmeter schreitet, lässt sich nicht simulieren. Was einem da alles durch den Kopf geht, die Nervosität und die Anspannung – das lässt sich nicht trainieren. Natürlich können meine Spieler trotzdem ein bisschen Elfmeterschießen üben. Aber das hat nichts damit zu tun, wie es sich dann wirklich im Spiel anfühlen würde.
Kategorien: DFB-Pokal
Autor: oj
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