DFB-Pokal der Frauen
Gladbachs Elfmeterheldin Frehse: "Am Ende ist es ein Nervenspiel"
In einem dramatischen Elfmeterkrimi schaltete Zweitligist Borussia Mönchengladbach den höherklassigen "Erzrivalen" 1. FC Köln in der zweiten Runde des DFB-Pokals der Frauen aus (8:7). Torhüterin Jil Frehse (20) wehrte den entscheidenden Schuss ab und zeigte auch sonst eine starke Leistung. Im DFB.de-Interview spricht die angehende Polizeibeamtin mit Mitarbeiter Ralf Debat über den Pokalcoup.
DFB.de: Borussia Mönchengladbach steht erst zum dritten Mal im Achtelfinale des DFB-Pokals der Frauen. Wie hört sich das für Sie an, Frau Frehse?
Jil Frehse: Es ist ein unbeschreibliches Gefühl. Gegen Köln war es eine herausragende Leistung des gesamten Teams.
DFB.de: Erstmals ist die Borussia als Zweitligist in der Runde der verbliebenen 16 Teams dabei. Macht das den Erfolg noch etwas besonderer?
Frehse: Klar. Als Außenseiter aus der 2. Frauen-Bundesliga einen Erstligisten rauszuhauen, ist schon außergewöhnlich. Dass es dann auch noch ein prestigeträchtiges Derby war, macht es natürlich noch spezieller.
DFB.de: Wie wurde der Sieg gegen den Bundesligisten 1. FC Köln gefeiert?
Frehse: Wir haben natürlich ein wenig gefeiert - erst auf dem Platz mit Derbysieger-Gesängen, dann mit lauter Musik in der Kabine und unter der Dusche. Außerdem hatte unsere Kapitänin Kristina Bartsch einen selbstgebackenen Kuchen dabei, der diesmal besonders gut geschmeckt hat. (lacht) Die Freude war riesig, gefeiert wurde aber in Maßen. Schließlich mussten fast alle am Montag schon wieder sehr früh raus.
DFB.de: Was war aus Ihrer Sicht entscheidend, um den höherklassigen Gegner aus dem Pokalwettbewerb zu kegeln?
Frehse: Köln ist sicherlich spielerisch besser, aber wir waren aus meiner Sicht kämpferisch stärker. Jede ist für jede gerannt. Meine Teamkolleginnen haben sich in jeden Ball geworfen und mir dadurch schon viel Arbeit abgenommen. Ich würde sagen: Wir wollten es vielleicht ein bisschen mehr.
DFB.de: Schon während der regulären Spielzeit führte Gladbach lange Zeit 1:0, musste dann aber in der Schlussphase noch den Ausgleich hinnehmen. Wie hat das Team diesen Rückschlag weggesteckt?
Frehse: Im ersten Moment waren wir alle sehr frustriert, dass wir noch so spät den Ausgleich kassiert haben. Zum Glück hatten wir dann in der kurzen Pause vor der Verlängerung noch die Möglichkeit, uns wieder zu sammeln und noch einige Tipps und Hinweise von unserem Trainerteam zu bekommen. Die Stimmung war dann schon wieder so gut, dass ich mir irgendwie sicher war, dass wir das Ding durchziehen.
DFB.de: Kurz vor dem Abpfiff der Verlängerung machte sich Ihre Torhüterkollegin Luisa Palmen zur Einwechslung bereit. Dachten Sie schon, Sie müssten den Platz verlassen?
Frehse: Zugegeben: Ein wenig irritiert war ich im ersten Moment schon, zumal es keine abgesprochene Aktion war. Es war dann aber schnell zu erkennen, dass Luisa als Feldspielerin eingewechselt wird. Ich wusste, dass sie einen sehr guten Schuss hat und eine sichere Elfmeterschützin ist. Das hat sie dann ja auch unter Beweis gestellt.
DFB.de: Wurden bei Ihnen dabei Erinnerungen an Ihr Bundesligadebüt wach?
Frehse: Auf jeden Fall. Ich bin damals im Trikot von Turbine Potsdam im Spiel gegen den 1. FC Köln eingewechselt worden, nachdem unsere Stammtorhüterin Vanessa Fischer wegen einer Notbremse die Rote Karte gesehen hatte, und habe dann direkt den folgenden Elfmeter gehalten. Kurioserweise konnte ich in der 2. Bundesliga auch mal einen Strafstoß gegen die zweite Mannschaft des 1. FC Köln abwehren. Deshalb dachte ich mir schon, dass ich auch im Elfmeterschießen zumindest einen Schuss halten kann. (lacht)
DFB.de: Haben Sie ein bestimmtes Erfolgsrezept bei Elfmetern?
Frehse: Ich versuche, den Schützinnen immer bis zum Schluss ins Gesicht zu schauen, um zu erkennen, in welche Ecke sie schießen wollen. Die Reaktionen sind allerdings total unterschiedlich. Einige schauen mich auch an, andere überhaupt nicht. Das macht es schon schwierig. Am Ende ist es halt ein Nervenspiel, das wir zum Glück diesmal für uns entscheiden konnten.
DFB.de: Das Elfmeterschießen zog sich sehr lange hin. Wie sehr zerrte das an den Nerven?
Frehse: Schon sehr. Ich war ein paarmal nah dran, schon früher für die Entscheidung zu sorgen. Insgesamt 18 Elfmeter sind schon eine Hausnummer.
DFB.de: Hatten Sie schon im Kopf, dass Sie bald auch selbst zum Elfmeter hätten antreten müssen?
Frehse: Definitiv. Mir war klar, dass ich spätestens als übernächste Schützin dran gewesen wäre. Am Ende war ich sehr froh, dass es nicht so weit gekommen ist. Ich habe schließlich unter Druck noch nie einen Elfmeter geschossen, höchstens mal im Training.
DFB.de: Wie würden Sie das Gefühl beschreiben, als Sie den entscheidenden Schuss von Celina Degen abwehren konnten?
Frehse: Das war Freude pur. Die Mädels sind alle losgesprintet, um zusammen zu feiern. Ich war so stolz auf das gesamte Team, aber auch ein wenig stolz auf mich, denn ich bin in diesem Spiel ebenfalls über mich hinausgewachsen.
DFB.de: Wie sind die Reaktionen in Ihrem persönlichen Umfeld ausgefallen?
Frehse: Das war krass. Ich habe vor allem auf Instagram so viele Nachrichten bekommen, dass ich bisher noch längst nicht alle beantworten konnte. Es waren auch viele Leute dabei, die ich gar nicht kenne, die sich aber für mich extrem gefreut haben.
DFB.de: Konnten Sie danach gut einschlafen?
Frehse: Nein, gar nicht. Ich habe die gesamte Nacht kaum ein Auge zugemacht. Das war hart, denn ich musste bereits um 6.20 Uhr im Zug sitzen. Ich hatte am Montag im Rahmen meines Studiums bei der Polizei meinen ersten richtigen Arbeitstag.
DFB.de: Sie waren schon im Jugendbereich für Borussia Mönchengladbach am Ball, sind seit Saisonbeginn zurück bei Ihrem Ausbildungsverein. Hat sich die Rückkehr schon jetzt gelohnt?
Frehse: Das kann man auf jeden Fall so sagen, aber nicht nur wegen dieses eines Sieges im Pokal. Nachdem die zurückliegenden Jahre in Potsdam und Duisburg wegen der beiden Abstiege nicht immer ganz einfach für mich waren, fühle ich mich bei Borussia direkt wieder zu Hause und richtig angekommen.
DFB.de: Was haben Sie sich für den weiteren Saisonverlauf vorgenommen?
Frehse: Wir wollen auch in der 2. Bundesliga möglichst viele Spiele gewinnen. Ich denke schon, dass wir die Qualität haben, um eine gute Saison zu spielen.
DFB.de: Welcher Gegner wäre Ihnen im Pokal-Achtelfinale am liebsten?
Frehse: Cool wäre zum Beispiel ein Duell mit Fortuna Köln. Die Partie hätte ebenfalls Derbycharakter. Wir nehmen aber, was kommt. (lacht)
Kategorien: DFB-Pokal der Frauen
Autor: mspw
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