Google Pixel Frauen-Bundesliga
"Der Fußball ist ein guter Ausgleich"
Sie sind Kolleginnen, und zwar in doppelter Hinsicht: Jennifer Cramer (31) und Vanessa Fischer (27) spielen gemeinsam für Turbine Potsdam in der Google Pixel Frauen-Bundesliga. Aber sie arbeiten auch an anderer Stelle zusammen - denn beide sind als Polizistin in Brandenburg im Einsatz. Im DFB.de-Interview sprechen Cramer und Fischer über ihr Leben im Streifenwagen und im Strafraum. Wie passt das zusammen? Und welche Chancen rechnen sie sich im Auftaktspiel der Google Pixel Frauen-Bundesliga heute (ab 17 Uhr, live im ZDF sowie auf MagentaSport und DAZN) gegen den deutschen Meister FC Bayern München aus?
DFB.de: Jennifer Cramer, Vanessa Fischer, auf dem Trainingsplatz stehen Sie fast täglich zusammen. Aber wann haben Sie zuletzt gemeinsam in einem Streifenwagen gesessen, um ihrem Job als Polizistinnen nachzugehen?
Jennifer Cramer: Das kommt leider gar nicht so häufig vor, weil ich in Potsdam im Einsatz bin …
Vanessa Fischer: … während ich hingegen meist etwas weiter außerhalb in Werder tätig bin.
Cramer: Aber ab und an kreuzen sich unsere Wege auch und dann sind wir zusammen im Streifenwagen unterwegs. Das macht natürlich immer besonders viel Spaß, weil wir auch über den Fußball sprechen können.
DFB.de: Was waren Ihre größten, spektakulärsten oder auch schwierigsten Einsätze als Polizistin?
Cramer: Die Frage ist für mich immer schwer zu beantworten, weil die Bandbreite an Einsätzen einfach riesig ist – und das schon an einem Tag. Mir ist besonders in Erinnerung geblieben, als ich vor einiger Zeit einen Einsatz wegen eines Mordes hatte. Später musste ich dann im Rahmen eines großen Gerichtsverfahrens vor einer Kammer als Zeugin aussagen. Das war schon ein ganz anderes Gefühl. Aber auch kleinere Einsätze können eine große Herausforderung darstellen.
Fischer: Für mich ist es immer besonders belastend, wenn man zu einem Suizid gerufen wird. Da stellt sich für mich zwangsläufig die Frage, was die Person dazu getrieben, das zu tun. Das sind Gedanken, die mich auch über den Einsatz hinaus begleiten. Da kann der Fußball ein gutes Werkzeug sein, um solche Erlebnisse nicht zu nah an sich heranzulassen.
DFB.de: Wie bekommen Sie den Polizeidienst und eine Karriere in der Google Pixel Frauen-Bundesliga unter einen Hut?
Cramer: Ich bin seit 2019 als Polizistin im Dienst. Seitdem klappt das wirklich ganz gut. Ich habe eine gewisse Stundenanzahl, die ich machen muss. Das funktioniert auch deshalb, weil unsere Führungskräfte darauf achten, dass wir den Sport parallel gut organisiert bekommen. Ich habe das Gefühl, dass es ein großes Verständnis für unsere besondere Situation gibt. Aber natürlich kommt es regelmäßig vor, dass ich beispielsweise an trainingsfreien Tagen als Polizistin im Einsatz bin.
Fischer: Manchmal ist es auch so, dass wir nach einer Trainingseinheit noch in den Dienst müssen. Das ist sicher teilweise herausfordernd, insgesamt dennoch gut zu organisieren. Der ganz große Vorteil ist, dass wir sehr flexibel unsere Arbeit einteilen können. Das ist in gewisser Weise eine Luxussituation.
Cramer: Das Schöne ist ja, dass wir beides total gerne machen – als Polizistin zu arbeiten und Fußball auf hohem Niveau spielen zu können. Ich finde diesen Gegensatz extrem reizvoll. Der Fußball ist ein guter Ausgleich zu einem belastenden Polizeieinsatz. Das hat Vanessa ja gerade auch schon eingeordnet.
DFB.de: Als Polizistin müssen Sie in vielen Situationen sehr durchsetzungsfähig sein. Hilft Ihnen das auf dem Fußballplatz?
Cramer: Das ist bestimmt kein Nachteil. Wir erleben als Polizistinnen immer wieder Situationen, in denen die Menschen anderer Meinung sind als wir und manchmal auch versuchen, sich unseren Anweisungen zu widersetzen. Dann muss man sich durchsetzen. Auf dem Rasen ist das auch so. Hier kann man sicher Parallelen ziehen.
Fischer: Ich sehe es ähnlich wie Jennifer. Jede Fußballerin und jeder Fußballer muss in der Karriere mal mit Rückschlägen umgehen. Wichtig ist, dass man wieder aufsteht und widerstandsfähig ist. Andererseits gibt einem aber auch der Fußball ganz viel für das private und auch für das berufliche Leben. Man lernt zum Beispiel, innerhalb einer Gruppe Verantwortung zu übernehmen. Als Fußballerin kann man sich nicht wegducken und sich hinter anderen verstecken. Im Beruf funktioniert das ebenfalls nicht.
DFB.de: Nach einer sehr langen Sommerpause startet nun die neue Saison der Google Pixel Frauen-Bundesliga. Für Sie beginnt die neue Serie mit dem Eröffnungsspiel gegen den FC Bayern. Was denken Sie über die Partie?
Cramer: Es wird eine riesige Herausforderung. Die Bayern haben am vergangenen Wochenende beim 1:0 gegen Wolfsburg im Supercup bereits eine sehr souveräne Leistung gezeigt. Die sind auf jeder Position einfach brutal gut besetzt. Sie lassen den Ball super laufen und sind total effektiv. Wir brauchen einen perfekten Tag, um etwas dagegen setzen zu können.
Fischer: Es ist auf jeden Fall eine tolle Wertschätzung, dass wir Teil des Eröffnungsspiels sind. Die Aufmerksamkeit ist schon im Vorfeld riesig. Das wird ein cooler Abend. Wir wollen uns bestmöglich präsentieren. Vielleicht gelingt es uns, die Bayern etwas zu ärgern. Wir wollen das Spiel möglichst lange offen gestalten. Mit unseren Fans im Rücken ist nichts unmöglich.
DFB.de: Was ist für Turbine in dieser Saison realistisch?
Fischer: Cool wäre es, wenn wir uns im Mittelfeld festsetzen könnten. Aber uns ist sehr bewusst, dass uns eine harte Serie erwartet. Wir müssen auf uns schauen und uns als Team möglichst in jedem Spiel verbessern. Dann können wir unsere Ziele erreichen.
Cramer: Wir wissen, dass es sehr schwer wird und dass wir hat dafür arbeiten müssen, unsere Ziele zu erreichen. Für uns wird jedes Spiel sehr wichtig sein.
DFB.de: Sie haben beide auch den Abstieg vor einem Jahr miterlebt. Welchen Lehren ziehen Sie aus dieser Erfahrung?
Cramer: Die Situation damals und heute kann man schlecht vergleichen. In der Abstiegssaison hat im Verein eine große Unruhe geherrscht. Es gab Trainerwechsel und Veränderungen in der Vereinsführung. Wir sind eigentlich nie zur Ruhe gekommen und konnten uns nicht voll auf den Fußball konzentrieren. Jetzt haben wir eine andere Situation. Wir müssen uns auf unsere Leistung auf dem Platz konzentrieren.
Fischer: Es wird auch darauf ankommen, dass wir auf dem Rasen eine Einheit sind. Es bringt nichts, wenn jede versucht, ihre individuelle Klasse auf den Platz zu bringen. Es darf nicht darum gehen, dass jede versucht, ihren Weg alleine zu gehen. Wir können wirklich nur gemeinsam unsere Ziele erreichen. Das hat mir in der Abstiegssaison im Rückblick gefehlt.
DFB.de: Wie wichtig war in diesem Zusammenhang die Saison in der 2. Bundesliga, in der Sie sehr erfolgreich waren?
Cramer: Es war sehr wichtig, aus diesem Negativstrudel herauszukommen. Das ist uns nach einem komplizierten Start auch gelungen. Wir sind zudem als Team weiter zusammengewachsen und haben schöne Erfolge gefeiert. Das hat gut getan, nach dieser langen Serie an Misserfolgen. Wir haben als Mannschaft viel erreicht. An diese positive Serie müssen wir anknüpfen …
Fischer: … auch wenn uns natürlich bewusst ist, dass es wieder Rückschläge geben wird. Davon dürfen wir uns nicht mehr aus der Bahn werfen lassen. Wir wollen das Beste aus unseren Möglichkeiten machen.
Cramer: Viele haben uns abgeschrieben und nicht mehr mit uns gerechnet. Diese Pessimisten haben wir widerlegt.
Kategorien: Google Pixel Frauen-Bundesliga
Autor: sw
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