"Nur mit guten Einzelspielern gewinnt man keinen Titel"

Frage: Sie haben sehr offensiv den EM-Titel als Ziel ausgegeben. Was stimmt Sie optimistisch?

Hrubesch: Ich glaube einfach, dass wir für unser Team optimale Voraussetzungen geschaffen haben. Die Frage ist letztlich, wie gut wir als Mannschaft funktionieren und wie wir in das Turnier hineinkommen. Mit einem Startsieg gegen Spanien wird sicher vieles leichter. Aber das wird ein hartes Stück Arbeit.

Frage: Spüren Sie und das Team einen gewissen Druck, nach den Titelgewinnen der U 17 und der U 19 zuletzt?

Hrubesch: Unsere Spieler sind Woche für Woche vor Tausenden von Zuschauern aktiv, spielen in der Bundesliga gegen den Abstieg oder um die Champions League. Solche Situationen sind keine neue Erfahrung für die Jungs. Unser Ziel ist die Weltspitze, daher sind die EM-Titel der U 17 und U 19 wichtige Zwischenschritte auf unserem Weg. Aber unser großes Ziel ist es, dass die A-Nationalmannschaft wieder eine Welt- oder Europameisterschaft gewinnt. Ein Titelgewinn der U 21 wäre auf diesem Weg ein weiterer Meilenstein.

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Ab Donnerstag bereitet sich die U 21-Nationalmannschaft in Schweden auf die Europameisterschaft vor. Im Auftaktspiel trifft die Auswahl von DFB-Trainer Horst Hrubesch am Montag (ab 20.45 Uhr, live im ZDF) auf Spanien. Das zweite EM-Vorrundenspiel bestreitet die U 21 am 18. Juni (ab 17.50 Uhr, live im ZDF) in Halmstad gegen Finnland, ehe zum Abschluss der Gruppenphase ebenfalls in Halmstad die Partie gegen England am 22. Juni (ab 20.15 Uhr, live im ZDF) auf dem Programm steht.

Am Donnerstag reist das deutsche Team nach Göteborg, wo es im Hotel "Nääs Fabriker" in Lerum sein Quartier bezieht. Im DFB.de-Exklusivinterview mit Redakteur Maximilian Geis spricht Horst Hrubesch vor dem Abflug über die EM-Vorbereitung, die Kriterien für die Kaderauswahl und die Chancen zum Auftakt gegen Spanien.

Frage: Horst Hrubesch, mit den beiden Trainingslagern am Tegernsee und in Barsinghausen haben Sie die Vorbereitungsphase abgeschlossen. Wie gut ist das Team in Form?

Horst Hrubesch: Wir sind auf dem richtigen Weg. Durch die Ausfälle von Manuel Neuer wegen der Asienreise oder Sebastian Boenisch, Gonzalo Castro und Mesut Özil durch den DFB-Pokal stand uns erst in Barsinghausen der komplette EM-Kader zur Verfügung. Mannschaftstaktische Dinge und das Defensivverhalten konnten wir daher erst in der vergangenen Woche mit dem ganzen Aufgebot einstudieren. Aber ich bin zufrieden, denn jetzt können wir an die Feinheiten gehen. Zudem haben wir keine angeschlagenen oder verletzten Spieler. Das ist ein gutes Zeichen.

Frage: Einige Spieler, die in der Qualifikation gespielt haben, verpassten den Sprung in das EM-Aufgebot. Welche Kriterien waren für die Nominierung des Kaders ausschlaggebend?

Hrubesch: Grundsätzlich entscheiden wir nach rein sportlichen Kriterien, zudem müssen wir die Atmosphäre im Team berücksichtigen. Wir spielen ein System, in dem den Außenpositionen große Bedeutung zukommt. Daher habe ich Spieler wie Änis Ben-Hatira, Chinedu Ede oder Fabian Johnson berufen. Ich bin mir sicher, dass sie beim Turnier wichtig für uns sein werden.

Frage: Es wurde verwundert registriert, dass in Alexander Baumjohann und Toni Kroos zwei namhafte Kandidaten nicht zum Aufgebot gehören...

Hrubesch: Im zentralen Mittelfeld haben wir enorme Qualität. Daher musste es auf diesen Positionen zu Härtefällen kommen. Ich bin überzeugt davon, dass wir mit Daniel Adlung, Dennis Aogo, Jerome Boateng, Gonzalo Castro und Sami Khedira einige Varianten für diesen Bereich dabei haben. Das spricht aber nicht gegen die Jungs, die zu Hause bleiben müssen. Deren Situation muss man getrennt voneinander betrachten: Toni Kroos hatte durch seine Situation in Leverkusen keinen richtigen Spielrhythmus. Daher haben wir entschieden, ihn bei der U 19 in der EM-Qualifikation einzusetzen, wo er ein Führungsspieler ist, weil er das Team noch von der U 17-Weltmeisterschaft 2007 in Südkorea kennt. Alexander Baumjohann hat auf seiner Position in Mesut Özil und Marko Marin qualitativ gute Spieler vor sich, die zudem zum Stammpersonal bei der U 21 oder sogar im A-Team gehören.

Frage: Sie haben Anfang des Jahres den Angriff als Schwachpunkt des Teams ausgemacht. Hat sich die Situation nun geändert?

Hrubesch: Klar, uns fehlt in diesem Jahrgang ein echter Torjäger. Aber wir haben dafür gesorgt, dass wir mehrere Varianten zur Verfügung haben. Sandro Wagner kann zentrale Spitze spielen. Mit Ashkan Dejagah oder Chinedu Ede, der eine Waffe in unserem Spiel sein kann, haben wir weitere torgefährliche Spieler im Aufgebot. Auch Marko Marin oder Mesut Özil können da vorne für Wirbel sorgen. Wir werden gegen jeden Gegner in der Lage sein, Tore zu erzielen.

Frage: Immerhin fünf Nationalspieler stehen Ihnen zur Verfügung. Welches Potenzial steckt im Team?

Hrubesch: Wir haben einige herausragende Individualisten im Team. Aber nur mit guten Einzelspielern gewinnt man keinen Titel. Die Jungs müssen eine Einheit auf dem Platz werden. Wir haben diesen Prozess mit Teambuildingsmaßnahmen und in Einzelgesprächen angekurbelt. Aber jetzt müssen die Spieler Führung und Verantwortung übernehmen. Die Mannschaft hat gesagt, dass sie um den Titel spielen will. Es muss sich am Montag im Stadion zeigen, ob alle bereit sind, diesem Ziel alles unterzuordnen.

Frage: Wie schätzen Sie Spanien ein?

Hrubesch: Spanien ist eine große Fußball-Nation mit vielen Individualisten, die den Nachwuchsfußball in Europa dominiert. Ich habe vor drei Jahren im U 19-Jahrgang gegen das Team gespielt und natürlich haben wir sie auch beobachtet und uns Videos angeschaut. Die Spanier sind spielstark und gut organisiert. Zudem haben sie mit Bojan Krkic einen Ausnahmespieler im Kader. Sie gehören zu den Top-Favoriten bei diesem Turnier. Aber: Die müssen uns erst mal schlagen. Wir haben Respekt, aber sicher keine Angst.

Frage: Was erwarten Sie von den übrigen Gruppengegnern?

Hrubesch: Die Finnen haben sich in der Qualifikation unter anderem gegen Dänemark und Österreich durchgesetzt, sie dürfen wir nicht unterschätzen. England verfügt über ein typisch britisches Team, das aber auch spielerisch überzeugen kann. Eins ist klar: Alle acht Teams, die sich für die Endrunde qualifiziert haben, sind gut.

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Frage: Sie haben sehr offensiv den EM-Titel als Ziel ausgegeben. Was stimmt Sie optimistisch?

Hrubesch: Ich glaube einfach, dass wir für unser Team optimale Voraussetzungen geschaffen haben. Die Frage ist letztlich, wie gut wir als Mannschaft funktionieren und wie wir in das Turnier hineinkommen. Mit einem Startsieg gegen Spanien wird sicher vieles leichter. Aber das wird ein hartes Stück Arbeit.

Frage: Spüren Sie und das Team einen gewissen Druck, nach den Titelgewinnen der U 17 und der U 19 zuletzt?

Hrubesch: Unsere Spieler sind Woche für Woche vor Tausenden von Zuschauern aktiv, spielen in der Bundesliga gegen den Abstieg oder um die Champions League. Solche Situationen sind keine neue Erfahrung für die Jungs. Unser Ziel ist die Weltspitze, daher sind die EM-Titel der U 17 und U 19 wichtige Zwischenschritte auf unserem Weg. Aber unser großes Ziel ist es, dass die A-Nationalmannschaft wieder eine Welt- oder Europameisterschaft gewinnt. Ein Titelgewinn der U 21 wäre auf diesem Weg ein weiterer Meilenstein.