Matthias Sammer: "Gier nach dem Titel muss man spüren"

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Etwas mehr als zwei Monate noch, dann beginnt in Schweden die U 21-Europameisterschaft (15. bis 29. Juni 2009). Noch nie hat eine deutsche U 21-Auswahl diesen Titel gewonnen, und auch diesmal sind die Vorzeichen nicht vielversprechend, denn im laufenden Jahr konnte das Team keines seiner drei Spiele gewinnen.

Die Mannschaft von DFB-Trainer Horst Hrubesch, der den Posten nach der Trennung von Dieter Eilts übernommen hat, trifft bei der EURO in Schweden gleich im ersten Gruppenspiel am 15. April auf Spanien. DFB-Sportdirektor Matthias Sammer spricht im aktuellen DFB.de-Gespräch der Woche mit Internetredakteur Thomas Hackbarth darüber, dass es trotz gelungener Qualifikation noch ein weiter Weg bis Schweden sein wird.

Frage: Herr Sammer, liest der kundige Fan die Spielernamen bei der U 21, erwartet er große Taten. Doch die letzten Vorstellung, zugegeben auch mit ersatzgeschwächten Formationen, waren eher ernüchternd. Wo sehen Sie die Probleme?

Matthias Sammer: Das Prädikat "Mannschaft" muss sich unsere U 21 erst noch verdienen. Sicher stehen etliche vermeintlich gute Spieler im erweiterten Aufgebot, auch junge Talente mit Erfahrung in der Bundesliga. Aber es fehlt einfach die richtige Struktur und Hierarchie. Horst Hrubesch als U 21-Trainer muss jetzt die passende Mischung aus Führungsspielern, Teamspielern und Individualisten finden.

Frage: Ist Horst Hrubesch der richtige Trainer für das von ihnen eingeforderte‚ Teambuilding’?

Sammer: Hrubesch arbeitet unglaublich ehrgeizig und enorm akribisch. Er hat sich in der kurzen Zeit, seit er im vergangenen Jahr den Posten von Dieter Eilts übernommen hat, mit großem Engagement an die Arbeit gemacht. Ein hartes Stück Arbeit. Doch wenn einer der U 21 Wettbewerbsschliff geben kann, dann sicher Horst Hrubesch, der ja vergangenes Jahr mit unserer U 19 Europameister wurde.

Frage: War das Spiel gegen Weißrussland ein Fortschritt oder ein Rückschritt?

Sammer: Im Fußball muss immer die Reihenfolge stimmen: Erst muss man eine Leistungsbereitschaft zeigen, die Grundelemente im Spiel umsetzen, dann erst kann man individuelle und mannschaftliche Fähigkeiten ausspielen. Gegen Holland fehlte dieser Kampf, gegen Weißrussland war unsere Mannschaft schon bereit, die Grundelemente umzusetzen. Man hat aber auch gemerkt, dass an diesem Tag die Qualität im Team gefehlt hat, um den Gegner zu schlagen.

Frage: Es wurden weit über 60 Spieler in den letzten beiden Jahren ausprobiert. War vielleicht die Fluktuation zu groß?

Sammer: Nein, denn das erste Ziel eines U 21-Spielers muss doch heißen, den Anschluss an die A-Mannschaft zu packen und sich dort zu integrieren. Jetzt haben wir uns für ein Endturnier qualifiziert und werden auf etliche gute Spieler zugreifen können. Seien wir in Deutschland froh, dass wir auch in dieser Breite wieder Spieler haben, die international mithalten können. Horst Hrubesch wird Ende Mai 20 Feldspieler und drei Torwarte nominieren. Dann wird quasi die Breite zugespitzt.

Frage: In der Abwehr stehen Spieler zur Verfügung wie Dennis Aogo, Jerome Boateng, Serdar Tasci und Andreas Beck, dazu im Tor Manuel Neuer. Ist die Defensive der stärkste Mannschaftsteil der deutschen U 21?

Sammer: Da steht schon Qualität auf dem Platz. Aber das muss sportlich zusammenpassen, und auch außerhalb des Feldes. Die Identifikation mit der Nationalmannschaft, dem Trikot und der Hymne muss vorhanden sein. Wenn das stimmt, verbessert sich auch der Rest. Zweifelsohne hat die U 21 auch im offensiven Mittelfeld sehr gute Qualitäten. Im Sturmzentrum haben wir nur eine geringe Auswahl.

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Frage: Die Mannschaft hat 2009 noch kein Spiel gewonnen. Kann die U 21 dennoch in Schweden Europameister werden?

Sammer: Als deutscher Fußball müssen wir uns an der Weltspitze orientieren. Der Titel in Schweden ist das erklärte Ziel. Wir müssen jetzt optimal vorbereitet in das Turnier gehen, so dass die Spieler physisch wie psychisch in einer Topverfassung sind. Wenn uns das gelingt, können wir den Titel holen.

Frage: 13.000 Zuschauer waren beim Spiel in Paderborn. Und Joachim Löw hat zugesichert, Spieler wie etwa Marin oder Tasci für die U 21-Europameisterschaft abzustellen. Zeichen für die gewachsene Bedeutung der U 21?

Sammer: Paderborn hat ein richtiges Schmuckkästchen als Stadion, die Stimmung war großartig. Für einen jungen Spieler bei einem Turnier wie der EURO teilzunehmen, und dort gegen die besten Gegner unter absoluten Wettbewerbsbedingungen anzutreten, ist ein Karrierefortschritt. Das sieht Jogi Löw genauso. Da zeigt sich auch die gemeinsame Denkweise beim DFB. Ganz unerheblich, ob ein Tasci oder Marin bereits in der Nationalmannschaft gespielt haben, ist so ein Turnier ein ganz besonderes Erlebnis. Für die Tage vor dem Turnier wünsche ich mir jetzt, dass die Gier nach dem Titel bei jedem einzelnen Spieler spürbar wird.

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Etwas mehr als zwei Monate noch, dann beginnt in Schweden die U 21-Europameisterschaft (15. bis 29. Juni 2009). Noch nie hat eine deutsche U 21-Auswahl diesen Titel gewonnen, und auch diesmal sind die Vorzeichen nicht vielversprechend, denn im laufenden Jahr konnte das Team keines seiner drei Spiele gewinnen.

Die Mannschaft von DFB-Trainer Horst Hrubesch, der den Posten nach der Trennung von Dieter Eilts übernommen hat, trifft bei der EURO in Schweden gleich im ersten Gruppenspiel am 15. April auf Spanien. DFB-Sportdirektor Matthias Sammer spricht im aktuellen DFB.de-Gespräch der Woche mit Internetredakteur Thomas Hackbarth darüber, dass es trotz gelungener Qualifikation noch ein weiter Weg bis Schweden sein wird.

Frage: Herr Sammer, liest der kundige Fan die Spielernamen bei der U 21, erwartet er große Taten. Doch die letzten Vorstellung, zugegeben auch mit ersatzgeschwächten Formationen, waren eher ernüchternd. Wo sehen Sie die Probleme?

Matthias Sammer: Das Prädikat "Mannschaft" muss sich unsere U 21 erst noch verdienen. Sicher stehen etliche vermeintlich gute Spieler im erweiterten Aufgebot, auch junge Talente mit Erfahrung in der Bundesliga. Aber es fehlt einfach die richtige Struktur und Hierarchie. Horst Hrubesch als U 21-Trainer muss jetzt die passende Mischung aus Führungsspielern, Teamspielern und Individualisten finden.

Frage: Ist Horst Hrubesch der richtige Trainer für das von ihnen eingeforderte‚ Teambuilding’?

Sammer: Hrubesch arbeitet unglaublich ehrgeizig und enorm akribisch. Er hat sich in der kurzen Zeit, seit er im vergangenen Jahr den Posten von Dieter Eilts übernommen hat, mit großem Engagement an die Arbeit gemacht. Ein hartes Stück Arbeit. Doch wenn einer der U 21 Wettbewerbsschliff geben kann, dann sicher Horst Hrubesch, der ja vergangenes Jahr mit unserer U 19 Europameister wurde.

Frage: War das Spiel gegen Weißrussland ein Fortschritt oder ein Rückschritt?

Sammer: Im Fußball muss immer die Reihenfolge stimmen: Erst muss man eine Leistungsbereitschaft zeigen, die Grundelemente im Spiel umsetzen, dann erst kann man individuelle und mannschaftliche Fähigkeiten ausspielen. Gegen Holland fehlte dieser Kampf, gegen Weißrussland war unsere Mannschaft schon bereit, die Grundelemente umzusetzen. Man hat aber auch gemerkt, dass an diesem Tag die Qualität im Team gefehlt hat, um den Gegner zu schlagen.

Frage: Es wurden weit über 60 Spieler in den letzten beiden Jahren ausprobiert. War vielleicht die Fluktuation zu groß?

Sammer: Nein, denn das erste Ziel eines U 21-Spielers muss doch heißen, den Anschluss an die A-Mannschaft zu packen und sich dort zu integrieren. Jetzt haben wir uns für ein Endturnier qualifiziert und werden auf etliche gute Spieler zugreifen können. Seien wir in Deutschland froh, dass wir auch in dieser Breite wieder Spieler haben, die international mithalten können. Horst Hrubesch wird Ende Mai 20 Feldspieler und drei Torwarte nominieren. Dann wird quasi die Breite zugespitzt.

Frage: In der Abwehr stehen Spieler zur Verfügung wie Dennis Aogo, Jerome Boateng, Serdar Tasci und Andreas Beck, dazu im Tor Manuel Neuer. Ist die Defensive der stärkste Mannschaftsteil der deutschen U 21?

Sammer: Da steht schon Qualität auf dem Platz. Aber das muss sportlich zusammenpassen, und auch außerhalb des Feldes. Die Identifikation mit der Nationalmannschaft, dem Trikot und der Hymne muss vorhanden sein. Wenn das stimmt, verbessert sich auch der Rest. Zweifelsohne hat die U 21 auch im offensiven Mittelfeld sehr gute Qualitäten. Im Sturmzentrum haben wir nur eine geringe Auswahl.

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Frage: Die Mannschaft hat 2009 noch kein Spiel gewonnen. Kann die U 21 dennoch in Schweden Europameister werden?

Sammer: Als deutscher Fußball müssen wir uns an der Weltspitze orientieren. Der Titel in Schweden ist das erklärte Ziel. Wir müssen jetzt optimal vorbereitet in das Turnier gehen, so dass die Spieler physisch wie psychisch in einer Topverfassung sind. Wenn uns das gelingt, können wir den Titel holen.

Frage: 13.000 Zuschauer waren beim Spiel in Paderborn. Und Joachim Löw hat zugesichert, Spieler wie etwa Marin oder Tasci für die U 21-Europameisterschaft abzustellen. Zeichen für die gewachsene Bedeutung der U 21?

Sammer: Paderborn hat ein richtiges Schmuckkästchen als Stadion, die Stimmung war großartig. Für einen jungen Spieler bei einem Turnier wie der EURO teilzunehmen, und dort gegen die besten Gegner unter absoluten Wettbewerbsbedingungen anzutreten, ist ein Karrierefortschritt. Das sieht Jogi Löw genauso. Da zeigt sich auch die gemeinsame Denkweise beim DFB. Ganz unerheblich, ob ein Tasci oder Marin bereits in der Nationalmannschaft gespielt haben, ist so ein Turnier ein ganz besonderes Erlebnis. Für die Tage vor dem Turnier wünsche ich mir jetzt, dass die Gier nach dem Titel bei jedem einzelnen Spieler spürbar wird.