Kuntz vor EM: "Bisher läuft alles optimal"

Am Dienstagabend teilte DFB-Trainer Stefan Kuntz der deutschen U 21-Nationalmannschaft im Trainingslager in Grassau seine Entscheidung über den finalen Kader für die Europameisterschaft in Polen vom 16. bis 30. Juni mit. Aus dem vorläufigen 25-köpfigen Kader wurden mit Waldemar Anton von Hannover 96 und Timo Baumgartl vom VfB Stuttgart zwei Defensivspieler nicht berücksichtigt. Im DFB.de-Interview spricht Stefan Kuntz mit Redakteur Maximilian Schwartz über die Gründe für seine Entscheidung und die Reaktion der Spieler. Außerdem zieht der 54-Jährige zwei Tage vor Ende des Trainingslagers ein erstes Fazit und gibt einen Überblick über die Trainingsinhalte.

DFB.de: Herr Kuntz, Sie haben den finalen 23-köpfigen EM-Kader bei der UEFA gemeldet. Timo Baumgartl und Waldemar Anton wurden nicht berücksichtigt. Welche Gründe gab es für Ihre Entscheidung?

Stefan Kuntz: Die Entscheidung ist uns im Trainerteam sehr schwergefallen. Waldemar und Timo haben sich sehr gut präsentiert. Geschuldet ist die Entscheidung der Situation im Kader und nicht der sportlichen Leistung. Da sich der Gesundheitszustand von Jonathan Tah und Niklas Stark stabilisiert hat, wir mit Marc-Oliver Kempf und Gideon Jung zwei weitere Innenverteidiger im Kader haben und auch Thilo Kehrer im Zentrum spielen kann, ist unsere Entscheidung positionsspezifisch gefallen. Ich habe der Mannschaft gesagt, dass es eine Auszeichnung für sie ist, dass zwei so gute Spieler nicht mitfahren können.

DFB.de: Wie haben Sie die Entscheidung mitgeteilt, und wie hat die Mannschaft reagiert?

Kuntz: Wir haben zunächst mit vier Spielern gesprochen: Waldemar Anton und Timo Baumgartl sowie Lukas Klünter und Felix Platte. Die beiden Neuen sollten auch direkt wissen, warum wir uns dafür entschieden haben, dass sie dabei bleiben. Danach haben wir die ganze Mannschaft zusammengerufen und unsere Entscheidung mitgeteilt. Wir haben uns alle bei Waldemar und Timo für ihre menschliche und sportliche Qualität bedankt. Sie haben das Niveau im Training mitgeprägt. Die Jungs haben die beiden dann gefeiert und lange applaudiert, so wie sie es auch verdient haben.

DFB.de: Und wie haben die Betroffenen reagiert?

Kuntz: Natürlich ist das eine große Enttäuschung für die beiden, ganz klar. Ein kleiner Trost ist, dass sie als Jahrgang 1996 auch an der nächsten U 21-EM teilnehmen können und wir ab der nächsten Saison im August dann mit ihnen am nächsten großen Ziel arbeiten können. Timo und Waldemar sind heute sehr früh abgereist und haben in unserem Mannschaftschat geschrieben, dass sie uns alle Daumen drücken und wir mit dem Titel zurückkommen sollen. Das ist schon ganz besonders, das zeugt vom tollen Charakter der Jungs. Die Reaktion macht mich stolz.

DFB.de: Sieben Tage im Trainingslager sind bereits absolviert, zwei stehen noch bevor. Können Sie schon ein Fazit ziehen?

Kuntz: Ein abschließendes Fazit noch nicht, die beiden Trainingstage am Donnerstag und Freitag müssen da noch mit einfließen. Aber insgesamt lief bis hierher alles optimal. Wir haben eine super Wahl mit dem Hotel getroffen und klasse Trainingsbedingungen. Die Platzwarte machen einen tollen Job, bei den schwierigen Wetterverhältnissen gestern konnten wir unsere Testspiele unter den bestmöglichen Voraussetzungen bestreiten. Ein Lob auch an unsere medizinische Abteilung, die die angeschlagenen Spieler super behandelt, so dass diese wieder voll mittrainieren können. So konnten wir bislang alle unsere Trainingsinhalte umsetzen, und die Mannschaft zieht voll mit.

DFB.de: Sie haben die beiden 60-minütigen Testspiele, das 4:0 gegen die Studenten-Nationalmannschaft und das 5:0 gegen den TSV 1860 Rosenheim, angesprochen. Welche Erkenntnisse haben Sie gewionnen?

Kuntz: In erster Linie waren die Spiele dazu da, um verschiedene Sachen auszuprobieren. Es ging um taktische Nuancen, die wir vorher durchgesprochen haben. Außerdem haben wir zum Beispiel Standardsituationen den Spielern selbst überlassen und sie eigens konzipierte Varianten ausprobieren lassen. Das hat geklappt, wir haben drei der neun Tore nach Standards gemacht. Das ist gut fürs Selbstvertrauen.

DFB.de: Neben den Standardsituationen haben Sie die Spieler auch Inhalte im Bereich der "mentalen Stärke" selbst erarbeiten lassen. Worum geht es dabei?

Kuntz: Wir haben einen Workshop mit den Jungs hier im Trainingslager veranstaltet. Sie sollten erarbeiten, was für sie diese fünf bis zehn Prozent der Leistung ausmacht, die keiner so richtig greifen kann, die nur vom Kopf kommt. Sie haben in Gruppen formuliert, was man selbst für Eigenschaften dafür haben muss und was auch die Mitspieler und die Trainer ausstrahlen müssen, damit man noch diese letzten Prozente aus sich herauskitzelt. Neben der körperlichen und taktischen Komponente ist dieser Aspekt für die Siegermentalität sehr wichtig.

DFB.de: Gibt es schon fest vergebene Positionen oder eine Stammformation für die Europameisterschaft? Wurde schon eine Entscheidung auf der Torhüterposition getroffen?

Kuntz: Bei den Torhütern ist noch alles offen, alle drei arbeiten richtig gut im Training. Zusammen mit Klaus Thomforde (Torwarttrainer; Anm. d. Red.) werden wir da eine Entscheidung treffen. Es kann gut sein, dass diese erst in Polen gefällt wird. Ansonsten gibt es natürlich Spieler bei uns, die als feste Größen eingeplant sind, wenn sie fit sind. Auf anderen Positionen ist noch alles offen. Wir sind froh, dass wir die Positionen dann je nach taktischen Anforderungen unterschiedlich besetzen können und von unserem starken Kader profitieren.

DFB.de: Worauf haben Sie bei der Zusammenstellung des Kaders geachtet?

Kuntz: Natürlich sollte idealerweise jede Position doppelt besetzt sein, das ist das erste Kriterium. Aber es gibt auch spezielle Eigenschaften von Spielern, an denen wir uns orientiert haben: Da sind die Standardschützen, die kopfballstarken Spieler und die sogenannten Unterschiedspieler. Sie sind mit einer besonderen mentalen Stärke ausgestattet und zeigen unter Druck keine Nervosität, sondern können dann noch eine Schippe drauflegen. Ansonsten brauchst du schnelle Spieler, Spieler mit Pass- und Ballsicherheit und Jungs mit einer hohen taktischen Intelligenz. Auf all diese Faktoren haben wir bei der Zusammenstellung geachtet.

DFB.de: In der Vorrunde geht es bei der EM gegen die Tschechische Republik, Dänemark und Italien. Sind die Inhalte im Trainingslager auch schon auf die Gegner ausgerichtet?

Kuntz: Definitiv. Bei vielen Einheiten streuen wir Hinweise mit ein, wie wir welchen Gegner erwarten, und gehen konkret darauf ein, welche Gegenmittel wir einsetzen wollen.

DFB.de: Im Anschluss ans Trainingslager hat die Mannschaft drei Tage frei, ehe sie sich am kommenden Dienstag wieder in Frankfurt trifft. Wie wichtig ist dieser Abstand vor dem Abflug nach Polen?

Kuntz: Wenn wir die Jungs nach Hause schicken, können sie noch mal Kraft tanken und sich im Kreise ihrer Familie und Freunde erholen. Nach intensiven acht Tagen mit der Mannschaft haben wir körperlich alle auf demselben Level und treffen uns dann in aller Frische und mit freiem Kopf in Frankfurt wieder.

[ms]

Am Dienstagabend teilte DFB-Trainer Stefan Kuntz der deutschen U 21-Nationalmannschaft im Trainingslager in Grassau seine Entscheidung über den finalen Kader für die Europameisterschaft in Polen vom 16. bis 30. Juni mit. Aus dem vorläufigen 25-köpfigen Kader wurden mit Waldemar Anton von Hannover 96 und Timo Baumgartl vom VfB Stuttgart zwei Defensivspieler nicht berücksichtigt. Im DFB.de-Interview spricht Stefan Kuntz mit Redakteur Maximilian Schwartz über die Gründe für seine Entscheidung und die Reaktion der Spieler. Außerdem zieht der 54-Jährige zwei Tage vor Ende des Trainingslagers ein erstes Fazit und gibt einen Überblick über die Trainingsinhalte.

DFB.de: Herr Kuntz, Sie haben den finalen 23-köpfigen EM-Kader bei der UEFA gemeldet. Timo Baumgartl und Waldemar Anton wurden nicht berücksichtigt. Welche Gründe gab es für Ihre Entscheidung?

Stefan Kuntz: Die Entscheidung ist uns im Trainerteam sehr schwergefallen. Waldemar und Timo haben sich sehr gut präsentiert. Geschuldet ist die Entscheidung der Situation im Kader und nicht der sportlichen Leistung. Da sich der Gesundheitszustand von Jonathan Tah und Niklas Stark stabilisiert hat, wir mit Marc-Oliver Kempf und Gideon Jung zwei weitere Innenverteidiger im Kader haben und auch Thilo Kehrer im Zentrum spielen kann, ist unsere Entscheidung positionsspezifisch gefallen. Ich habe der Mannschaft gesagt, dass es eine Auszeichnung für sie ist, dass zwei so gute Spieler nicht mitfahren können.

DFB.de: Wie haben Sie die Entscheidung mitgeteilt, und wie hat die Mannschaft reagiert?

Kuntz: Wir haben zunächst mit vier Spielern gesprochen: Waldemar Anton und Timo Baumgartl sowie Lukas Klünter und Felix Platte. Die beiden Neuen sollten auch direkt wissen, warum wir uns dafür entschieden haben, dass sie dabei bleiben. Danach haben wir die ganze Mannschaft zusammengerufen und unsere Entscheidung mitgeteilt. Wir haben uns alle bei Waldemar und Timo für ihre menschliche und sportliche Qualität bedankt. Sie haben das Niveau im Training mitgeprägt. Die Jungs haben die beiden dann gefeiert und lange applaudiert, so wie sie es auch verdient haben.

DFB.de: Und wie haben die Betroffenen reagiert?

Kuntz: Natürlich ist das eine große Enttäuschung für die beiden, ganz klar. Ein kleiner Trost ist, dass sie als Jahrgang 1996 auch an der nächsten U 21-EM teilnehmen können und wir ab der nächsten Saison im August dann mit ihnen am nächsten großen Ziel arbeiten können. Timo und Waldemar sind heute sehr früh abgereist und haben in unserem Mannschaftschat geschrieben, dass sie uns alle Daumen drücken und wir mit dem Titel zurückkommen sollen. Das ist schon ganz besonders, das zeugt vom tollen Charakter der Jungs. Die Reaktion macht mich stolz.

DFB.de: Sieben Tage im Trainingslager sind bereits absolviert, zwei stehen noch bevor. Können Sie schon ein Fazit ziehen?

Kuntz: Ein abschließendes Fazit noch nicht, die beiden Trainingstage am Donnerstag und Freitag müssen da noch mit einfließen. Aber insgesamt lief bis hierher alles optimal. Wir haben eine super Wahl mit dem Hotel getroffen und klasse Trainingsbedingungen. Die Platzwarte machen einen tollen Job, bei den schwierigen Wetterverhältnissen gestern konnten wir unsere Testspiele unter den bestmöglichen Voraussetzungen bestreiten. Ein Lob auch an unsere medizinische Abteilung, die die angeschlagenen Spieler super behandelt, so dass diese wieder voll mittrainieren können. So konnten wir bislang alle unsere Trainingsinhalte umsetzen, und die Mannschaft zieht voll mit.

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DFB.de: Sie haben die beiden 60-minütigen Testspiele, das 4:0 gegen die Studenten-Nationalmannschaft und das 5:0 gegen den TSV 1860 Rosenheim, angesprochen. Welche Erkenntnisse haben Sie gewionnen?

Kuntz: In erster Linie waren die Spiele dazu da, um verschiedene Sachen auszuprobieren. Es ging um taktische Nuancen, die wir vorher durchgesprochen haben. Außerdem haben wir zum Beispiel Standardsituationen den Spielern selbst überlassen und sie eigens konzipierte Varianten ausprobieren lassen. Das hat geklappt, wir haben drei der neun Tore nach Standards gemacht. Das ist gut fürs Selbstvertrauen.

DFB.de: Neben den Standardsituationen haben Sie die Spieler auch Inhalte im Bereich der "mentalen Stärke" selbst erarbeiten lassen. Worum geht es dabei?

Kuntz: Wir haben einen Workshop mit den Jungs hier im Trainingslager veranstaltet. Sie sollten erarbeiten, was für sie diese fünf bis zehn Prozent der Leistung ausmacht, die keiner so richtig greifen kann, die nur vom Kopf kommt. Sie haben in Gruppen formuliert, was man selbst für Eigenschaften dafür haben muss und was auch die Mitspieler und die Trainer ausstrahlen müssen, damit man noch diese letzten Prozente aus sich herauskitzelt. Neben der körperlichen und taktischen Komponente ist dieser Aspekt für die Siegermentalität sehr wichtig.

DFB.de: Gibt es schon fest vergebene Positionen oder eine Stammformation für die Europameisterschaft? Wurde schon eine Entscheidung auf der Torhüterposition getroffen?

Kuntz: Bei den Torhütern ist noch alles offen, alle drei arbeiten richtig gut im Training. Zusammen mit Klaus Thomforde (Torwarttrainer; Anm. d. Red.) werden wir da eine Entscheidung treffen. Es kann gut sein, dass diese erst in Polen gefällt wird. Ansonsten gibt es natürlich Spieler bei uns, die als feste Größen eingeplant sind, wenn sie fit sind. Auf anderen Positionen ist noch alles offen. Wir sind froh, dass wir die Positionen dann je nach taktischen Anforderungen unterschiedlich besetzen können und von unserem starken Kader profitieren.

DFB.de: Worauf haben Sie bei der Zusammenstellung des Kaders geachtet?

Kuntz: Natürlich sollte idealerweise jede Position doppelt besetzt sein, das ist das erste Kriterium. Aber es gibt auch spezielle Eigenschaften von Spielern, an denen wir uns orientiert haben: Da sind die Standardschützen, die kopfballstarken Spieler und die sogenannten Unterschiedspieler. Sie sind mit einer besonderen mentalen Stärke ausgestattet und zeigen unter Druck keine Nervosität, sondern können dann noch eine Schippe drauflegen. Ansonsten brauchst du schnelle Spieler, Spieler mit Pass- und Ballsicherheit und Jungs mit einer hohen taktischen Intelligenz. Auf all diese Faktoren haben wir bei der Zusammenstellung geachtet.

DFB.de: In der Vorrunde geht es bei der EM gegen die Tschechische Republik, Dänemark und Italien. Sind die Inhalte im Trainingslager auch schon auf die Gegner ausgerichtet?

Kuntz: Definitiv. Bei vielen Einheiten streuen wir Hinweise mit ein, wie wir welchen Gegner erwarten, und gehen konkret darauf ein, welche Gegenmittel wir einsetzen wollen.

DFB.de: Im Anschluss ans Trainingslager hat die Mannschaft drei Tage frei, ehe sie sich am kommenden Dienstag wieder in Frankfurt trifft. Wie wichtig ist dieser Abstand vor dem Abflug nach Polen?

Kuntz: Wenn wir die Jungs nach Hause schicken, können sie noch mal Kraft tanken und sich im Kreise ihrer Familie und Freunde erholen. Nach intensiven acht Tagen mit der Mannschaft haben wir körperlich alle auf demselben Level und treffen uns dann in aller Frische und mit freiem Kopf in Frankfurt wieder.

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