Deutsche bei U 21-EM: Von Littbarski und Völler bis Özil

Die U 21 ist heute mit einem unglücklichen 2:3 gegen die Niederlande in die Europameisterschaft in Israel gestartet. Dennoch möchte das Team von DFB-Trainer Rainer Adrion an die erfolgreiche Historie der ältesten Abteilung der Nachwuchsmannschaften des DFB anknüpfen. DFB.de wirft einen Blick zurück auf Heldentaten und enttäuschte Verlierer.

Am 10. Oktober 1979 spielte erstmals eine U 21-Auswahl des DFB, im polnischen Thorn unterlag sie den Gastgebern 0:1. Und doch war es die Geburtsstunde einer der stärksten deutschen Juniorenmannschaften. Sechs der damals eingesetzten Spieler standen ein Jahr später in der Mannschaft, die in die erste EM-Qualifikation startete - auch da setzte es ein 0:1, aber da das Team von Berti Vogts 1981 alle fünf weiteren Gruppenspiele gewann, erreichte sie das Viertelfinale.

Mittlerweile waren Talente dabei, die bereits von Bundestrainer Jupp Derwall berücksichtigt worden waren: Lothar Matthäus, Pierre Littbarski und Torwart Eike Immel. Andere wie Rudi Völler oder Thomas Allofs standen auf dem Sprung. Die Qualität dieser ersten U 21 der DFB-Historie hat lange ihresgleichen gesucht, erst die Mannschaft von 2009 darf sich mit ihr in einem Atemzug nennen lassen. Aber die Pioniere wurden Opfer ihrer guten Taten.

Im Finalhinspiel ohne Matthäus und Völler

Nachdem sie im Frühjahr 1982 auch Spanien (0:1 und 2:0) und die Sowjetunion (4:3 und 5:0) aus dem Weg geräumt hatten, erreichten sie auf Anhieb das EM-Finale gegen England. Das sollte noch vor der WM 1982 in Spanien stattfinden, doch da Derwall einige der Hochbegabten für seinen WM-Kader und die Vorbereitung benötigte, ließ sich Berti Vogts überreden, das Finale in den Herbst zu verlegen.

Doch auch die A-Mannschaft spielte im Oktober 1982, einen Tag nach dem U 21-Finalrückspiel gegen England - so war damals noch der Modus. Und Derwall zog den Kölner Gerd Strack, einen von zwei zulässigen "Senioren" der U 21, Matthäus und Völler ab. So war die 1:3-Hinspielniederlage kaum wettzumachen, und Vogts meinte: "Künftig wird es so etwas nicht mehr geben. Ich werde darauf drängen, dass mit der neuen U 21 alle Spiele in der alten Saison gespielt werden. Jetzt muss die Mannschaft für ihre Rücksichtnahme bluten."

"Tragischer Held" trotz Dreierpack: "Danke Litti!"

Sie gewann in Bremen zwar 3:2, aber nicht den Titel. 10.000 Zuschauer hofften vergeblich auf den EM-Triumph. Nach torloser erster Hälfte ging England in Führung (50.), und auch auf Littbarskis Ausgleich (53.) hatten die Briten eine Antwort: 1:2 durch Goddard (77.). Im Gefühl des sicheren Sieges ließen die Engländer nach, und Littbarski schoss zwei weitere Tore (80. Elfmeter, 84.). DFB-Präsident Hermann Neuberger bedankte sich ausdrücklich bei dem kleinen Berliner in Kölner Diensten: "Danke, Litti!"

U 21-EM: Stars vergangener Turniere

Für den Kicker war er schlicht ein "tragischer Held". Vogts gratulierte den Engländer: "Sie waren die bessere Mannschaft. Wir haben das Ziel Europameisterschaft nicht erreicht, also kann man nicht hundertprozentig zufrieden sein."

Da konnte noch niemand ahnen, dass auch Platz zwei für lange Zeit das beste Ergebnis bleiben sollte. Erst 1998 erreichte eine deutsche U 21 wieder eine Endrunde, doch in Bukarest platzte der Titeltraum schon im ersten Spiel - 0:1 gegen Griechenland. So reichte es für die Mannschaft um Michael Ballack und Lars Ricken zu Platz fünf, das ein 1:0 gegen Gastgeber Rumänien sicherte.

EM 2004 in Deutschland: Vorrunden-Aus trotz Schweinsteiger und Podolski

2004 fand die U 21-EM im eigenen Land statt, aber Deutschland musste sich vorher dafür qualifizieren. Das gelang der Auswahl von Ulli Stielike, die in einer Gruppe mit Schweden, Portugal und der Schweiz das Halbfinale erreichen musste, um wenigstens das Olympiaticket für Athen lösen zu können. Natürlich wollte sie auch den EM-Titel, spielten mit Bastian Schweinsteiger und Lukas Podolski doch zwei hochbegabte Teenager mit.

Aber auch sie verhinderten nicht, dass nach einem geglücktem Start (2:1 gegen die Schweiz) zwei 1:2-Niederlagen folgten. Nach dem finalen 1:2 gegen Portugal vor ausverkauftem Haus in Mainz bot Stielike seinen Rücktritt an. Enttäuscht von seiner Mannschaft, die "die Hosen voll hatte". Schweinsteiger sagte geknickt: "Ich brauchte zwei Tage, um das zu verarbeiten." Dann flog er mit Podolski zur EM nach Portugal - wo auch das A-Team (seitdem letztmals bei einem großen Turnier) nach der Gruppenphase draußen war.

Höwedes trifft in letzter Minute gegen Frankreich

Die nächste Generation erreichte 2006 auch die EM-Endrunde, scheiterte aber wie ihre Vorgänger schon in der Gruppenphase an Gastgeber Portugal. Bekannteste Namen dieser Auswahl waren Stefan Kießling und Roberto Hilbert. Der nächste Jahrgang scheiterte in der Qualifikation an England, auch ein Mario Gomez verhinderte das nicht. Erst danach trug die hervorragende Nachwuchsarbeit in den DFB-Stützpunkten und Nachwuchsleistungszentren Früchte.

Im Oktober 2008 setzte sich die Auswahl in den Play-offs gegen Frankreich durch, unvergessen das Tor von Benedikt Höwedes in letzter Minute in Metz. Dennoch wurde der Vertrag von DFB-Trainer Dieter Eilts aufgelöst. Es kam Horst Hrubsch - und mit dem Europameister von 1980 endlich auch der Erfolg bei einer Endrunde, 2009 in Schweden.

Nach einem holprigen Start gegen Spanien (0:0) wurde gegen Finnland (2:0) der erste Sieg eingefahren - wieder traf Höwedes, aber mit Ashkan Dejagah auch ein hauptberuflicher Torjäger. Das abschließende 1:1 gegen die Engländer (Tor: Gonzalo Castro) führte das DFB-Team ins Halbfinale gegen Italien. Torwart Manuel Neuer ließ sich nicht bezwingen, und wieder schoss ein Verteidiger das Tor des Tages: der Stuttgarter Andreas Beck.

4:0 im Finale gegen England - dank Castro, Özil und Wagner

Im Finale von Malmö spielte die Zukunft des deutschen Fußballs dann ganz groß auf. Die Engländer, in der Vorrunde noch ein harter Prüfstein, wurden an diesem 29. Juni 2009 4:0 vom Platz gefegt. Es war beste Abendunterhaltung, das ZDF übertrag an diesem Montag live und die Mannschaft erwies sich dessen würdig.

Hrubesch brachte gegenüber dem Halbfinale drei Neue: Sami Khedira, Mats Hummels und Sandro Wagner. Nach 23 Minuten eröffnete Castro den Torreigen, mit dem 1:0 ging es in die Kabine. Nach Wiederanpfiff verwandelte der Neu-Bremer Mesut Özil einen Freistoß, und weil die von Jerome Boateng und Benedikt Höwedes organisierte Abwehr auch die englische Druckphase überstand, rückte der Sieg immer näher.

Der beim FC Bayern ausgebildete Sandro Wagner, damals beim MSV Duisburg unter Vertrag, sorgte dann mit zwei Toren (79., 84.) für die Entscheidung und das Endergebnis von 4:0.

Sammer: "Wir dürfen jetzt nicht abheben"

Die DFB-Spitze, vertreten von Präsident Theo Zwanziger und Generalsekretär Wolfgang Niersbach, war glücklich an diesem schwedischen Sommerabend. Und der damalige DFB-Sportdirektor Matthias Sammer, auch einer von 20.000 Augenzeugen in Malmö, sagte angesichts der Titelgewinne von U 17, U 19 und U 21: "Die jüngsten Erfolge in allen drei europäischen Altersklassen zeigen, dass die Maßnahmen greifen, aber wir dürfen jetzt nicht abheben."

Aber freuen durften sie sich doch über den ersten Europameisterschaftstriumph einer deutschen U 21-Auswahl in dem seit 1972 ausgespielten Wettbewerb. Nachahmung durchaus erwünscht.

[um]

[bild1]

Die U 21 ist heute mit einem unglücklichen 2:3 gegen die Niederlande in die Europameisterschaft in Israel gestartet. Dennoch möchte das Team von DFB-Trainer Rainer Adrion an die erfolgreiche Historie der ältesten Abteilung der Nachwuchsmannschaften des DFB anknüpfen. DFB.de wirft einen Blick zurück auf Heldentaten und enttäuschte Verlierer.

Am 10. Oktober 1979 spielte erstmals eine U 21-Auswahl des DFB, im polnischen Thorn unterlag sie den Gastgebern 0:1. Und doch war es die Geburtsstunde einer der stärksten deutschen Juniorenmannschaften. Sechs der damals eingesetzten Spieler standen ein Jahr später in der Mannschaft, die in die erste EM-Qualifikation startete - auch da setzte es ein 0:1, aber da das Team von Berti Vogts 1981 alle fünf weiteren Gruppenspiele gewann, erreichte sie das Viertelfinale.

Mittlerweile waren Talente dabei, die bereits von Bundestrainer Jupp Derwall berücksichtigt worden waren: Lothar Matthäus, Pierre Littbarski und Torwart Eike Immel. Andere wie Rudi Völler oder Thomas Allofs standen auf dem Sprung. Die Qualität dieser ersten U 21 der DFB-Historie hat lange ihresgleichen gesucht, erst die Mannschaft von 2009 darf sich mit ihr in einem Atemzug nennen lassen. Aber die Pioniere wurden Opfer ihrer guten Taten.

Im Finalhinspiel ohne Matthäus und Völler

Nachdem sie im Frühjahr 1982 auch Spanien (0:1 und 2:0) und die Sowjetunion (4:3 und 5:0) aus dem Weg geräumt hatten, erreichten sie auf Anhieb das EM-Finale gegen England. Das sollte noch vor der WM 1982 in Spanien stattfinden, doch da Derwall einige der Hochbegabten für seinen WM-Kader und die Vorbereitung benötigte, ließ sich Berti Vogts überreden, das Finale in den Herbst zu verlegen.

Doch auch die A-Mannschaft spielte im Oktober 1982, einen Tag nach dem U 21-Finalrückspiel gegen England - so war damals noch der Modus. Und Derwall zog den Kölner Gerd Strack, einen von zwei zulässigen "Senioren" der U 21, Matthäus und Völler ab. So war die 1:3-Hinspielniederlage kaum wettzumachen, und Vogts meinte: "Künftig wird es so etwas nicht mehr geben. Ich werde darauf drängen, dass mit der neuen U 21 alle Spiele in der alten Saison gespielt werden. Jetzt muss die Mannschaft für ihre Rücksichtnahme bluten."

"Tragischer Held" trotz Dreierpack: "Danke Litti!"

Sie gewann in Bremen zwar 3:2, aber nicht den Titel. 10.000 Zuschauer hofften vergeblich auf den EM-Triumph. Nach torloser erster Hälfte ging England in Führung (50.), und auch auf Littbarskis Ausgleich (53.) hatten die Briten eine Antwort: 1:2 durch Goddard (77.). Im Gefühl des sicheren Sieges ließen die Engländer nach, und Littbarski schoss zwei weitere Tore (80. Elfmeter, 84.). DFB-Präsident Hermann Neuberger bedankte sich ausdrücklich bei dem kleinen Berliner in Kölner Diensten: "Danke, Litti!"

U 21-EM: Stars vergangener Turniere

Für den Kicker war er schlicht ein "tragischer Held". Vogts gratulierte den Engländer: "Sie waren die bessere Mannschaft. Wir haben das Ziel Europameisterschaft nicht erreicht, also kann man nicht hundertprozentig zufrieden sein."

Da konnte noch niemand ahnen, dass auch Platz zwei für lange Zeit das beste Ergebnis bleiben sollte. Erst 1998 erreichte eine deutsche U 21 wieder eine Endrunde, doch in Bukarest platzte der Titeltraum schon im ersten Spiel - 0:1 gegen Griechenland. So reichte es für die Mannschaft um Michael Ballack und Lars Ricken zu Platz fünf, das ein 1:0 gegen Gastgeber Rumänien sicherte.

EM 2004 in Deutschland: Vorrunden-Aus trotz Schweinsteiger und Podolski

2004 fand die U 21-EM im eigenen Land statt, aber Deutschland musste sich vorher dafür qualifizieren. Das gelang der Auswahl von Ulli Stielike, die in einer Gruppe mit Schweden, Portugal und der Schweiz das Halbfinale erreichen musste, um wenigstens das Olympiaticket für Athen lösen zu können. Natürlich wollte sie auch den EM-Titel, spielten mit Bastian Schweinsteiger und Lukas Podolski doch zwei hochbegabte Teenager mit.

Aber auch sie verhinderten nicht, dass nach einem geglücktem Start (2:1 gegen die Schweiz) zwei 1:2-Niederlagen folgten. Nach dem finalen 1:2 gegen Portugal vor ausverkauftem Haus in Mainz bot Stielike seinen Rücktritt an. Enttäuscht von seiner Mannschaft, die "die Hosen voll hatte". Schweinsteiger sagte geknickt: "Ich brauchte zwei Tage, um das zu verarbeiten." Dann flog er mit Podolski zur EM nach Portugal - wo auch das A-Team (seitdem letztmals bei einem großen Turnier) nach der Gruppenphase draußen war.

Höwedes trifft in letzter Minute gegen Frankreich

Die nächste Generation erreichte 2006 auch die EM-Endrunde, scheiterte aber wie ihre Vorgänger schon in der Gruppenphase an Gastgeber Portugal. Bekannteste Namen dieser Auswahl waren Stefan Kießling und Roberto Hilbert. Der nächste Jahrgang scheiterte in der Qualifikation an England, auch ein Mario Gomez verhinderte das nicht. Erst danach trug die hervorragende Nachwuchsarbeit in den DFB-Stützpunkten und Nachwuchsleistungszentren Früchte.

Im Oktober 2008 setzte sich die Auswahl in den Play-offs gegen Frankreich durch, unvergessen das Tor von Benedikt Höwedes in letzter Minute in Metz. Dennoch wurde der Vertrag von DFB-Trainer Dieter Eilts aufgelöst. Es kam Horst Hrubsch - und mit dem Europameister von 1980 endlich auch der Erfolg bei einer Endrunde, 2009 in Schweden.

Nach einem holprigen Start gegen Spanien (0:0) wurde gegen Finnland (2:0) der erste Sieg eingefahren - wieder traf Höwedes, aber mit Ashkan Dejagah auch ein hauptberuflicher Torjäger. Das abschließende 1:1 gegen die Engländer (Tor: Gonzalo Castro) führte das DFB-Team ins Halbfinale gegen Italien. Torwart Manuel Neuer ließ sich nicht bezwingen, und wieder schoss ein Verteidiger das Tor des Tages: der Stuttgarter Andreas Beck.

[bild2]

4:0 im Finale gegen England - dank Castro, Özil und Wagner

Im Finale von Malmö spielte die Zukunft des deutschen Fußballs dann ganz groß auf. Die Engländer, in der Vorrunde noch ein harter Prüfstein, wurden an diesem 29. Juni 2009 4:0 vom Platz gefegt. Es war beste Abendunterhaltung, das ZDF übertrag an diesem Montag live und die Mannschaft erwies sich dessen würdig.

Hrubesch brachte gegenüber dem Halbfinale drei Neue: Sami Khedira, Mats Hummels und Sandro Wagner. Nach 23 Minuten eröffnete Castro den Torreigen, mit dem 1:0 ging es in die Kabine. Nach Wiederanpfiff verwandelte der Neu-Bremer Mesut Özil einen Freistoß, und weil die von Jerome Boateng und Benedikt Höwedes organisierte Abwehr auch die englische Druckphase überstand, rückte der Sieg immer näher.

Der beim FC Bayern ausgebildete Sandro Wagner, damals beim MSV Duisburg unter Vertrag, sorgte dann mit zwei Toren (79., 84.) für die Entscheidung und das Endergebnis von 4:0.

Sammer: "Wir dürfen jetzt nicht abheben"

Die DFB-Spitze, vertreten von Präsident Theo Zwanziger und Generalsekretär Wolfgang Niersbach, war glücklich an diesem schwedischen Sommerabend. Und der damalige DFB-Sportdirektor Matthias Sammer, auch einer von 20.000 Augenzeugen in Malmö, sagte angesichts der Titelgewinne von U 17, U 19 und U 21: "Die jüngsten Erfolge in allen drei europäischen Altersklassen zeigen, dass die Maßnahmen greifen, aber wir dürfen jetzt nicht abheben."

Aber freuen durften sie sich doch über den ersten Europameisterschaftstriumph einer deutschen U 21-Auswahl in dem seit 1972 ausgespielten Wettbewerb. Nachahmung durchaus erwünscht.