Leistungszentren: So funktioniert Zertifizierung

Frage: Wie häufig besuchen Sie die Klubs?

Bonarius: Regulär alle drei Jahre. Demnach sind Vereine, die konstant in den ersten beiden Ligen gespielt haben, drei Mal zertifiziert worden. Es gibt aber auch die Möglichkeit zur Nachzertifizierung für Klubs, bei denen sich die Bedingungen innerhalb einer Zertifizierungsphase stark verändert haben. Einige Bundesligisten sind also bereits viermal zertifiziert worden.

Frage: Wie läuft das Verfahren generell ab?

Bonarius: Im Vorfeld bekommt ein Klub unsere Software zur Verfügung gestellt und hat dadurch alle Kriterien, nach denen wir die Vereine betrachten. Vor Start der Zertifizierung haben die Klubs bis zu einer bestimmten Deadline Zeit, ihre Nachweise zu hinterlegen. Diese Informationen bilden für uns die Basis für das sogenannte dokumentarische Audit. Danach sind wir in den Zentren vor Ort und sammeln in vielen Gesprächen, aber auch definierten Interviews weitere Erkenntnisse. Die darauffolgenden Praxisbetrachtungen von Trainingseinheiten und Spielen sind der dritte wichtige Baustein für die Zertifizierung. Wir wollen den Klub in der Kürze der Zeit möglichst gut kennenlernen, alles verstehen und zuordnen können.

Frage: Wie geht Ihre Arbeit nach Abgabe der Unterlagen durch die Klubs weiter?

Bonarius: Wir arbeiten immer zu zweit. Jeder Auditor hat die Unterlagen auf seinem Notebook und bereitet sich individuell auf die Klubs vor. Anschließend kommen wir zusammen, um die Bereiche zu besprechen und führen das in der Software zusammen. Danach beginnt das Audit in den Klubs, mit Interviews mit Geschäftsführern oder Vorstand, Sportmanager, Lizenztrainer, aber auch mit Mitarbeitern aus dem Leistungszentrum, Trainern und Spielern.

Frage: Wie verlaufen die praktischen Bewertungen?

Bonarius: Grundsätzlich betrachten wir, ob theoretische Konzepte und Strategien eines Leistungszentrums auch auf dem Platz übertragen werden. Wir versuchen, das Training so wenig wie möglich zu beeinflussen. Während Trainings- oder Spielbeobachtungen würden wir nie mit Spielern Gespräche führen, weil die sich auf ihre Leistung konzentrieren sollen. Bei Spielen sind wir auch vor, während und nach einer Partie mit in den Besprechungen in der Kabine dabei. Das ist notwendig, weil Spielvorbereitung oder Halbzeitbesprechung ganz essenziell sind, um zu verstehen, was auf dem Platz passiert oder was der Trainer seinen Spielern mitgibt.



Um seine Talentförderung wird der deutsche Fußball in der ganzen Welt beneidet. Leistungszentren, Eliteschulen, Stützpunkte, Amateurvereine – je nach individuellem Leistungsniveau und Entwicklungsstand erfährt jedes Talent die bestmögliche Ausbildung. Doch wie funktioniert die Talentförderung im Detail? Wie werden aus den Kindern und Jugendlichen von heute die Weltmeister von morgen? Wie sieht die Arbeit an Leistungszentren, Eliteschulen und Stützpunkten aus? DFB.de wirft einen Blick hinter die Kulissen. Heute bei der Zertifizierung der Leistungszentren.

Wie jedes andere Projekt im Talentfördersystem sind auch die Leistungszentren einer permanenten Qualitäts- und Erfolgskontrolle unterzogen. Ein differenziertes Zertifizierungssystem ist hierfür die Basis. Ajoscha Bonarius von der belgischen Agentur Double PASS weiß, wovon er spricht. Der Diplomsportwissenschaftler, Inhaber der UEFA-A-Lizenz und Auditor der Agentur Double PASS, hat selbst vier Jahre lang im Nachwuchsbereich des FSV Mainz 05 gearbeitet. In einem ausführlichen Interview mit der Fachzeitschrift fussballtraining erläutert Bonarius Ablauf, Funktion und Auswertung der Zertifizierung.

Frage: Herr Bonarius, weshalb braucht es für die Zertifizierung überhaupt eine externe Agentur? DFB und DFL könnten auch selbst ein Expertengremium aufstellen.

Ajoscha Bonarius: Zum einen hatte Double PASS bereits Expertise auf dem Gebiet und mit PASS ein bestehendes System, das seine Leistungsfähigkeit schon in diversen Projekten nachgewiesen und Qualitätsstandards gesetzt hatte. Zum anderen ist der neutrale, unbefangene Blick einer externen Gruppe von außen wertvoll. Double PASS steht für Neutralität, Objektivität und Vertraulichkeit.

Frage: Welche Klubs werden durch Double PASS zertifiziert?

Bonarius: Die Erst- und Zweitligisten sind von DFL und DFB dazu verpflichtet, Nachwuchsleistungszentren zu führen. Klubs unterhalb der 2. Bundesliga können diese Kriterien freiwillig erfüllen, um ein anerkanntes Leistungszentrum zu haben. Das ist Voraussetzung bzw. danach auch die Verpflichtung für die Zertifizierung durch Double PASS.

Frage: Seit wann werden die Leistungszentren zertifiziert und in welcher Phase befinden Sie sich aktuell?

Bonarius: Begonnen haben wir in der Saison 2007/08 mit dem System PASS 1.0. (Professional Academy Support System, Anm.d.Red.). Eine Phase erstreckt sich jeweils über drei Jahre. Die kommende Saison wird das letzte Jahr in der dritten Zertifizierungsphase PASS 3.0. Aktuell besprechen und bearbeiten wir bereits die vierte Phase PASS 4.0, die zum Saisonstart 2016/17 beginnt.

Frage: Wie häufig besuchen Sie die Klubs?

Bonarius: Regulär alle drei Jahre. Demnach sind Vereine, die konstant in den ersten beiden Ligen gespielt haben, drei Mal zertifiziert worden. Es gibt aber auch die Möglichkeit zur Nachzertifizierung für Klubs, bei denen sich die Bedingungen innerhalb einer Zertifizierungsphase stark verändert haben. Einige Bundesligisten sind also bereits viermal zertifiziert worden.

Frage: Wie läuft das Verfahren generell ab?

Bonarius: Im Vorfeld bekommt ein Klub unsere Software zur Verfügung gestellt und hat dadurch alle Kriterien, nach denen wir die Vereine betrachten. Vor Start der Zertifizierung haben die Klubs bis zu einer bestimmten Deadline Zeit, ihre Nachweise zu hinterlegen. Diese Informationen bilden für uns die Basis für das sogenannte dokumentarische Audit. Danach sind wir in den Zentren vor Ort und sammeln in vielen Gesprächen, aber auch definierten Interviews weitere Erkenntnisse. Die darauffolgenden Praxisbetrachtungen von Trainingseinheiten und Spielen sind der dritte wichtige Baustein für die Zertifizierung. Wir wollen den Klub in der Kürze der Zeit möglichst gut kennenlernen, alles verstehen und zuordnen können.

Frage: Wie geht Ihre Arbeit nach Abgabe der Unterlagen durch die Klubs weiter?

Bonarius: Wir arbeiten immer zu zweit. Jeder Auditor hat die Unterlagen auf seinem Notebook und bereitet sich individuell auf die Klubs vor. Anschließend kommen wir zusammen, um die Bereiche zu besprechen und führen das in der Software zusammen. Danach beginnt das Audit in den Klubs, mit Interviews mit Geschäftsführern oder Vorstand, Sportmanager, Lizenztrainer, aber auch mit Mitarbeitern aus dem Leistungszentrum, Trainern und Spielern.

Frage: Wie verlaufen die praktischen Bewertungen?

Bonarius: Grundsätzlich betrachten wir, ob theoretische Konzepte und Strategien eines Leistungszentrums auch auf dem Platz übertragen werden. Wir versuchen, das Training so wenig wie möglich zu beeinflussen. Während Trainings- oder Spielbeobachtungen würden wir nie mit Spielern Gespräche führen, weil die sich auf ihre Leistung konzentrieren sollen. Bei Spielen sind wir auch vor, während und nach einer Partie mit in den Besprechungen in der Kabine dabei. Das ist notwendig, weil Spielvorbereitung oder Halbzeitbesprechung ganz essenziell sind, um zu verstehen, was auf dem Platz passiert oder was der Trainer seinen Spielern mitgibt.

Frage: Wie konkret klassifizieren Sie nach Sternen?

Bonarius: Angeschlossen an unseren Kriterienkatalog haben wir ein klares Punktesystem. Dabei analysieren wir, was bei den Klubs vorhanden ist und was fehlt beziehungsweise was implementiert ist und was nicht. Darüber kommt ein eindeutiger Score zustande. Den ersten Stern erreichen die Klubs bei über 50 Prozent der erreichbaren Punkte, drei Sterne bekommt man aktuell bei 65 Prozent. Daran sieht man, dass das Instrument die Unterschiedlichkeit der einzelnen Leistungszentren ermöglicht und fördert. Ziel ist es nie, 100 Prozent bei der Leistungsbewertung zu bekommen. Sonst gäbe es klare Vorgaben, die irgendwann an allen Standorten eins zu eins umgesetzt würden. Das wäre genau falsch, denn die Diversität der Leistungszentren ist ein wichtiger Aspekt.

Frage: Wie haben sich die Leistungszentren seit 2007 entwickelt?

Bonarius: Der Kriterienkatalog wird nach jedem Zyklus überarbeitet. Insofern ist ein differenzierter Langzeitvergleich der Dimensionen schwer möglich. Anhand einzelner Daten kann man die positiven Entwicklungen aber sehr gut veranschaulichen: In der ersten Phase PASS 1.0 hatten nur 30 Prozent der Klubs in der 1. und 2. Liga einen Vollzeit-Jugendchefscout angestellt. Aktuell liegt dieser Wert bei 85 Prozent. Ein anderes Beispiel ist die Spezialisierung der Trainer im Leistungsbereich. Von den vier Trainern, die wir pro Klub erfassen – in der Regel von U23 bis U16 –, haben bei der ersten Zertifizierung insgesamt 33 Prozent in Vollzeit mit der Spezialisierung als Trainer gearbeitet. Aktuell sind wir da bei 72 Prozent. Vor allem im Aufbaubereich kommen mehr und mehr Vollzeitanstellungen hinzu. Da hat es wirklich enorme Entwicklungen gegeben. Bei den Erst- und Zweitligisten gehen die Mittelwerte der einzelnen Dimensionen gegen 70 Prozent, was wirklich ein sehr hoher Wert ist.

Frage: Welche Entwicklungen werden bei PASS 4.0 im Vordergrund stehen?

Bonarius: Das Thema Personalentwicklung ist ein ganz wichtiger Punkt. Das haben wir in zahlreichen Gesprächen mit den Leistungszentren festgestellt. Die Verantwortlichen fragen sich: Wie bekomme ich gutes Personal? Wie kann ich Personal optimal weiterentwickeln? Wie kann man die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Klub stärken? Dazu soll der gegenseitige Austausch zwischen Double PASS und den Klubs noch forciert werden, sodass die Vereine mehr Informationen durch uns erhalten. Sehr stark im Fokus bleibt die Implementierung, dass Ziele und Strategien in der täglichen Arbeit bei Spielern und Mitarbeitern auch tatsächlich ankommen. Das ist für uns am schwierigsten zu messen, aber eines der wichtigsten Kriterien.