Hannes
sagt,
er
habe
keine
Angst.
Auch
nicht,
wenn
er
aus
dem
Tor
rennt
und
mit
seinem
rechten
Bein
den
Ball
wegschlägt.
Hannes
sagt:
"Macht
nur
dem
Gegner
was
aus.
In
der
Schule
wollen
auch
alle
gegen
die
Prothese
treten,
die
finden
das
cool."
Die
ganze
Mannschaft,
damals
noch
die
Seckenheimer
D-Jugend,
begutachtete
die
Modelle,
als
Hanne
s
sich
die
neue
Sportprothese
aussuchen
durfte.
"Nach
dem
Training
tut’s
schon
weh.
Zuhause
ziehe
ich
das
Ding
gleich
aus",
sagt
Hannes.
Als er im Sommer
von
der D-Jugend in die C-Jugend
wechselte,
musste
er sich auch in das große Erwach-
senentor
stellen.
Ausgelassenheit
und
Spaß
werden
langsam durch Leistung und Erfolg abgelöst. Hannes'
Papa
sagt:
"Die Sache
ist
endlich." Britta Stahl ärgert
es,
wenn sie das hört. "Den Hannes
musst
du zwingen,
damit er mal nicht mitmacht. Wenn der Trainer 'Liege-
stütze' fertig ausgesprochen hat,
ist
der Hannes schon
am Boden und pumpt", sagt Britta Stahl. „Hannes
ist
ein sehr lässiger
Typ.
Das
passt
schon."
Hannes
muss
heute
eine
Prothese
ab
dem
rechten
Unterschenkel
tragen.
Er
zeigt
die
großen
Narben
an
seinem
Bauch.
Ansonsten
gibt
es
keine
Folgeleiden,
nichts
ist
zu
befürchten.
Die
Familie
hat
das
FFTS
der
beiden
Kinder
lange
und
hart
bekämpft.
Die
Familie
und
die
Ärzte
haben
das
FFTS
besiegt.
Jörg
sagt:
"Hannes
und
Joscha
sind
heute
ganz
normale
Jungs."
Hannes
und
Jakob,
der
andere
Torwart,
sind
in
einer
Gruppe.
Die
Übung:
Ausfallschritte,
springen,
rechtes
Bein
vorne,
linkes
Bein
vorne,
zwei
Minuten
lang.
Paul
kommt
deutlich
tiefer,
Hannes
kann
mit
seinem
rechten
Bein
gar
nicht
abknicken.
Aber
er
hört
nie
auf,
albert
nicht,
ist
total
ernst
und
konzentriert.
Würde
Hannes
in
der
109.
Minute
einen
Cut
im
Gesicht
abbekommen,
er
würde
sich
ganz
sicher
an
der
Seitenlinie
tackern
lassen
und
dann
die
Mannschaft
zum
WM-Titel
führen.
Er sagt, und da
tut
er sich nicht leicht: "Ja,
es
ist
blöd, wenn andere Kinder
erst
mal nur auf meine Pro-
these
starren. Aber ich kenne
es
ja nicht anders." Die
Alternative hieße, nicht mehr in der C-Junioren-Kreis-
klasse Mannheim im Seckenheimer
Tor
zu
stehen. Das
ist
aber ausgeschlossen. Denn Hannes
sagt:
"Fußball
macht Spaß. Total."
[th]
Hannes hat von seinem Papa eine Spielekonsole bekommen, und
wenn er spielt, rast er als schnauzbärtiger Super Mario durch
bunte Parcours oder schießt spektakuläre Fallrückziehertore. "Ich
spiele immer mit Hoffenheim", sagt Hannes. Bekannte der Familie haben
Dauerkarten, und fünf- oder sechsmal im Jahr geht sein Papa mit ihm ins
Stadion. Wenn er an der Konsole spielt, steht immer Oliver Baumann in
Hannes’ Tor. Gibt man zu bedenken, dass Manuel Neuer auch so schlecht
nicht sei, verdreht Hannes nur die Augen. "Oliver Baumann", sagt er,
"gehört auch zu den Top Fünf der Bundesliga."
Wäre Hannes' Leben ein Disneyfilm oder eines seiner Konsolenspiele,
dann verliehe ihm seine Sportprothese magische Kräfte, und Super Hannes
würde kreuz und quer durch das riesige Tor fliegen, kein Ball ginge mehr
rein und die C-Jugend der TSG Seckenheim würde am Ende des Jahres im
Champions-League-Finale die Bayern besiegen. 4:0. So ist es aber nicht.
Und keiner weiß das besser als Hannes.
Der 13-jährige Junge verpasst kein Training, keine Übung. Aber jetzt
beim Zirkeltraining sollen sie durch am Boden liegende Ringe rennen, und
dann zum 30 Meter entfernten Hütchen sprinten. Bei Jakob, dem anderen
Torwart im Team, sieht das leichtfüßig aus. Tap, tap, tap – blitzschnelle kleine
Schritte in die eng liegenden Kreise. Hannes ist dran, und alles dauert etwas
länger. Sein rechtes Knie hat noch etwa zehn Grad Beweglichkeit, doch die
Sportprothese versteift das Bein, dadurch hat er zwar mehr Kraft, verliert
aber Beweglichkeit. Beim Sprint zum Hütchen muss er sein rechtes Bein
hinterherziehen.
"Später will ich Koch werden", sagt Hannes. Zum Geburtstag seiner
Mutter hat er gekocht. Hackfleisch mit Pilzen und Nudeln, zum Nachtisch
servierte er Pudding. Hannes kocht gerne, Fußball liebt er. "Durch die Sportprothese habe ich deutlich mehr Sprungkraft", sagt er. Die Krankenkasse
hätte nur eine Badeprothese bezahlt, den Kauf des teureren Modells, mit
dem man rennen und springen kann, aber abgelehnt.
Der Alt-Bundestrainer musste sich drum kümmern. Sepp und Eva Herberger hatten testamentarisch verfügt, dass ihr Vermögen für in Not geratene Fußballer verwendet werden solle. Vor fast zwei Jahren also übernahm
die DFB-Stiftung Sepp Herberger komplett die Kosten von 2.000 Euro. "Die
haben ohne großen administrativen Aufwand bezahlt. Es war wie Weihnachten", sagte die Seckenheimer Jugendleiterin Britta Stahl, die damals das
Angebot der Stiftung entdeckt hatte. Seitdem hält Hannes auch die hohen
Bälle. Für ihn ist die Sportprothese ein Segen. Anfang Dezember stand er zum
ersten
Mal
in
der
Saison
für
eine
Halbzeit
bei
einem
Punktspiel
der
C-Junioren-Kreisklasse
im
Tor.
Hannes
und
seine
Vorderleute
unterlagen
gegen
Ketsch
1:2.
Hannes
kassierte
ein
Tor.
Hannes
hat
einen
Bruder.
Hannes
und
Joscha
sind
eineiige
Zwillinge.
In
der
18.
Woche
einer
extrem
komplizierten
Schwangerschaft
hörten
Jörg
Schmidt-Rohr
und
Claudia
Morgenthaler
den
Befund:
Fetofetales
Transfusionssyndrom,
kurz
FFTS.
Bei
85
bis
95
Prozent
aller
Zwillingsschwangerschaften
bilden
sich
Verbindungen
zwischen
den
Arterien,
es
kommt
zu
einer
wechselseitigen
Transfusion
von
Blut
zwischen
den
Zwillingen.
Äußerst
selten
kommt
es
vor,
dass
der
Blutaustausch
in
den
Plazenta-Gefäßen
unausgewogen
abläuft.
Der
Empfänger-
zwilling
ist
dann
deutlich
größer
als
der
Spenderzwilling.
Herzversagen
führt
häufig
zum
vorgeburtlichen
Tod.
Stirbt
ein
Zwilling,
kommt
es
in
26
Prozent
der
Fälle
zum
Verbluten
des
überlebenden
Zwillings.
In
25
Prozent
der
Fälle
kommt
es
zu
einer
schweren
Gehirnschädigung.
Bei
einem
Drittel
aller
Fälle
stirbt
der
überlebende
Zwilling
im
ersten
Lebensjahr.
Man
muss
das
nicht
addieren.
Die
Chancen
für
Hannes
und
Joscha
standen
schlecht.
Von
dem
Tag
an,
als
sie
den
FFTS-Befund
bekamen,
kämpften
Jörg
und
Claudia
um
das
Leben
ihrer
Jungs.
Per
Laserbestrahlung
sollten
die
blutführenden
Gefäße
in
der
Plazenta
verödet
werden,
um
so
die
Versorgung
ins
Gleichgewicht
zu
bringen.
Jörg
Schmidt-Rohr
sagt:
"Als
auch
dieser
Versuch
gescheitert
war,
sagten
uns
die
Ärzte
in
Frankfurt,
die
Kinder
werden
sterben."
Er
brachte
seine
Partnerin
nach
Germersheim,
in
ein
kleines
Krankenhaus,
man
kannte
den
Chefarzt.
In
der
Uniklinik
Heidelberg
schließlich
kamen
Hannes
und
Joscha
am
20.
September
2001
als
Frühchen
zur
Welt.
Hannes
wog
1.100
Gramm,
Joscha
800.
Beiden
musste
ein
künstlicher
Darmausgang
gelegt
werden.
Hannes
wurde
alleine
in
seinem
ersten
Monat
fünfmal
notoperiert.
Trotzdem
konnten
die
Ärzte
eine
unkontrollierte
Blutung
im
gesamten
Bauchbereich
nicht
stoppen.
Irgendwann
sagten
die
Ärzte,
entweder
es
höre
in
den
nächsten
Stunden
auf
oder
Hannes
werde
sterben.
Am
nächsten
Tag
stoppte
die
Blutung.
"Ich
bin
kein
religiöser
Mensch,
ich
konnte
also
nicht
beten,
aber
so
ein
paar
Sachen
in
der
Art
gab
es
schon
in
diesen
Stunden",
sagt
sein
Vater.
Hannes
sagt,
er
habe
keine
Angst.
Auch
nicht,
wenn
er
aus
dem
Tor
rennt
und
mit
seinem
rechten
Bein
den
Ball
wegschlägt.
Hannes
sagt:
"Macht
nur
dem
Gegner
was
aus.
In
der
Schule
wollen
auch
alle
gegen
die
Prothese
treten,
die
finden
das
cool."
Die
ganze
Mannschaft,
damals
noch
die
Seckenheimer
D-Jugend,
begutachtete
die
Modelle,
als
Hanne
s
sich
die
neue
Sportprothese
aussuchen
durfte.
"Nach
dem
Training
tut’s
schon
weh.
Zuhause
ziehe
ich
das
Ding
gleich
aus",
sagt
Hannes.
Als er im Sommer
von
der D-Jugend in die C-Jugend
wechselte,
musste
er sich auch in das große Erwach-
senentor
stellen.
Ausgelassenheit
und
Spaß
werden
langsam durch Leistung und Erfolg abgelöst. Hannes'
Papa
sagt:
"Die Sache
ist
endlich." Britta Stahl ärgert
es,
wenn sie das hört. "Den Hannes
musst
du zwingen,
damit er mal nicht mitmacht. Wenn der Trainer 'Liege-
stütze' fertig ausgesprochen hat,
ist
der Hannes schon
am Boden und pumpt", sagt Britta Stahl. „Hannes
ist
ein sehr lässiger
Typ.
Das
passt
schon."
Hannes
muss
heute
eine
Prothese
ab
dem
rechten
Unterschenkel
tragen.
Er
zeigt
die
großen
Narben
an
seinem
Bauch.
Ansonsten
gibt
es
keine
Folgeleiden,
nichts
ist
zu
befürchten.
Die
Familie
hat
das
FFTS
der
beiden
Kinder
lange
und
hart
bekämpft.
Die
Familie
und
die
Ärzte
haben
das
FFTS
besiegt.
Jörg
sagt:
"Hannes
und
Joscha
sind
heute
ganz
normale
Jungs."
Hannes
und
Jakob,
der
andere
Torwart,
sind
in
einer
Gruppe.
Die
Übung:
Ausfallschritte,
springen,
rechtes
Bein
vorne,
linkes
Bein
vorne,
zwei
Minuten
lang.
Paul
kommt
deutlich
tiefer,
Hannes
kann
mit
seinem
rechten
Bein
gar
nicht
abknicken.
Aber
er
hört
nie
auf,
albert
nicht,
ist
total
ernst
und
konzentriert.
Würde
Hannes
in
der
109.
Minute
einen
Cut
im
Gesicht
abbekommen,
er
würde
sich
ganz
sicher
an
der
Seitenlinie
tackern
lassen
und
dann
die
Mannschaft
zum
WM-Titel
führen.
Er sagt, und da
tut
er sich nicht leicht: "Ja,
es
ist
blöd, wenn andere Kinder
erst
mal nur auf meine Pro-
these
starren. Aber ich kenne
es
ja nicht anders." Die
Alternative hieße, nicht mehr in der C-Junioren-Kreis-
klasse Mannheim im Seckenheimer
Tor
zu
stehen. Das
ist
aber ausgeschlossen. Denn Hannes
sagt:
"Fußball
macht Spaß. Total."