Teresa Enke zu Roberts siebtem Todestag: "Ein Glückskind aus Jena"

Heute jährt sich Robert Enkes Todestag zum siebten Mal. In ihrem Blog spricht seine Witwe Teresa darüber - und noch viel mehr. "Robert ist nicht vergessen, etwas von ihm bleibt lebendig", sagt die Vorstandsvorsitzende der Robert-Enke-Stiftung. DFB.de veröffentlicht ihren Beitrag im Wortlaut.

Ich ging mit 17 aus meiner fränkischen Heimat nach Jena, um dem strengen bayerischen Schulsystem mit dem verflixten Latein zu entfliehen. Also, offiziell wechselte ich als Moderne Fünfkämpferin natürlich wegen der vorzüglichen Sportmöglichkeiten auf das Sportgymnasium Jena...

Dort saß ich in der Klasse neben einem Jungen, der wohl ein ziemlich guter Fußballtorwart war, an dem mir aber erst einmal seine unmögliche Frisur auffiel, seitlich kurz, oben lang; als trage er ein Vogelnest auf dem Kopf. Er hieß Robert Enke.

In Jena auf dem Sportgymnasium begann mein gemeinsames Leben mit Robert, und so löst es in mir viele Erinnerungen aus, wenn Roberts erste und seine letzte Profimannschaft, Carl Zeiss Jena und Hannover 96, an diesem Freitag um 18 Uhr im Eilenriedstadion von Hannover in einem Benefizspiel zugunsten der Robert-Enke-Stiftung aufeinandertreffen. Ich weiß die Bereitschaft der beiden Klubs zu schätzen, den Kampf der Stiftung gegen Depressionen und Herzkrankheiten von Kindern zu unterstützen. Es ist nicht selbstverständlich, dass wir sieben Jahren nach Roberts Tod noch immer so viel Unterstützung aus dem Profifußball, aber auch aus der Bevölkerung erfahren. Gerade die Menschen aus der Region Hannover helfen der Stiftung bis heute mit überdurchschnittlichem Engagement. Dies erwärmt mir heute, an seinem Todestag, das Herz: Robert ist nicht vergessen, etwas von ihm bleibt lebendig.

Denke ich an die Zeit in Jena zurück, dann fällt mir vor allem unsere jugendliche Unbeschwertheit ein. Heute, angesichts von Roberts Tod, klingt es paradox, aber doch, damals glaubten das alle: Robert war ein Glückskind. Sein Jugendfreund Andy Meyer hat es einmal wunderbar formuliert: "Der Enkus warf ein Glas Wasser um, alle wurden nass, nur er nicht, so war es doch immer." Robert schien alles mit Leichtigkeit zu erreichen, das Abitur, die Berufungen in die Jugend-Nationalmannschaft. Ich erzähle das nicht, um ihn zu verherrlichen, sondern um deutlich zu machen: Die meisten Menschen, die an Depressionen leiden, sind die meiste Zeit - wenn sie frei von der Krankheit sind - lebensfroh, gesellig, zufrieden. Im Rückblick muss ich allerdings auch sagen, dass wir damals, in den unbeschwerten Jenaer Jahren, die ersten Anzeichen seiner Anfälligkeit für Depressionen nicht erkannten. Nachdem er mit 17 durch einen Fehler ein Tor gegen Carl-Zeiss Jena ermöglicht hatte, erschien er eine Woche nicht in der Schule, sondern schloss sich in seinem Zimmer ein. Damals hielten wir dies nur für eine übertriebene, aber für Jugendliche nicht unübliche Trotzreaktion. Weil alles andere eben nicht in unser Bild von Robert, dem Sonnenkind, passte.

Um Symptome einer psychischen Krankheit besser erkennen und einordnen zu können als wir damals, sind ein paar Vorkenntnisse notwendig. In diesem Sinne bin ich sehr glücklich, dass sich immer mehr Menschen offen mit seelischen Krankheiten beschäftigen: In den ersten zwei Wochen, seit wir die EnkeApp als modernes Aufklärungs- und Hilfsmittel zur Verfügung stellten, haben mehr als 20.000 Leute die Anwendung heruntergeladen. In der EnkeApp haben wir viel Wissen über psychische Krankheiten, verständlich für jedermann, zusammengetragen.

Ich werde mir am Freitag das Spiel zwischen Hannover 96 und Carl-Zeiss ansehen. Es wird für mich schmerzhaft und gleichzeitig schön sein, so wie die Erinnerungen, die es auslöst, an einen Jungen mit dem Vogelnest auf dem Kopf, der eines Abends am Bahngleis stand, als ich wie immer sonntags mit dem Zug vom Wochenende zuhause nach Jena zurückkehrte. "Was machst du denn hier?", fragte ich ihn.

"Ich warte auf jemanden."

"Na dann, noch einen schönen Abend."

"Mann!", rief er mir hinterher: "Auf dich warte ich!"

[dfb]

Heute jährt sich Robert Enkes Todestag zum siebten Mal. In ihrem Blog spricht seine Witwe Teresa darüber - und noch viel mehr. "Robert ist nicht vergessen, etwas von ihm bleibt lebendig", sagt die Vorstandsvorsitzende der Robert-Enke-Stiftung. DFB.de veröffentlicht ihren Beitrag im Wortlaut.

Ich ging mit 17 aus meiner fränkischen Heimat nach Jena, um dem strengen bayerischen Schulsystem mit dem verflixten Latein zu entfliehen. Also, offiziell wechselte ich als Moderne Fünfkämpferin natürlich wegen der vorzüglichen Sportmöglichkeiten auf das Sportgymnasium Jena...

Dort saß ich in der Klasse neben einem Jungen, der wohl ein ziemlich guter Fußballtorwart war, an dem mir aber erst einmal seine unmögliche Frisur auffiel, seitlich kurz, oben lang; als trage er ein Vogelnest auf dem Kopf. Er hieß Robert Enke.

In Jena auf dem Sportgymnasium begann mein gemeinsames Leben mit Robert, und so löst es in mir viele Erinnerungen aus, wenn Roberts erste und seine letzte Profimannschaft, Carl Zeiss Jena und Hannover 96, an diesem Freitag um 18 Uhr im Eilenriedstadion von Hannover in einem Benefizspiel zugunsten der Robert-Enke-Stiftung aufeinandertreffen. Ich weiß die Bereitschaft der beiden Klubs zu schätzen, den Kampf der Stiftung gegen Depressionen und Herzkrankheiten von Kindern zu unterstützen. Es ist nicht selbstverständlich, dass wir sieben Jahren nach Roberts Tod noch immer so viel Unterstützung aus dem Profifußball, aber auch aus der Bevölkerung erfahren. Gerade die Menschen aus der Region Hannover helfen der Stiftung bis heute mit überdurchschnittlichem Engagement. Dies erwärmt mir heute, an seinem Todestag, das Herz: Robert ist nicht vergessen, etwas von ihm bleibt lebendig.

Denke ich an die Zeit in Jena zurück, dann fällt mir vor allem unsere jugendliche Unbeschwertheit ein. Heute, angesichts von Roberts Tod, klingt es paradox, aber doch, damals glaubten das alle: Robert war ein Glückskind. Sein Jugendfreund Andy Meyer hat es einmal wunderbar formuliert: "Der Enkus warf ein Glas Wasser um, alle wurden nass, nur er nicht, so war es doch immer." Robert schien alles mit Leichtigkeit zu erreichen, das Abitur, die Berufungen in die Jugend-Nationalmannschaft. Ich erzähle das nicht, um ihn zu verherrlichen, sondern um deutlich zu machen: Die meisten Menschen, die an Depressionen leiden, sind die meiste Zeit - wenn sie frei von der Krankheit sind - lebensfroh, gesellig, zufrieden. Im Rückblick muss ich allerdings auch sagen, dass wir damals, in den unbeschwerten Jenaer Jahren, die ersten Anzeichen seiner Anfälligkeit für Depressionen nicht erkannten. Nachdem er mit 17 durch einen Fehler ein Tor gegen Carl-Zeiss Jena ermöglicht hatte, erschien er eine Woche nicht in der Schule, sondern schloss sich in seinem Zimmer ein. Damals hielten wir dies nur für eine übertriebene, aber für Jugendliche nicht unübliche Trotzreaktion. Weil alles andere eben nicht in unser Bild von Robert, dem Sonnenkind, passte.

Um Symptome einer psychischen Krankheit besser erkennen und einordnen zu können als wir damals, sind ein paar Vorkenntnisse notwendig. In diesem Sinne bin ich sehr glücklich, dass sich immer mehr Menschen offen mit seelischen Krankheiten beschäftigen: In den ersten zwei Wochen, seit wir die EnkeApp als modernes Aufklärungs- und Hilfsmittel zur Verfügung stellten, haben mehr als 20.000 Leute die Anwendung heruntergeladen. In der EnkeApp haben wir viel Wissen über psychische Krankheiten, verständlich für jedermann, zusammengetragen.

Ich werde mir am Freitag das Spiel zwischen Hannover 96 und Carl-Zeiss ansehen. Es wird für mich schmerzhaft und gleichzeitig schön sein, so wie die Erinnerungen, die es auslöst, an einen Jungen mit dem Vogelnest auf dem Kopf, der eines Abends am Bahngleis stand, als ich wie immer sonntags mit dem Zug vom Wochenende zuhause nach Jena zurückkehrte. "Was machst du denn hier?", fragte ich ihn.

"Ich warte auf jemanden."

"Na dann, noch einen schönen Abend."

"Mann!", rief er mir hinterher: "Auf dich warte ich!"

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