Frauen-Nationalmannschaft

Gutes Omen für Wück: Frauen-Bundestrainer*innen und ihre Debüts

25.10.2024
Steht als siebter Frauen-Bundestrainer vor seinem Einstand: Christian Wück Foto: Yuliia Perekopaiko/DFB

Christian Wück ist der siebte Bundestrainer der Frauen-Nationalmannschaft und kann als solcher in England am Freitag (ab 20.30 Uhr, live in der ARD) im Wembley-Stadion eine stolze Tradition fortsetzen. Alle Vorgänger und Vorgängerinnen haben ihr Debüt gewonnen, wenn auch keiner gleich beim Europameister antreten musste. Die Bilanz in Zahlen: 20:2 Tore, sechs Siege.

Gero Bisanz: Aus 70 Minuten werden 14 Jahre

In Koblenz startete die Länderspielhistorie der DFB-Frauen mit einem Testspiel am 10. November 1982 gegen die Schweiz. Die Leitung gab man noch in Männerhände, was Trainerausbilder Gero Bisanz durchaus zu denken gab. Er gestand viele Jahre später: "Bundestrainer Jupp Derwall sagte mir, ich hätte doch keine Mannschaft zu betreuen. Und das DFB-Präsidium wolle, dass ich eine Frauen-Nationalmannschaft aufbaue. Würde ich mir damit meinen Namen kaputtmachen? Und was würde meine Frau dazu sagen?"

Das kam nie heraus, aber so wie es sich anließ, hatte auch Frau Bisanz keinen Grund, sich zu schämen. Nach einem Spiel, das nur 70 Minuten dauerte und von 5100 Menschen gesehen wurde, stand ein 5:1 auf der Ergebnistafel.

Doris Kresimon aus Essen schoss nach 25 Minuten per Volleyschuss das erste Länderspieltor für Deutschland, "sie lag quer in der Luft, wie das Klaus Fischer so schön kann" (Bild-Zeitung). Das stellte den Pausenstand her, der nach Wiederanpfiff deutlich ausgebaut wurde. Angetrieben von Anne Trabant-Haarbach ("Sie lenkt das Spiel wie früher der Netzer", schrieb die Bild), schraubten Ingrid Gebauer, Joker Silvia Neid und Birgit Bormann das Resultat binnen sechs Minuten auf 4:0. Nach dem Ehrentreffer durch Myriam Willi setzte Neid ihrem Traumdebüt die Krone auf und traf zum 5:1 (68.). Es war der erste von 82 Siegen in der fast 14-jährigen Amtszeit von Bisanz.

Tina Theune-Meyer: Mit elf Wechseln unverwechselbar

1996 wurde er von Tina Theune-Meyer abgelöst, die am 27. August mit einem Testspiel in Lichtenvoorde debütierte. Die Partie in den Niederlanden ging als Wechselorgie in die DFB-Chroniken ein, denn zur Pause wurde die komplette Elf ausgetauscht, was nicht mal Franz Beckenbauer 1990 gegen Dänemark geschafft hatte (damals zehn Wechsel).

Die neue Trainerin wollte offenbar eine gründliche Bestandsaufnahme machen und ließ sich diese Möglichkeit genehmigen. Hinterher wusste sie, die erste Elf ist etwas besser. Zur Pause stand es nach Treffern von Katja Bornschein und Heidi Mohr 2:0, Claudia Müllers 3:0 fiel erst in Minute 88.

Silvia Neid: Große Erfolge als Spielerin und Trainerin

Neun Jahre später waren es 4315 Zuschauer*innen, die in Vancouver am 1. September 2005 die Deutschen sehen wollten. Die waren amtierende Welt- und Europameisterinnen und gewannen, erstmals von Silvia Neid angeleitet, mit 3:1. "Top-Debüt für Neid – und Glückwünsche von Theune-Meyer", stand über dem kicker-Bericht. Die alte Bundestrainerin gab der neuen öffentlich mit auf dem Weg, sie sei "eine gestandene Frau und hat schließlich bereits viele Erfolge als Trainerin gefeiert." Den ersten mit Deutschland sicherten Treffer von Kerstin Garefrekes, Petry Wimbersky und Conny Pohlers. Zwei Jahre später führte auch Neid die DFB-Frauen zum WM-Titel. Sie blieb elf Jahre und ging als Olympiasiegerin!

Horst Hrubesch folgt auf Steffi Jones

Am 16. September 2016 startete ihre Ex-Abwehrchefin Steffi Jones ins Bundestraineramt. Der Anfang war gleich ein Pflichtspiel und sehr verheißungsvoll: In Moskau gab es ein souveränes 4:0 gegen Russland. Schon nach 25 Minuten (3:0) war alles klar im allerdings relativ bedeutungslosen EM-Qualifikationsspiel, die Teilnahme war längst gesichert. Nach einem frühen russischen Eigentor schossen die DFB-Frauen ihre restlichen Tore selbst – durch Leonie Maier, Kathrin Hendrich und Lena Petermann. Die Amtszeit von Jones endete früher als gedacht, Horst Hrubesch sprang im Frühjahr 2018 ein, um die gefährdete WM-Teilnahme zu sichern. Es war von Anfang an ein Arrangement auf Zeit.

Am 7. April feierte der Europameister als Spieler und Junioren-Nationaltrainer bei den Männern einen geglückten Einstand. In Halle wurde Tschechien vor 4564 Zuschauenden 4:0 besiegt. Ob das ohne Lea Schüller geklappt hätte, sollte man nicht fragen. Aber die überraschend aufgestellte Münchnerin erzielte alle vier Tore. "Ich weiß, was Lea Schüller kann, das hat sie schon im Training gezeigt", gab sich der einstige Bundesliga-Torjäger gelassen. 

Aufschwung des Frauenfußballs mit Martina Voss-Tecklenburg

Hrubesch übergab nach acht Spielen (sieben Siege, ein Remis) an Martinas Voss-Tecklenburg. "MVT", zuvor Trainerin der Schweiz, startete ihre Mission am 28. Februar 2019 im französischen Laval und auch sie sollte ihr geglücktes Debüt nicht zuletzt Lea Schüller verdanken. Der gelang in dem Testspiel nach 31 Minuten das einzige Tor. 20.238 Zuschauende bewiesen den gestiegenen Stellenwert des Frauenfußballs. Weil der Plan bei der WM 2023 in Australien aber nicht ganz aufging, endete auch diese Amtszeit etwas früher als allgemein erwartet.

So musste noch einmal Hrubesch ran, nun galt es die Olympia-Teilnahme zu sichern. Sein Start wies den Weg zur Bronzemedaille in Paris: In Sinsheim gab es am 27. Oktober vergangenen Jahres gegen Wales ein souveränes 5:1. Ein klassisches Debüt war es nicht, aber auch diesem Neuanfang wohnte ein Zauber inne.

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Autor: um