DFB-Pokal
Torreiche Pokalduelle: Bayern führt 6:1 gegen Leverkusen
Zum achten Mal treffen sich am Dienstag (ab 20.45 Uhr, live in der ARD und auf Sky) der Rekordgewinner FC Bayern München und Titelverteidiger Bayer 04 Leverkusen im DFB-Pokal, und das so früh wie nie. Zuletzt war es ein Finale (2020), zuvor gab es zwei Halb- und vier Viertelfinalbegegnungen. Die Bayern führen nicht ganz überraschend mit 6:1 - und trotz eines 0:0 fielen im Schnitt 4,3 Tore. DFB.de wirft einen genauen Blick auf die Pokalgeschichte dieser Paarung.
26. März 1985 | Viertelfinale | Leverkusen – FC Bayern 1:3
Mit großen Hoffnungen ging die Werkself in die Flutlichtpartie, die an einem Dienstagabend stattfand. Zwar war der FC Bayern damals wie heute Tabellenführer, aber noch keine Übermacht. Leverkusen wollte die enttäuschende Saison retten, für Trainer Dettmar Cramer - ein Mann mit großer Bayern-Vergangenheit - ging es in diesen Tagen schon um seinen Job.
Aber die in Bayern übernahmen schnell das Kommando. Torjäger Roland Wohlfarth schoss vor der Pause zwei Treffer (4., 40.). Als der Südkoreaner Bum-kun Cha in der 53. Minute auf 1:2 verkürzte, keimte im mit 17.000 Zuschauern besetzten Ulrich-Haberland-Stadion neue Hoffnung auf. Jean-Marie Pfaff im Gästetor wurde nun starkgefordert, die Partie drohte zu kippen - ehe sein Gegenüber die Partie entschied. Rüdiger Vollborn zögerte beim Rauslaufen, Reinhold Mathy kam nach Sören Lerbys Pass eher an den Ball und schob zum 1:3-Endstand ein. "War das denn wirklich so schlimm?", fragte der Torwart die Reporter nach dem Spiel, ehe er sich nach Ansicht der TV-Bilder davon überzeugen konnte. "Die Torhüter entschieden", titelte der Kicker hart.
17. Dezember 1997 | Viertelfinale | FC Bayern – Leverkusen 2:0
Die Parole sah Christoph Daum gar nicht ähnlich: "Wir wollen so lange wie möglich das 0:0 halten", gab der sonst forsche Trainer der Leverkusener aus. Der Ausfall von Torjäger Ulf Kirsten und die fatale Bilanz im Olympiastadion, wo Bayer bis dahin nur einen Sieg in 17 Jahren hatte feiern können, drückten die Erwartungen. Bei den Bayern war auch nicht gerade Hochstimmung, der Meister musste um die Titelverteidigung bangen, hatte gerade erst bei Überraschungsaufsteiger 1. FC Kaiserslautern 0:2 verloren.
Im Olympiastadion verliefen sich an diesem kalten Mittwochabend nur 12.000 Menschen, Pokalfieber fühlt sich gewiss anders an. Die Partie nahm ihren gewohnten Verlauf, wenn Bayer bei Bayern spielt. Leverkusen spielte gefällig, aber ineffizient mit, fürs Auge war es schöner die Gäste zu sehen. Auf der Anzeigetafel aber stand zur Pause ein 1:0, das Christian Nerlinger nach Mehmet Scholls Vorlage erzielte (42.). Während Daum sein Wechselkontingent voll ausschöpfte, ließ Giovanni Trapattoni seine Elf durchspielen - eine Seltenheit. Lothar Matthäus bereitete das 2:0 durch Giovane Elber (74.) vor, der seine Linksflanke einköpfte. Dann beendete Schiedsrichter Edgar Steinborn ein durch und durch unspektakuläres Spiel, in dem es nicht mal eine Gelbe Karte gab.
5. März 2003 | Halbfinale | FC Bayern – Leverkusen 3:1
Die Ausgangslage vor diesem Duell war ungewöhnlich. Bayern war souveräner Tabellenführer, aber die Leverkusener, im Vorjahr noch Vizemeister, steckten im Abstiegskampf. Gerade erst hatten sie Trainer Klaus Toppmöller entlassen und durch Thomas Hörster ersetzt. Der DFB-Pokal war die letzte Chance auf das internationale Geschäft. Manager Reiner Calmund gab sich aber keinen Illusionen hin, wie er nach dem Spiel zugab: "Wir sind hier als ganz krasser Außenseiter hingefahren." Trotz Namen wie Ramelow, Schneider und Neuville, die im Sommer 2002 Vizeweltmeister geworden waren.
Nur 16.000 im Olympia-Stadion sahen denn auch eine unerwartet offene Partie. Michael Ballack köpfte seinem alten Kollegen Hans-Jörg Butt das einzige Tor vor der Pause ins Netz (30.). Giovane Elber traf noch den Pfosten, aber mit der Ausbeute konnte Trainer Ottmar Hitzfeld nicht zufrieden sein. Plötzlich gelang Carsten Ramelow der überraschende Ausgleich (57.) und bewies, "dass mit etwas mehr Mut viel mehr drin gewesen wäre für die Gäste" (Kicker).
Fünf Minuten währte der Gleichstand, dann kam die große und doch äußerst kurze Zeit von Elber. In der 57. Minute traf er mit links, in der 58. mit rechts - der Doppelschlag war auch der K.o.-Schlag. Zwei Gegentore in weniger als zwei Minuten, typisch für eine verunsicherte Mannschaft. Hitzfeld schonte Ballack, Elber und Mehmet Scholl für die Bundesliga, von Leverkusen ging keine Gefahr mehr aus.
4. März 2009 | Viertelfinale | Leverkusen – FC Bayern 4:2
Die Partie, die wegen Umbauarbeiten an der BayArena in Düsseldorf stattfand und 50.500 Zuschauer anlockte, steht für den Anfang vom Ende der Zeit von Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann, die zu kurz war, um Ära genannt zu werden. An diesem Abend mussten sich die Bayern von ihrem ersten Saisonziel verabschieden, die anderen rückten in immer weitere Ferne. "In der Bundesliga ist es fünf vor zwölf", gab Klinsmann zu, in der Champions League wartete Barcelona. "Kriegt Klinsmann die Kurve?", fragte der Kicker, wonach es nach diesem Spiel nicht wirklich aussah.
Klinsmanns Aufstellung verwunderte, Bastian Schweinsteiger fand sich neben Spezi Lukas Podolski auf der Bank wieder, stattdessen spielte Andreas Ottl. Philipp Lahm wurde durch Massimo Oddo vertreten. Bayern begann schwach, Kahn-Nachfolger Michael Rensing verhinderte einen frühen Rückstand. Nach torloser erster Hälfte brachen die Bayern dann regelrecht zusammen. Tranquillo Barnetta (54.), Arturo Vidal per Kopf (60.) und Patrick Helmes (70.) schossen binnen einer Viertelstunde drei Tore, auf den Rängen erklang der beliebte Lederhosen-Song. Zu früh, es wurde plötzlich spannend: der Ex-Leverkusener Lucio (72.) und Nationalstürmer Miroslav Klose (74.) brachten Bayern auf 2:3 heran, beide trafen mit Köpfchen.
Erst in der Nachspielzeit fiel die Entscheidung durch einen Treffer von Stefan Kießling, verdient war es allemal. Leverkusens Torwart Rene Adler sagte: "Wir wussten, dass ganz Deutschland auf dieses Spiel schaut, und wollten alles daran setzen, es zu gewinnen." Es ist der bis dato einzige Leverkusener Sieg gegen die Bayern im DFB-Pokal.
8. April 2015 | Viertelfinale | Leverkusen – FC Bayern 0:0 n.V., 3:5 nach Elfmeterschießen
Längst spielte Bayer wieder im eigenen Stadion, das natürlich ausverkauft war an diesem April-Mittwoch. Leverkusen spielte eine gute Saison, stand auf Platz vier, Bayern wie immer in der Guardiola-Ära zu diesem Saisonzeitpunkt souverän an der Spitze, hatte aber erhebliche Personalsorgen. Außer auf Arjen Robben, Franck Ribéry, Javi Martínez und David Alaba musste der Gast kurzfristig noch auf Bastian Schweinsteiger verzichten, den Mario Götze ersetzte. Nach 34 Minuten musste auch der Marokkaner Mehdi Benatia vom Feld, wegen einer Oberschenkelzerrung.
Auf die erste richtige Chance mussten die Zuschauer bis zur 40. Minute warten, als Thomas Müller allein vor Bernd Leno auftauchte, aber scheiterte. Nach der Pause gab Leverkusen seine zurückhaltende Taktik (bis dahin nur 27 Prozent Ballbesitz) auf und erspielte sich ein Chancenplus von 5:2, aber Tore fielen nicht. Für die Bayern auch nicht, obwohl sie in der 60. Minute schon jubelten. Schiedsrichter Felix Zwayer entschied beim Kopfballtreffer von Robert Lewandowski jedoch auf ein Foul des Polen an Ömir Toprak – was Proteste der Bayern hervorrief. Es war der Tag der Torhüter, Manuel Neuer und Leno hielten exzellent.
In der Nachspielzeit setzte Brandt eine Vorarbeit von Bellarabi aus kurzer Distanz neben das Tor, und Thiago hatte bei seiner Attacke mit dem hohen Bein gegen Kießling Glück, nur die Gelbe statt einer Roten Karte zu sehen. Kießling musste mit einer Kopfverletzung ausscheiden und verpasste die Verlängerung. In dieser hatte Götze den Siegtreffer auf dem Fuß, nach einer Flanke von Rafinha setzte er den Ball aus drei Metern mit links ans Außennetz (98.). So stand nach 120 Minuten ein 0:0 der besseren Sorte zu Buche. Das Kicker-Urteil: "Intensive Partie, spannend, temporeich und zumindest phasenweise mitreißend." Aber das Beste kam ja noch, die immer wieder Nerven zerfetzende Elfmeterlotterie.
Alle zehn Schützen schossen mit rechts, neun machten es gut. Nur der erste Leverkusener, Kießling-Ersatz Josip Drmic, schoss halbhoch und nicht sehr fest, Neuer holte sich den Ball. Den Vorsprung verteidigten die Bayern bis zuletzt, Thiago sorgte für die Entscheidung. Zur Freude von Guardiola, der das Elfmeterschießen auf einem Klappstuhl verfolgt hatte, und der Kollegen, die nach der Entscheidung mit allen Reservisten eine einzige Jubeltraube bildeten. Lob galt auch dem Verlierer dieses Spiels. "Bayer Leverkusen hat alles dazu beigetragen, dass wir einen hochklassigen Pokalabend erlebten", stellte ARD-Kommentator Tom Bartels fest.
17. April 2018 | Halbfinale | Leverkusen – FC Bayern 2:6
Das Los hatte die schon vier Spiele vor Schluss als Meister feststehenden Münchner nach Leverkusen geführt, das vier der letzten sechs Ligaspiele gewonnen hatte. Bayern war also Favorit, doch mit einem Schützenfest war nicht zu rechnen. Die zum vierten Mal von Jupp Heynckes trainierten Bayern fegten Heiko Herrlichs Leverkusener jedoch mit 6:2 von deren Platz. Schon nach neun Minuten hatte Robert Lewandowski zwei Tore erzielt, Lars Benders Kopfballtor (16.) sorgte für Spannung. Denn so stand die hochklassige Partie noch bei Halbzeit 1:2, Neuer-Vertreter Sven Ulreich musste mehrmals retten und verdiente sich ebenfalls die Bestnote. Hinterher forderte Bayern-Vorstand Karl-Heinz Rummenigge, der Keeper müsse mit zur WM nach Russland.
Nach der Pause legten die Bayern einen Zahn zu, ihre Flügelzange Arjen Robben und Franck Ribery produzierte Chancen im Fünf-Minuten-Takt. Die Mitspieler profitieren davon: Thomas Müller (52., 64.) und Thiago (60.) entschieden die Partie frühzeitig. Dass Joker Leon Bailey einen Freistoß zum 2:5 direkt verwandelte (72.), interessierte nur noch die Statistiker, die nach 78 Minuten ein drittes Tor von Müller vermerken durften.
Das 2:6 war gemessen an den Spielanteilen sicher etwas zu hoch, doch im Fußball zählen die Tore. Während die Bayern zwei Drittel ihrer Großchancen nutzten, war es bei Leverkusen nur ein Viertel. Die Teams wurden mit Beifall verabschiedet, Müller fand es "war Werbung für den deutschen Fußball". Selbst der gestrenge Jupp Heynckes war hochzufrieden: "Es war über weite Strecken eine Fußballdemonstration. Wir haben eine Topleistung gezeigt gegen einen guten Gegner."
4. Juli 2020 | Finale | FC Bayern – Leverkusen 4:2
Dieses Finale ging in die Geschichte ein als das erste ohne zahlende Zuschauer. Vor nahezu leeren Rängen stieg in Pandemiezeiten das für gewöhnliche größte Fest des Fußballjahres in Deutschland. Doch das Coronavirus hatte den Fußball für zwei Monate lahmgelegt, und als er im Mai wieder begann, blieben die Fans draußen. Das galt auch fürs Pokalfinale, das rein sportlich (15 Torchancen) zwar unterhaltsam war, aber unter der Dominanz des von Hansi Flick gecoachten Serienmeisters litt. Nach einer Stunde waren die Bayern schon auf 3:0 enteilt (Alaba/16., Gnabry/24., Lewandowski/59.), ehe ein Kopfball von Sven Bender Leverkusens Ehre rettete (64.). Für Spannung sorgte es nicht mehr, Lewandowskis zweiter Treffer (89.) war gar nicht mehr nötig. In der Nachspielzeit produzierte Alphonso Davies noch einen Handelfmeter, den Kai Havertz zum 2:4-Endstand eindrosch (90.+5).
Fertig war der 20. Münchner Pokalsieg mit sieben Spielern in der Startelf, die heute noch dabei sind (bei Leverkusen nur zwei). Auch die Feierlichkeiten waren etwas anderer Natur, statt eines Empfangs vor tausenden Fans auf dem Marienplatz gab es nur ein Treffen mit dem Münchner Oberbürgermeister.
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Autor: um
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