Frauen im Fußball

Silke Rottenberg: "Mehr Frauen als Torwarttrainerinnen gewinnen"

16.11.2024
Silke Rottenberg: "Input geben und den roten Faden aufzeigen" Foto: Getty Images

Am Montag organisiert der DFB unter der Leitung von Silke Rottenberg, DFB-Torwartkoordinatorin für die weibliche U 15 bis zur U 23, einen Infotag, der sich an aktuelle oder ehemalige Torhüterinnen richtet, die sich vorstellen können, zukünftig selbst als Trainerin in diesem Bereich zu arbeiten. Was hat es damit genau auf sich? Und warum ist das so wichtig?

DFB.de: Silke Rottenberg, was erhoffen Sie sich von dem Infotag auf dem DFB-Campus in Frankfurt?

Silke Rottenberg: Mein oberstes Ziel ist es, mehr Frauen als Torwarttrainerinnen zu gewinnen. Wir haben da einfach viel zu wenige. Wenn ich Fortbildungen in diesem Bereich organisiere, sind – etwas überspitzt formuliert – 20 Männer und eine Frau dabei. In der Google Pixel Frauen-Bundesliga trainiert keine Frau die Torhüterinnen. In der 2. Bundesliga ist es ähnlich. Auch bei uns im DFB sieht es ja nicht viel anders aus. Tanja Bacher und ich sind die einzigen Frauen, die mit den Torhüterinnen arbeiten. Alle anderen sind männlich. Das möchte ich gerne grundsätzlich ändern. Nicht, weil meine männlichen Kollegen keinen guten Job machen, nein, ganz im Gegenteil. Es geht um notwendige Diversität. Gerade im Nachwuchsbereich haben Frauen oft ein besseres Gespür dafür, mit welchen körperlichen Herausforderungen sich zum Beispiel ein 13-jähriges Mädchen in der Pubertät auseinandersetzen muss. Hier ist es für die Nachwuchstorhüterin meist angenehmer, ein Gespräch mit einer Trainerin zu führen. Hinzu kommt, dass ein Mann nicht mit in die Kabine darf. Viele Faktoren sprechen dafür, Frauen deutlich stärker einzubinden.

DFB.de: Wie ist das Feedback zu dieser Idee?

Rottenberg: Wirklich sehr gut. Das Interesse ist riesig. Auf meine erste Anfrage an die Vereine habe ich bestimmt 70 Rückmeldungen bekommen. Das war für mich die Basis, schnellstmöglich ein Angebot zu schaffen. Für den Infotag haben sich nun 33 Frauen angemeldet. Das ist eine sehr beachtliche Zahl. Wir werden Torhüterinnen aus den ersten drei Ligen in Deutschland hier haben. Aber auch die eine oder andere Trainerin, die bereits im Geschäft arbeitet.

DFB.de: Wer ist denn konkret die Zielgruppe?

Rottenberg: Wir wollen Torhüterinnen – aktuelle und ehemalige – davon überzeugen, ihr Wissen und ihre Erfahrungen an die nachfolgenden Generationen weiterzugeben. Das kann an der Basis geschehen, in einem DFB-Stützunkt, beim Verband, den Frauenligen oder sehr gerne auch bei einem Klub aus der Google Pixel Frauen-Bundesliga. Ich kann gerne ein konkretes Beispiel nennen, um es etwas greifbarer zu machen: Ich fände es zum Beispiel richtig gut, wenn wir eine Torhüterin aus einem Verein der Google Pixel Frauen-Bundesliga davon überzeugen könnten, eines der Toptalente aus dem eigenen Nachwuchs, ein- oder zweimal in der Woche für je eine Stunde zu trainieren. Ich bin davon überzeugt, dass beide Seiten davon profitieren würden. Auch das werden wir beim Infotag thematisieren. Wie auch die Realität: Meist gibt es nur zweimal in der Woche spezielle Torwart-Trainingseinheiten und die Strukturen erlauben es den Trainer*innen oft nicht einmal, bei Auswärtsspielen dabei zu sein. Hier müssen wir dringend eine Verbesserung erzielen.

DFB.de: Was steht sonst noch auf der Agenda?

Rottenberg: Wir haben ein Programm zusammengestellt, das umfangreich und spannend ist. Wir werden unter anderem darüber sprechen, welche Ausbildungsmöglichkeiten es gibt. Ich glaube, dass das ein ganz wichtiger Punkt ist, um Hemmschwellen abzubauen. Wir wollen auch zeigen, wie der DFB hier unterstützen kann. Es wird ein Podiumsgespräch mit interessanten Gästen geben. Es werden tolle KollegInnen aus dem DFB dabei sein: Doris Fitschen, die über das Projekt FF27 berichten wird, Marc Ziegler als DFB-Torwartkoordinator und Teamleiter Expert*innen und Themenentwicklung, Florian Huber als Teamleiter Konzeption und Ausbilder*innen und natürlich mein tolles Trainer*innenteam. Mein Team und ich werden Einblicke in unsere Arbeit geben, und ein weiterer Agendapunkt wird dabei auch die Vorstellung der olympischen Analyse über das Torwartspiel in Paris in diesem Jahr sein. Selbstverständlich wird es auch die Möglichkeit geben, Fragen zu stellen und Wünsche sowie Anregungen zu äußern. Wir wollen in den offenen Dialog treten und Perspektiven aufzeigen. Ich freue mich sehr auf diesen Tag.

DFB.de: Wie kann der DFB konkret unterstützen?

Rottenberg: Wie wollen Input geben und den roten Faden aufzeigen, an dem sich die Vereine orientieren können. Das soll jedoch bitte nicht als Vorgabe oder Arbeitsauftrag verstanden werden. Wir wollen auf Augenhöhe kommunizieren und Hilfe anbieten. Vieles läuft ja schon sehr gut. Aber es gibt eben auch noch Optimierungsmöglichkeiten. Und da wollen wir als DFB unterstützend und fördernd zur Seite stehen.

DFB.de: In der National Women's Soccer League stehen mit Ann-Katrin Berger und Almuth Schult zwei deutsche Torhüterinnen im Halbfinale der US-Meisterschaften. Unterstreicht dies das Niveau der deutschen Torhüterinnen aktuell im internationalen Vergleich?

Rottenberg: Das ist großartig und zeigt, dass wir tolle Torhüterinnen haben und dass das international ebenfalls so gesehen wird. Wir haben in den USA auch ein paar junge und talentierte Torhüterinnen, die dort gerade auf dem Collage sind. Aber um bei Ann-Katrin Berger und Almuth Schult zu bleiben: Sie sind nicht nur zwei herausragende Torhüterinnen, sondern sie sind auch tolle Persönlichkeiten, die schon einiges erlebt haben. Dass sie dort jetzt so erfolgreich sind, ist eine super Auszeichnung. Aber diese Liste ließe sich beliebig verlängern. Wir haben in Deutschland viele sehr, sehr gute Torhüterinnen – junge und erfahrene.

DFB.de: An wen denken Sie?

Rottenberg: Merle Frohms muss hier natürlich genannt werden. Aber wir haben auch viele junge Torhüterinnen, die schon jetzt tolle Leistungen in der Google Pixel Frauen-Bundesliga zeigen – Stina Johannes, Mala Grohs, Sophia Winkler, Laura Dick, Ena Mahmutovic, Rafaela Borggräfe oder Rebecca Adamczyk, um nur einige zu nennen. Alle haben bei uns in der Jugend gespielt. Es ist einfach toll zu sehen, welche Entwicklung sie genommen haben. Spannend finde ich vor allem, dass alle nicht nur sportlich top sind, sondern auch sehr interessante Typen. Selbstverständlich sind alle mit ihrer Entwicklung noch lange nicht am Ende. Dennoch müssen wir uns vor allem auf dieser Position meiner Meinung nach keine Sorgen machen. Da sind wir sehr gut aufgestellt.

Kategorien: Frauen im Fußball, Trainer

Autor: sw