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Krüger: "Diese Entwicklung nimmt gerade richtig Fahrt auf"

17.04.2025
Kai Krüger: "Wir können zeigen, dass Entwicklung Erfolg nicht ausschließt" Foto: Getty Images

Er stimmt sich eng mit Direktor Hannes Wolf ab, bildet sich derzeit bei der FIFA weiter und blickt gespannt auf die Endrunde in den Nachwuchsligen. Im DFB.de-Interview ordnet Kai Krüger, Leiter der Junioren-Nationalmannschaften, zudem ein, was die jüngsten Erfolge der U-Nationalteams für den deutschen Fußball bedeuten.

DFB.de: Die U 19-Nationalmannschaft ist zum ersten Mal seit acht Jahren wieder bei der Europameisterschaft dabei. Seit Dienstagabend stehen die Gruppengegner für das Turnier in Rumänien fest. Wie schätzen Sie die Konstellation ein?

Kai KrügerHanno Balitsch und ich sind uns einig, dass wir mit Gruppe B die ein bisschen stärker einzuschätzende bekommen haben. Gegen die Niederlande, England und Norwegen erwarten uns Spiele auf Augenhöhe. Solche Begegnungen sind der Grund, warum wir unbedingt zur U 19-EM fahren wollten – um uns mit den Besten zu messen und uns durchzusetzen. Das ist die Ambition der Jungs und des Trainerteams.

DFB.de: Worin begründet sich dieser Anspruch?

Krüger: Wie alle gemeinsam durch die Saison gehen, wie Hanno das Team führt: Da kann ich Staff wie Spielern unabhängig vom Erreichen dieser Endrunde nur ein großes Kompliment aussprechen. Sie haben als Einheit brutale Qualität.

DFB.de: Die U 17 trifft in Albanien in der EM-Gruppenphase auf Frankreich, die Gastgeber und Portugal. Welche Chancen dürfen sich die Jungs von Trainer Marc Meister aus Ihrer Sicht auf das Weiterkommen ausrechnen?

Krüger: Genau wie die U 19 durfte ich die U 17 in den vergangenen zwölf Monaten intensiv begleiten. Bei zwei Spielen der entscheidenden Qualirunde war ich vor Ort. Wir wissen, was unsere Jungs für eine tolle Qualität haben. Sie verkörpern Leidenschaft und Disziplin. Sie haben es in sich, in die K.o.-Runde einzuziehen. Das haben sie nicht zuletzt in Spanien gegen Spanien gezeigt, als sie die Qualifikation in der Nachspielzeit möglich gemacht haben.

DFB.de: Die EM ist dabei noch nicht die Endstation …

Krüger: Ganz genau, sie ist ein weiterer Schritt auf der Reise des Jahrgangs 2008 mit einem Trainerteam, auf das ich unheimlich stolz bin. Im Herbst folgt für die Mannschaft und ihre Trainer Marc, Shkodran Mustafi und Mario Himsl noch die Weltmeisterschaft. Die Truppe kann dieses Jahr also noch viel erreichen. Wenn man sieht, welche Schritte die Spieler allein in zehn Tagen in Spanien gemacht haben, ist das wahrlich eine besondere Geschichte.

DFB.de: Die U 19- und U 17-Trainerteams sind nicht nur mit ihren Nationalmannschaften unterwegs, sondern bringen sich mit Vereinsbesuchen auch im Sinne der Trainingsphilosophie Deutschland ein. Wie nehmen Sie das wahr?

Krüger: Dieses Engagement zeigt beispielhaft, wie wir unsere Rolle als U-Nationaltrainer im DFB leben. Wir arbeiten mit unseren Trainern einerseits direkt mit unseren Talenten und versuchen, ein bestmögliches Lernumfeld zu schaffen, in dem die Jungs sich weiterentwickeln können. Und gleichzeitig nutzen wir die Zeit zwischen den Lehrgängen, um mit allen Anspruchsgruppen im deutschen Fußball in den Austausch zu gehen und das System Fußball gemeinsam besser zu machen. Die Umsetzung der Trainingsphilosophie Deutschland ist das beste Beispiel, wie es uns gelingen kann, von der Basis bis an die Spitze zu wirken. Ich bin schon eine Weile beim DFB, aber in der Form, in der Hannes, das Kompetenzteam und alle unsere Trainer*innen ackern, habe ich das noch nicht erlebt.

DFB.de: Lässt sich sogar eine Verbindung zwischen Training in kleinen Spielformen und den aktuellen Erfolgen im U-Bereich herstellen?

Krüger: Wir können auf jeden Fall zeigen, dass Entwicklung Erfolg nicht ausschließt, sondern ihn im Gegenteil wahrscheinlicher macht. Wenn ich auf die unzähligen Fortbildungen von Hannes und dem Team schaue, wenn ich an die Gespräche mit den Verantwortlichen der Leistungszentren denke, dann sind wir auf einem echt guten Weg.

DFB.de: Können Sie das genauer ausführen?

Krüger: Es hat ein krasses Umdenken eingesetzt. Wir messen uns nicht mehr ausschließlich an Erfolgen und Ergebnissen, sondern haben die Entwicklung im Nachwuchsbereich an die oberste Stelle gesetzt. Erfolg wird nun anders definiert. Das Training ändert sich in jedem Winkel von Deutschland, es wird auf mehreren Feldern mit hoher Aktionsdichte für alle gespielt. An der Spitze entwickeln sich Spieler toll, weil sie wieder längere Einsatzzeiten in der Bundesliga, 2. Bundesliga und 3. Liga bekommen. Diese Entwicklung, die unsere Vereine maßgeblich treiben, ist längst nicht zu Ende, sondern nimmt gerade erst so richtig Fahrt auf.

DFB.de: Mit Ihnen in Ihrer Rolle als "Leiter der Junior*innen-Nationalmannschaften" als Treiber, der die Themen weiter pusht? Auch bei Gelegenheiten wie dem Torwart-Camp an der Sportschule Kaiserau, wo wir uns gerade unterhalten?

Krüger: Ja, das Thema Spielzeit ist auch hier in den Gesprächen mit den mehr als 20 Torhütern aus unseren U-Teams ein zentrales. Generell geht es mir darum, unseren Trainer*innen und Spezialtrainer*innen einen guten Rahmen zu bieten, sodass sie ihrer Arbeit mit unseren Talenten bestmöglich nachkommen können und gemeinsam unsere Inhalte weiterzuentwickeln. Dazu zählen natürlich auch die Torwarttrainer*innen und speziell Marc Ziegler, der mich genau wie Arne Janssen im Bereich der Juniorinnen auch außerhalb dieses Camps unheimlich unterstützt.

DFB.de: Wichtige Hilfe, die Sie ob der Breite Ihres Aufgabenspektrums gerne annehmen?

Krüger: Richtig. Wenn du für die Junior*innen-Nationalmannschaften und die Trainerteams verantwortlich bist, strahlt dein Wirken in viele Bereiche ab. Sei es ins Teammanagement, unseren Bereich Spiel-Analyse, in die Akademie, die DFL oder die Klubs direkt. All diese Gruppen haben Einfluss auf die sportliche Entwicklung.

DFB.de: … und deshalb sind sie auch Thema beim "FIFA Technical Leadership Diploma". Mitte März waren Sie Teil einer 26-köpfigen Gruppe, die in Brasilien diese besondere Ausbildung begonnen hat. Was hat es damit genau auf sich?

Krüger: Erst einmal bin ich Andreas Rettig unheimlich dankbar, dass er mir die Möglichkeit gibt, dieses einzigartige Fortbildungsangebot als erster DFB-Verantwortlicher überhaupt wahrzunehmen. Es bietet große Mehrwerte und eine internationale Vernetzung zu den Themen Trainer*innenentwicklung, Amateurfußball, High Performance, Leadership und Managementkompetenzen.

DFB.de: Anmerkung der Redaktion: Ihre Augen leuchten, während Sie das erzählen.

Krüger: Es ist ein Riesengeschenk, von den Erfahrungen und Fähigkeiten von Kolleg*innen aus aller Welt profitieren zu dürfen. Alle Gespräche vom Aufstehen bis zum Einschlafen drehen sich um Fußball. Die Kultur, Wissen zu teilen und voneinander zu profitieren, ist in dieser Gruppe sehr ausgeprägt. "Sharing has a power", blieb mir als Zitat eines Kollegen hängen. Aus diesen Kontakten mit Verbänden wie dem US-amerikanischen, dem serbischen oder irischen entstehen aber auch ganz praktische Dinge – so haben wir auf diesem Weg schon Testspielgegner für unsere U 16 gefunden.

DFB.de: Blicken wir abschließend auf die nächsten Wochen voraus: In den DFB-Nachwuchsligen wird erstmals eine Endrunde mit K.o.-Duellen schon ab dem Achtelfinale gespielt. Wie schauen Sie darauf?

Krüger: Mit einer unheimlichen Vorfreude. Jetzt ist Crunchtime und wenn ich die Achtelfinalbegegnungen sehe, habe ich das Gefühl, dass das eine tolle Neuerung ist. Der Mix aus regionaler Vorrunde und bundesweiter Hauptrunde hat sich als sinnvoll erwiesen – die anstehenden K.o.-Duelle sind die Krönung. Es wird cool sein zu sehen, wie die Jungs sich batteln.

DFB.de: Welche Rückmeldungen hören Sie aus den Vereinen?

Krüger: Zur ersten Saisonphase hier und da noch zurückhaltende. Nach Abschluss der Hauptrunde viel Positives. Ich finde es wichtig, dass wir uns nach der Premierensaison mit den Vereinen zusammensetzen und unsere Eindrücke austauschen. Unser Auftrag als DFB ist es, fortlaufend und gemeinsam mit den Klubs zu schauen, ob wir mit den Nachwuchsligen auf dem richtigen Weg sind. Wenn Anpassungen am Modus nötig sind, besprechen wir das direkt.

Kategorien: Männer, U 17-Junioren, U 19-Junioren, Talentförderung

Autor: jf