DFB-Nachwuchsliga
Doubletrainer Tobias Nubbemeyer: "Trainingsqualität steigt von Tag zu Tag"
Tobias Nubbemeyer sorgte gleich in seinem ersten Jahr als U 19-Cheftrainer der TSG Hoffenheim für ein Novum. Er gewann mit den Kraichgauern das historische Double aus Deutscher Meisterschaft und DFB-Pokal. Vor dem Start in das Sportjahr 2025 spricht der 31-Jährige im DFB.de-Interview mit Mitarbeiter Peter Haidinger über die Lust auf K.o.-Spiele, Weiterentwicklung und Schwarmintelligenz.
DFB.de: Die Vorrunde in der neuen U 19 DFB-Nachwuchsliga hat Ihr Team mit nur einer Niederlage auf Platz eins abgeschlossen. Mit welchen Eindrücken sind Sie in die Winterpause gegangen, Herr Nubbemeyer?
Tobias Nubbemeyer: In unserer Gruppe war das Rennen um die ersten drei Tabellenplätze, die für das Erreichen der Liga A ausschlaggebend waren, relativ schnell entschieden. Dass wir kurz vor Schluss den VfB Stuttgart durch einen 5:1-Erfolg in der Tabelle überholen und von Platz eins verdrängen konnten, war natürlich super.
DFB.de: War das gute Abschneiden nach dem Gewinn des Doubles erwartbar?
Nubbemeyer: Wir sind mit einer neuen Gruppe in die U 19 DFB-Nachwuchsliga gestartet. Dass wir die Vorrunde auf Platz eins beenden, war tatsächlich nicht zu erwarten. Vor allem Respekt an die Jungs, die sich Step für Step gut entwickelt haben. Die Trainingsqualität ist von Tag zu Tag gestiegen.
DFB.de: Sie haben über den Jahreswechsel Ihren Akku im fernen Neuseeland aufgeladen. Wie schwierig fällt es Ihnen, vom Fußball abzuschalten?
Nubbemeyer: Diesen Schritt habe ich ganz bewusst gewählt. Ich befand mich in einer anderen Zeitzone, was in Sachen Erreichbarkeit ganz vorteilhaft ist. (lacht) Meine Familie und ich konnten in Neuseeland die Natur und die Landschaften genießen, die einfach sagenhaft sind. Dort habe ich genügend Kraft getankt und Reserven aufgebaut, um den nächsten Schritt zu gehen. Frische und Energie sind wichtige Faktoren, die ein Trainer ausstrahlen darf. Grundsätzlich fällt es mir aber nicht schwer abzuschalten, weil wir unsere Hausaufgaben gemacht haben.
DFB.de: In der zweiten Saisonphase, die am 15./16. Februar beginnt, wird sich Ihr Team in der Liga A mit dem VfL Bochum, Bayer 04 Leverkusen, Eintracht Frankfurt, Hamburger SV und Hannover 96 duellieren. Wie zufrieden sind Sie mit der Auslosung?
Nubbemeyer: Uns stehen einige Reisen bevor. Besonders auf die Partie beim VfL Bochum freue ich mich, weil ich aus dem nicht weit entfernten Münster komme und selbst zwei Jahre im benachbarten Hombruch Trainer war. Wir bekommen es ausschließlich mit Topteams zu tun. Gegen jeden Gegner hätte ich in der Vorbereitung auch ein Testspiel ausmachen wollen, was jetzt nicht mehr nötig ist.
DFB.de: Aus den vier Sechsergruppen qualifizieren sich jeweils die vier bestplatzierten Teams für die Endrunde um die Deutsche A-Junioren-Meisterschaft. Wird die TSG auch in dieser Saison zu den Titelanwärtern gehören?
Nubbemeyer: Die Mannschaft hat auf jeden Fall Bock auf die K.o.-Spiele und ist auch bereit dafür. In der UEFA Youth League hat das Team bereits wertvolle Erfahrungen gesammelt.
DFB.de: Die K.o.-Runde beginnt nicht - wie früher - erst mit dem Halb-, sondern schon mit dem Achtelfinale. Wird es dadurch noch spannender?
Nubbemeyer: Durch den neuen Modus kann jetzt auf jeden Fall deutlich mehr passieren. Vermeintliche Außenseiter haben die Chance, in der Verlängerung oder im Elfmeterschießen einen Punch zu setzen. Wir freuen uns auf den neuen Modus, bereiten uns auf alle Szenarien bestmöglich vor. In der Regel werden sich die Favoriten durchsetzen. Andererseits können kleinere Vereine nun sehr weit kommen und sogar die Schale in die Höhe heben, weil der neue Modus mit einer größeren Bandbreite es einfach provoziert.
DFB.de: Eine Wiederholung des Doublegewinns ist nach dem Aus durch das 0:1 im DFB-Pokal der Junioren bei Borussia Mönchengladbach nicht mehr möglich. Hatten Sie Ihr Team zu diesem Zeitpunkt in seiner Entwicklung schon weitergesehen?
Nubbemeyer: Wir hatten uns schon gute Chancen auf das Weiterkommen ausgerechnet. Die Borussia war nicht unbedingt die bessere Mannschaft, hat den Vorsprung aber gut verteidigt. Das Ausscheiden war sehr enttäuschend, weil einem danach noch bewusster wurde, was wir in der zurückliegenden Saison mit dem Double geleistet hatten. Die Mannschaft hat aber aus der Niederlage Kraft geschöpft, ist danach immer besser geworden.
DFB.de: Wie wichtig sind Ergebnisse für die Förderung der Nachwuchstalente?
Nubbemeyer: Ergebnisse sind nicht alles, aber sie sind Spiegelbilder der Entwicklung einer Mannschaft. Das Ergebnis wird immer das Ende eines Prozesses sein. Umso wachsamer bin ich, wenn sich gewisse Resultate einstellen - positiv wie auch negativ. Dazu ein Beispiel: Am 3. Spieltag der Vorrunde lagen wir beim 1. FC Heidenheim 0:3 zurück und kamen noch auf 2:3 heran. Beim SC Freiburg gaben wir einen 2:0-Vorsprung aus der Hand und spielten am Ende 2:2. Gleiches passierte uns in der Hinrunde beim 3:3 gegen den VfB Stuttgart, als wir zur Halbzeit noch 3:0 führten. Wenn man Vorsprünge verspielt, bedeutet das oft, dass die Energie des Teams nach Gegentoren kurz gestört ist. Daran haben wir gearbeitet. In der Rückrunde sind wir mit einem ganz anderen Selbstverständnis in die Partie gegangen und haben uns in diesen Bereichen weiterentwickelt.
DFB.de: Sie sind mittlerweile schon seit 15 Jahren Trainer, haben beim 1. FC Gievenbeck in Münster angefangen und eine steile Karriere hingelegt. Wie gehen Sie eigentlich mit Misserfolgen um?
Nubbemeyer: Misserfolge sind für mich Antrieb, Prozesse zu hinterfragen und neue Impulse zu setzen. Diese Auseinandersetzung findet im offenen Dialog mit der Mannschaft und dem gesamten Trainerteam statt. Wenn bei einer Besprechung jeder offen und ehrlich sagt, was er denkt, entwickelt sich eine Schwarmintelligenz, aus der etwas Neues entstehen kann.
DFB.de: Was unterscheidet die aktuelle Mannschaft vom Team, das die Meisterschaft und den DFB-Pokal der Junioren gewann?
Nubbemeyer: Trotz einiger verletzungsbedingter Ausfälle hat sich die aktuelle Mannschaft immer wieder neu erfunden, ist mit den kritischen Tönen aus dem Trainerteam sehr gut umgegangen und daran gewachsen. Die Jungs wissen jetzt, wie wir ticken und was wir ihnen vermitteln wollen.
DFB.de: Im Kader der U 23, die in der Regionalliga Südwest als Tabellenführer überwintert, stehen etliche Spieler, mit denen Sie bereits zusammengearbeitet haben. Wäre bei einem Drittliga-Aufstieg die TSG Hoffenheim für Talente noch reizvoller? Wie wichtig wäre der Schritt, um Talente noch näher an das Profiniveau heranzuführen?
Nubbemeyer: Der Aufstieg ist für die U 23 definitiv möglich. Wenn die Mannschaft weiterhin so gut arbeitet, wird sie es schaffen. Für junge Spieler wäre die 3. Liga optimal, um sich noch besser zu entwickeln. Die Erwartungshaltung ist dort eine ganz andere als in der Regionalliga, in der die meisten Spiele aus unserer Sicht sehr dominant geführt werden.
DFB.de: In der UEFA Youth League gewann Ihr Team alle vier Partien, hat sich zum Jahresabschluss für das Sechzehntelfinale qualifiziert. Wie stolz macht Sie das und was kann man von der TSG international noch erwarten?
Nubbemeyer: In diesem Wettbewerb dürfen wir neben den U 19-Talenten auch drei Spieler aus der U 23 aufstellen, die durch den Doublegewinn bereits über eine Gewinnermentalität verfügen und auf dem Platz eine gewisse Reife mitbringen. Wir starten in der K.o.-Phase mit einem Heimspiel, freuen uns im Februar auf Schachtar Donezk. Diese Partien sind im Hinblick auf die Belastungssteuerung nicht ganz einfach. Es ist aber ein ganz besonderer Wettbewerb, in dem wir auch so erfolgreich wie möglich sein wollen.
DFB.de: U 17-Weltmeister Max Moerstedt, der ebenfalls zum U 19-Meisterteam gehörte und sogar noch für die A-Junioren spielberechtigt ist, kommt bereits auf sieben Profieinsätze. Wird auch das eine oder andere Talent aus Ihrem aktuellen Kader schon bald bei der ersten Mannschaft auftauchen?
Nubbemeyer: Max Moerstedt hat in der zurückliegenden Saison Herausragendes geleistet - sowohl national mit der TSG als auch international mit der Junioren-Nationalmannschaft. Er hat es sich absolut verdient, schon oben dabei zu sein. Ich bin mir aber auch sicher, dass weitere Hoffenheimer Talente diesen Weg einschlagen werden. Wie gerade besprochen, kann die 3. Liga ein gutes Sprungbrett sein, um den nächsten Schritt zu gehen. Es gibt viele Wege ins Profigeschäft, Max hat den kürzesten genommen.
DFB.de: Am Anfang Ihrer Karriere haben Sie während Ihrer Zeit beim Hombrucher SV in Dortmund beim heutigen DFB-Direktor und U 20-Nationaltrainer Hannes Wolf hospitiert, der damals beim BVB tätig war. Das liegt mehr als zehn Jahre zurück. Welche Schritte in Ihrer Entwicklung waren besonders wichtig, damit Sie diesen erfolgreichen Weg gehen konnten?
Nubbemeyer: Die inhaltliche Ebene ist wichtig, aber die menschliche Ebene zu den Spielern und zum Trainerteam ist entscheidend. Bei RB Leipzig war ich Co-Trainer in der Nachwuchsabteilung und habe dort gelernt, im Staff zu arbeiten. Diese Perspektive hat mir bei meinen Cheftrainer-Aufgaben in Philadelphia und jetzt in Hoffenheim geholfen. Inhaltlich mit den besten Co-Trainern und Assistenten zusammenzuarbeiten, ist mein Anspruch. Bessere Experten als in Hoffenheim gibt es nirgendwo in Deutschland.
DFB.de: In welchen Bereichen können Sie sich als Trainer vor allem verbessern?
Nubbemeyer: Ich bin mir darüber im Klaren, nicht alles zu wissen und zu kennen. Eine andere Haltung kann nicht zu nachhaltigem Wachstum führen. Ich bleibe weiter neugierig. In den Spielen um die Deutsche Meisterschaft oder in der Youth League geht es darum, ruhig zu bleiben und unter Druck die richtigen Entscheidungen zu treffen. Dafür benötige ich viel Erfahrung und hatte das große Glück, dass meine Teams in den USA und in Deutschland bislang alle Finals mit viel Liebe und Leidenschaft bestritten haben. Ich bin dankbar für jedes Spiel im Jugendbereich, weil diese Partien mich auf den nächsten Schritt vorbereiten.
Kategorien: DFB-Nachwuchsliga, A-Junioren-Bundesliga, DFB-Pokal der Junioren, Talentförderung
Autor: mspw
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