Wolfsburg vs. Werder: Von Rekordhaltern und Premierentiteln

Der besondere Moment

Der Fall Akpoborie: Der VfL spielte gerade in Bremen, als am 21. April 2001 die Nachricht über den Ticker kam: Das angebliche "Kindersklaven-Schiff" MV Etinero vor der Küste Afrikas, das wochenlang weltweit Schlagzeilen gemacht hatte, gehört Wolfsburgs Stürmer Jonathan Akpoborie. Sein Tor und der 3:2-Sieg der Gäste geriet zur Nebensache.

Was in den Wochen danach passierte, war eine Flut sich widersprechender Nachrichten, missverständlicher Aussagen und ungeklärter "Fakten". Auch heute ist die Affäre nicht wirklich aufgeklärt. Es waren Kinder auf dem Schiff, das ist unbestritten. Hilfsorganisationen gehen davon aus, dass sie zum Zwecke illegaler Arbeit transportiert wurden. Der Nigerianer hat von alledem wohl nichts gewusst. Aber die Tatsache, dass er Besitzer des Schiffes war, veranlasste den VfL, auch auf Druck von VW, den Spieler eine Woche später zu entlassen.

Das wichtigste Spiel

War das bereits geschilderte 5:1 im Mai 2009, das Wolfsburg zum Meister machte.

Fakten

Der VfL gewann die letzten fünf Bundesligaspiele und ist seit sieben Duellen mit Werder ungeschlagen. Werders letzter Sieg datiert vom 10. Dezember 2011 (4:1 in Bremen).

Das einzige 0:0 in 36 Bundesliga-Duellen ereignete sich am 4. Dezember 2010 in Wolfsburg.

In Wolfsburg gewann Werder zuletzt am 17. April 2010.

Heimbilanz: 7-5-6
Gesamtbilanz: 16-7-13



Am Samstag (ab 15.30 Uhr, live auf Sky) steigt in der Volkswagen Arena das Derby zwischen dem VfL Wolfsburg und Werder Bremen im Rahmen des 13. Bundesliga-Spieltages. DFB.de erzählt die Geschichte des Spiels.

Erstes Duell: 12. September 1954 (Oberliga Nord, 5:1 – in Bremen)

Die Bundesliga-Premiere

14. Oktober 1997 (1:0): Es ist erst das fünfte Bundesliga-Spiel überhaupt, das in Wolfsburg stattfindet. Der Aufsteiger aus Wolfsburg hält sich passabel auf Platz zwölf, Werder hat nur einen Sieg mehr und steht doch gleich fünf Plätze weiter oben. Offiziell 14.857 Zuschauer füllen an jenem Dienstagabend das Stadion am Elsterweg, das nur eine Adresse, aber keinen Namen hat. Der VfL-Trainer heißt Willi Reimann, bei Werder versucht sich mit Wolfgang Sidka schon der dritte Rehhagel-Nachfolger zwei Jahre nach dessen Abgang. Nach einer Serie von drei Siegen kommen die Bremer selbstbewusst nach Wolfsburg, wo der VfL aber noch kein Spiel verloren hat. Und das wird so bleiben.

Vor dem Spiel überreicht Werder-Kapitän Marco Bode VfL-Stürmer Roy Präger ein kleines Präsent, denn er wurde von den Spielführern der Liga zum Spieler des Monats September gewählt. Nach dem Spiel ist er der Mann des Tages. Bis zur 90. Minute sehen die Zuschauer einen starken VfL, der sich ein Chancenplus von 6:2 herausspielt, aber keine Tore. Dann kommt sie, die Flanke des US-Boys Claudio Reyna, die Dieter Eilts nicht verhindern und Jens Todt nicht klären kann. Und davon profitiert Irrwisch Roy Präger. Schuss, Tor und Sieg – was sich ein jeder Fußballer wünscht, regelt Präger an diesem Abend binnen Sekunden. Schiedsrichter Torsten Koop, dem der kicker die Note 1 gibt, pfeift gar nicht mehr an. "Im Fußball musst du bis zum Schluss hellwach sein", weiß auch Bundesliga-Neuling Präger. Werder Manager Willi Lemke stellt fest: "Im Fußball ist es die Höchststrafe, wenn Du in letzter Minute k.o. gehst."

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Der höchste Heimsieg

23. Mai 2009 (5:1): Fraglos handelt es sich um den größten Tag in der Wolfsburger Fußball-Geschichte und die Bremer durften dabei nur Spalier stehen. Auch sie hatten schon Meisterschaften gewonnen, nun aber stand der Gegner nach Abpfiff im Konfetti-Regen. Erstmals. Die Ausgangslage war klar: Die von Felix Magath in einer einmaligen Rückrunde von Platz neun an die Spitze getriebenen Wölfe mussten ihr letztes Saisonspiel einfach nur gewinnen, um sich Titelverteidiger FC Bayern vom Leib zu halten. Der Vorsprung beträgt zwei Zähler, auch auf den VfB Stuttgart. Die Verfolger treffen in München direkt aufeinander. Ideale Aussichten für die Wölfe.

Und am VfL-Sieg bestehen nur wenig Zweifel, gerade erst haben sie in Hannover 5:0 gewonnen und ebenso wie die Landes-Hauptstädter lässt auch Werder die Saison austrudeln. Auf Platz zehn sind sie fernab von Gut und Böse. Wenn auch Torwart Tim Wiese sagt: "Wir wollen das Spiel nicht abschenken, ganz Fußball-Deutschland schaut auf uns." In einer kicker-Umfrage glauben 73,5 Prozent der Teilnehmer an Wolfsburgs ersten Titel. In den Medien ist der fehlende Rathausbalkon Wolfsburgs das beherrschende Thema, dahinter weicht sogar Magaths Wechsel nach Schalke zurück. Der VfL bezieht Quartier im Haus Rhode bei Helmstedt, auch weil da ein schlechter Handyempfang ist. Nichts soll die Ruhe des kommenden Meisters stören.

30.000 Fans füllen die VW-Arena, in der der VfL seit 2003 spielt – ausverkauft. Schon nach sechs Minuten geht die Anspannung in Vorfreude über, "Zwetschge" Misimovic glückt das 1:0. Es ist der Urknall für eine große Fußball-Show. Grafite, die Entdeckung der Saison, erhöht auf 2:0 (15.), dann unterläuft dem Bremer Prödl, von Grafite bedrängt, ein Eigentor (26.). War's das? Diego, der alsbald nach Wolfsburg wechseln wird, sendet eine Protestnote und verkürzt auf 1:3 (31.). Zweifel am VfL-Sieg aber kommen nicht auf, zu dominant und entschlossen treten die auf dem "Meister-Hügel" täglich zu Höchstleistungen getriebenen Magath-Schüler auf.

Das unwiderstehliche Sturmduo sorgt nach dem Wechsel für den Endstand. Auf Grafites 4:1 (56.) per Kopf folgt endlich der obligatorische Treffer von Edin Dzeko (74.). Grafite wird an diesem Tag auch Torschützenkönig (28), gefolgt von Kamerad Dzeko (26) – nie schoss ein Sturmduo mehr Tore. Noch zwei Rekorde gehen im Meisterrausch vorerst unter: 49 Heimpunkte und 51 Heimtore hat die Liga noch nicht gesehen. Und vor dem Rathaus, ein schmuckloser Flachbau, wird den Helden ein Podium errichtet.

"Die Arbeiterstadt in Niedersachsen erlebte ihre größte Party aller Zeiten", stellt der kicker fest. 100.000 Fans feiern in der City den historischen Erfolg der Grün-Weißen und sie nehmen Abschied von Felix Magath. Der ruft in die Menge: "Die Mannschaft hat es nicht immer leicht gehabt mit mir. Ich bin sicher, es ist für alle der richtige Zeitpunkt, auf Wiedersehen zu sagen." Und Werder? Manager Klaus Allofs, heute Sportdirektor des VfL, verweigert die Aussage: "Ich sage mal gar nichts dazu, das sollen die Spieler mal selbst erklären."

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Der höchste Auswärtssieg

19. September 1999 (2:7): Den Titel für dieses denkwürdige Spiel gab es schon vorher: "Ein Fall für zwei." Die 90 Minuten von Wolfsburg waren zwar kein Krimi, und wie der "Film" ausgehen würde, war auch schon vorzeitig entschieden. Aber er hatte zwei Helden, besser Matchwinner: Marco Bode und Claudio Pizarro. Das Bremer Stürmerduo schoss an diesem Sonntag den Rekordsieg in diesem Nordderby heraus, das bis heute die höchste Wolfsburger Bundesliga-Heimniederlage markiert. 2:7 steht am Ende an der Anzeigetafel, die nach 37 Minuten noch ein 2:1 verkündet. Andrzej Juskowiak hat den Tabellenvierten schon früh in Führung geschossen (4.), auf Bodes Ausgleich (25.) haben die Wölfe noch eine Antwort: 1:2 durch Jonathan Akpoborie (37.) per Kopf.

Aber dann geht sie los, die grün-weiße Show (obwohl die Bremer Trikots schwarte Streifen zieren an diesem Tag). Bode glückt per Kopf sein zweites Tor (40.) und noch vor der Pause meldet sich auch Ailton (42.) mal zu Wort – 2:3. Zum Erstaunen der 20.400 Zuschauer rückt ein Mann in den Blickpunkt, den noch kaum einer kennt. Der Peruaner Claudio Pizarro, der erst sein drittes Bundesligaspiel bestreitet, trifft gleich mit dem ersten Schuss nach Wiederanpfiff (46.). Mit links. Aber dabei bleibt es nicht: In der 71. Minute ist er mit rechts zur Stelle, in der 83. Minute wieder mit links. Ein echter Hattrick – im dritten Spiel. Das Schlusswort hat Bode, der ebenfalls noch sein drittes Tor köpft und sagt: "Claudio hat einen Superstart hingelegt. Ich bin überzeugt, dass er die Qualitäten hat, um sich auf Dauer in der Bundesliga durchzusetzen." Da sollte er Recht behalten. Pizarro spielt heute noch, zum bereits dritten Mal in Bremen und ist mit 177 Toren mittlerweile der erfolgreichste Ausländer der Bundesliga-Historie.

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Der besondere Moment

Der Fall Akpoborie: Der VfL spielte gerade in Bremen, als am 21. April 2001 die Nachricht über den Ticker kam: Das angebliche "Kindersklaven-Schiff" MV Etinero vor der Küste Afrikas, das wochenlang weltweit Schlagzeilen gemacht hatte, gehört Wolfsburgs Stürmer Jonathan Akpoborie. Sein Tor und der 3:2-Sieg der Gäste geriet zur Nebensache.

Was in den Wochen danach passierte, war eine Flut sich widersprechender Nachrichten, missverständlicher Aussagen und ungeklärter "Fakten". Auch heute ist die Affäre nicht wirklich aufgeklärt. Es waren Kinder auf dem Schiff, das ist unbestritten. Hilfsorganisationen gehen davon aus, dass sie zum Zwecke illegaler Arbeit transportiert wurden. Der Nigerianer hat von alledem wohl nichts gewusst. Aber die Tatsache, dass er Besitzer des Schiffes war, veranlasste den VfL, auch auf Druck von VW, den Spieler eine Woche später zu entlassen.

Das wichtigste Spiel

War das bereits geschilderte 5:1 im Mai 2009, das Wolfsburg zum Meister machte.

Fakten

Der VfL gewann die letzten fünf Bundesligaspiele und ist seit sieben Duellen mit Werder ungeschlagen. Werders letzter Sieg datiert vom 10. Dezember 2011 (4:1 in Bremen).

Das einzige 0:0 in 36 Bundesliga-Duellen ereignete sich am 4. Dezember 2010 in Wolfsburg.

In Wolfsburg gewann Werder zuletzt am 17. April 2010.

Heimbilanz: 7-5-6
Gesamtbilanz: 16-7-13

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Wichtigste Spiele außerhalb der Bundesliga

Im DFB-Pokal erlebten die Zuschauer am 21. November 1987 in Wolfsburg ein ungewöhnliches, schier verrücktes Duell. In der zweiten Pokalrunde verlief dieses Duell zwischen dem Drittligisten und dem Bundesliga-Tabellenführer bis sechs Minuten vor dem Abpfiff vollkommen normal. Als Karl-Heinz Riedle das 1:4 erzielt, eilen die ersten der 10.000 Zuschauer zu ihren Autos. Was soll noch passieren?

Im kicker steht: "Die Bremer wähnten sich zu früh als sichere Sieger. Unengagiert und lahm versuchten sie in der Schlussphase der 90 Minuten, ihren komfortablen Vorsprung über die Runden zu schaukeln." Das klappt nur bis zur 89. Minute, dann verkürzt Ansorge auf 2:4. Nun ja. Nicht mehr als ein Aufmucken, Ergebniskosmetik. Oder? Ein Spiel dauert 90 Minuten und es ist nicht verboten, in der Schlussminute zwei Tore zu erzielen. Es kommt gewöhnlich nur nie vor, schon gar nicht durch eine unterklassige Mannschaft. Der VfL aber schafft es: Otto und Fiebich überwinden Oliver Reck binnen 60 Sekunden erneut, 4:4 – Verlängerung.

Die Zuschauer sind längst alle wieder da. Auch Karl-Heinz Riedle muss wieder ran. Der Nationalstürmer ist nach 86 Minuten leicht angeschlagen mit Rehhagels Genehmigung in die Kabine gehumpelt, aus der ihn ein Betreuer zurückholt. Riedle: "Ich konnt's gar nicht glauben, dass ich noch mal raus sollte, denn als ich ging, haben wir doch 4:1 geführt. Da muss wohl jeder Schuss ein Treffer gewesen sein." Die Blamage ist Fakt, den Super-Gau aber verhindern die Bremer. Frank Ordenewitz schießt in der 101. Minute das 4:5. Dann fliegt Bremens Michael Kutzop nach einem Rempler noch vom Platz. Es ist der Schlussakt in einem Drama, das zugleich eine Komödie war.

Auch alle anderen Pokalspiele gewannen die Bremer, mitunter auch dramatisch wie 2005 (7:6 im Elfmeterschießen), aber an den späten Torhagel gegen Rehhagel kommt keines heran.