Wochenschau: Das erste Geisterspiel der Geschichte

Was passierte im deutschen Fußball vor fünf Jahren? Vor 25, 50 oder 100 Jahren? Autor Udo Muras hat in den Archiven gesucht und blickt auf die wichtigsten Jahrestage zurück. Die DFB-Wochenschau - immer mittwochs auf DFB.de.

20. Januar

Vor 30 Jahren begeistert Fortuna Düsseldorf ihre Anhänger. Zum Start in die Rückrunde schlägt sie im Niederrheinderby Borussia Mönchengladbach vor 62.000 Zuschauern mit 4:1. Zu den Punkten kommt die Rekordeinnahme von 980.000 Mark. Überragend ist die rechte Flügelzange mit Manfred Bockenfeld und Rudi Bommer (beide Kicker-Note 1, beide ein Tor), die sich für höhere Aufgaben empfiehlt. Borussias schwarzer Tag wird komplettiert durch einen Einbrecher, der die Ordner austrickst mit der Vorgabe, "Tee für die Mannschaft" zu bringen. Er klaut rund 3000 Mark, aber "meine Uhr hat er übersehen, der Amateur", sagt Lothar Matthäus.

Vor 25 Jahren spielt eine DFB-Auswahl bei der "Oldie-WM" (Spieler über 35) in Sao Paulo gegen Uruguay. Trotz drückender Überlegenheit verliert das Team um Uwe Seeler und Wolfgang Overath mit 0:1. Seeler erntet von 35.000 Zuschauern viel Beifall für einen Fallrückzieher - riskant für einen 52-Jährigen.

Vor 20 Jahren wird publik, wer die Nachfolge von Franz Beckenbauer antreten soll. "So gut wie sicher: Wenger wird Bayern-Trainer", titelt der Kicker. Arsène Wenger, 1994 noch beim AS Monaco, bekundet offen, der FC Bayern "ist ein interessanter Verein für mich". Doch Wenger wechselt schließlich nach Japan und kommt nur als Gegner nach München, ab 1996 mit Arsenal London. Und noch ein Gerücht des Tages wird nie Realität: "Effenberg will mit Heynckes zu Real Madrid".

21. Januar

Vor 80 Jahren gewinnt der seit zwölf Spielen ungeschlagene Tabellenführer HSV das Gauligaspiel im Norden bei Altona 93 mit 5:1. Nationalspieler Rudolf Noack und Otto Henneberg treffen doppelt in diesem Derby vor 8000 Zuschauern. Im Südwesten verliert Tabellenführer Kickers Offenbach zwar bei Wormatia Worms mit 3:6 das Spiel, aber nicht den Platz an der Sonne. Eintracht Frankfurt verliert in Wiesbaden mit 0:2 und bleibt im Mittelfeld der Tabelle. Einziges Erfolgserlebnis: Der rund zehnminütige Protest gegen einen Foulelfmeter entnervt den gegnerischen Schützen dermaßen, dass er verschießt.

Vor 30 Jahren bekommt die Bundesliga einen neuen Tabellenführer: Bayern München löst nach dem furiosen 5:1 in Leverkusen den VfB Stuttgart (0:1 in Braunschweig) ab. Nationalspieler Wolfgang Dremmler hat revolutionäre Ideen, als er der Presse sagt: "Für so einen Sieg müsste es eigentlich drei Punkte geben!" Da ist er seiner Zeit zwölf Jahre voraus. Noch braucht es keine Reformen, die Liga ist spannend genug. Meister HSV stürmt den Betzenberg (2:0), Werder Bremen putzt Waldhof Mannheim 5:0, die ersten Sechs trennen nur zwei Punkte.

Von den Kellerkindern gewinnt nur Borussia Dortmund, Zugang Jürgen Wegmann entscheidet bei seinem Debüt das Spiel gegen Eintracht Frankfurt mit seinem 2:0. Der 1. FC Nürnberg macht im neuen Jahr und mit neuem Trainer Höher da weiter, wo er im alten aufgehört: Auch in Uerdingen (0:1) gibt es keine Punkte. Die Auswärtsbilanz der Franken lautet 0:20 Punkte.

Vor zehn Jahren greift Trainer Erik Gerets in Kaiserslautern durch; der Bundesligist suspendiert Europameister Steffen Freund und dessen Kollegen Thomas Hengen und Markus Anfang. Nach den Eindrücken im Trainingslager in Belek will Gerets auf das Trio im Abstiegskampf verzichten. Rein "sportliche Gründe" werden angegeben. Das Trio reagiert mit Unverständnis, Hengen nimmt sich einen Anwalt, Anfang betont, er werde an seiner Einstellung "nichts ändern", Freund schweigt in der Öffentlichkeit. Präsident Rene C. Jäggi droht derweil an, es könne weitere Spieler treffen, "wenn sie sich in Zukunft nicht am Riemen reißen."

22. Januar

Vor 75 Jahren wird die Zwischenrunde im Reichsbund-Pokal ausgetragen, dem Pokal der Gaue. Dabei kommt es laut Kicker zur "Sensation des Jahres", als Schlesien in Hindenburg vor 20.000 Zuschauern die "Ostmark" (Österreich) 4:1 schlägt. Ostmark-Trainer Hussak hofft, dass der "Wiener Fasching die so schmerzliche Niederlage vergessen lassen macht".

Der Mitte-Gau (Thüringen) unterliegt trotz dreimaliger Führung Württemberg letztlich mit 3:8, auch in Halle sind 20.000 Besucher gekommen. Bayern schlägt in Bamberg den Niederrhein mit 3:1, zwei Treffer glücken Nationalspieler Hans Fiederer. Und Sachsens 3:0 gegen Ostpreußen gerät zur Ein-Mann-Show des dreimaligen Torschützen Erich Hänel, aber auch Helmut Schön glänzt als Vorbereiter.

Parallel laufen die Punktspiele in den Gauligen, wo die Auswahlspieler natürlich fehlen. Das entschuldigt aber nicht alles: Das torlose Spitzenspiel zwischen Schalke und dem VfL Bochum leidet nicht unter dem Reichsbund-Pokal, denn Westfalen ist längst ausgeschieden. Schalkes Fans feiern in Ermangelung von Torschützen ihren Torwart Hans Klodt, der für den Kicker der "Held des Tages" ist. In Bayern zwingt die Terminnot den 1. FC Nürnberg zu zwei Spielen an einem Wochenende. Nach dem 0:1 am Vortag gegen Lokalrivale WKG Neumeyer reicht es an diesem Sonntag noch zu einem 1:0 bei Schlusslicht VfB Coburg. Doch es ändert nichts an der Schmach, dass der Club erstmals seit 38 Jahren nicht mehr die Nummer eins in der eigenen Stadt ist. In der Tabelle steht Werksklub Neumeyer nun vor dem Altmeister.

Vor 25 Jahren unterliegt Deutschland bei der Oldie-WM in Brasilien England mit 1:2. Obwohl auch der verspätet eingetroffene Franz Beckenbauer nun eine Halbzeit am Ball ist, sind die Deutschen bei nun 1:5 Punkten quasi aus dem Rennen. Das Tor erzielt Klaus Toppmöller per Elfmeter. Delegationsleiter Reinhard Rauball appelliert vor den letzten beiden Spielen: "Weltmeister können wir nicht mehr werden, aber wir wollen zumindest Achtungserfolge." Beckenbauer, für den die WM nach einer Verletzung schon wieder zu Ende ist, kritisiert die Regularien des Sechser-Turniers: "Es sind zu viele junge Spieler dabei, die noch aktiv sind. Das Mindestalter sollte wieder generell auf 35 festgelegt werden."

23. Januar

Vor 70 Jahren finden Gauligaspiele statt. Die besonderen Umstände der Kriegszeit bringen wieder besondere Ergebnisse zustande, allen voran das 17:0 von Elsaß-Spitzenreiter Mülhausen 93 gegen Schnitigheim. Die KSG Karlsruhe unterliegt Nachbar Phönix Mühlburg mit 2:14! Bayerns Tabellenführer FC Bamberg quittiert in Fürth ein 1:6, der 1. FC Kaiserslautern ein 1:7 in Ludwigshafen. Außer Konkurrenz spielen die "Roten Jäger" groß auf und verzaubern 6000 Zuschauer in Kiel beim 8:1 gegen Holstein. Zweifacher Torschütze: ein gewisser Fritz Walter. "Wie am Band gezogen, wanderte der Ball von Mann zu Mann, ohne dass er minutenlang überhaupt vom Gegner berührt wurde", staunte auch der Kicker über die Fußballkunst der Soldatenmannschaft um Torwart Major Graf.

Vor 20 Jahren werden die Lose für die EM-Qualifikation 1996 gezogen. Deutschland trifft auf Wales, Bulgarien, Georgien, Albanien und Moldawien. Die neue Staatenlandschaft Europas sorgt für die größte Gruppe in der Historie des DFB. Bundestrainer Berti Vogts kommentiert lapidar: "Am liebsten wäre mir ein Freilos gewesen."

24. Januar

Vor 60 Jahren spielen die Oberligen. Im Süden ist Derbytag, aber kein Tag der Favoriten. Die Frankfurter Eintracht unterliegt dem FSV mit 1:2 und der VfB den Stuttgarter Kickers mit 0:4. "Wildfremde Leute umarmten sich, Frauen kreischten, Sanitäter und Polizei hatten Mühe, begeisterte Fanatiker von der Aschenbahn zu halten", schildert das Sport Magazin die Szenerie in Stuttgart - natürlich nur bei den Kickers-Fans unter den 33.000 Beuschern im Neckarstadion.

Da das Frankenderby zwischen dem 1. FC Nürnberg und Fürth 1:1 endet und Kickers Offenbach in Augsburg 1:3 unterliegt, kann keiner aus dem Spitzenquartett gewinnen. So rücken der KSC (5:1 in Aschaffenburg) und Jahn Regensburg (1:0 bei den Bayern) noch näher auf. Nur sechs von 16 Mannschaften haben eine positive Bilanz, ab Platz sieben beginnt der Abstiegskampf. "Mit solchen Stürmern führt auch Bayerns Weg in die 2. Division", warnt das Sport Magazin die Münchner, die trotz 14:0-Ecken gegen Regensburg den Kürzeren ziehen. Kuriosum am Rande in Frankfurt: Die Eintracht verwehrt dem Radioreporter des Hessischen Rundfunks den Eintritt wegen unliebsamer Berichterstattung.

Im Südwesten kommt es zum Führungswechsel: Während Pirmasens in den Schlussminuten in Trier 0:2 verliert und seine zweite Niederlage kassiert, zieht Meister FCK vorbei. Fritz Walter trifft beim 4:1 in Speyer doppelt.

Im Westen ereignet sich ein Kuriosum. In Münster bricht beim 1:1 gegen den MSV der Torpfosten, aber im Gegensatz zu vorherigen und kommenden Fällen gelingt es, ihn zu reparieren. Auch der Schiedsrichter, der den Preußen eine Frist von 20 Minuten einräumt, hilft mit. Der 1. FC Köln verteidigt Platz eins mit einem knappen 1:0 im Derby gegen Preußen Dellbrück, Christian Breuer erzielt vor 40.000 Zuschauern das Tor des Tages. Verfolger Schalke (4:0 gegen Horst-Emscher) bleibt dran. RW Essen (1:0 vs. Gladbach) und der BVB (1:0 vs. Aachen) schielen noch auf die Endrundenplätze, Fortuna Düsseldorf hat nach dem 4:0 gegen Bayer Leverkusen vorläufig keine Abstiegssorgen mehr - und sie hat einen Torwart in WM-Form. "Toni Turek kam vielen wie umgewandelt vor", lobt das Sport Magazin.

Im Norden ist die Luft raus, Hannover 96 kann sich den fünften Punktverlust (1:1 in Eimsbüttel) locker leisten. "Verfolger" Eintracht Braunschweig ist auch nach dem 2:0 über Harburg noch zwölf Punkte zurück. Der HSV kassiert in Göttingen (1:3) bereits seine siebte Auswärtsniederlage.

Vor 40 Jahren macht Bochums junger Trainer Heinz Höher Schlagzeilen. In Tageszeitungen inseriert er eine mutige Wette: Er setzt seine Ersparnisse von 12.000 Mark darauf, dass der VfL nicht absteige. Die Summe hat er auf einem Sonderkonto bereits hinterlegt, nun braucht es nur noch Wettpartner, die zwischen 25 und 200 Mark setzen dürfen. Höher erklärt den Modus in der Lokalpresse: "Steigen wir ab, bekommen meine Wettgegner den doppelten Einsatz zurück. Bleiben wir drin, werde ich den Gewinn wohltätigen Zwecken zuführen." Den VfL trennt zu diesem Zeitpunkt ein Punkt von den Abstiegsrängen. Das nennt man einen Überzeugungstäter. Es gehen allerdings nur 120 Mark ein, auch Bochums Fans glauben an ihren VfL.

25. Januar

Vor 100 Jahren startet Bayern München mit einem Heimsieg in die Rückrunde - 4:3 gegen die Würzburger Kickers.

Vor 50 Jahren findet der 18. Spieltag in der Geschichte der Bundesliga statt. Er bringt einen Rekord an Spielausfällen - drei Partien lässt der Winter nicht zu. Herbstmeister 1. FC Köln sucht weiter nach seiner Form und kann auch das Rückrundenspiel nicht gewinnen - 2:2 gegen 1860 München. "Löwe" Wilfried Kohlars gelingt dabei das 500. Tor in der noch jungen Bundesligahistorie.

Gewinner des Tages ist Meister BVB, der das Revierderby gegen Schalke dominiert (3:0) und auf vier Punkte an Köln heranrückt. Zwei Treffer gehen auf das Konto von Lothar Emmerich. Ganz oben in der Torjägerliste bleibt jedoch Uwe Seeler, der auch beim enttäuschenden 1:1 des HSV gegen den KSC trifft - Tor Nummer 18. Im Schnitt trifft "Uns Uwe" in jedem Spiel einmal in der Premierensaison 1963/1964. Der 1. FC Nürnberg schöpft neue Hoffnung im Abstiegskampf (1:0 gegen Frankfurt), was Preußen Münster nach dem 0:0 in Meiderich schon schwerer fällt - seit 13 Spielen ist der Vorletzte nun sieglos.

Vor 30 Jahren spielt die Frauen-Nationalmannschaft in Mailand gegen Italien. Das Testspiel dauert nur 70 Minuten und endet 2:1, das deutsche Tor erzielt Silvia Neid.

26. Januar

Vor 40 Jahren findet der 21. Bundesliga-Spieltag statt. Bayern München löst Eintracht Frankfurt an der Spitze ab, auch Mönchengladbach zieht an einem Tag mit 36 Toren und ohne Remis an den Hessen vorbei. Franz Beckenbauer leitet mit einem Außenristfreistoß Bayerns 3:1 gegen Hertha BSC ein. Die Gladbacher feiern gegen den Wuppertaler SV ein Schützenfest (7:1), aber das wichtigste Tor fällt in Stuttgart. Hans "Buffy" Ettmayer bringt den VfB mit einem rasanten Kracher auf die Siegesstraße gegen Frankfurt (Endstand 3:1) und schreibt Bundesligageschichte: Es ist Tor Nummer 10.000 seit 1963.

Fortuna Düsseldorf bleibt nach dem 1:0 im Derby beim MSV im Titelrennen, die ersten Vier trennen nur zwei Punkte. Der HSV gewinnt das Prestigederby gegen Werder Bremen mit 3:0, Köln stürmt den Betzenberg (2:1), Schalke den Bieberer Berg (2:1 in Offenbach). Im Keller verliert das Schlusstrio komplett, neben dem MSV trauern auch Hannover 96 (1:3 in Bochum) und Fortuna Köln (1:3 gegen RW Essen). Den Kölnern kann auch der neue Trainer nicht helfen, aber Willi Holdorf kommt ja mehr von der Leichtathletik (Olympiasieger im Zehnkampf). In Hannover kann auch ein gestandener Fußballexperte wie Hannes Baldauf seinen Spielern die Flausen nicht austreiben. Baldauf verzweifelt beim 1:3 in Bochum schier, weil vor einem Gegentor "der eine wegen einer Schiedsrichterentscheidung lamentiert, während sich der andere die Schuhe zuband. Und das passiert langjährigen Profis!"

In der Regionalliga Nord fegt Tabellenführer Eintracht Braunschweig (44:2 Punkte) Phönix Lübeck mit 9:1 vom Platz, dabei steht es zur Pause noch 1:1.

Vor zehn Jahren findet im deutschen Profifußball das erste "Geisterspiel" statt. Die Zweitligapaarung Alemannia Aachen gegen den 1. FC Nürnberg wird ohne Zuschauer wiederholt. Dieses Urteil fällte der DFB, nachdem Gästetrainer Wolfgang Wolf bei der Erstauflage von einem Wurfgeschoss getroffen worden war. Das Spiel wird dennoch auf zwei Sendern live übertragen, die Fernsehzuschauer sehen fünf Tore (3:2). Ganz leer ist der Aachener Tivoli aber doch nicht, 500 Securitykräfte schützen Spieler und Medien - und ein Spaßvogel schafft es, als Gespenst verkleidet, sogar durch die Kontrollen.

[um]

Was passierte im deutschen Fußball vor fünf Jahren? Vor 25, 50 oder 100 Jahren? Autor Udo Muras hat in den Archiven gesucht und blickt auf die wichtigsten Jahrestage zurück. Die DFB-Wochenschau - immer mittwochs auf DFB.de.

20. Januar

Vor 30 Jahren begeistert Fortuna Düsseldorf ihre Anhänger. Zum Start in die Rückrunde schlägt sie im Niederrheinderby Borussia Mönchengladbach vor 62.000 Zuschauern mit 4:1. Zu den Punkten kommt die Rekordeinnahme von 980.000 Mark. Überragend ist die rechte Flügelzange mit Manfred Bockenfeld und Rudi Bommer (beide Kicker-Note 1, beide ein Tor), die sich für höhere Aufgaben empfiehlt. Borussias schwarzer Tag wird komplettiert durch einen Einbrecher, der die Ordner austrickst mit der Vorgabe, "Tee für die Mannschaft" zu bringen. Er klaut rund 3000 Mark, aber "meine Uhr hat er übersehen, der Amateur", sagt Lothar Matthäus.

Vor 25 Jahren spielt eine DFB-Auswahl bei der "Oldie-WM" (Spieler über 35) in Sao Paulo gegen Uruguay. Trotz drückender Überlegenheit verliert das Team um Uwe Seeler und Wolfgang Overath mit 0:1. Seeler erntet von 35.000 Zuschauern viel Beifall für einen Fallrückzieher - riskant für einen 52-Jährigen.

Vor 20 Jahren wird publik, wer die Nachfolge von Franz Beckenbauer antreten soll. "So gut wie sicher: Wenger wird Bayern-Trainer", titelt der Kicker. Arsène Wenger, 1994 noch beim AS Monaco, bekundet offen, der FC Bayern "ist ein interessanter Verein für mich". Doch Wenger wechselt schließlich nach Japan und kommt nur als Gegner nach München, ab 1996 mit Arsenal London. Und noch ein Gerücht des Tages wird nie Realität: "Effenberg will mit Heynckes zu Real Madrid".

21. Januar

Vor 80 Jahren gewinnt der seit zwölf Spielen ungeschlagene Tabellenführer HSV das Gauligaspiel im Norden bei Altona 93 mit 5:1. Nationalspieler Rudolf Noack und Otto Henneberg treffen doppelt in diesem Derby vor 8000 Zuschauern. Im Südwesten verliert Tabellenführer Kickers Offenbach zwar bei Wormatia Worms mit 3:6 das Spiel, aber nicht den Platz an der Sonne. Eintracht Frankfurt verliert in Wiesbaden mit 0:2 und bleibt im Mittelfeld der Tabelle. Einziges Erfolgserlebnis: Der rund zehnminütige Protest gegen einen Foulelfmeter entnervt den gegnerischen Schützen dermaßen, dass er verschießt.

Vor 30 Jahren bekommt die Bundesliga einen neuen Tabellenführer: Bayern München löst nach dem furiosen 5:1 in Leverkusen den VfB Stuttgart (0:1 in Braunschweig) ab. Nationalspieler Wolfgang Dremmler hat revolutionäre Ideen, als er der Presse sagt: "Für so einen Sieg müsste es eigentlich drei Punkte geben!" Da ist er seiner Zeit zwölf Jahre voraus. Noch braucht es keine Reformen, die Liga ist spannend genug. Meister HSV stürmt den Betzenberg (2:0), Werder Bremen putzt Waldhof Mannheim 5:0, die ersten Sechs trennen nur zwei Punkte.

Von den Kellerkindern gewinnt nur Borussia Dortmund, Zugang Jürgen Wegmann entscheidet bei seinem Debüt das Spiel gegen Eintracht Frankfurt mit seinem 2:0. Der 1. FC Nürnberg macht im neuen Jahr und mit neuem Trainer Höher da weiter, wo er im alten aufgehört: Auch in Uerdingen (0:1) gibt es keine Punkte. Die Auswärtsbilanz der Franken lautet 0:20 Punkte.

Vor zehn Jahren greift Trainer Erik Gerets in Kaiserslautern durch; der Bundesligist suspendiert Europameister Steffen Freund und dessen Kollegen Thomas Hengen und Markus Anfang. Nach den Eindrücken im Trainingslager in Belek will Gerets auf das Trio im Abstiegskampf verzichten. Rein "sportliche Gründe" werden angegeben. Das Trio reagiert mit Unverständnis, Hengen nimmt sich einen Anwalt, Anfang betont, er werde an seiner Einstellung "nichts ändern", Freund schweigt in der Öffentlichkeit. Präsident Rene C. Jäggi droht derweil an, es könne weitere Spieler treffen, "wenn sie sich in Zukunft nicht am Riemen reißen."

22. Januar

Vor 75 Jahren wird die Zwischenrunde im Reichsbund-Pokal ausgetragen, dem Pokal der Gaue. Dabei kommt es laut Kicker zur "Sensation des Jahres", als Schlesien in Hindenburg vor 20.000 Zuschauern die "Ostmark" (Österreich) 4:1 schlägt. Ostmark-Trainer Hussak hofft, dass der "Wiener Fasching die so schmerzliche Niederlage vergessen lassen macht".

Der Mitte-Gau (Thüringen) unterliegt trotz dreimaliger Führung Württemberg letztlich mit 3:8, auch in Halle sind 20.000 Besucher gekommen. Bayern schlägt in Bamberg den Niederrhein mit 3:1, zwei Treffer glücken Nationalspieler Hans Fiederer. Und Sachsens 3:0 gegen Ostpreußen gerät zur Ein-Mann-Show des dreimaligen Torschützen Erich Hänel, aber auch Helmut Schön glänzt als Vorbereiter.

Parallel laufen die Punktspiele in den Gauligen, wo die Auswahlspieler natürlich fehlen. Das entschuldigt aber nicht alles: Das torlose Spitzenspiel zwischen Schalke und dem VfL Bochum leidet nicht unter dem Reichsbund-Pokal, denn Westfalen ist längst ausgeschieden. Schalkes Fans feiern in Ermangelung von Torschützen ihren Torwart Hans Klodt, der für den Kicker der "Held des Tages" ist. In Bayern zwingt die Terminnot den 1. FC Nürnberg zu zwei Spielen an einem Wochenende. Nach dem 0:1 am Vortag gegen Lokalrivale WKG Neumeyer reicht es an diesem Sonntag noch zu einem 1:0 bei Schlusslicht VfB Coburg. Doch es ändert nichts an der Schmach, dass der Club erstmals seit 38 Jahren nicht mehr die Nummer eins in der eigenen Stadt ist. In der Tabelle steht Werksklub Neumeyer nun vor dem Altmeister.

Vor 25 Jahren unterliegt Deutschland bei der Oldie-WM in Brasilien England mit 1:2. Obwohl auch der verspätet eingetroffene Franz Beckenbauer nun eine Halbzeit am Ball ist, sind die Deutschen bei nun 1:5 Punkten quasi aus dem Rennen. Das Tor erzielt Klaus Toppmöller per Elfmeter. Delegationsleiter Reinhard Rauball appelliert vor den letzten beiden Spielen: "Weltmeister können wir nicht mehr werden, aber wir wollen zumindest Achtungserfolge." Beckenbauer, für den die WM nach einer Verletzung schon wieder zu Ende ist, kritisiert die Regularien des Sechser-Turniers: "Es sind zu viele junge Spieler dabei, die noch aktiv sind. Das Mindestalter sollte wieder generell auf 35 festgelegt werden."

23. Januar

Vor 70 Jahren finden Gauligaspiele statt. Die besonderen Umstände der Kriegszeit bringen wieder besondere Ergebnisse zustande, allen voran das 17:0 von Elsaß-Spitzenreiter Mülhausen 93 gegen Schnitigheim. Die KSG Karlsruhe unterliegt Nachbar Phönix Mühlburg mit 2:14! Bayerns Tabellenführer FC Bamberg quittiert in Fürth ein 1:6, der 1. FC Kaiserslautern ein 1:7 in Ludwigshafen. Außer Konkurrenz spielen die "Roten Jäger" groß auf und verzaubern 6000 Zuschauer in Kiel beim 8:1 gegen Holstein. Zweifacher Torschütze: ein gewisser Fritz Walter. "Wie am Band gezogen, wanderte der Ball von Mann zu Mann, ohne dass er minutenlang überhaupt vom Gegner berührt wurde", staunte auch der Kicker über die Fußballkunst der Soldatenmannschaft um Torwart Major Graf.

Vor 20 Jahren werden die Lose für die EM-Qualifikation 1996 gezogen. Deutschland trifft auf Wales, Bulgarien, Georgien, Albanien und Moldawien. Die neue Staatenlandschaft Europas sorgt für die größte Gruppe in der Historie des DFB. Bundestrainer Berti Vogts kommentiert lapidar: "Am liebsten wäre mir ein Freilos gewesen."

24. Januar

Vor 60 Jahren spielen die Oberligen. Im Süden ist Derbytag, aber kein Tag der Favoriten. Die Frankfurter Eintracht unterliegt dem FSV mit 1:2 und der VfB den Stuttgarter Kickers mit 0:4. "Wildfremde Leute umarmten sich, Frauen kreischten, Sanitäter und Polizei hatten Mühe, begeisterte Fanatiker von der Aschenbahn zu halten", schildert das Sport Magazin die Szenerie in Stuttgart - natürlich nur bei den Kickers-Fans unter den 33.000 Beuschern im Neckarstadion.

Da das Frankenderby zwischen dem 1. FC Nürnberg und Fürth 1:1 endet und Kickers Offenbach in Augsburg 1:3 unterliegt, kann keiner aus dem Spitzenquartett gewinnen. So rücken der KSC (5:1 in Aschaffenburg) und Jahn Regensburg (1:0 bei den Bayern) noch näher auf. Nur sechs von 16 Mannschaften haben eine positive Bilanz, ab Platz sieben beginnt der Abstiegskampf. "Mit solchen Stürmern führt auch Bayerns Weg in die 2. Division", warnt das Sport Magazin die Münchner, die trotz 14:0-Ecken gegen Regensburg den Kürzeren ziehen. Kuriosum am Rande in Frankfurt: Die Eintracht verwehrt dem Radioreporter des Hessischen Rundfunks den Eintritt wegen unliebsamer Berichterstattung.

Im Südwesten kommt es zum Führungswechsel: Während Pirmasens in den Schlussminuten in Trier 0:2 verliert und seine zweite Niederlage kassiert, zieht Meister FCK vorbei. Fritz Walter trifft beim 4:1 in Speyer doppelt.

Im Westen ereignet sich ein Kuriosum. In Münster bricht beim 1:1 gegen den MSV der Torpfosten, aber im Gegensatz zu vorherigen und kommenden Fällen gelingt es, ihn zu reparieren. Auch der Schiedsrichter, der den Preußen eine Frist von 20 Minuten einräumt, hilft mit. Der 1. FC Köln verteidigt Platz eins mit einem knappen 1:0 im Derby gegen Preußen Dellbrück, Christian Breuer erzielt vor 40.000 Zuschauern das Tor des Tages. Verfolger Schalke (4:0 gegen Horst-Emscher) bleibt dran. RW Essen (1:0 vs. Gladbach) und der BVB (1:0 vs. Aachen) schielen noch auf die Endrundenplätze, Fortuna Düsseldorf hat nach dem 4:0 gegen Bayer Leverkusen vorläufig keine Abstiegssorgen mehr - und sie hat einen Torwart in WM-Form. "Toni Turek kam vielen wie umgewandelt vor", lobt das Sport Magazin.

Im Norden ist die Luft raus, Hannover 96 kann sich den fünften Punktverlust (1:1 in Eimsbüttel) locker leisten. "Verfolger" Eintracht Braunschweig ist auch nach dem 2:0 über Harburg noch zwölf Punkte zurück. Der HSV kassiert in Göttingen (1:3) bereits seine siebte Auswärtsniederlage.

Vor 40 Jahren macht Bochums junger Trainer Heinz Höher Schlagzeilen. In Tageszeitungen inseriert er eine mutige Wette: Er setzt seine Ersparnisse von 12.000 Mark darauf, dass der VfL nicht absteige. Die Summe hat er auf einem Sonderkonto bereits hinterlegt, nun braucht es nur noch Wettpartner, die zwischen 25 und 200 Mark setzen dürfen. Höher erklärt den Modus in der Lokalpresse: "Steigen wir ab, bekommen meine Wettgegner den doppelten Einsatz zurück. Bleiben wir drin, werde ich den Gewinn wohltätigen Zwecken zuführen." Den VfL trennt zu diesem Zeitpunkt ein Punkt von den Abstiegsrängen. Das nennt man einen Überzeugungstäter. Es gehen allerdings nur 120 Mark ein, auch Bochums Fans glauben an ihren VfL.

25. Januar

Vor 100 Jahren startet Bayern München mit einem Heimsieg in die Rückrunde - 4:3 gegen die Würzburger Kickers.

Vor 50 Jahren findet der 18. Spieltag in der Geschichte der Bundesliga statt. Er bringt einen Rekord an Spielausfällen - drei Partien lässt der Winter nicht zu. Herbstmeister 1. FC Köln sucht weiter nach seiner Form und kann auch das Rückrundenspiel nicht gewinnen - 2:2 gegen 1860 München. "Löwe" Wilfried Kohlars gelingt dabei das 500. Tor in der noch jungen Bundesligahistorie.

Gewinner des Tages ist Meister BVB, der das Revierderby gegen Schalke dominiert (3:0) und auf vier Punkte an Köln heranrückt. Zwei Treffer gehen auf das Konto von Lothar Emmerich. Ganz oben in der Torjägerliste bleibt jedoch Uwe Seeler, der auch beim enttäuschenden 1:1 des HSV gegen den KSC trifft - Tor Nummer 18. Im Schnitt trifft "Uns Uwe" in jedem Spiel einmal in der Premierensaison 1963/1964. Der 1. FC Nürnberg schöpft neue Hoffnung im Abstiegskampf (1:0 gegen Frankfurt), was Preußen Münster nach dem 0:0 in Meiderich schon schwerer fällt - seit 13 Spielen ist der Vorletzte nun sieglos.

Vor 30 Jahren spielt die Frauen-Nationalmannschaft in Mailand gegen Italien. Das Testspiel dauert nur 70 Minuten und endet 2:1, das deutsche Tor erzielt Silvia Neid.

26. Januar

Vor 40 Jahren findet der 21. Bundesliga-Spieltag statt. Bayern München löst Eintracht Frankfurt an der Spitze ab, auch Mönchengladbach zieht an einem Tag mit 36 Toren und ohne Remis an den Hessen vorbei. Franz Beckenbauer leitet mit einem Außenristfreistoß Bayerns 3:1 gegen Hertha BSC ein. Die Gladbacher feiern gegen den Wuppertaler SV ein Schützenfest (7:1), aber das wichtigste Tor fällt in Stuttgart. Hans "Buffy" Ettmayer bringt den VfB mit einem rasanten Kracher auf die Siegesstraße gegen Frankfurt (Endstand 3:1) und schreibt Bundesligageschichte: Es ist Tor Nummer 10.000 seit 1963.

Fortuna Düsseldorf bleibt nach dem 1:0 im Derby beim MSV im Titelrennen, die ersten Vier trennen nur zwei Punkte. Der HSV gewinnt das Prestigederby gegen Werder Bremen mit 3:0, Köln stürmt den Betzenberg (2:1), Schalke den Bieberer Berg (2:1 in Offenbach). Im Keller verliert das Schlusstrio komplett, neben dem MSV trauern auch Hannover 96 (1:3 in Bochum) und Fortuna Köln (1:3 gegen RW Essen). Den Kölnern kann auch der neue Trainer nicht helfen, aber Willi Holdorf kommt ja mehr von der Leichtathletik (Olympiasieger im Zehnkampf). In Hannover kann auch ein gestandener Fußballexperte wie Hannes Baldauf seinen Spielern die Flausen nicht austreiben. Baldauf verzweifelt beim 1:3 in Bochum schier, weil vor einem Gegentor "der eine wegen einer Schiedsrichterentscheidung lamentiert, während sich der andere die Schuhe zuband. Und das passiert langjährigen Profis!"

In der Regionalliga Nord fegt Tabellenführer Eintracht Braunschweig (44:2 Punkte) Phönix Lübeck mit 9:1 vom Platz, dabei steht es zur Pause noch 1:1.

Vor zehn Jahren findet im deutschen Profifußball das erste "Geisterspiel" statt. Die Zweitligapaarung Alemannia Aachen gegen den 1. FC Nürnberg wird ohne Zuschauer wiederholt. Dieses Urteil fällte der DFB, nachdem Gästetrainer Wolfgang Wolf bei der Erstauflage von einem Wurfgeschoss getroffen worden war. Das Spiel wird dennoch auf zwei Sendern live übertragen, die Fernsehzuschauer sehen fünf Tore (3:2). Ganz leer ist der Aachener Tivoli aber doch nicht, 500 Securitykräfte schützen Spieler und Medien - und ein Spaßvogel schafft es, als Gespenst verkleidet, sogar durch die Kontrollen.