Willi "Ente" Lippens: "RWE gehört mindestens in die 3. Liga"

Es geht wieder los – auch in der Regionalliga West. Und das direkt mit einem echten Spitzenspiel: Am Freitagabend (19.30 Uhr) erwartet Rot-Weiss Essen im Auftaktduell den Vorjahreszweiten Sportfreunde Lotte. Nicht nur die zahlreichen RWE-Fans erwarten das Duell mit Spannung, auch Klublegende Wille "Ente" Lippens. Kürzlich ist der 68-Jährige zum Ehrenmitglied ernannt worden.

Im DFB.de-Interview spricht der frühere Außenstürmer und niederländische Nationalspieler über seine Liebe zu RWE und die Aufstiegschancen des Klubs. Außerdem verrät Lippens, wie der Wind stehen muss, damit er zu Hause in seinem Garten den Torjubel der Fans von der Hafenstraße hören kann.

DFB.de: Herr Lippens, mal ehrlich und ohne die Fanbrille: Glauben Sie daran, dass Rot-Weiss Essen in dieser Saison den Sprung in die 3. Liga schaffen könnte?

Willi Lippens: Ein Verein wie RWE gehört mindestens in die 3. Liga. Das ist einfach so. Vom Zuschauerzuspruch und den Fans her sogar in die 2. Bundesliga. Allerdings bekommt man die Qualifikation dafür zum Glück nicht geschenkt. Man muss die sportlichen Voraussetzungen erfüllen und aufsteigen. Und da sind wir beim entscheidenden Punkt Ihrer Frage angekommen. Das ist ein komplizierter und steiniger Weg. Essen hat es in den vergangenen Jahren nicht geschafft. Das ist schade, aber das ist die Realität. Es geht im Fußball nicht um Träume und Wünsche.

DFB.de: Und wie ist Ihre Meinung? Wird der Aufstieg in diesem Jahr nachgeholt?

Lippens: Das Potenzial ist da. Die neue Führungscrew um Trainer Marc Fascher und Sportvorstand Dr. Uwe Harttgen macht einen kompetenten Eindruck. Auch die Mannschaft scheint über ausreichend Qualität zu verfügen. Allerdings muss der Teamgeist stimmen. Man hat bei der Weltmeisterschaft gesehen, wie wichtig dieses Kriterium ist. Und über die Fans brauchen wir gar nicht erst zu sprechen, denke ich. Die werden nicht müde, diesen Verein zu unterstützen und rennen Woche für Woche zu den Spielen.

DFB.de: Woran fehlt es also?

Lippens: Im Grunde an nichts. Natürlich gibt es einige starke Konkurrenten, vor allem Viktoria Köln hat hohe Ziele. Der Aufstieg ist keinesfalls ein Selbstläufer. Es muss alles perfekt passen. Aber wir haben doch einen riesigen Vorteil, und das sind unsere Anhänger: Eigentlich müsste die Mannschaft mit diesem Publikum im Rücken jedes Heimspiel gewinnen. Aber leider klappt das viel zu oft nicht. Das ist ärgerlich und schade.

DFB.de: Ist der Druck womöglich manchmal zu groß?

Lippens: Ja, so scheint es zu sein. Aber das ist doch völlig der falsche Ansatz. Man muss mit Selbstvertrauen in jedes Spiel gehen. Besonders im eigenen Stadion, besonders mit dieser Unterstützung im Rücken. Das darf nicht in Überheblichkeit umschlagen, das möchte ich betonen. Aber es kann doch nicht sein, dass der eine oder andere Angst hat, wenn 10.000 Menschen im Stadion sind. Das ist großartig, das muss anspornen. Wer damit nicht klarkommt, ist hier fehl am Platz. Diese Situation muss ein riesiger Vorteil sein. Wenn wir zu Hause eine Macht werden, wird der Aufstieg früher oder später klappen. Davon bin ich überzeugt. An der Hafenstraße müssen wir die Basis legen.

DFB.de: Werden Sie zum Auftakt gegen Lotte im Stadion sein?

Lippens: Ja, wahrscheinlich schon. Wenn Westwind ist, kann ich bei mir im Garten zwar hören, wenn ein Tor fällt und die Fans jubeln. Aber das erste Spiel schaue ich mir dann doch lieber vor Ort an. Ich muss ja einen Eindruck bekommen, wie stark wir wirklich sind. Und dafür ist Lotte direkt ein guter Gradmesser. Ich bin ungefähr bei 70 Prozent aller Heimspiele im Stadion. Auswärts eher nicht. Die Tour über die Dörfer tue ich mir nicht mehr. Das Thema wird erst wieder interessant für mich, wenn der Verein wirklich mal wieder in der 2. Bundesliga spielen sollte. Aber, wie gesagt, der Weg dorthin ist noch weit.

DFB.de: Im Verein hat sich in den vergangenen Jahren vieles verändert. Vor über einem Jahr wurde beispielsweise eine Tribüne im Stadion abgerissen. Dort haben Sie als Spieler in einem Zimmer gewohnt. Wie gehen Sie mit der Situation um?

Lippens: Das war ein wichtiger Teil meines Lebens. Natürlich ist es ein komisches Gefühl, wenn alles weggerissen wird. Vielleicht hätte man die Tribüne stehen lassen können. Aber was spielt das jetzt noch für eine Rolle? So ist der Lauf der Zeit. Das Thema hat sich erledigt. Mein Herz wird dennoch immer für RWE schlagen. Daran besteht kein Zweifel.

DFB.de: Diese Treue wurde kürzlich belohnt. Die Verantwortlichen haben Sie zum Ehrenmitglied ernannt. Ist das tatsächlich eine Ehre für Sie?

Lippens: Oh ja, eine große sogar. Spontan fällt mir nur Helmut Rahn ein, dem die gleiche Ehre zuteil wurde. Doch, wirklich, ich bin stolz darauf. Aber wenn ich ganz ehrlich bin, hatte ich auch etwas damit gerechnet. Schauen Sie sich doch nur mal meine Statistik bei RWE an: Ich glaube, ich bin fast in jedem Bereich Rekordhalter. Rot-Weiß Essen ist ein wichtiger Teil meines Lebens. Das war früher schon so, daran hat sich bis heute nichts geändert. Ich bin immer wieder begeistert, wie leidensfähig diese Fans sind. Es ist einfach an der Zeit, ihnen etwas für ihre aufopferungsvolle Unterstützung zurückzugeben.

Willi Lippens trägt den Spitznamen "Ente" wegen seines außergewöhnlichen Laufstils. Lippens Vater war Niederländer, seine Mutter Deutsche – er hat ein Länderspiel für die niederländische Nationalmannschaft bestritten. Bei den Fans von Rot-Weiss Essen genießt der 68-Jährige wegen seiner Leistungen Kultstatus. Bis heute ist der linke Flügelstürmer mit 172 Spielen und 79 Toren sowohl Rekordspieler als auch Rekordtorschütze der Essener in der Bundesliga.

[sw]

Es geht wieder los – auch in der Regionalliga West. Und das direkt mit einem echten Spitzenspiel: Am Freitagabend (19.30 Uhr) erwartet Rot-Weiss Essen im Auftaktduell den Vorjahreszweiten Sportfreunde Lotte. Nicht nur die zahlreichen RWE-Fans erwarten das Duell mit Spannung, auch Klublegende Wille "Ente" Lippens. Kürzlich ist der 68-Jährige zum Ehrenmitglied ernannt worden.

Im DFB.de-Interview spricht der frühere Außenstürmer und niederländische Nationalspieler über seine Liebe zu RWE und die Aufstiegschancen des Klubs. Außerdem verrät Lippens, wie der Wind stehen muss, damit er zu Hause in seinem Garten den Torjubel der Fans von der Hafenstraße hören kann.

DFB.de: Herr Lippens, mal ehrlich und ohne die Fanbrille: Glauben Sie daran, dass Rot-Weiss Essen in dieser Saison den Sprung in die 3. Liga schaffen könnte?

Willi Lippens: Ein Verein wie RWE gehört mindestens in die 3. Liga. Das ist einfach so. Vom Zuschauerzuspruch und den Fans her sogar in die 2. Bundesliga. Allerdings bekommt man die Qualifikation dafür zum Glück nicht geschenkt. Man muss die sportlichen Voraussetzungen erfüllen und aufsteigen. Und da sind wir beim entscheidenden Punkt Ihrer Frage angekommen. Das ist ein komplizierter und steiniger Weg. Essen hat es in den vergangenen Jahren nicht geschafft. Das ist schade, aber das ist die Realität. Es geht im Fußball nicht um Träume und Wünsche.

DFB.de: Und wie ist Ihre Meinung? Wird der Aufstieg in diesem Jahr nachgeholt?

Lippens: Das Potenzial ist da. Die neue Führungscrew um Trainer Marc Fascher und Sportvorstand Dr. Uwe Harttgen macht einen kompetenten Eindruck. Auch die Mannschaft scheint über ausreichend Qualität zu verfügen. Allerdings muss der Teamgeist stimmen. Man hat bei der Weltmeisterschaft gesehen, wie wichtig dieses Kriterium ist. Und über die Fans brauchen wir gar nicht erst zu sprechen, denke ich. Die werden nicht müde, diesen Verein zu unterstützen und rennen Woche für Woche zu den Spielen.

DFB.de: Woran fehlt es also?

Lippens: Im Grunde an nichts. Natürlich gibt es einige starke Konkurrenten, vor allem Viktoria Köln hat hohe Ziele. Der Aufstieg ist keinesfalls ein Selbstläufer. Es muss alles perfekt passen. Aber wir haben doch einen riesigen Vorteil, und das sind unsere Anhänger: Eigentlich müsste die Mannschaft mit diesem Publikum im Rücken jedes Heimspiel gewinnen. Aber leider klappt das viel zu oft nicht. Das ist ärgerlich und schade.

DFB.de: Ist der Druck womöglich manchmal zu groß?

Lippens: Ja, so scheint es zu sein. Aber das ist doch völlig der falsche Ansatz. Man muss mit Selbstvertrauen in jedes Spiel gehen. Besonders im eigenen Stadion, besonders mit dieser Unterstützung im Rücken. Das darf nicht in Überheblichkeit umschlagen, das möchte ich betonen. Aber es kann doch nicht sein, dass der eine oder andere Angst hat, wenn 10.000 Menschen im Stadion sind. Das ist großartig, das muss anspornen. Wer damit nicht klarkommt, ist hier fehl am Platz. Diese Situation muss ein riesiger Vorteil sein. Wenn wir zu Hause eine Macht werden, wird der Aufstieg früher oder später klappen. Davon bin ich überzeugt. An der Hafenstraße müssen wir die Basis legen.

DFB.de: Werden Sie zum Auftakt gegen Lotte im Stadion sein?

Lippens: Ja, wahrscheinlich schon. Wenn Westwind ist, kann ich bei mir im Garten zwar hören, wenn ein Tor fällt und die Fans jubeln. Aber das erste Spiel schaue ich mir dann doch lieber vor Ort an. Ich muss ja einen Eindruck bekommen, wie stark wir wirklich sind. Und dafür ist Lotte direkt ein guter Gradmesser. Ich bin ungefähr bei 70 Prozent aller Heimspiele im Stadion. Auswärts eher nicht. Die Tour über die Dörfer tue ich mir nicht mehr. Das Thema wird erst wieder interessant für mich, wenn der Verein wirklich mal wieder in der 2. Bundesliga spielen sollte. Aber, wie gesagt, der Weg dorthin ist noch weit.

DFB.de: Im Verein hat sich in den vergangenen Jahren vieles verändert. Vor über einem Jahr wurde beispielsweise eine Tribüne im Stadion abgerissen. Dort haben Sie als Spieler in einem Zimmer gewohnt. Wie gehen Sie mit der Situation um?

Lippens: Das war ein wichtiger Teil meines Lebens. Natürlich ist es ein komisches Gefühl, wenn alles weggerissen wird. Vielleicht hätte man die Tribüne stehen lassen können. Aber was spielt das jetzt noch für eine Rolle? So ist der Lauf der Zeit. Das Thema hat sich erledigt. Mein Herz wird dennoch immer für RWE schlagen. Daran besteht kein Zweifel.

DFB.de: Diese Treue wurde kürzlich belohnt. Die Verantwortlichen haben Sie zum Ehrenmitglied ernannt. Ist das tatsächlich eine Ehre für Sie?

Lippens: Oh ja, eine große sogar. Spontan fällt mir nur Helmut Rahn ein, dem die gleiche Ehre zuteil wurde. Doch, wirklich, ich bin stolz darauf. Aber wenn ich ganz ehrlich bin, hatte ich auch etwas damit gerechnet. Schauen Sie sich doch nur mal meine Statistik bei RWE an: Ich glaube, ich bin fast in jedem Bereich Rekordhalter. Rot-Weiß Essen ist ein wichtiger Teil meines Lebens. Das war früher schon so, daran hat sich bis heute nichts geändert. Ich bin immer wieder begeistert, wie leidensfähig diese Fans sind. Es ist einfach an der Zeit, ihnen etwas für ihre aufopferungsvolle Unterstützung zurückzugeben.

Willi Lippens trägt den Spitznamen "Ente" wegen seines außergewöhnlichen Laufstils. Lippens Vater war Niederländer, seine Mutter Deutsche – er hat ein Länderspiel für die niederländische Nationalmannschaft bestritten. Bei den Fans von Rot-Weiss Essen genießt der 68-Jährige wegen seiner Leistungen Kultstatus. Bis heute ist der linke Flügelstürmer mit 172 Spielen und 79 Toren sowohl Rekordspieler als auch Rekordtorschütze der Essener in der Bundesliga.