Wibke Meister: "Wir leben noch"

Die Hoffnung bei Turbine Potsdam ist zurück. Nach dem 1:0 beim SC Freiburg in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga ist der Traditionsverein zwar weiterhin Schlusslicht, aber die Nicht-Abstiegsränge sind wieder in Sichtweite. Turbine-Abwehrspielerin Wibke Meister (28), die mit einer kurzen Unterbrechung seit 2010 in Potsdam ist, spricht im DFB.de-Interview über eine Saison mit vielen Tiefen und Turbulenzen sowie den jüngsten Erfolgserlebnissen.

DFB.de: Wibke Meister, aus den vergangenen drei Spielen haben Sie mit Turbine Potsdam sieben Punkte geholt - nach zuvor einem Zähler aus 13 Begegnungen. Was ist auf einmal los?

Wibke Meister: Wir hoffen, dass wir jetzt auf einer kleinen Welle reiten - und das am besten noch ein paar weitere Wochen.

DFB.de: Die Schlagzeile auf DFB.de nach dem Sieg lautete: "Turbine Potsdam macht weiter Boden gut". Was ist jetzt anders als in den Wochen und Monaten zuvor?

Meister: Wenn wir das wüssten, hätten wir es schon vorher so gemacht. Ich habe das Gefühl, dass das Glück im Moment etwas auf unserer Seite ist. Das beste Beispiel dafür ist unser Siegtreffer heute in Freiburg, der per Eigentor gefallen ist. In der Hinrunde wäre der Ball wahrscheinlich nicht ins Tor gefallen. Das hilft uns momentan, aus der Krise zu kommen.

DFB.de: Sie stehen nun bei acht Punkten, fünf Spiele stehen noch aus. Was ist jetzt noch möglich?

Meister: Zunächst ist es so, dass wir weiterhin Letzte sind. Nach Ostern spielen wir zuhause gegen Essen. Wenn wir das Spiel auch noch gewinnen sollten, wären wir wirklich wieder dran. Dann würden wir bei 11 Punkten stehen und die anderen möglicherweise bei 13 Zählern. Dann wäre tatsächlich noch einmal alles drin.

DFB.de: Mal ehrlich: Hatten Sie damit vor drei Wochen gerechnet, dass es so kommen könnte?

Meister: Ganz ehrlich? Nein, damit war nicht wirklich zu rechnen. Wir haben nie aufgegeben. Aber wenn man sich die Konstellation angeschaut hat, waren die Chancen auf den Klassenverbleib bestenfalls noch minimal. Jetzt sind sie wieder etwas größer.

DFB.de: Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass drei der fünf noch ausstehenden Partien gegen die Topteams aus München, Frankfurt und Hoffenheim stattfinden. Dazu kommen Essen und Leverkusen.

Meister: Ich denke, dass wir aus den fünf Partien vermutlich mindestens neun Punkte brauchen werden. Wenn wir es wirklich schaffen sollten, den Abstieg zu vermeiden, bleibt das ein großes Wunder. Wichtig ist, dass wir uns selbst die Chance gegeben haben, dass es noch möglich ist, das zu schaffen.

DFB.de: Wie wichtig war es auch für jede einzelne Spielerin, diesen Negativlauf zu stoppen?

Meister: Sehr wichtig. Wir haben drei Spiele nicht verloren und in zwei davon keinen Gegentreffer kassiert. Wir wissen jetzt wieder, dass wir mithalten können. Das hilft uns, um wieder mehr Sicherheit in unser Spiel zu bekommen.

DFB.de: Wie schwer fällt es, mit einem Punkt nach 13 Spielen sich zum Beispiel für ein Training an einem Montagabend bei zwei Grad und Nieselregen zu motivieren?

Meister: Man kommt irgendwann in die Situation, in der man mit allem hadert. Mit sich selbst, aber auch mit der allgemeinen Lage. Jede weitere Niederlage tut dann besonders weh. Und um zur Frage zukommen: Natürlich stellt man sich bei dieser Konstellation dann zwangsläufig auch mal die Frage, warum man das eigentlich alles macht und ob es das wirklich wert ist. Aber jetzt haben wir uns selbst die Antwort gegeben: Ja, es lohnt sich. Wichtig ist, dass wir nun weitermachen. Wir haben uns nie gegenseitig zerfetzt, sondern auch in den dunkelsten Stunden zusammengehalten. Vielleicht zahlt sich das jetzt doch noch aus.

DFB.de: Spricht diese Wende, die Sie jetzt geschafft haben, auch für den Charakter der Mannschaft?

Meister: Die Saison war für uns bisher unfassbar kompliziert mit mehreren Trainerwechseln, Rückschlägen ohne Ende und einem extremen Verletzungspech. Teilweise standen wir nur mit zehn gesunden Spielerinnen auf dem Trainingsplatz. Hinzu kam, dass lange kein roter Faden erkennbar war, weil wir als Mannschaft im vergangenen Sommer komplett neu zusammengestellt worden sind. Das alles zusammen war extrem. Aber wir haben uns nicht unterkriegen lassen und sind ein Team geworden. Nur so war es möglich, die Wende zu schaffen.

DFB.de: Sie sind inzwischen eine der Spielerinnen, die am längsten bei Turbine dabei sind. Wie haben Sie persönlich die Entwicklung erlebt?

Meister: Man hat sich teilweise hilflos gefühlt. Wir haben echt viel versucht. Aber es hat lange einfach nichts funktioniert. Wir haben sehr hart gegen diesen Negativlauf angearbeitet. Es war schwer, aus diesem Sog rauszukommen. Niemand bei uns hatte so etwas schon einmal erlebt. Die schlechteste Saison von Turbine war mal Platz sieben in der Abschlusstabelle – damals noch unter Bernd Schröder. Und jetzt das. Wahnsinn! Gerade für die, die schon länger dabei sind, war und ist das eine komplizierte Situation. Wir wussten zwar, dass es eine harte Saison wird. Aber das es lange so schlecht laufen würde, damit hatte niemand gerechnet. Es ist einfach alles zusammengekommen. Aber das müssen wir jetzt hinter uns lassen. Es ist noch nicht vorbei. Wir leben noch.

DFB.de: Zunächst mal wartet nun eine 800 Kilometer lange Heimfahrt aus Freiburg nach Potsdam auf Sie...

Meister: ... die nach diesem Sieg allerdings Spaß machen wird. Aber klar, das ist eine harte Tour. Das haben wir schon am Samstag gemerkt, als wir für den Hinweg fast zehn Stunden gebraucht haben. Während des Spiels habe ich schon gemerkt, dass ich am Tag zuvor lange gesessen habe. Aber wir haben es trotzdem geschafft, den Sieg gemeinsam über die Zeit zu bringen.

DFB.de: Nun steht erstmal eine kurze Osterpause auf dem Programm. Passt Ihnen diese Unterbrechung nach dem guten Lauf überhaupt?

Meister: Ja und nein. Aber kann man hier von einem guten Rhythmus sprechen, den wir gerade haben? Ich bin unsicher. Wir haben drei Spiele hintereinander nicht verloren. Das ist schön und darüber freuen wir uns. Davor hatten wir aber eine Serie von 15 Begegnungen, in der wir nicht gewonnen haben. Ich persönlich freue mich darauf, jetzt kurz durchatmen zu können. Es waren anstrengende Wochen. Wir wollen nun Kraft tanken für die finale Saisonphase. Und dann sehen wir mal, was noch geht. Es bringt auch nichts, wenn wir uns jetzt den totalen Druck zu machen. Wir sind wieder dabei. Aber der Weg bleibt weit für uns. Ich traue es uns aber zu, es noch zu schaffen. Wir dürfen wieder hoffen.

[sw]

Die Hoffnung bei Turbine Potsdam ist zurück. Nach dem 1:0 beim SC Freiburg in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga ist der Traditionsverein zwar weiterhin Schlusslicht, aber die Nicht-Abstiegsränge sind wieder in Sichtweite. Turbine-Abwehrspielerin Wibke Meister (28), die mit einer kurzen Unterbrechung seit 2010 in Potsdam ist, spricht im DFB.de-Interview über eine Saison mit vielen Tiefen und Turbulenzen sowie den jüngsten Erfolgserlebnissen.

DFB.de: Wibke Meister, aus den vergangenen drei Spielen haben Sie mit Turbine Potsdam sieben Punkte geholt - nach zuvor einem Zähler aus 13 Begegnungen. Was ist auf einmal los?

Wibke Meister: Wir hoffen, dass wir jetzt auf einer kleinen Welle reiten - und das am besten noch ein paar weitere Wochen.

DFB.de: Die Schlagzeile auf DFB.de nach dem Sieg lautete: "Turbine Potsdam macht weiter Boden gut". Was ist jetzt anders als in den Wochen und Monaten zuvor?

Meister: Wenn wir das wüssten, hätten wir es schon vorher so gemacht. Ich habe das Gefühl, dass das Glück im Moment etwas auf unserer Seite ist. Das beste Beispiel dafür ist unser Siegtreffer heute in Freiburg, der per Eigentor gefallen ist. In der Hinrunde wäre der Ball wahrscheinlich nicht ins Tor gefallen. Das hilft uns momentan, aus der Krise zu kommen.

DFB.de: Sie stehen nun bei acht Punkten, fünf Spiele stehen noch aus. Was ist jetzt noch möglich?

Meister: Zunächst ist es so, dass wir weiterhin Letzte sind. Nach Ostern spielen wir zuhause gegen Essen. Wenn wir das Spiel auch noch gewinnen sollten, wären wir wirklich wieder dran. Dann würden wir bei 11 Punkten stehen und die anderen möglicherweise bei 13 Zählern. Dann wäre tatsächlich noch einmal alles drin.

DFB.de: Mal ehrlich: Hatten Sie damit vor drei Wochen gerechnet, dass es so kommen könnte?

Meister: Ganz ehrlich? Nein, damit war nicht wirklich zu rechnen. Wir haben nie aufgegeben. Aber wenn man sich die Konstellation angeschaut hat, waren die Chancen auf den Klassenverbleib bestenfalls noch minimal. Jetzt sind sie wieder etwas größer.

DFB.de: Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass drei der fünf noch ausstehenden Partien gegen die Topteams aus München, Frankfurt und Hoffenheim stattfinden. Dazu kommen Essen und Leverkusen.

Meister: Ich denke, dass wir aus den fünf Partien vermutlich mindestens neun Punkte brauchen werden. Wenn wir es wirklich schaffen sollten, den Abstieg zu vermeiden, bleibt das ein großes Wunder. Wichtig ist, dass wir uns selbst die Chance gegeben haben, dass es noch möglich ist, das zu schaffen.

DFB.de: Wie wichtig war es auch für jede einzelne Spielerin, diesen Negativlauf zu stoppen?

Meister: Sehr wichtig. Wir haben drei Spiele nicht verloren und in zwei davon keinen Gegentreffer kassiert. Wir wissen jetzt wieder, dass wir mithalten können. Das hilft uns, um wieder mehr Sicherheit in unser Spiel zu bekommen.

DFB.de: Wie schwer fällt es, mit einem Punkt nach 13 Spielen sich zum Beispiel für ein Training an einem Montagabend bei zwei Grad und Nieselregen zu motivieren?

Meister: Man kommt irgendwann in die Situation, in der man mit allem hadert. Mit sich selbst, aber auch mit der allgemeinen Lage. Jede weitere Niederlage tut dann besonders weh. Und um zur Frage zukommen: Natürlich stellt man sich bei dieser Konstellation dann zwangsläufig auch mal die Frage, warum man das eigentlich alles macht und ob es das wirklich wert ist. Aber jetzt haben wir uns selbst die Antwort gegeben: Ja, es lohnt sich. Wichtig ist, dass wir nun weitermachen. Wir haben uns nie gegenseitig zerfetzt, sondern auch in den dunkelsten Stunden zusammengehalten. Vielleicht zahlt sich das jetzt doch noch aus.

DFB.de: Spricht diese Wende, die Sie jetzt geschafft haben, auch für den Charakter der Mannschaft?

Meister: Die Saison war für uns bisher unfassbar kompliziert mit mehreren Trainerwechseln, Rückschlägen ohne Ende und einem extremen Verletzungspech. Teilweise standen wir nur mit zehn gesunden Spielerinnen auf dem Trainingsplatz. Hinzu kam, dass lange kein roter Faden erkennbar war, weil wir als Mannschaft im vergangenen Sommer komplett neu zusammengestellt worden sind. Das alles zusammen war extrem. Aber wir haben uns nicht unterkriegen lassen und sind ein Team geworden. Nur so war es möglich, die Wende zu schaffen.

DFB.de: Sie sind inzwischen eine der Spielerinnen, die am längsten bei Turbine dabei sind. Wie haben Sie persönlich die Entwicklung erlebt?

Meister: Man hat sich teilweise hilflos gefühlt. Wir haben echt viel versucht. Aber es hat lange einfach nichts funktioniert. Wir haben sehr hart gegen diesen Negativlauf angearbeitet. Es war schwer, aus diesem Sog rauszukommen. Niemand bei uns hatte so etwas schon einmal erlebt. Die schlechteste Saison von Turbine war mal Platz sieben in der Abschlusstabelle – damals noch unter Bernd Schröder. Und jetzt das. Wahnsinn! Gerade für die, die schon länger dabei sind, war und ist das eine komplizierte Situation. Wir wussten zwar, dass es eine harte Saison wird. Aber das es lange so schlecht laufen würde, damit hatte niemand gerechnet. Es ist einfach alles zusammengekommen. Aber das müssen wir jetzt hinter uns lassen. Es ist noch nicht vorbei. Wir leben noch.

DFB.de: Zunächst mal wartet nun eine 800 Kilometer lange Heimfahrt aus Freiburg nach Potsdam auf Sie...

Meister: ... die nach diesem Sieg allerdings Spaß machen wird. Aber klar, das ist eine harte Tour. Das haben wir schon am Samstag gemerkt, als wir für den Hinweg fast zehn Stunden gebraucht haben. Während des Spiels habe ich schon gemerkt, dass ich am Tag zuvor lange gesessen habe. Aber wir haben es trotzdem geschafft, den Sieg gemeinsam über die Zeit zu bringen.

DFB.de: Nun steht erstmal eine kurze Osterpause auf dem Programm. Passt Ihnen diese Unterbrechung nach dem guten Lauf überhaupt?

Meister: Ja und nein. Aber kann man hier von einem guten Rhythmus sprechen, den wir gerade haben? Ich bin unsicher. Wir haben drei Spiele hintereinander nicht verloren. Das ist schön und darüber freuen wir uns. Davor hatten wir aber eine Serie von 15 Begegnungen, in der wir nicht gewonnen haben. Ich persönlich freue mich darauf, jetzt kurz durchatmen zu können. Es waren anstrengende Wochen. Wir wollen nun Kraft tanken für die finale Saisonphase. Und dann sehen wir mal, was noch geht. Es bringt auch nichts, wenn wir uns jetzt den totalen Druck zu machen. Wir sind wieder dabei. Aber der Weg bleibt weit für uns. Ich traue es uns aber zu, es noch zu schaffen. Wir dürfen wieder hoffen.

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