Weltmeister Thomas Berthold wird 50

Thomas Berthold wird heute 50 Jahre alt, der nächste aus dem Kreis der "Helden von Rom". Deutscher Meister war er schon mit 15, der zweite Titel folgte mit 17. In der Jugend von Eintracht Frankfurt lernte Thomas Berthold früh das Titelsammeln.

Überhaupt, seine jungen Jahre: Wenn einer im deutschen Fußball eine Blitzkarriere hingelegt hat, dann der Mann aus Wachenbuchen, einer Gemeinde an der "Äpfelweinstraße" zwischen Hanau und Offenbach. Sportliche Eltern legten ihm das Talent zu einer großen Karriere in die Wiege. Vater Gunter ein Skispringer, Schwimmer und natürlich Fußballer, Mutter Inge eine Handballerin und Turnerin. Die kleine Schwester Christine versuchte sich im Hockey - und wurde dort Deutsche Meisterin.

Bundesligadebüt für Frankfurt mit 18

Thomas Berthold wollte immer nur Fußball spielen, über Kewa Wachenbuchen und die SG Hochstadt kam er 1978 zur Frankfurter Eintracht. Viel Besseres konnte einem Hochbegabten in jenen Tagen kaum passieren, die Jugendarbeit der Eintracht war vorbildlich. 1980 stand Berthold in der Mannschaft, die Schalke 2:1 bezwang, mit weiteren kommenden Bundesligaspielern wie Gundelach, Krämer und Müller. 1982 holte diese Mannschaft auch den A-Jugendtitel unter Trainer Klaus Mank, und schon bald bedienten sich die Bundesligatrainer aus dem Talentereservoir. Am 12. März 1983 beförderte ihn der große Branco Zebec mit einer Einwechslung im Spiel beim amtierenden Meister HSV zum Bundesligaspieler - mit 18 Jahren machte er sein erstes von 332 Bundesligaspielen. Eintracht verlor es mit 0:3.

Zebec bezeichnete ihn als "außergewöhnlich begabten Fußballer" und sollte damit so falsch nicht liegen. Nicht mal zwei Jahre später debütierte Berthold an selber Stelle in der A-Nationalmannschaft - wieder mit einer Niederlage (0:1 gegen Ungarn), wieder war es kein böses Omen. Denn an Berthold kam in diesen Tagen kein Trainer vorbei: Die Nationalmannschaft steckte in der Krise nach dem EM-Aus 1984 in Frankreich, neue Männer brauchte das Land, und Teamchef Franz Beckenbauer suchte sie.

Auch in Frankfurt, wo Berthold rechts und Ralf Falkenmayer links verteidigten. Michael Frontzeck, Olaf Thon, Uwe Rahn – sie waren die jungen Wilden Mitte der Achtziger, auf die die Fußball-Nation baute. Am weitesten brachte es Thomas Berthold. Der Sohn eines Bank-Prokuristen machte neben der Profi-Karriere sein Abitur (Schnitt: 3,2) und wusste schon früh, was er wollte, wozu auch die zeitige Verlobung mit 21 passte. Seine selbstbewusste Art und die Art, sich auf dem Platz zu bewegen – stets aufrecht – provozierten Vergleiche mit dem jungen Beckenbauer, zumal er bei der Eintracht auch schon in jungen Jahren Libero spielte. Nicht immer, sein Stammplatz war rechts, aber oft genug um seine strategische Begabung und Vielseitigkeit zu beweisen. Kopfballstärke und Ruhe am Ball zeichneten ihn aus, die nötige Robustheit hatte er ohnehin.

1986: WM-Finale mit 21

Der richtige Beckenbauer hatte jedenfalls ein Faible für das Imitat und baute auf ihn - auch bei der WM in Mexiko, wo Berthold schon mit 21 ein WM-Finale bestreiten durfte. Die Rote Karte im Viertelfinale gegen Mexiko gereichte ihm nicht zum Nachteil, ebenso wenig wie die Armschiene. Beckenbauer fragte ihn vor dem Spiel gegen Argentinien, ob er sich das Finale zutraue, und Berthold antwortete natürlich mit "Ja". Es endete mit einer Enttäuschung, Argentinien gewann 3:2 und den Titel - knapp, aber verdient, wie niemand bezweifelte.

Doch Thomas Berthold sollte eine zweite Chance erhalten, vier Jahre später in Rom. Die ewige Stadt war mittlerweile seine Wahlheimat, 1987 war er mit gerade mal 22 als jüngster deutscher Nationalspieler nach Italien gewechselt; kein Rummenigge, Briegel oder Haller hatte sich das in solch einem Alter getraut. Als Berthold 1987 in Verona zu Verhandlungen auftauchte, bestach er bereits durch gute Sprachkenntnisse.

Nun begann das Dolce Vita, von dem alle Italien-Legionäre schwärmten und schwärmen. Die Reporter waren vor allem von seinem Weinkeller (10.000 Liter) beeindruckt, der sich in seinem Mietsbungalow in Verona befand. "Berthold: 23, wunschlos glücklich", schrieb die Sport Bild.

Römer Berthold Weltmeister 1990 in Rom

Nur sportlich nicht so ganz, mit Hellas waren keine Titel zu gewinnen. Nach zwei Jahren wechselte er zum AS Rom, wo er seinen Kumpel und Zimmerpartner aus der Nationalmannschaft, den anderen Südhessen Rudi Völler, wiedertraf. "In Italien hatte man als Fußballer VIP-Status, wir haben sehr schöne Jahre in Italien verlebt", erzählte Berthold.

Und im Frühjahr 1990 machte er eher als die Mitspieler Bekanntschaft mit dem WM-Pokal, der in einer Römer Bankfiliale ausgestellt war. "Den will ich haben, sagte ich mir!" Er durfte ihn haben, bei allen sieben Partien baute Beckenbauer auf ihn, die Vertrauenskrise während der EM 1988, als er nach dem Auftakt aus der ersten Elf geflogen war, war längst überwunden.

DFB-Pokalsieg 1997 mit dem VfB unter Löw

Unter Nachfolger Berti Vogts hatte es Berthold schwerer, nach seinem zweiten Platzverweis im DFB-Trikot im Mai 1991 in Wales war seine Karriere auch wegen einer Sperre fast drei Jahre unterbrochen. Dazu trug auch sein unglückseliger Wechsel zu Bayern München 1991 bei. Er kam mitten hinein in die größte Bundesligakrise des Rekordmeisters, die wiederum viele an dem Stareinkauf (Bayern zahlte 3,5 Millionen Mark an Rom) festmachten. 1991/1992 schwebte Bayern lange in Abstiegsgefahr, es wurden Opfer gesucht. Großverdiener Berthold sollte abgeschoben werden, der neue Trainer Erich Ribbeck plante nicht mehr mit ihm, zumal Berthold dauernd verletzt war.

Aber der weigerte sich und sorgte für Aufsehen, saß er doch die ganze Saison 1992/1993 auf der Tribüne ab. Erst 1993 kam es zur Vertragsauflösung, beim VfB Stuttgart blieb er dann noch sieben Jahre Bundesligaspieler und gewann unter Joachim Löw 1997 den DFB-Pokal. Kurz vor der WM 1994 holte ihn Berti Vogts in die Nationalmannschaft zurück, für die er insgesamt 62-mal spielte.

Manager, TV-Experte, Rennfahrer, Marathonläufer

Nach der Karriere hat sich Berthold auf vielen Gebieten versucht, um Fußball ging es dabei fast auch immer. Stadionprojekte für Südafrika, Manager bei Fortuna Düsseldorf, Berater von Bernd Schuster, TV-Experte für Eurosport bei der WM in Brasilien, Kolumnist des Kicker. Aktuell ist Berthold auch Geschäftsführer einer Immobiliengesellschaft in Thüringen, bis 2012 versuchte er sich nebenbei als Rennfahrer. Ein bei einem Unfall erlittener Lungenriss beim Scirrocco R-Cup in Oschersleben beendete seine allzu rasante Karriere auf dem Asphalt, "außer Narben ist aber nichts zurück geblieben", sagte er dem aktuellen Ligamagazin der DFL.

Zur Teilnahme am Frankfurt-Marathon im vergangenen Oktober hat es jedenfalls schon wieder gereicht. Nach Frankfurt will er auch bald wieder ziehen, allein schon wegen des internationalen Flughafens, aber sicher auch wegen der guten Erinnerungen. Seinem runden Geburtstag sieht er ganz gelassen entgegen, "denn ich bin kein Zahlenhascher. Für mich ist das ein Zeitfenster, eine Episode. Viel wichtiger als ein solches Datum sind mir persönlich spannende Projekte."

[um]

Thomas Berthold wird heute 50 Jahre alt, der nächste aus dem Kreis der "Helden von Rom". Deutscher Meister war er schon mit 15, der zweite Titel folgte mit 17. In der Jugend von Eintracht Frankfurt lernte Thomas Berthold früh das Titelsammeln.

Überhaupt, seine jungen Jahre: Wenn einer im deutschen Fußball eine Blitzkarriere hingelegt hat, dann der Mann aus Wachenbuchen, einer Gemeinde an der "Äpfelweinstraße" zwischen Hanau und Offenbach. Sportliche Eltern legten ihm das Talent zu einer großen Karriere in die Wiege. Vater Gunter ein Skispringer, Schwimmer und natürlich Fußballer, Mutter Inge eine Handballerin und Turnerin. Die kleine Schwester Christine versuchte sich im Hockey - und wurde dort Deutsche Meisterin.

Bundesligadebüt für Frankfurt mit 18

Thomas Berthold wollte immer nur Fußball spielen, über Kewa Wachenbuchen und die SG Hochstadt kam er 1978 zur Frankfurter Eintracht. Viel Besseres konnte einem Hochbegabten in jenen Tagen kaum passieren, die Jugendarbeit der Eintracht war vorbildlich. 1980 stand Berthold in der Mannschaft, die Schalke 2:1 bezwang, mit weiteren kommenden Bundesligaspielern wie Gundelach, Krämer und Müller. 1982 holte diese Mannschaft auch den A-Jugendtitel unter Trainer Klaus Mank, und schon bald bedienten sich die Bundesligatrainer aus dem Talentereservoir. Am 12. März 1983 beförderte ihn der große Branco Zebec mit einer Einwechslung im Spiel beim amtierenden Meister HSV zum Bundesligaspieler - mit 18 Jahren machte er sein erstes von 332 Bundesligaspielen. Eintracht verlor es mit 0:3.

Zebec bezeichnete ihn als "außergewöhnlich begabten Fußballer" und sollte damit so falsch nicht liegen. Nicht mal zwei Jahre später debütierte Berthold an selber Stelle in der A-Nationalmannschaft - wieder mit einer Niederlage (0:1 gegen Ungarn), wieder war es kein böses Omen. Denn an Berthold kam in diesen Tagen kein Trainer vorbei: Die Nationalmannschaft steckte in der Krise nach dem EM-Aus 1984 in Frankreich, neue Männer brauchte das Land, und Teamchef Franz Beckenbauer suchte sie.

Auch in Frankfurt, wo Berthold rechts und Ralf Falkenmayer links verteidigten. Michael Frontzeck, Olaf Thon, Uwe Rahn – sie waren die jungen Wilden Mitte der Achtziger, auf die die Fußball-Nation baute. Am weitesten brachte es Thomas Berthold. Der Sohn eines Bank-Prokuristen machte neben der Profi-Karriere sein Abitur (Schnitt: 3,2) und wusste schon früh, was er wollte, wozu auch die zeitige Verlobung mit 21 passte. Seine selbstbewusste Art und die Art, sich auf dem Platz zu bewegen – stets aufrecht – provozierten Vergleiche mit dem jungen Beckenbauer, zumal er bei der Eintracht auch schon in jungen Jahren Libero spielte. Nicht immer, sein Stammplatz war rechts, aber oft genug um seine strategische Begabung und Vielseitigkeit zu beweisen. Kopfballstärke und Ruhe am Ball zeichneten ihn aus, die nötige Robustheit hatte er ohnehin.

1986: WM-Finale mit 21

Der richtige Beckenbauer hatte jedenfalls ein Faible für das Imitat und baute auf ihn - auch bei der WM in Mexiko, wo Berthold schon mit 21 ein WM-Finale bestreiten durfte. Die Rote Karte im Viertelfinale gegen Mexiko gereichte ihm nicht zum Nachteil, ebenso wenig wie die Armschiene. Beckenbauer fragte ihn vor dem Spiel gegen Argentinien, ob er sich das Finale zutraue, und Berthold antwortete natürlich mit "Ja". Es endete mit einer Enttäuschung, Argentinien gewann 3:2 und den Titel - knapp, aber verdient, wie niemand bezweifelte.

Doch Thomas Berthold sollte eine zweite Chance erhalten, vier Jahre später in Rom. Die ewige Stadt war mittlerweile seine Wahlheimat, 1987 war er mit gerade mal 22 als jüngster deutscher Nationalspieler nach Italien gewechselt; kein Rummenigge, Briegel oder Haller hatte sich das in solch einem Alter getraut. Als Berthold 1987 in Verona zu Verhandlungen auftauchte, bestach er bereits durch gute Sprachkenntnisse.

Nun begann das Dolce Vita, von dem alle Italien-Legionäre schwärmten und schwärmen. Die Reporter waren vor allem von seinem Weinkeller (10.000 Liter) beeindruckt, der sich in seinem Mietsbungalow in Verona befand. "Berthold: 23, wunschlos glücklich", schrieb die Sport Bild.

Römer Berthold Weltmeister 1990 in Rom

Nur sportlich nicht so ganz, mit Hellas waren keine Titel zu gewinnen. Nach zwei Jahren wechselte er zum AS Rom, wo er seinen Kumpel und Zimmerpartner aus der Nationalmannschaft, den anderen Südhessen Rudi Völler, wiedertraf. "In Italien hatte man als Fußballer VIP-Status, wir haben sehr schöne Jahre in Italien verlebt", erzählte Berthold.

Und im Frühjahr 1990 machte er eher als die Mitspieler Bekanntschaft mit dem WM-Pokal, der in einer Römer Bankfiliale ausgestellt war. "Den will ich haben, sagte ich mir!" Er durfte ihn haben, bei allen sieben Partien baute Beckenbauer auf ihn, die Vertrauenskrise während der EM 1988, als er nach dem Auftakt aus der ersten Elf geflogen war, war längst überwunden.

DFB-Pokalsieg 1997 mit dem VfB unter Löw

Unter Nachfolger Berti Vogts hatte es Berthold schwerer, nach seinem zweiten Platzverweis im DFB-Trikot im Mai 1991 in Wales war seine Karriere auch wegen einer Sperre fast drei Jahre unterbrochen. Dazu trug auch sein unglückseliger Wechsel zu Bayern München 1991 bei. Er kam mitten hinein in die größte Bundesligakrise des Rekordmeisters, die wiederum viele an dem Stareinkauf (Bayern zahlte 3,5 Millionen Mark an Rom) festmachten. 1991/1992 schwebte Bayern lange in Abstiegsgefahr, es wurden Opfer gesucht. Großverdiener Berthold sollte abgeschoben werden, der neue Trainer Erich Ribbeck plante nicht mehr mit ihm, zumal Berthold dauernd verletzt war.

Aber der weigerte sich und sorgte für Aufsehen, saß er doch die ganze Saison 1992/1993 auf der Tribüne ab. Erst 1993 kam es zur Vertragsauflösung, beim VfB Stuttgart blieb er dann noch sieben Jahre Bundesligaspieler und gewann unter Joachim Löw 1997 den DFB-Pokal. Kurz vor der WM 1994 holte ihn Berti Vogts in die Nationalmannschaft zurück, für die er insgesamt 62-mal spielte.

Manager, TV-Experte, Rennfahrer, Marathonläufer

Nach der Karriere hat sich Berthold auf vielen Gebieten versucht, um Fußball ging es dabei fast auch immer. Stadionprojekte für Südafrika, Manager bei Fortuna Düsseldorf, Berater von Bernd Schuster, TV-Experte für Eurosport bei der WM in Brasilien, Kolumnist des Kicker. Aktuell ist Berthold auch Geschäftsführer einer Immobiliengesellschaft in Thüringen, bis 2012 versuchte er sich nebenbei als Rennfahrer. Ein bei einem Unfall erlittener Lungenriss beim Scirrocco R-Cup in Oschersleben beendete seine allzu rasante Karriere auf dem Asphalt, "außer Narben ist aber nichts zurück geblieben", sagte er dem aktuellen Ligamagazin der DFL.

Zur Teilnahme am Frankfurt-Marathon im vergangenen Oktober hat es jedenfalls schon wieder gereicht. Nach Frankfurt will er auch bald wieder ziehen, allein schon wegen des internationalen Flughafens, aber sicher auch wegen der guten Erinnerungen. Seinem runden Geburtstag sieht er ganz gelassen entgegen, "denn ich bin kein Zahlenhascher. Für mich ist das ein Zeitfenster, eine Episode. Viel wichtiger als ein solches Datum sind mir persönlich spannende Projekte."