Weltmeister Spanien schon das fünfte Vorrunden-Opfer

Spaniens Desaster ist historisch, schon vor dem letzten Vorrundenspiel ist der Titelverteidiger aus dem Rennen. Das gab es noch nie. Vier andere Weltmeister mussten aber auch nach der Vorrunde abreisen. DFB.de wirft einen Blick zurück in die Geschichtsbücher.

Italien 1950

Kriegsbedingt lagen zwölf Jahre zwischen dem Weltmeister-Jahr Italiens und der folgenden WM. Von der Sieger-Elf anno 1938 war niemand mehr dabei und auch Trainer Vittorio Pozzo schied 1948 aus. Der wichtigste Grund für das Scheitern aber lag in einer schrecklichen Flugzeug-Katastrophe: am 4. Mai 1949 verlor Italien quasi seine komplette Nationalmannschaft verlor, da Meister AC Turin (mit zehn Nationalspielern) in der Maschine saß, die nahe der eigenen Stadt abstürzte. 1950 weigerten sich die Italiener deshalb, nach Brasilien zu fliegen und nahmen eine 15tägige Schiffsreise auf sich. Fast alle Spieler nahmen an Bord kräftig zu, die Fitness hingegen ab. In einer Dreier-Gruppe brach ihnen schon das 2:3 zum Auftakt gegen Schweden das Genick, das folgende 2:0 gegen Paraguay reichte nicht mehr. Bereits nach sieben WM-Tagen war der Weltmeister entthront. Die Medien gingen vergleichsweise gnädig mit der Squadra azzuri um. Im "Calcio Illustrato" stand zu lesen: "Die Squadra Azzura hat kein Glück gehabt. Das können wir ruhigen Gewissens feststellen." Konkreter moniert der Kommentator "nicht geringe Fehlgriffe in er Aufstellung" und Übermut. "Der übertriebene Optimismus, der am Vorabend der Begegnung im italienischen Komitee herrschte, hat offenbar negative Wirkungen gezeitigt…All das hat eine Sphäre trügerischer Illusionen geschaffen. Wir sind Weltmeister! Wir sind in der Fußballwelt am weitesten voran!" Das hatte sich in 180 Minuten erledigt.

Brasilien 1966

1962 hatte Brasilien seinen Titel bereits verteidigt, in England wollten sie als erste Auswahl der Welt den "Hattrick". Aber schon nach der Vorrunde war Schluss. Mit Pelé hatten sie noch gegen Bulgarien gewonnen (2:0), doch der Super-Star verletzte sich und kam nicht mehr zum Einsatz. In Liverpool unterlag der Weltmeister dann überraschend den Ungarn in einem großartigen Spiel mit 1:3 und Sepp Herberger stellte seherisch fest: "Die Brasilianer sind nicht mehr so stark wie früher." Aber es standen auch nur noch drei Weltmeister auf dem Platz, deren beste Zeiten vorbei waren. Abwehrchef Djalmo Santos war bereits 37 und Garrincha ein Schatten seiner selbst. Auch das entscheidende Spiel gegen Portugal verloren sie 1:3, obwohl Pelé wieder dabei war. In der Heimat kollabierten Menschen, die das Spiel über Lautsprecher hörten, auf öffentlichen Plätzen. Straßenkämpfe brachen aus und die Polizei musste das Anwesen von Trainer Vicente Feola, der natürlich gehen musste, abschirmen. Pelé erklärte, nie wieder bei einer WM zu spielen (was er nicht einhielt). Das Sport Magazin bilanzierte: "So überklug es klingen mag: in Brasilien wird man umdenken müssen. Ein Pelé macht noch keinen Sommer."

Frankreich 2002

Dem WM-Titel 1998 hatte Frankreich den Gewinn der Europameisterschaft 2000 folgen lassen. 14 Weltmeister standen noch im Kader der "L’Equipe tricolore", als der Flieger gen Asien abhob. Doch schon im Eröffnungsspiel landeten sie auf dem Boden der Tatsachen – das 0:1 gegen Senegal war eine der größten Sensationen des Welt-Fußballs. Zinedine Zidane fehlte angeschlagen, was sich ein Medizinmann aus dem Senegal anheftete, der ihn verzaubert haben wollte. Frankreichs Trainer Roger Lemerre blieb optimistisch: "Wir gewinnen die nächsten beiden Spiele." Doch zum Siegen bedarf es Tore und die schoss Frankreich 2002 nicht. Ein Novum für einen Titelverteidiger. Gegen Uruguay (0:0) wurde immerhin ein Punkt erbeutet, gegen Dänemark (0:2) das Aus besiegelt. Zidane, nun wieder dabei, stellte fest: "Wir haben unseren Job nicht gemacht."

Italien 2010



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Spaniens Desaster ist historisch, schon vor dem letzten Vorrundenspiel ist der Titelverteidiger aus dem Rennen. Das gab es noch nie. Vier andere Weltmeister mussten aber auch nach der Vorrunde abreisen. DFB.de wirft einen Blick zurück in die Geschichtsbücher.

Italien 1950

Kriegsbedingt lagen zwölf Jahre zwischen dem Weltmeister-Jahr Italiens und der folgenden WM. Von der Sieger-Elf anno 1938 war niemand mehr dabei und auch Trainer Vittorio Pozzo schied 1948 aus. Der wichtigste Grund für das Scheitern aber lag in einer schrecklichen Flugzeug-Katastrophe: am 4. Mai 1949 verlor Italien quasi seine komplette Nationalmannschaft verlor, da Meister AC Turin (mit zehn Nationalspielern) in der Maschine saß, die nahe der eigenen Stadt abstürzte. 1950 weigerten sich die Italiener deshalb, nach Brasilien zu fliegen und nahmen eine 15tägige Schiffsreise auf sich. Fast alle Spieler nahmen an Bord kräftig zu, die Fitness hingegen ab. In einer Dreier-Gruppe brach ihnen schon das 2:3 zum Auftakt gegen Schweden das Genick, das folgende 2:0 gegen Paraguay reichte nicht mehr. Bereits nach sieben WM-Tagen war der Weltmeister entthront. Die Medien gingen vergleichsweise gnädig mit der Squadra azzuri um. Im "Calcio Illustrato" stand zu lesen: "Die Squadra Azzura hat kein Glück gehabt. Das können wir ruhigen Gewissens feststellen." Konkreter moniert der Kommentator "nicht geringe Fehlgriffe in er Aufstellung" und Übermut. "Der übertriebene Optimismus, der am Vorabend der Begegnung im italienischen Komitee herrschte, hat offenbar negative Wirkungen gezeitigt…All das hat eine Sphäre trügerischer Illusionen geschaffen. Wir sind Weltmeister! Wir sind in der Fußballwelt am weitesten voran!" Das hatte sich in 180 Minuten erledigt.

Brasilien 1966

1962 hatte Brasilien seinen Titel bereits verteidigt, in England wollten sie als erste Auswahl der Welt den "Hattrick". Aber schon nach der Vorrunde war Schluss. Mit Pelé hatten sie noch gegen Bulgarien gewonnen (2:0), doch der Super-Star verletzte sich und kam nicht mehr zum Einsatz. In Liverpool unterlag der Weltmeister dann überraschend den Ungarn in einem großartigen Spiel mit 1:3 und Sepp Herberger stellte seherisch fest: "Die Brasilianer sind nicht mehr so stark wie früher." Aber es standen auch nur noch drei Weltmeister auf dem Platz, deren beste Zeiten vorbei waren. Abwehrchef Djalmo Santos war bereits 37 und Garrincha ein Schatten seiner selbst. Auch das entscheidende Spiel gegen Portugal verloren sie 1:3, obwohl Pelé wieder dabei war. In der Heimat kollabierten Menschen, die das Spiel über Lautsprecher hörten, auf öffentlichen Plätzen. Straßenkämpfe brachen aus und die Polizei musste das Anwesen von Trainer Vicente Feola, der natürlich gehen musste, abschirmen. Pelé erklärte, nie wieder bei einer WM zu spielen (was er nicht einhielt). Das Sport Magazin bilanzierte: "So überklug es klingen mag: in Brasilien wird man umdenken müssen. Ein Pelé macht noch keinen Sommer."

Frankreich 2002

Dem WM-Titel 1998 hatte Frankreich den Gewinn der Europameisterschaft 2000 folgen lassen. 14 Weltmeister standen noch im Kader der "L’Equipe tricolore", als der Flieger gen Asien abhob. Doch schon im Eröffnungsspiel landeten sie auf dem Boden der Tatsachen – das 0:1 gegen Senegal war eine der größten Sensationen des Welt-Fußballs. Zinedine Zidane fehlte angeschlagen, was sich ein Medizinmann aus dem Senegal anheftete, der ihn verzaubert haben wollte. Frankreichs Trainer Roger Lemerre blieb optimistisch: "Wir gewinnen die nächsten beiden Spiele." Doch zum Siegen bedarf es Tore und die schoss Frankreich 2002 nicht. Ein Novum für einen Titelverteidiger. Gegen Uruguay (0:0) wurde immerhin ein Punkt erbeutet, gegen Dänemark (0:2) das Aus besiegelt. Zidane, nun wieder dabei, stellte fest: "Wir haben unseren Job nicht gemacht."

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Italien 2010

In Südafrika schien der Weltmeister leichtes Vorrunden-Spiel zu haben: die Slowakei, Paraguay und Neuseeland flößten nicht gerade Furcht ein. Aber es kam anders für den Favoriten. Das erste Vorrunden-Aus seit 1974 war redlich verdient. Gegen Paraguay und Neuseeland reichte es nur zu einem 1:1, nur ein geschundener Elfmeter führte gegen die "Kiwis" zum Torerfolg. Trainer Marcello Lippi gestand: "Das war zu wenig." Aber nicht zum ersten Mal war Italien schwach in ein Turnier gestartet und dann doch weit gekommen. Gegen die Slowakei sollte sich in Johannesburg die Geschichte aber nicht wiederholen. Der damalige Nürnberger Robert Vittek sorgte mit einem Doppelschlag für eine kalte Dusche, Kopunek für die Entscheidung. Italiens Tore durch Di Natale und Quagliarelli fielen zu spät – 2:3, Aus! Lippi trat ab und übernahm alle Verantwortung: "Wenn eine Mannschaft mit Angst aufläuft, so wie gegen die Slowakei, dann hat der Trainer alles falsch gemacht." Kapitän Fabio Cannavaro, 2006 noch bester Spieler des Turniers, fand auch deutliche Worte: "So schlecht hat Italien noch nie gespielt!". Ein Grund sei der Fluch des Erfolgs gewesen, "der Titel von 2006 hat uns zu sehr unter Druck gesetzt." Ein Gefühl, das nun auch die Spanier kennen.