Weiche Flensburg: Fußball in der Handball-Hochburg

Deutsch-dänische Grenze, Verkehrszentralregister und natürlich Handball: Wer an die Stadt Flensburg denkt, dem dürften all diese Dinge eher durch den Kopf gehen als Fußball. Sportlich ist die SG Flensburg-Handewitt, die seit Jahren in der Spitzengruppe der Handball-Bundesliga zu finden ist, 2004 Deutscher Meister war und inzwischen vier Europapokal-Titel gesammelt hat, das sportliche Aushängeschild der nördlichsten kreisfreien Stadt Deutschlands.

Doch in diesem noch jungen Jahr befindet sich Flensburg plötzlich auch in einem kleinen Fußball-Rausch. Der Nord-Regionalligist ETSV Weiche Flensburg beeindruckte bei zwei Hallenturnieren die höherklassige Konkurrenz. "Es bewegt sich etwas, der Flensburger Fußball ist im Kommen", lautet die selbstbewusste Ansage von ETSV-Manager Henning Natusch im Gespräch mit DFB.de.

In seiner zweiten Regionalligasaison betrieb der Verein aus dem Südwesten Flensburgs, der mit Kiel (nur 80 Kilometer entfernt) eine weitere Handball-Hochburg in unmittelbarer Nachbarschaft hat, nicht nur mit dem beachtlichen sechsten Tabellenplatz zur Winterpause in der Regionalliga, sondern ausgerechnet im "Wohnzimmer" der benachbarten Handballer mächtig Eigenwerbung. Zunächst ließen die Fördestädter beim "Budenzauber" in der eigenen Stadt unter anderem die Zweitligisten FC St. Pauli (5:3 im Endspiel) und Arminia Bielefeld hinter sich. Der Triumph wurde anschließend sogar mit einem Autokorso gefeiert.

"Riesenerlebnisse sorgen für ein positives Licht"

Zwei Tage später dann die nächste Sensation: Bei der 16. Auflage des Hallenmasters von Schleswig-Holstein, dem größten Amateurturnier des deutschen Fußballs, stießen die von Ex-Profi Daniel Jurgeleit trainierten Flensburger vor über 8500 Zuschauern in der Kieler Ostseehalle den großen Favoriten Holstein Kiel durch ein 1:0 im Finale vom Thron und holten erstmals den Titel. "Wir befinden uns noch immer in einer Fußball-Provinz", so Natusch, der seit 2004 für den ETSV arbeitet. "Die Riesenerlebnisse in der Halle sorgen aber für ein positives Licht und zeigen den Leuten, dass es hier nicht nur Handball gibt."

Selbst der langjährige Geschäftsführer und Vereinsmäzen Harald Uhr ("Wir haben keine so guten Hallenspieler") hatte der Mannschaft diese Erfolge im Vorfeld nicht unbedingt zugetraut. Die ETSV-Kicker belehrten den Bau-Unternehmer jedoch eines Besseren, allen voran Patrick Thomsen. Der 23-Jährige, auf dem großen Feld eigentlich im defensiven Mittelfeld zu Hause, avancierte in der Halle zum Erfolgsgaranten der Flensburger.

Hallenspezialist Thomsen: Der Mann mit Nerven aus Stahl

Bei beiden Turnieren wurde der Mittelfeldmann mit dem feuerroten Haar Torschützenkönig und sicherte sich außerdem zweimal den Titel des besten Spielers. "Paddy Thomsen besitzt Nerven aus Stahl. Seine fußballerischen Qualitäten werden wegen seiner Körpergröße von 1,90 Metern oft etwas unterschätzt, er gehört aber zu den besten Technikern in der Mannschaft", lobt Henning Natusch, Schwiegersohn von Harald Uhr. "Wir hatten vorher nicht in der Halle trainiert, aber uns als Mannschaft einiges vorgenommen. Dass es so gut läuft, konnte man nicht ahnen", erklärt Thomsen im Gespräch mit DFB.de und zeigt sich selbst ein wenig überrascht.

Von seiner Geldprämie (600 Euro für die individuellen Auszeichnungen in Kiel) lud der Hallenspezialist seine Mitspieler anschließend zu einem gemeinsamen Essen ein. "So etwas macht man gerne. Es hat Spaß gemacht, gegen Zweit- und Drittliga-Spieler zu spielen und zu gewinnen. Das hat für zusätzliches Selbstvertrauen gesorgt. Auch mit Blick auf die Restrunde, in der wir oben dranbleiben wollen", so der gebürtige Flensburger. Nach der Winterpause wartet auf Thomsen und seine Mannschaft am Sonntag, 9. Februar, gleich ein Spitzenspiel gegen den Tabellenzweiten VfB Oldenburg.

Immer wieder sonntags - wegen der Handball-Konkurrenz

In der breiten Spitzengruppe der Regionalliga Nord liegt die Mannschaft des früheren Zweitligatorjägers Daniel Jurgeleit (106 Treffer in 360 Partien), der als Trainer ebenfalls auf eine offensive Spielweise mit drei Stürmern setzt, nur fünf Punkte hinter Spitzenreiter VfL Wolfsburg II. Auch wegen der aktuellen Rahmenbedingungen des Vereins würde der mögliche Sprung in die 3. Liga aber wohl (noch) zu früh kommen. "Unser Stadion verfügt über keine überdachte Tribüne und ist daher ein Handicap. In der Vergangenheit haben wir oft in Eigenregie daran gearbeitet und würden uns daher auch etwas mehr Unterstützung von der Stadt wünschen", sagt der 44-jährige Henning Natusch.

Um in naher Zukunft zumindest den benachbarten Handballern ein wenig aus dem Weg zu gehen, will der Verein seine Heimspiele ab der kommenden Saison möglichst immer sonntags austragen. "So möchten wir weitere Leute für den Verein begeistern und unseren Zuschauerschnitt (aktuell 505, Anm. d. Red) ausbauen", so der ETSV-Manager, der aber betont: "In den vergangenen sechs Jahren sind wir dreimal aufgestiegen und können deshalb schon sehr stolz darauf sein, was wir bereits erreicht haben. Andere Klubs sollen sich ruhig aus dem Fenster lehnen und große Ziele formulieren. Wir kommen stetig voran und holen alles aus unseren Mitteln heraus."

DFB-Pokal lockt: Wiedersehen mit Holstein Kiel

Ein Großereignis wirft schon jetzt seine Schatten voraus: Am Freitag, 16. Mai (ab 20.30 Uhr), steigt im Kieler Holsteinstadion das Finale um den Verbandspokal von Schleswig-Holstein zwischen dem ETSV Weiche und Hausherr Holstein Kiel. Bei einem Sieg wäre der ETSV erstmals in der Vereinsgeschichte für den DFB-Pokal qualifiziert, so dass der Flensburger Fußball dann noch mehr bundesweit in den Fokus rücken würde.

"Wir haben Kiel beim Hallenturnier in der Gruppenphase und im Finale besiegt", gibt sich Henning Natusch selbstbewusst. "Außerdem kommen viele Spieler unserer Mannschaft aus der Holstein-Schule und sind entsprechend heiß wie Frittenfett." Der Unterschied: Diesmal müssen die Flensburger Fußballer auf dem Rasen statt auf dem Hallenboden die nächsten Weichen für ihren Vormarsch stellen.

[mspw]

Deutsch-dänische Grenze, Verkehrszentralregister und natürlich Handball: Wer an die Stadt Flensburg denkt, dem dürften all diese Dinge eher durch den Kopf gehen als Fußball. Sportlich ist die SG Flensburg-Handewitt, die seit Jahren in der Spitzengruppe der Handball-Bundesliga zu finden ist, 2004 Deutscher Meister war und inzwischen vier Europapokal-Titel gesammelt hat, das sportliche Aushängeschild der nördlichsten kreisfreien Stadt Deutschlands.

Doch in diesem noch jungen Jahr befindet sich Flensburg plötzlich auch in einem kleinen Fußball-Rausch. Der Nord-Regionalligist ETSV Weiche Flensburg beeindruckte bei zwei Hallenturnieren die höherklassige Konkurrenz. "Es bewegt sich etwas, der Flensburger Fußball ist im Kommen", lautet die selbstbewusste Ansage von ETSV-Manager Henning Natusch im Gespräch mit DFB.de.

In seiner zweiten Regionalligasaison betrieb der Verein aus dem Südwesten Flensburgs, der mit Kiel (nur 80 Kilometer entfernt) eine weitere Handball-Hochburg in unmittelbarer Nachbarschaft hat, nicht nur mit dem beachtlichen sechsten Tabellenplatz zur Winterpause in der Regionalliga, sondern ausgerechnet im "Wohnzimmer" der benachbarten Handballer mächtig Eigenwerbung. Zunächst ließen die Fördestädter beim "Budenzauber" in der eigenen Stadt unter anderem die Zweitligisten FC St. Pauli (5:3 im Endspiel) und Arminia Bielefeld hinter sich. Der Triumph wurde anschließend sogar mit einem Autokorso gefeiert.

"Riesenerlebnisse sorgen für ein positives Licht"

Zwei Tage später dann die nächste Sensation: Bei der 16. Auflage des Hallenmasters von Schleswig-Holstein, dem größten Amateurturnier des deutschen Fußballs, stießen die von Ex-Profi Daniel Jurgeleit trainierten Flensburger vor über 8500 Zuschauern in der Kieler Ostseehalle den großen Favoriten Holstein Kiel durch ein 1:0 im Finale vom Thron und holten erstmals den Titel. "Wir befinden uns noch immer in einer Fußball-Provinz", so Natusch, der seit 2004 für den ETSV arbeitet. "Die Riesenerlebnisse in der Halle sorgen aber für ein positives Licht und zeigen den Leuten, dass es hier nicht nur Handball gibt."

Selbst der langjährige Geschäftsführer und Vereinsmäzen Harald Uhr ("Wir haben keine so guten Hallenspieler") hatte der Mannschaft diese Erfolge im Vorfeld nicht unbedingt zugetraut. Die ETSV-Kicker belehrten den Bau-Unternehmer jedoch eines Besseren, allen voran Patrick Thomsen. Der 23-Jährige, auf dem großen Feld eigentlich im defensiven Mittelfeld zu Hause, avancierte in der Halle zum Erfolgsgaranten der Flensburger.

Hallenspezialist Thomsen: Der Mann mit Nerven aus Stahl

Bei beiden Turnieren wurde der Mittelfeldmann mit dem feuerroten Haar Torschützenkönig und sicherte sich außerdem zweimal den Titel des besten Spielers. "Paddy Thomsen besitzt Nerven aus Stahl. Seine fußballerischen Qualitäten werden wegen seiner Körpergröße von 1,90 Metern oft etwas unterschätzt, er gehört aber zu den besten Technikern in der Mannschaft", lobt Henning Natusch, Schwiegersohn von Harald Uhr. "Wir hatten vorher nicht in der Halle trainiert, aber uns als Mannschaft einiges vorgenommen. Dass es so gut läuft, konnte man nicht ahnen", erklärt Thomsen im Gespräch mit DFB.de und zeigt sich selbst ein wenig überrascht.

Von seiner Geldprämie (600 Euro für die individuellen Auszeichnungen in Kiel) lud der Hallenspezialist seine Mitspieler anschließend zu einem gemeinsamen Essen ein. "So etwas macht man gerne. Es hat Spaß gemacht, gegen Zweit- und Drittliga-Spieler zu spielen und zu gewinnen. Das hat für zusätzliches Selbstvertrauen gesorgt. Auch mit Blick auf die Restrunde, in der wir oben dranbleiben wollen", so der gebürtige Flensburger. Nach der Winterpause wartet auf Thomsen und seine Mannschaft am Sonntag, 9. Februar, gleich ein Spitzenspiel gegen den Tabellenzweiten VfB Oldenburg.

Immer wieder sonntags - wegen der Handball-Konkurrenz

In der breiten Spitzengruppe der Regionalliga Nord liegt die Mannschaft des früheren Zweitligatorjägers Daniel Jurgeleit (106 Treffer in 360 Partien), der als Trainer ebenfalls auf eine offensive Spielweise mit drei Stürmern setzt, nur fünf Punkte hinter Spitzenreiter VfL Wolfsburg II. Auch wegen der aktuellen Rahmenbedingungen des Vereins würde der mögliche Sprung in die 3. Liga aber wohl (noch) zu früh kommen. "Unser Stadion verfügt über keine überdachte Tribüne und ist daher ein Handicap. In der Vergangenheit haben wir oft in Eigenregie daran gearbeitet und würden uns daher auch etwas mehr Unterstützung von der Stadt wünschen", sagt der 44-jährige Henning Natusch.

Um in naher Zukunft zumindest den benachbarten Handballern ein wenig aus dem Weg zu gehen, will der Verein seine Heimspiele ab der kommenden Saison möglichst immer sonntags austragen. "So möchten wir weitere Leute für den Verein begeistern und unseren Zuschauerschnitt (aktuell 505, Anm. d. Red) ausbauen", so der ETSV-Manager, der aber betont: "In den vergangenen sechs Jahren sind wir dreimal aufgestiegen und können deshalb schon sehr stolz darauf sein, was wir bereits erreicht haben. Andere Klubs sollen sich ruhig aus dem Fenster lehnen und große Ziele formulieren. Wir kommen stetig voran und holen alles aus unseren Mitteln heraus."

DFB-Pokal lockt: Wiedersehen mit Holstein Kiel

Ein Großereignis wirft schon jetzt seine Schatten voraus: Am Freitag, 16. Mai (ab 20.30 Uhr), steigt im Kieler Holsteinstadion das Finale um den Verbandspokal von Schleswig-Holstein zwischen dem ETSV Weiche und Hausherr Holstein Kiel. Bei einem Sieg wäre der ETSV erstmals in der Vereinsgeschichte für den DFB-Pokal qualifiziert, so dass der Flensburger Fußball dann noch mehr bundesweit in den Fokus rücken würde.

"Wir haben Kiel beim Hallenturnier in der Gruppenphase und im Finale besiegt", gibt sich Henning Natusch selbstbewusst. "Außerdem kommen viele Spieler unserer Mannschaft aus der Holstein-Schule und sind entsprechend heiß wie Frittenfett." Der Unterschied: Diesmal müssen die Flensburger Fußballer auf dem Rasen statt auf dem Hallenboden die nächsten Weichen für ihren Vormarsch stellen.