Waldoch: "EM-Vorfreude jetzt schon riesig"

Polen und die Ukraine. Erstmals in der Geschichte der Europameisterschaft findet die Endrunde 2012 in Osteuropa statt. Am Sonntagmittag (ab 12 Uhr, live bei Eurosport) beginnt mit der Auslosung der EM-Qualifikationsgruppen die entscheidende Phase der Vorbereitung.

Im Gespräch mit DFB.de-Mitarbeiter Sven Winterschladen spricht Tomasz Waldoch über die aktuelle Situation der beiden Ausrichterländer. Wie weit sind die Stadien? Wie steht die Bevölkerung zu dem Turnier? Wird die Infrastruktur rechtzeitig fertig?

Der 74-malige polnische Nationalspieler und frühere Bundesligaprofi des FC Schalke 04 und des VfL Bochum war kürzlich noch als Assistenztrainer für sein Heimatland im Gespräch. Die Verhandlungen scheiterten, weil Waldoch zunächst seinen im März endenden Fußball-Lehrer-Lehrgang an der Hennes-Weisweiler-Akademie in Köln abschließen will.

DFB.de: Herr Waldoch, am Sonntagmittag werden die Qualifikationsgruppen zur Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine ausgelost. Wie stehen die Polen zu dem Turnier?

Tomasz Waldoch: Die Vorfreude ist schon jetzt riesig. Bei mir persönlich, aber natürlich auch bei der ganzen Nation. Die Auslosung der Qualifikationsgruppen ist für viele der Startschuss zum Turnier. Es sind zwar noch über zwei Jahre, aber man spürt, dass es jetzt wirklich losgeht. Ich bin schon sehr gespannt und werde natürlich alles im Fernsehen verfolgen. Es soll in Warschau eine große Show geben.

DFB.de: Ist Ihr Land für ein Ereignis wie die EURO überhaupt gerüstet?

Waldoch: Natürlich, aber es ist noch viel zu tun. Das ist ganz klar. Eine Europameisterschaft organisiert man nicht nebenbei. In Polen sprechen immer noch viele über die tolle WM 2006 in Deutschland. Das war fantastisch, einfach perfekt organisiert. Ich hoffe, dass wir es ähnlich hinbekommen. Aber das wird sehr, sehr schwer.

DFB.de: Man hört immer wieder von Problemen beim Stadionbau und der Infrastruktur. Wie haben Sie es erlebt, als Sie kürzlich in Polen waren?

Waldoch: Es fehlt noch einiges, das stimmt schon - beim Stadionbau und auch bei der Infrastruktur. Beispielsweise Hotels, Autobahnen, Flughäfen oder ein vernünftiges Zugnetz. Aber wir sind auf einem guten Weg, vor allem bei den Stadien. Da mache ich mir die geringsten Sorgen. Auch bei den anderen Punkten bin ich sehr zuversichtlich, dass das alles noch klappt, auch wenn wir da noch nicht so weit sind.

DFB.de: Haben Sie keine Sorge, dass die Städte dem Ansturm der Millionen ausländischer Fans nicht standhalten könnten?

Waldoch: Warschau, Breslau oder Danzig zum Beispiel sind große Städte. Das wird funktionieren, die Fans können kommen. Sie werden gut aufgenommen und sich dort wohl fühlen.

DFB.de: Ist die Ausrichtung des Turniers für Ihr Land eher eine Chance oder sogar ein Risiko, wenn es am Ende doch nicht klappen sollte?

Waldoch: Die EM 2012 ist für Polen eine riesige Chance. Wir können etwas anbieten, wozu wir bislang nie die Möglichkeit hatten. Nicht nur aus sportlicher Sicht, sondern auch im Allgemeinen. Polen kann sich in Europa, nein auf der ganzen Welt von seiner besten Seite präsentieren.

DFB.de: „Gemeinsam Geschichte schreiben“ – das ist der Slogan für die EURO 2012. Werden die beiden Länder diesem Anspruch gerecht werden können?

Waldoch: Meiner Meinung nach spricht nichts dagegen. Polen und die Ukraine arbeiten schon jetzt sehr gut zusammen. Deshalb sehe ich in diesem Punkt kein Problem. Auch politisch hat sich die Lage in Polen wieder beruhigt. Ich habe den Eindruck, dass sich alle gegenseitig helfen, um ein gutes Turnier auszurichten. Wir werden also gemeinsam Geschichte schreiben.

DFB.de: Welche Bedeutung hat Fußball in Polen - gibt es überhaupt eine richtige Begeisterung?

Waldoch: Fußball ist ganz eindeutig die Sportart Nummer eins. Das wird sich bis zur EM nicht ändern, auch wenn wir die WM in diesem Jahr leider verpasst haben. Aber man muss differenzieren: Die Nationalmannschaft hat einen sehr hohen Stellenwert im Land und steht im Vordergrund. Die polnische Liga hingegen hat große Probleme und ist seit Jahren keine Topliga mehr in Europa. Für die Champions League hat sich schon lange keine Mannschaft mehr qualifiziert. Und auch in der Europa League scheitern die polnischen Teams immer relativ früh. Deshalb sind viele unserer Nationalspieler auch im Ausland aktiv.

DFB.de: Auch wenn sie die WM in Südafrika verpasst haben, lief es zuletzt für die Polen sportlich besser. Wo sehen Sie die Auswahl 2012?

Waldoch: Wir sind als Gastgeber automatisch qualifiziert. Das kann ein Vorteil sein, weil wir zwei Jahre Zeit haben, um uns gut vorzubereiten. Allerdings brauchen wir in den Testspielen starke Gegner, um in Form zu kommen. Dann können wir 2012 eine neue Mannschaft präsentieren, die wettbewerbsfähig sein wird. Das hoffe ich zumindest.

DFB.de: Anfang des Jahres waren Sie als Assistent des polnischen Nationaltrainers Frantisek Smuda im Gespräch. Die Angelegenheit schien schon perfekt zu sein und ist dann doch noch ganz kurzfristig gescheitert. Was war los?

Waldoch: Das war schade, wirklich bitter. Aber ich konnte mich mit den Leuten vom Verband nicht einigen. Die wollten einen Assistenten haben, der ab sofort in Polen vor Ort ist und dort die tägliche Arbeit macht. Aber das konnte ich nicht zusagen, weil ich im Moment noch in Köln bin, um den Fußball-Lehrer-Schein zu machen. Beides zusammen war nicht möglich. Man muss im Leben manchmal eben auch Prioritäten setzen.

DFB.de: Wie geht es nach Ihrer Ausbildung zum Fußball-Lehrer an der Hennes-Weisweiler-Akademie weiter?

Waldoch: Ich war ja bis zuletzt Jugendtrainer bei Schalke 04, bin aber im Moment vereinslos. Aktuell liegt mein Fokus noch ganz klar auf der Ausbildung in Köln. Da stehen bald die Prüfungen auf dem Programm. Darauf muss ich mich konzentrieren. Danach werde ich mich umschauen und Kontakte knüpfen. Ich hoffe, dass ich nach dem Lehrgang eine gute Arbeitsstelle finde, wo ich mein Potenzial auch voll ausschöpfen kann.

DFB.de: Vielleicht ja doch noch bei der polnischen Nationalmannschaft…

Waldoch: Ja, mal abwarten, was in den nächsten Monaten passiert. Natürlich ist es mein Traum, mal die polnische Nationalmannschaft zu trainieren. Ich habe noch immer eine gute Verbindung zum Verband, wir stehen weiter im Kontakt. Vielleicht wird mein Traum ja irgendwann doch noch wahr.

Zur Person:

Tomasz Waldoch wurde am 10. Mai 1971 in Danzig geboren. Nach Stationen bei Stoczniowiec Gdánsk (1980/1988) und Górnik Zabrze (1988 bis 1995) in der polnischen Ekstraklasa wechselte der 74-malige Nationalspieler in die Bundesliga, wo er zunächst beim VfL Bochum (1995 bis 1999) und später bei Schalke 04 (1999 bis 2006) aktiv war. Während seiner Zeit in Gelsenkirchen war Waldoch vier Jahre Mannschaftskapitän und gewann 2001 und 2002 den DFB-Pokal.

Insgesamt bestritt der defensive Mittelfeldspieler 248 Begegnungen in der Bundesliga und erzielte dabei 19 Tore. Im Mai 2007 absolvierte er noch fünf Spiele für den polnischen Klub Jagiellonia Biaystok, ehe er seine Spielerkarriere endgültig beendete. Seine wichtigsten Ereignisse mit der Nationalmannschaft waren der Gewinn der Silbermedaille bei den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona und die Teilnahme als Spielführer der Polen bei der WM 2002 in Korea und Japan.

Nach seiner aktiven Karriere arbeitete der 38-Jährige als Jugendtrainer bei Schalke 04. Im vergangenen Jahr begann Waldoch seine Ausbildung zum Fußball-Lehrer an der Hennes-Weisweiler-Akademie in Köln, die er im März beendet haben wird.

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Polen und die Ukraine. Erstmals in der Geschichte der Europameisterschaft findet die Endrunde 2012 in Osteuropa statt. Am Sonntagmittag (ab 12 Uhr, live bei Eurosport) beginnt mit der Auslosung der EM-Qualifikationsgruppen die entscheidende Phase der Vorbereitung.

Im Gespräch mit DFB.de-Mitarbeiter Sven Winterschladen spricht Tomasz Waldoch über die aktuelle Situation der beiden Ausrichterländer. Wie weit sind die Stadien? Wie steht die Bevölkerung zu dem Turnier? Wird die Infrastruktur rechtzeitig fertig?

Der 74-malige polnische Nationalspieler und frühere Bundesligaprofi des FC Schalke 04 und des VfL Bochum war kürzlich noch als Assistenztrainer für sein Heimatland im Gespräch. Die Verhandlungen scheiterten, weil Waldoch zunächst seinen im März endenden Fußball-Lehrer-Lehrgang an der Hennes-Weisweiler-Akademie in Köln abschließen will.

DFB.de: Herr Waldoch, am Sonntagmittag werden die Qualifikationsgruppen zur Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine ausgelost. Wie stehen die Polen zu dem Turnier?

Tomasz Waldoch: Die Vorfreude ist schon jetzt riesig. Bei mir persönlich, aber natürlich auch bei der ganzen Nation. Die Auslosung der Qualifikationsgruppen ist für viele der Startschuss zum Turnier. Es sind zwar noch über zwei Jahre, aber man spürt, dass es jetzt wirklich losgeht. Ich bin schon sehr gespannt und werde natürlich alles im Fernsehen verfolgen. Es soll in Warschau eine große Show geben.

DFB.de: Ist Ihr Land für ein Ereignis wie die EURO überhaupt gerüstet?

Waldoch: Natürlich, aber es ist noch viel zu tun. Das ist ganz klar. Eine Europameisterschaft organisiert man nicht nebenbei. In Polen sprechen immer noch viele über die tolle WM 2006 in Deutschland. Das war fantastisch, einfach perfekt organisiert. Ich hoffe, dass wir es ähnlich hinbekommen. Aber das wird sehr, sehr schwer.

DFB.de: Man hört immer wieder von Problemen beim Stadionbau und der Infrastruktur. Wie haben Sie es erlebt, als Sie kürzlich in Polen waren?

Waldoch: Es fehlt noch einiges, das stimmt schon - beim Stadionbau und auch bei der Infrastruktur. Beispielsweise Hotels, Autobahnen, Flughäfen oder ein vernünftiges Zugnetz. Aber wir sind auf einem guten Weg, vor allem bei den Stadien. Da mache ich mir die geringsten Sorgen. Auch bei den anderen Punkten bin ich sehr zuversichtlich, dass das alles noch klappt, auch wenn wir da noch nicht so weit sind.

DFB.de: Haben Sie keine Sorge, dass die Städte dem Ansturm der Millionen ausländischer Fans nicht standhalten könnten?

Waldoch: Warschau, Breslau oder Danzig zum Beispiel sind große Städte. Das wird funktionieren, die Fans können kommen. Sie werden gut aufgenommen und sich dort wohl fühlen.

DFB.de: Ist die Ausrichtung des Turniers für Ihr Land eher eine Chance oder sogar ein Risiko, wenn es am Ende doch nicht klappen sollte?

Waldoch: Die EM 2012 ist für Polen eine riesige Chance. Wir können etwas anbieten, wozu wir bislang nie die Möglichkeit hatten. Nicht nur aus sportlicher Sicht, sondern auch im Allgemeinen. Polen kann sich in Europa, nein auf der ganzen Welt von seiner besten Seite präsentieren.

DFB.de: „Gemeinsam Geschichte schreiben“ – das ist der Slogan für die EURO 2012. Werden die beiden Länder diesem Anspruch gerecht werden können?

Waldoch: Meiner Meinung nach spricht nichts dagegen. Polen und die Ukraine arbeiten schon jetzt sehr gut zusammen. Deshalb sehe ich in diesem Punkt kein Problem. Auch politisch hat sich die Lage in Polen wieder beruhigt. Ich habe den Eindruck, dass sich alle gegenseitig helfen, um ein gutes Turnier auszurichten. Wir werden also gemeinsam Geschichte schreiben.

DFB.de: Welche Bedeutung hat Fußball in Polen - gibt es überhaupt eine richtige Begeisterung?

Waldoch: Fußball ist ganz eindeutig die Sportart Nummer eins. Das wird sich bis zur EM nicht ändern, auch wenn wir die WM in diesem Jahr leider verpasst haben. Aber man muss differenzieren: Die Nationalmannschaft hat einen sehr hohen Stellenwert im Land und steht im Vordergrund. Die polnische Liga hingegen hat große Probleme und ist seit Jahren keine Topliga mehr in Europa. Für die Champions League hat sich schon lange keine Mannschaft mehr qualifiziert. Und auch in der Europa League scheitern die polnischen Teams immer relativ früh. Deshalb sind viele unserer Nationalspieler auch im Ausland aktiv.

DFB.de: Auch wenn sie die WM in Südafrika verpasst haben, lief es zuletzt für die Polen sportlich besser. Wo sehen Sie die Auswahl 2012?

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Waldoch: Wir sind als Gastgeber automatisch qualifiziert. Das kann ein Vorteil sein, weil wir zwei Jahre Zeit haben, um uns gut vorzubereiten. Allerdings brauchen wir in den Testspielen starke Gegner, um in Form zu kommen. Dann können wir 2012 eine neue Mannschaft präsentieren, die wettbewerbsfähig sein wird. Das hoffe ich zumindest.

DFB.de: Anfang des Jahres waren Sie als Assistent des polnischen Nationaltrainers Frantisek Smuda im Gespräch. Die Angelegenheit schien schon perfekt zu sein und ist dann doch noch ganz kurzfristig gescheitert. Was war los?

Waldoch: Das war schade, wirklich bitter. Aber ich konnte mich mit den Leuten vom Verband nicht einigen. Die wollten einen Assistenten haben, der ab sofort in Polen vor Ort ist und dort die tägliche Arbeit macht. Aber das konnte ich nicht zusagen, weil ich im Moment noch in Köln bin, um den Fußball-Lehrer-Schein zu machen. Beides zusammen war nicht möglich. Man muss im Leben manchmal eben auch Prioritäten setzen.

DFB.de: Wie geht es nach Ihrer Ausbildung zum Fußball-Lehrer an der Hennes-Weisweiler-Akademie weiter?

Waldoch: Ich war ja bis zuletzt Jugendtrainer bei Schalke 04, bin aber im Moment vereinslos. Aktuell liegt mein Fokus noch ganz klar auf der Ausbildung in Köln. Da stehen bald die Prüfungen auf dem Programm. Darauf muss ich mich konzentrieren. Danach werde ich mich umschauen und Kontakte knüpfen. Ich hoffe, dass ich nach dem Lehrgang eine gute Arbeitsstelle finde, wo ich mein Potenzial auch voll ausschöpfen kann.

DFB.de: Vielleicht ja doch noch bei der polnischen Nationalmannschaft…

Waldoch: Ja, mal abwarten, was in den nächsten Monaten passiert. Natürlich ist es mein Traum, mal die polnische Nationalmannschaft zu trainieren. Ich habe noch immer eine gute Verbindung zum Verband, wir stehen weiter im Kontakt. Vielleicht wird mein Traum ja irgendwann doch noch wahr.

Zur Person:

Tomasz Waldoch wurde am 10. Mai 1971 in Danzig geboren. Nach Stationen bei Stoczniowiec Gdánsk (1980/1988) und Górnik Zabrze (1988 bis 1995) in der polnischen Ekstraklasa wechselte der 74-malige Nationalspieler in die Bundesliga, wo er zunächst beim VfL Bochum (1995 bis 1999) und später bei Schalke 04 (1999 bis 2006) aktiv war. Während seiner Zeit in Gelsenkirchen war Waldoch vier Jahre Mannschaftskapitän und gewann 2001 und 2002 den DFB-Pokal.

Insgesamt bestritt der defensive Mittelfeldspieler 248 Begegnungen in der Bundesliga und erzielte dabei 19 Tore. Im Mai 2007 absolvierte er noch fünf Spiele für den polnischen Klub Jagiellonia Biaystok, ehe er seine Spielerkarriere endgültig beendete. Seine wichtigsten Ereignisse mit der Nationalmannschaft waren der Gewinn der Silbermedaille bei den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona und die Teilnahme als Spielführer der Polen bei der WM 2002 in Korea und Japan.

Nach seiner aktiven Karriere arbeitete der 38-Jährige als Jugendtrainer bei Schalke 04. Im vergangenen Jahr begann Waldoch seine Ausbildung zum Fußball-Lehrer an der Hennes-Weisweiler-Akademie in Köln, die er im März beendet haben wird.