Von Stuttgart bis Schalke: Endspiele auf deutschem Boden

Die Nummer elf also mit Spaniern und Engländern. Atletico Madrid und der FC Fulham bestritten am Mittwoch zum insgesamt elften Mal ein Europacupfinale auf neutralem Boden. DFB.de-Autor Udo Muras hat in den Fußball-Geschichtsbüchern geblättert.

Viel besser hätte die Geschichte der Europapokalfinals auf deutschem Boden kaum beginnen können. Am 3. Juni 1959 sah das Stuttgarter Neckerstadion das erste internationale Endspiel im 1955 gegründeten Europapokal der Landesmeister. Real Madrid, die größte Mannschaft jener Zeit, schickte sich an, ihn zum vierten Mal in Folge zu gewinnen - und machte gegen Frankreichs Meister Stade Reims auch keinen Hehl daraus.

Es lief noch die erste Minute, als Real-Stürmer Mateos den Innenpfosten traf, von wo der Bal zum 1:0 ins Tor sprang. Ein Auftakt nach Maß auch nach dem Empfinden der rund 65.000 Zuschauer, die zunächst leicht enttäuscht waren, den großen Ferenc Puskas nicht sehen zu können. Der Ungar, Kapitän der Vizeweltmeister von 1954, war verletzt angereist, und auch ein deutscher Arzt, zu dem ihn der damalige VfB-Trainer Georg Wurzer begleitet hatte, konnte seinen Knöchel nicht mehr fit machen.

Stuttgart 1959: Real siegt auch ohne Puskas

Doch das Real der Fünfziger konnte selbst diesen Verlust verkraften, sie hatten ja auch noch einen Alfredo di Stefano, und der sorgte für die Entscheidung in der 47. Minute. Dabei blieb es, und die Kritiker überschlugen sich: „Wenn jede Woche bei uns solch ein Fußballspiel geboten würde, dann wäre jedes Spiel ausverkauft“, gab das Sport Magazin den Tenor von den Rängen wieder.

Auch die Gäste waren sehr zufrieden mit der Aufnahme. Die Real-Stars lobten ausdrücklich den Rasen und fuhren noch zwei Tage vor dem Finale mit Sammeltaxis in den Schwarzwald. Auch ein Abstecher ins Baden-Badener Spielcasino gehörte zur Spielvorbereitung der Königlichen.

Die Atmosphäre im Stadion war eigentümlich, die Deutschen bildeten die schweigende Mehrheit, die Franzosen wurden von 10.000 Fans, darunter vielen Soldaten, Real von 2500 Anhängern unterstützt. „Als deutscher Betrachter muss man vergessen, dass hier keine eigene Mannschaft beteiligt ist. Die Begeisterung ist jedoch die gleiche“, findet Hans Fiederer, Chef-Redakteur des Sport Magazins.

Stuttgart 1962: Herberger sieht einseitigen Atletico-Sieg

In der Geschichte des Europapokals hat es bisher zehn dieser Endspiele auf neutralem deutschem Boden gegeben, Hamburg folgt am Mittwoch als Nummer elf. Doch nicht immer waren es so gelungene Veranstaltungen wie zu Beginn.

Drei Jahre später sah Stuttgart die kurzfristige Wiederholung im Pokalsieger-Cup zwischen Atletico Madrid und AC Florenz - und viele leere Ränge. Bundestrainer Sepp Herberger ließ es sich immerhin nicht nehmen und saß unter der 45.000, die eine einseitige Partie sahen. Atletico gewann mit 3:0.

Nürnberg 1967: "Bulle" Roth sichert Bayern den Pokal

Ungleich spannender ging es im selben Wettbewerb 1967 zu, als Bayern München in Nürnberg gegen die Glasgow Rangers quasi ein Heimspiel hatte. Der Austragungsort war Monate zuvor festgelegt worden und behagte den Schotten natürlich weniger, immerhin 5000 Anhänger kamen dennoch mit ins Franken-Stadion. Einige, erzählte Radioreporter Oskar Klose seinen Hörern, „stiegen schon im Vollrausch aus der Chartermaschine, ohne überhaupt zu wissen, wo sie sind.“

Diese Anhänger verpassten ein faszinierendes Spiel. Der FC Bayern gewann am 31. Mai 1967 seinen ersten Europapokal, in der Verlängerung, durch ein artistisches Tor von Franz „Bulle“ Roth. Das Gros der 69.500 Zuschauer raste, und nach dem Abpfiff stürmten viele den Platz.

Trainer Tschik Cajkovski bedankte sich bei den überwiegend fränkischen Zuschauern für ihr Bayern-Herz: „Und wir bitten um Entschuldigung, dass wir von den Ehrenrunden absehen mussten. Die Spieler versuchten es zweimal, sich von den Zuschauern zu verabschieden. Aber sie mussten in die Kabine flüchten, ihre Gesundheit stand auf dem Spiel.“

München 1979: Nottingham wird Favoritenrolle gerecht

Weniger enthusiastisch wurde fast genau zwölf Jahre später der englische Klub Nottingham Forest bejubelt. Die Briten hatten im Halbfinale den 1. FC Köln ausgeschaltet, sonst wäre die Finalpaarung für das Münchner Publikum sicher etwas interessanter gewesen. 57.000 fanden sich am 30. Mai 1979 im Olympiastadion ein, um den englischen und den schwedischen Meister zu sehen.

Malmö FF war krasser Außenseiter, und Nottingham hatte auch die größere Unterstützung: 20.000 Fans kamen nach München. Sie sahen nur ein Tor, Trevor Francis traf quasi mit dem Pausenpfiff, mehr war nicht zu vermelden. „Dieses 24. Finale wird als eines der schwächsten Endspiele in die Geschichte eingehen“, tadelte der Kicker.

Düsseldorf 1981: Jena verpasst den Triumph

Doch immerhin stimmte der Rahmen noch einigermaßen. Das konnte man von der Partie, die am 13. Mai 1981 im Düsseldorfer Rhein-Stadion stattfand, nicht sagen. Hie trafen die Pokalsieger der DDR, Carl Zeiss Jena, und der Sowjetunion, Dynamo Tiflis, aufeinander. Acht Jahre hatten sich die Düsseldorfer bei der UEFA um ein Endspiel bemüht und nun trafen zwei eher unattraktive Ostblock-Mannschaften aufeinander.

Mit Schlachtenbummlern war kaum zu rechnen in Zeiten des Kalten Krieges, Jena wurde immerhin von 1000 Fans unterstützt. Insgesamt verloren sich nur 9000 Menschen im Stadion, die TV-Übertragung tat ihr Übriges. Jena ging nach einer Stunde sogar in Führung, verlor aber doch noch mit 1:2.

Auf der Bank von Carl Zeiss saß ein gewisser Hans Meyer. Der größte Tag der Club-Geschichte von Carl Zeiss Jena hätte sicher mehr Resonanz verdient, es war ein gutes Endspiel - nur leider zur falschen Zeit am falschen Ort.

Stuttgart 1988: 1500 Polizisten haben wenig zu tun

1988 sah Stuttgart schon sein drittes Europapokalfinale, und diesmal gab es keine Probleme mit der Kulisse. Das Landesmeisterfinale zwischen dem PSV Eindhoven und Benfica Lissabon verfolgten 70.000 Menschen, darunter 35.000 Holländer und 15.000 Portugiesen. Die Polizei fürchtete in Zeiten des Hooliganismus Ausschreitungen und setzte 1500 Beamte ein, hatte aber wenig zu tun und freute sich aber über Verbrüderungsszenen.

Über das Spiel freuten sich nur Freunde des Rasenschachs, nach 120 Minuten stand es noch immer 0:0, und erst im Elfmeterschießen fielen Tore. PSV gewann mit 6:5, Trainer Guus Hiddink betrat erstmals als Champion die internationale Bühne.

München 1993: Völler triumphiert mit Marseille

Kaum besser war das Niveau im Landesmeister-Finale 1993 zwischen Olympique Marseille und dem AC Mailand. „Dem Spiel fehlte die Kreativität, der Ideenreichtum“, analysierte der frühere Olympique-Generaldirektor Franz Beckenbauer. Im Münchner Olympiastadion fiel nur ein Tor - für Außenseiter Marseille durch Basile Boli.

Den Südfranzosen galten schon deshalb die meisten Sympathien, weil Rudi Völler deren Trikot trug. Der allmächtige Marseille-Präsident Bernard Tapie gab übrigens angeblich per Walkie-Talkie, wie man die Handy-Vorläufer nannte, taktische Anweisungen von der Tribüne an die Trainerbank.

München 1997: Ricken 14 Sekunden bis zum Geniestreich

Nur in Superlativen spricht man dagegen noch heute vom dritten Münchner Europacup-Finale 1997. In der Champions League standen sich vor 69.000 Zuschauern Borussia Dortmund, die im Vorjahr in diesem Stadion schon Deutscher Meister geworden war, und Juventus Turin gegenüber.

Der „Heimvorteil“ der Schwarz-Gelben änderte wenig an der Favoritenrolle der Italiener. Aber Karl-Heinz Riedle köpfte zwei Treffer, und nach dem Anschlusstor del Pieros sorgte ein 20-Jähriger Westfale alsbald wieder für Entspannung.

14 Sekunden war Lars Ricken gerade auf dem Feld, da nahm er einen aufspringenden Ball mit dem ersten Kontakt volley und schlenzte ihn aus rund 25 Metern über Peruzzi ins Tor. „Unglaublich, dass man in dem Alter schon so abgezockt sein kann“, staunte sein Trainer Ottmar Hitzfeld - und mit ihm die ganze Fußballwelt. München erlebte erneut eine schwarz-gelbe Nacht.

Dortmund 2001: Neun Tore und Golden Goal

Vier Jahre später war Dortmund selbst Gastgeber eines Europacup-Finales - eines mit rasantem Verlauf. Der FC Liverpool war im UEFA-Cup gegen den spanischen Emporkömmling CD Alaves klarer Favorit. 50.000 Zuschauer sahen ein unglaublich dramatisches 5:4 nach Verlängerung für die Engländer, in deren Reihen mit Markus Babbel und Dietmar Hamann zwei deutsche Nationalspieler standen.

Babbel war auch das frühe 1:0 gelungen, und noch beim 3:1 zur Pause sprach alles für die Reds. Doch Moreno glich per Doppelschlag aus, und selbst Fowlers 4:3 konterte Alaves - Jordi Cruyff, der Sohn des großen Holländers Johann Cruyff, köpfte mit dem Abpfiff das 4:4. Erst ein Eigentor beendete die wilde Jagd in der 117. Minute. So sah Dortmund das einzige Europacup-Finale, das durch ein Golden Goal entschieden wurde.

Gelsenkirchen 2004: Mourinho triumphiert

Das bisher letzte Europacupfnale auf deutschem Boden fand drei Jahre später im Stadion des BVB-Rivalen Schalke 04 statt. In der neuen Arena kämpften AS Monaco und der FC Porto um die Champions League. Obwohl beide Klubs nicht sonderlich populär waren, war die Partie wieder ausverkauft.

Franz Beckenbauer fand angesichts des Favoritensterbens in der Saison 2003/2004 ohnehin: „Es tut gut, wenn nicht immer die Gleichen vorne sind.“ Ganz vorne war am Ende Porto, das 3:0 gewann. Auf der Bank des Siegers saß ein gewisser Jose Mourinho.

Die danach aufkommenden Spekulationen, dass auf Schalke das letzte Europacup-Finale auf deutschem Boden stattgefunden hätte, weil die 23-prozentige Quellensteuer eine Ausrichtung für die UEFA unattraktiv mache, haben sich spätestens in diesem Jahr als Makulatur erwiesen. Denn am Mittwoch sieht Hamburg ein Europapokalendspiel.

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Die Nummer elf also mit Spaniern und Engländern. Atletico Madrid und der FC Fulham bestritten am Mittwoch zum insgesamt elften Mal ein Europacupfinale auf neutralem Boden. DFB.de-Autor Udo Muras hat in den Fußball-Geschichtsbüchern geblättert.

Viel besser hätte die Geschichte der Europapokalfinals auf deutschem Boden kaum beginnen können. Am 3. Juni 1959 sah das Stuttgarter Neckerstadion das erste internationale Endspiel im 1955 gegründeten Europapokal der Landesmeister. Real Madrid, die größte Mannschaft jener Zeit, schickte sich an, ihn zum vierten Mal in Folge zu gewinnen - und machte gegen Frankreichs Meister Stade Reims auch keinen Hehl daraus.

Es lief noch die erste Minute, als Real-Stürmer Mateos den Innenpfosten traf, von wo der Bal zum 1:0 ins Tor sprang. Ein Auftakt nach Maß auch nach dem Empfinden der rund 65.000 Zuschauer, die zunächst leicht enttäuscht waren, den großen Ferenc Puskas nicht sehen zu können. Der Ungar, Kapitän der Vizeweltmeister von 1954, war verletzt angereist, und auch ein deutscher Arzt, zu dem ihn der damalige VfB-Trainer Georg Wurzer begleitet hatte, konnte seinen Knöchel nicht mehr fit machen.

Stuttgart 1959: Real siegt auch ohne Puskas

Doch das Real der Fünfziger konnte selbst diesen Verlust verkraften, sie hatten ja auch noch einen Alfredo di Stefano, und der sorgte für die Entscheidung in der 47. Minute. Dabei blieb es, und die Kritiker überschlugen sich: „Wenn jede Woche bei uns solch ein Fußballspiel geboten würde, dann wäre jedes Spiel ausverkauft“, gab das Sport Magazin den Tenor von den Rängen wieder.

Auch die Gäste waren sehr zufrieden mit der Aufnahme. Die Real-Stars lobten ausdrücklich den Rasen und fuhren noch zwei Tage vor dem Finale mit Sammeltaxis in den Schwarzwald. Auch ein Abstecher ins Baden-Badener Spielcasino gehörte zur Spielvorbereitung der Königlichen.

Die Atmosphäre im Stadion war eigentümlich, die Deutschen bildeten die schweigende Mehrheit, die Franzosen wurden von 10.000 Fans, darunter vielen Soldaten, Real von 2500 Anhängern unterstützt. „Als deutscher Betrachter muss man vergessen, dass hier keine eigene Mannschaft beteiligt ist. Die Begeisterung ist jedoch die gleiche“, findet Hans Fiederer, Chef-Redakteur des Sport Magazins.

Stuttgart 1962: Herberger sieht einseitigen Atletico-Sieg

In der Geschichte des Europapokals hat es bisher zehn dieser Endspiele auf neutralem deutschem Boden gegeben, Hamburg folgt am Mittwoch als Nummer elf. Doch nicht immer waren es so gelungene Veranstaltungen wie zu Beginn.

Drei Jahre später sah Stuttgart die kurzfristige Wiederholung im Pokalsieger-Cup zwischen Atletico Madrid und AC Florenz - und viele leere Ränge. Bundestrainer Sepp Herberger ließ es sich immerhin nicht nehmen und saß unter der 45.000, die eine einseitige Partie sahen. Atletico gewann mit 3:0.

Nürnberg 1967: "Bulle" Roth sichert Bayern den Pokal

Ungleich spannender ging es im selben Wettbewerb 1967 zu, als Bayern München in Nürnberg gegen die Glasgow Rangers quasi ein Heimspiel hatte. Der Austragungsort war Monate zuvor festgelegt worden und behagte den Schotten natürlich weniger, immerhin 5000 Anhänger kamen dennoch mit ins Franken-Stadion. Einige, erzählte Radioreporter Oskar Klose seinen Hörern, „stiegen schon im Vollrausch aus der Chartermaschine, ohne überhaupt zu wissen, wo sie sind.“

Diese Anhänger verpassten ein faszinierendes Spiel. Der FC Bayern gewann am 31. Mai 1967 seinen ersten Europapokal, in der Verlängerung, durch ein artistisches Tor von Franz „Bulle“ Roth. Das Gros der 69.500 Zuschauer raste, und nach dem Abpfiff stürmten viele den Platz.

Trainer Tschik Cajkovski bedankte sich bei den überwiegend fränkischen Zuschauern für ihr Bayern-Herz: „Und wir bitten um Entschuldigung, dass wir von den Ehrenrunden absehen mussten. Die Spieler versuchten es zweimal, sich von den Zuschauern zu verabschieden. Aber sie mussten in die Kabine flüchten, ihre Gesundheit stand auf dem Spiel.“

München 1979: Nottingham wird Favoritenrolle gerecht

Weniger enthusiastisch wurde fast genau zwölf Jahre später der englische Klub Nottingham Forest bejubelt. Die Briten hatten im Halbfinale den 1. FC Köln ausgeschaltet, sonst wäre die Finalpaarung für das Münchner Publikum sicher etwas interessanter gewesen. 57.000 fanden sich am 30. Mai 1979 im Olympiastadion ein, um den englischen und den schwedischen Meister zu sehen.

Malmö FF war krasser Außenseiter, und Nottingham hatte auch die größere Unterstützung: 20.000 Fans kamen nach München. Sie sahen nur ein Tor, Trevor Francis traf quasi mit dem Pausenpfiff, mehr war nicht zu vermelden. „Dieses 24. Finale wird als eines der schwächsten Endspiele in die Geschichte eingehen“, tadelte der Kicker.

Düsseldorf 1981: Jena verpasst den Triumph

Doch immerhin stimmte der Rahmen noch einigermaßen. Das konnte man von der Partie, die am 13. Mai 1981 im Düsseldorfer Rhein-Stadion stattfand, nicht sagen. Hie trafen die Pokalsieger der DDR, Carl Zeiss Jena, und der Sowjetunion, Dynamo Tiflis, aufeinander. Acht Jahre hatten sich die Düsseldorfer bei der UEFA um ein Endspiel bemüht und nun trafen zwei eher unattraktive Ostblock-Mannschaften aufeinander.

Mit Schlachtenbummlern war kaum zu rechnen in Zeiten des Kalten Krieges, Jena wurde immerhin von 1000 Fans unterstützt. Insgesamt verloren sich nur 9000 Menschen im Stadion, die TV-Übertragung tat ihr Übriges. Jena ging nach einer Stunde sogar in Führung, verlor aber doch noch mit 1:2.

Auf der Bank von Carl Zeiss saß ein gewisser Hans Meyer. Der größte Tag der Club-Geschichte von Carl Zeiss Jena hätte sicher mehr Resonanz verdient, es war ein gutes Endspiel - nur leider zur falschen Zeit am falschen Ort.

Stuttgart 1988: 1500 Polizisten haben wenig zu tun

1988 sah Stuttgart schon sein drittes Europapokalfinale, und diesmal gab es keine Probleme mit der Kulisse. Das Landesmeisterfinale zwischen dem PSV Eindhoven und Benfica Lissabon verfolgten 70.000 Menschen, darunter 35.000 Holländer und 15.000 Portugiesen. Die Polizei fürchtete in Zeiten des Hooliganismus Ausschreitungen und setzte 1500 Beamte ein, hatte aber wenig zu tun und freute sich aber über Verbrüderungsszenen.

Über das Spiel freuten sich nur Freunde des Rasenschachs, nach 120 Minuten stand es noch immer 0:0, und erst im Elfmeterschießen fielen Tore. PSV gewann mit 6:5, Trainer Guus Hiddink betrat erstmals als Champion die internationale Bühne.

München 1993: Völler triumphiert mit Marseille

Kaum besser war das Niveau im Landesmeister-Finale 1993 zwischen Olympique Marseille und dem AC Mailand. „Dem Spiel fehlte die Kreativität, der Ideenreichtum“, analysierte der frühere Olympique-Generaldirektor Franz Beckenbauer. Im Münchner Olympiastadion fiel nur ein Tor - für Außenseiter Marseille durch Basile Boli.

Den Südfranzosen galten schon deshalb die meisten Sympathien, weil Rudi Völler deren Trikot trug. Der allmächtige Marseille-Präsident Bernard Tapie gab übrigens angeblich per Walkie-Talkie, wie man die Handy-Vorläufer nannte, taktische Anweisungen von der Tribüne an die Trainerbank.

München 1997: Ricken 14 Sekunden bis zum Geniestreich

Nur in Superlativen spricht man dagegen noch heute vom dritten Münchner Europacup-Finale 1997. In der Champions League standen sich vor 69.000 Zuschauern Borussia Dortmund, die im Vorjahr in diesem Stadion schon Deutscher Meister geworden war, und Juventus Turin gegenüber.

Der „Heimvorteil“ der Schwarz-Gelben änderte wenig an der Favoritenrolle der Italiener. Aber Karl-Heinz Riedle köpfte zwei Treffer, und nach dem Anschlusstor del Pieros sorgte ein 20-Jähriger Westfale alsbald wieder für Entspannung.

14 Sekunden war Lars Ricken gerade auf dem Feld, da nahm er einen aufspringenden Ball mit dem ersten Kontakt volley und schlenzte ihn aus rund 25 Metern über Peruzzi ins Tor. „Unglaublich, dass man in dem Alter schon so abgezockt sein kann“, staunte sein Trainer Ottmar Hitzfeld - und mit ihm die ganze Fußballwelt. München erlebte erneut eine schwarz-gelbe Nacht.

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Dortmund 2001: Neun Tore und Golden Goal

Vier Jahre später war Dortmund selbst Gastgeber eines Europacup-Finales - eines mit rasantem Verlauf. Der FC Liverpool war im UEFA-Cup gegen den spanischen Emporkömmling CD Alaves klarer Favorit. 50.000 Zuschauer sahen ein unglaublich dramatisches 5:4 nach Verlängerung für die Engländer, in deren Reihen mit Markus Babbel und Dietmar Hamann zwei deutsche Nationalspieler standen.

Babbel war auch das frühe 1:0 gelungen, und noch beim 3:1 zur Pause sprach alles für die Reds. Doch Moreno glich per Doppelschlag aus, und selbst Fowlers 4:3 konterte Alaves - Jordi Cruyff, der Sohn des großen Holländers Johann Cruyff, köpfte mit dem Abpfiff das 4:4. Erst ein Eigentor beendete die wilde Jagd in der 117. Minute. So sah Dortmund das einzige Europacup-Finale, das durch ein Golden Goal entschieden wurde.

Gelsenkirchen 2004: Mourinho triumphiert

Das bisher letzte Europacupfnale auf deutschem Boden fand drei Jahre später im Stadion des BVB-Rivalen Schalke 04 statt. In der neuen Arena kämpften AS Monaco und der FC Porto um die Champions League. Obwohl beide Klubs nicht sonderlich populär waren, war die Partie wieder ausverkauft.

Franz Beckenbauer fand angesichts des Favoritensterbens in der Saison 2003/2004 ohnehin: „Es tut gut, wenn nicht immer die Gleichen vorne sind.“ Ganz vorne war am Ende Porto, das 3:0 gewann. Auf der Bank des Siegers saß ein gewisser Jose Mourinho.

Die danach aufkommenden Spekulationen, dass auf Schalke das letzte Europacup-Finale auf deutschem Boden stattgefunden hätte, weil die 23-prozentige Quellensteuer eine Ausrichtung für die UEFA unattraktiv mache, haben sich spätestens in diesem Jahr als Makulatur erwiesen. Denn am Mittwoch sieht Hamburg ein Europapokalendspiel.