"Von Söldnern und Mäzenen"

Wenn im Amateurfußball der Ball rollt, rollt auch meist der Rubel: Selbst in den unteren Spielklassen bekommen Kicker für ihr „Hobby“ regelmäßig Geld. (von Tim Frohwein, aus der Zeitschrift "im Spiel")

Wenn Martin K. – er möchte, dass an dieser Stelle aus steuerrechtlichen Gründen sein Nachname lieber nicht genannt wird – am Dienstagabend von seiner Wohnung zum Fußballtraining losfährt, tickt ein imaginärer Zähler mit. Der 27-Jährige zählt Geld. Pro gefahrenen Kilometer erhält Martin 30 Cent, zum Ticken bringt den Zähler sein Verein, ein Bezirksligist.

Ob Training, Weihnachtsfeier oder Spiel – stets werden Martin die Fahrtkosten erstattet. Dabei macht das Kilometergeld noch den kleinsten Anteil der Gesamtausgaben für die 1. Mannschaft aus. Am Ende eines jeden Monats wird den Spielern ein Kuvert ausgehändigt, darin befindet sich sorgfältig abgezählt: Punkteprämie, Torprämie, Sonderprämie und eben das Fahrtgeld. „Insgesamt komme ich in sportlich erfolgreichen Monaten auf einen netten Nebenverdienst von 650 Euro“, berichtet Martin K.

Der Amateurfußball als Nebenverdienstmöglichkeit? Das ist z. B. im Großraum München längst Realität: 30,8 Prozent der Spieler in der Zehntklassigkeit, 55,2 Prozent in der 9. Spielklasse (dies entspricht der Kreisliga A beim wfv bzw. der Kreisklasse A beim bfv), 86,2 Prozent in der 8. (wfv: Bezirksligen, bfv: Kreisligen) und gänzlich alle Spieler in der Landesliga werden von ihren
Vereinen fürs Fußballspielen bezahlt.

Viele Vereinsmitglieder ziehen sich zurück

„Man sollte sich endlich auch mal diesem Thema widmen“, erklärt ein ehemaliger DDR-Profifußballer aus Sachsen und berichtete von seinem Rückzug aus dem Amateurfußball im Jahr 2012. Lange Zeit hätte er sich als Trainer und Funktionär dort engagiert, dann aber sei "Geld in die Hand genommen worden", wie er es ausdrückte.

Viel Frust liegt dabei in seinen Worten. Denn viele Vereine mit durchaus authentischem Umfeld durchleben Identitätskrisen: So auch bei einem kleinen, familiär geführten Verein im Münchner Osten. Es war im Spätherbst 2010, als ein Mitglied der 1. Mannschaft im Vereinsheim sagte: „Von denen bleibt doch auch nie einer hocken!“ Sein Vorwurf richtete sich an einige seiner Mitspieler, die sich dem Verein erst im Sommer angeschlossen hatten.

Alle waren sie aus höheren Ligen gekommen. Der Verein wollte Erfolg und hatte dafür auch den Geldbeutel geöffnet. Letztlich wusste man schon damals, dass es viele Spieler dieser Sorte gab: Fußballerisch beschlagen und mit Erfahrungen im höheren Amateurfußballsegment ausgestattet, tingeln sie durch die unteren Ligen – immer auf der Suche nach lukrativen Angeboten.

Dabei zeigen sie sich wenig interessiert an den geselligen Begleiterscheinungen des Amateurfußballs, worüber sich eben „eingesessenere“ Vereinskollegen mit größerer Bindung zum Club und zur Mannschaft ärgern.

Bezahlte Fußballer zeigen weniger Interesse

„Auf unserer Weihnachtsfeier bleibt kaum einer länger als bis zur Prämienausschüttung“, erzählt Martin K. Ohne die von der Vereinsführung ausgesprochene Anwesenheitspflicht würden bei einer solchen Veranstaltung nur wenige seiner Mitspieler auftauchen, glaubt er. Warum auch? Der Aufbau freundschaftlicher Beziehungen erscheint sinnlos – vielleicht spielt man ohnehin im nächsten Jahr wieder bei einem anderen Verein.

Der „Wechsler“ – so wird dieser Spielertypus in der wissenschaftlichen Literatur genannt – hat eben eher professionellen Kontakt zu seinen Mitspielern, die Belange des Vereins lassen ihn häufig kalt. Das bestätigt auch Martin K.: „Wir wollen mit dem Verein sportlich erfolgreich sein, das Drumherum ist nicht so wichtig.“ Den bezahlten Spielern fehlt es an einer emotionalen Bindung zum Verein: Von ihnen bezeichnen nur rund 36 Prozent das Vereinsumfeld als „ein zweites Zuhause“.

Bei Befragten, die kein Geld für ihr Engagement erhalten, sind es dagegen gut 65 Prozent – ein enormer Unterschied. Dementsprechend legen die beiden Gruppen im Vereinsleben auch ein ganz anderes Verhalten an den Tag: Jeder dritte unvergütete Fußballer behauptet, nach dem Spiel oder Training „im Grunde immer“ in geselliger Runde zusammenzusitzen. Bei den bezahlten Spielern ist es nicht mal jeder vierte.

Das gesellige Miteinander verliert im Vereinsfußball an Bedeutung – dafür sorgt eben auch das Geld. Sprechen wir hier aber von einem neuen Phänomen? Oder ist im Amateurfußball schon immer Geld geflossen? Entsprechende Studien hierzu liegen leider nicht vor, der Amateurfußball ist in wissenschaftlicher Hinsicht ein relativ blinder Fleck. Glaubt man aber Schalke-Profi Christoph Metzelder, haben sich hier die Verhältnisse durchaus verändert. In einer Kolumne für „11 Freunde“ aus dem Jahr 2010 zeigt er sich ziemlich empört über die neue Bezahlkultur im Amateurfußball:

„Wenn ich höre, dass in Bezirksligen (8. Spielklasse) Spieler bis zu 600 Euro dafür bekommen, dass sie (Hobby-)Fußball spielen, dann ist das ein starkes Stück. Nur mal zum Vergleich: In meinem ersten Seniorenjahr bei Preußen Münster, 1999/2000 in der 3. Liga, bekam ich als 18-jähriger Vertragsspieler 630 Mark steuerfrei. Das war als Abiturient sehr viel Geld. Aber wir reden hier von der 3. Liga und der Arbeit unter Profibedingungen.“

Wer ist Schuld an der Entwicklung?

Martin K. ist einer dieser Spieler, über die sich Metzelder so ärgert. Auch er ist manchmal verwundert darüber, wie viele Scheine am Ende des Monats in seinem Kuvert stecken: „Eigentlich ist es schon irrsinnig, dass es im unteren Amateurfußball so viel Geld zu verdienen gibt.“ Dennoch findet er, solle man nicht immer den Spielern die Schuld in die Kickstiefel schieben: „Wir haben das System nicht gemacht!“ Ihr Verhalten hinterfragen müssten vielmehr die Geldgeber, meint K.

Für diese Personen hat sich in Zeiten von Roman Abramowitsch und Dietmar Hopp die Bezeichnung „Mäzen“ durchgesetzt. Und genau diesen prominenten Vorbildern aus dem Profigeschäft wird im Amateurfußball nachgeeifert – wenn auch nicht unter Einsatz von Millionen. Dennoch, ein paar Tausend Euro macht der wohlhabende Eigner eines ortsansässigen Unternehmens schon mal locker.

Davon berichtet auch Daniel Hauser, 29, derzeit aktiv beim Mannheimer Fußballverein SSV Vogelstang. „Die meisten Vereine in Mannheim und Umgebung werden von privaten Geldgebern finanziell getragen“, so Hauser. Auch bei seinem ehemaligen Verein sei das so gewesen: „Der Präsident war ein erfolgreicher Geschäftsmann und hatte eben den einen oder anderen Euro übrig“, erzählt der 29-Jährige. Mit diesem Geld umwarb der großzügige Präsident Fußballer, die bereits in höheren Ligen aktiv waren – mit Erfolg.

Das Problem dabei: am Verein und an der Mannschaft zeigten sich diese Spieler nur wenig interessiert: „Die Teamevents fanden meist ohne sie statt“, so Hauser. Für ihn schließlich einer der Gründe, den Verein zu verlassen. Beim SSV Vogelstang ist er nun wieder zufrieden. Anderen Vereinen rät er, den Verheißungen privater Investoren zu widerstehen: „Das Geld bringt meist kurzfristig sportlichen Erfolg, keine Frage“, gibt Hauser zu. Doch oft verliere der Geldgeber schon nach kurzer Zeit wieder das Inter esse – „und dann geht’s bergab!“.

Sportliche und finanzielle Talfahrten

Auch im Untersuchungsbericht zum DFB-Forschungsprojekt „Analyse von Fußballvereinen in Deutschland“ aus dem Jahr 2008 findet sich hierfür ein Beispiel. Darin beklagen sich die Verantwortlichen des württembergischen Amateurvereins TSV Allmendingen über die Verfehlungen der Vereinsführung in der jüngeren Vergangenheit. Diese hatte Ende der 1990er Jahre das Ziel des unbedingten sportlichen Erfolgs ausgegeben und daraufhin ortsfremde, höherklassige Spieler unter großen finanziellen Anstrengungen angeworben.

Innerhalb kürzester Zeit gelang der zweifache Aufstieg von der Bezirks- bis in die Verbandsliga – dann zogen sich die privaten Geldgeber zurück. Eine sportliche wie finanzielle Talfahrt begann. Neben dieser Misere hatte der Verein auch noch mit einem „großen Imageschaden“ zu kämpfen, heißt es im Bericht. Die befragten Vereinsvertreter führen den Ansehensverlust darauf zurück, dass in der sportlich erfolgreichen Zeit „kein einheimischer Spieler mehr in der 1. Mannschaft spielte“.

Am Ende einer Entwicklung, die mit dem Eintritt eines privaten Investors beginnt und dem Umbau der Mannschaft weitergeht, steht also die Abkehr treuer Anhänger und Mitglieder. Und dabei sind genau sie so wichtig: Studien belegen, dass es vor allem die treuen und emotional gebundenen Personen sind, die den Verein mit ihrem ehrenamtlichen Engagement tragen.

Von ihnen ernähren sich die deutschen Vereine. Die Monetarisierung ist jedoch dabei, diese lebenserhaltende Verbindung zu kappen – das scheint zumindest im Fußball, dem mitgliederstärksten Bereich des deutschen Vereinswesens, der Fall zu sein. Ein wichtiger Eckpfeiler unserer demokratischen Kultur könnte dadurch instabil werden. Denn Vereine gelten als „Schulen der Demokratie“.

Laut Prof. Dr. Sebastian Braun, dem Direktor des Instituts für Sportwissenschaft der Humboldt- Universität zu Berlin, erlernen die Bürger dort „jene Tugenden, Orientierungen und Handlungsdispositionen, welche die zwischenmenschliche Kooperation und insbesondere das soziale Vertrauen steigern.“ Wir reden hier nicht vom Untergang des Abendlandes. Wenn aber Fußball-Weihnachtsfeiern zu bloßen Geldübergaberitualen verkommen, sollte man zumindest skeptisch werden.

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[bild1]Wenn im Amateurfußball der Ball rollt, rollt auch meist der Rubel: Selbst in den unteren Spielklassen bekommen Kicker für ihr „Hobby“ regelmäßig Geld. (von Tim Frohwein, aus der Zeitschrift "im Spiel")

Wenn Martin K. – er möchte, dass an dieser Stelle aus steuerrechtlichen Gründen sein Nachname lieber nicht genannt wird – am Dienstagabend von seiner Wohnung zum Fußballtraining losfährt, tickt ein imaginärer Zähler mit. Der 27-Jährige zählt Geld. Pro gefahrenen Kilometer erhält Martin 30 Cent, zum Ticken bringt den Zähler sein Verein, ein Bezirksligist.

Ob Training, Weihnachtsfeier oder Spiel – stets werden Martin die Fahrtkosten erstattet. Dabei macht das Kilometergeld noch den kleinsten Anteil der Gesamtausgaben für die 1. Mannschaft aus. Am Ende eines jeden Monats wird den Spielern ein Kuvert ausgehändigt, darin befindet sich sorgfältig abgezählt: Punkteprämie, Torprämie, Sonderprämie und eben das Fahrtgeld. „Insgesamt komme ich in sportlich erfolgreichen Monaten auf einen netten Nebenverdienst von 650 Euro“, berichtet Martin K.

Der Amateurfußball als Nebenverdienstmöglichkeit? Das ist z. B. im Großraum München längst Realität: 30,8 Prozent der Spieler in der Zehntklassigkeit, 55,2 Prozent in der 9. Spielklasse (dies entspricht der Kreisliga A beim wfv bzw. der Kreisklasse A beim bfv), 86,2 Prozent in der 8. (wfv: Bezirksligen, bfv: Kreisligen) und gänzlich alle Spieler in der Landesliga werden von ihren
Vereinen fürs Fußballspielen bezahlt.

Viele Vereinsmitglieder ziehen sich zurück

„Man sollte sich endlich auch mal diesem Thema widmen“, erklärt ein ehemaliger DDR-Profifußballer aus Sachsen und berichtete von seinem Rückzug aus dem Amateurfußball im Jahr 2012. Lange Zeit hätte er sich als Trainer und Funktionär dort engagiert, dann aber sei "Geld in die Hand genommen worden", wie er es ausdrückte.

Viel Frust liegt dabei in seinen Worten. Denn viele Vereine mit durchaus authentischem Umfeld durchleben Identitätskrisen: So auch bei einem kleinen, familiär geführten Verein im Münchner Osten. Es war im Spätherbst 2010, als ein Mitglied der 1. Mannschaft im Vereinsheim sagte: „Von denen bleibt doch auch nie einer hocken!“ Sein Vorwurf richtete sich an einige seiner Mitspieler, die sich dem Verein erst im Sommer angeschlossen hatten.

Alle waren sie aus höheren Ligen gekommen. Der Verein wollte Erfolg und hatte dafür auch den Geldbeutel geöffnet. Letztlich wusste man schon damals, dass es viele Spieler dieser Sorte gab: Fußballerisch beschlagen und mit Erfahrungen im höheren Amateurfußballsegment ausgestattet, tingeln sie durch die unteren Ligen – immer auf der Suche nach lukrativen Angeboten.

Dabei zeigen sie sich wenig interessiert an den geselligen Begleiterscheinungen des Amateurfußballs, worüber sich eben „eingesessenere“ Vereinskollegen mit größerer Bindung zum Club und zur Mannschaft ärgern.

Bezahlte Fußballer zeigen weniger Interesse

„Auf unserer Weihnachtsfeier bleibt kaum einer länger als bis zur Prämienausschüttung“, erzählt Martin K. Ohne die von der Vereinsführung ausgesprochene Anwesenheitspflicht würden bei einer solchen Veranstaltung nur wenige seiner Mitspieler auftauchen, glaubt er. Warum auch? Der Aufbau freundschaftlicher Beziehungen erscheint sinnlos – vielleicht spielt man ohnehin im nächsten Jahr wieder bei einem anderen Verein.

Der „Wechsler“ – so wird dieser Spielertypus in der wissenschaftlichen Literatur genannt – hat eben eher professionellen Kontakt zu seinen Mitspielern, die Belange des Vereins lassen ihn häufig kalt. Das bestätigt auch Martin K.: „Wir wollen mit dem Verein sportlich erfolgreich sein, das Drumherum ist nicht so wichtig.“ Den bezahlten Spielern fehlt es an einer emotionalen Bindung zum Verein: Von ihnen bezeichnen nur rund 36 Prozent das Vereinsumfeld als „ein zweites Zuhause“.

Bei Befragten, die kein Geld für ihr Engagement erhalten, sind es dagegen gut 65 Prozent – ein enormer Unterschied. Dementsprechend legen die beiden Gruppen im Vereinsleben auch ein ganz anderes Verhalten an den Tag: Jeder dritte unvergütete Fußballer behauptet, nach dem Spiel oder Training „im Grunde immer“ in geselliger Runde zusammenzusitzen. Bei den bezahlten Spielern ist es nicht mal jeder vierte.

[bild2]Das gesellige Miteinander verliert im Vereinsfußball an Bedeutung – dafür sorgt eben auch das Geld. Sprechen wir hier aber von einem neuen Phänomen? Oder ist im Amateurfußball schon immer Geld geflossen? Entsprechende Studien hierzu liegen leider nicht vor, der Amateurfußball ist in wissenschaftlicher Hinsicht ein relativ blinder Fleck. Glaubt man aber Schalke-Profi Christoph Metzelder, haben sich hier die Verhältnisse durchaus verändert. In einer Kolumne für „11 Freunde“ aus dem Jahr 2010 zeigt er sich ziemlich empört über die neue Bezahlkultur im Amateurfußball:

„Wenn ich höre, dass in Bezirksligen (8. Spielklasse) Spieler bis zu 600 Euro dafür bekommen, dass sie (Hobby-)Fußball spielen, dann ist das ein starkes Stück. Nur mal zum Vergleich: In meinem ersten Seniorenjahr bei Preußen Münster, 1999/2000 in der 3. Liga, bekam ich als 18-jähriger Vertragsspieler 630 Mark steuerfrei. Das war als Abiturient sehr viel Geld. Aber wir reden hier von der 3. Liga und der Arbeit unter Profibedingungen.“

Wer ist Schuld an der Entwicklung?

Martin K. ist einer dieser Spieler, über die sich Metzelder so ärgert. Auch er ist manchmal verwundert darüber, wie viele Scheine am Ende des Monats in seinem Kuvert stecken: „Eigentlich ist es schon irrsinnig, dass es im unteren Amateurfußball so viel Geld zu verdienen gibt.“ Dennoch findet er, solle man nicht immer den Spielern die Schuld in die Kickstiefel schieben: „Wir haben das System nicht gemacht!“ Ihr Verhalten hinterfragen müssten vielmehr die Geldgeber, meint K.

Für diese Personen hat sich in Zeiten von Roman Abramowitsch und Dietmar Hopp die Bezeichnung „Mäzen“ durchgesetzt. Und genau diesen prominenten Vorbildern aus dem Profigeschäft wird im Amateurfußball nachgeeifert – wenn auch nicht unter Einsatz von Millionen. Dennoch, ein paar Tausend Euro macht der wohlhabende Eigner eines ortsansässigen Unternehmens schon mal locker.

Davon berichtet auch Daniel Hauser, 29, derzeit aktiv beim Mannheimer Fußballverein SSV Vogelstang. „Die meisten Vereine in Mannheim und Umgebung werden von privaten Geldgebern finanziell getragen“, so Hauser. Auch bei seinem ehemaligen Verein sei das so gewesen: „Der Präsident war ein erfolgreicher Geschäftsmann und hatte eben den einen oder anderen Euro übrig“, erzählt der 29-Jährige. Mit diesem Geld umwarb der großzügige Präsident Fußballer, die bereits in höheren Ligen aktiv waren – mit Erfolg.

Das Problem dabei: am Verein und an der Mannschaft zeigten sich diese Spieler nur wenig interessiert: „Die Teamevents fanden meist ohne sie statt“, so Hauser. Für ihn schließlich einer der Gründe, den Verein zu verlassen. Beim SSV Vogelstang ist er nun wieder zufrieden. Anderen Vereinen rät er, den Verheißungen privater Investoren zu widerstehen: „Das Geld bringt meist kurzfristig sportlichen Erfolg, keine Frage“, gibt Hauser zu. Doch oft verliere der Geldgeber schon nach kurzer Zeit wieder das Inter esse – „und dann geht’s bergab!“.

Sportliche und finanzielle Talfahrten

Auch im Untersuchungsbericht zum DFB-Forschungsprojekt „Analyse von Fußballvereinen in Deutschland“ aus dem Jahr 2008 findet sich hierfür ein Beispiel. Darin beklagen sich die Verantwortlichen des württembergischen Amateurvereins TSV Allmendingen über die Verfehlungen der Vereinsführung in der jüngeren Vergangenheit. Diese hatte Ende der 1990er Jahre das Ziel des unbedingten sportlichen Erfolgs ausgegeben und daraufhin ortsfremde, höherklassige Spieler unter großen finanziellen Anstrengungen angeworben.

Innerhalb kürzester Zeit gelang der zweifache Aufstieg von der Bezirks- bis in die Verbandsliga – dann zogen sich die privaten Geldgeber zurück. Eine sportliche wie finanzielle Talfahrt begann. Neben dieser Misere hatte der Verein auch noch mit einem „großen Imageschaden“ zu kämpfen, heißt es im Bericht. Die befragten Vereinsvertreter führen den Ansehensverlust darauf zurück, dass in der sportlich erfolgreichen Zeit „kein einheimischer Spieler mehr in der 1. Mannschaft spielte“.

Am Ende einer Entwicklung, die mit dem Eintritt eines privaten Investors beginnt und dem Umbau der Mannschaft weitergeht, steht also die Abkehr treuer Anhänger und Mitglieder. Und dabei sind genau sie so wichtig: Studien belegen, dass es vor allem die treuen und emotional gebundenen Personen sind, die den Verein mit ihrem ehrenamtlichen Engagement tragen.

Von ihnen ernähren sich die deutschen Vereine. Die Monetarisierung ist jedoch dabei, diese lebenserhaltende Verbindung zu kappen – das scheint zumindest im Fußball, dem mitgliederstärksten Bereich des deutschen Vereinswesens, der Fall zu sein. Ein wichtiger Eckpfeiler unserer demokratischen Kultur könnte dadurch instabil werden. Denn Vereine gelten als „Schulen der Demokratie“.

Laut Prof. Dr. Sebastian Braun, dem Direktor des Instituts für Sportwissenschaft der Humboldt- Universität zu Berlin, erlernen die Bürger dort „jene Tugenden, Orientierungen und Handlungsdispositionen, welche die zwischenmenschliche Kooperation und insbesondere das soziale Vertrauen steigern.“ Wir reden hier nicht vom Untergang des Abendlandes. Wenn aber Fußball-Weihnachtsfeiern zu bloßen Geldübergaberitualen verkommen, sollte man zumindest skeptisch werden.