Vom Spieler zum Cheftrainer: Nessos bei TuS Koblenz

Die letzten Jahre waren nicht sonderlich gut zur TUS Koblenz. Seit der rheinland-pfälzische Klub 2010 aus der 2. Bundesliga abgestiegen ist, hat es nur selten gute Nachrichten rund um den Verein aus dem Koblenzer Stadtteil Oberwerth gegeben. Schulden, der Rückzug des Hauptsponsors und der damit verbundene freiwillige Gang in die Regionalliga Südwest - das ist nur eine Auswahl der negativen Schlagzeilen aus der jüngeren Vergangenheit.

Auch die Saison 2013/14 begann nicht gut für die Koblenzer. Nach Platz acht in der Vorsaison hatte der Klub vor dieser Spielzeit wieder Richtung Aufstieg geschielt. Doch nach enttäuschendem Start musste Trainer Peter Neustädter gehen. Abgelöst wurde er durch seinen ehemaligen Co-Trainer Evangelos Nessos.

Der griechisch-stämmige Nessos ist inzwischen fast so etwas wie ein Koblenzer Urgestein. Seit 2004 ist er bei der TuS, erst als Spieler, dann als Jugend- und Co-Trainer und nun als Chef. Zwischenzeitlich hat er sogar in der Merchandise-Abteilung des Klubs gearbeitet. Er hat den sensationellen Zweitliga-Aufstieg der Oberwerther genauso miterlebt wie den Absturz danach. Und dabei selbst auch alle Höhen und Tiefen eines Fußballerdaseins erlebt.

Karriere verlief nie geradlinig

Nessos' Karriere verlief nie geradlinig. In der Jugend von Bayer Leverkusen wurde der gebürtige Solinger einst von Trainer Thomas Hörster aussortiert. Begründung: Er sei zwar ein guter Fußballer, habe aber körperliche Defizite.

Im Alter von 17 Jahren ging Nessos dann mit seinem Vater nach Griechenland, an die Fußballschule von PAOK Saloniki, nur um festzustellen, dass er zwar in Deutschland in erster Linie als Grieche wahrgenommen wurde, in Griechenland aber dafür als "der Deutsche" galt. "Bis dahin", berichtet Nessos von seiner schwierigen Zeit in Saloniki, "kannte ich Griechenland nur vom Sommerurlaub, immer Sonnenschein und Meer. Ich hatte so ein richtiges Touristenbild vom Land. Und dann merkte ich, dass es da auch kalt wird und man auch in die Schule gehen muss. Das war insgesamt schon eine Erfahrung fürs Leben."

Danach war der große Traum vom Fußballerleben für Nessos erstmal ausgeträumt. Er kickte zum Spaß in der Landesliga, bis seinem Vater zufällig im Baumarkt der ehemalige Leverkusener Jugendtrainer seines Sohnes über den Weg lief. Der war mittlerweile als Scout beim 1. FC Köln tätig und besorgte Evangelos ein Probetraining beim FC. Der Testlauf war immerhin so erfolgreich, dass die Kölner Nessos nach zwei Monaten erst einen Amateurvertrag anboten und nach zwei Jahren dann auch einen Profikontrakt.

Von Köln nach Koblenz: "Im Nachhinein die beste Entscheidung"

Doch auch jetzt lief es nicht glatt für den hoffnungsvollen Nachwuchsspieler. Unter Trainer Ewald Lienen kam Nessos zwar zu Kurzeinsätzen, der Durchbruch gelang ihm jedoch nicht. Es folgte der Wechsel zur TuS Koblenz, den Nessos selbst damals eher kritisch sah: "Ehrlich gesagt, hatte ich damals schon Bauchschmerzen. Vom 1. FC Köln nach Koblenz, das war schon ein Rückschritt. Aber im Nachhinein war es die beste Entscheidung meines Fußballerlebens, nach nur einer Woche hat es dann einfach gepasst."

Die ersten Jahren in Koblenz waren von Euphorie geprägt. Die TuS schaffte 2006 "das Wunder vom Oberwerth", den Aufstieg in die 2. Bundesliga. Nessos war Stammspieler und Publikumsliebling. Es waren die besten Tage der jüngeren Koblenzer Fußballgeschichte. Und dann schlug das Verletzungspech zu.

"Natürlich habe ich mit dem Schicksal gehadert"

Es war die Patellasehne, die Nessos' Fußballerkarriere beendete. Ein Schlag auf das Knie, danach immer stärkere Schmerzen, vier Operationen, zweieinhalb Jahre in der Reha und langsam dämmerte die Erkenntnis, dass es im eigentlich besten Alter für einen Fußballer vorbei war mit der Karriere. Das muss man erst einmal verkraften.

Nessos erinnert sich: "Natürlich habe ich mit dem Schicksal gehadert und war total deprimiert. Zwei Jahre lang konnte ich mir kaum ein Fußballspiel anschauen. Ohne meine Familie hätte ich das wohl nicht durchgestanden. Die Zeit heilt alle Wunden, aber die ersten Monate waren ganz bitter."

"Wir wollten damals zu schnell zu viel"

Nun ist Evangelos Nessos wieder voll drin im Fußballgeschäft. Als Trainer will er der TuS weiterhelfen auf dem schwierigen Weg zurück. Die Versäumnisse und Irrungen der Vergangenheit hat er hautnah miterlebt. Nessos glaubt, die Fehler wurden, wie so oft, in der Zeit des größten Erfolges gemacht: "Wir kamen ja eigentlich aus dem Nichts in die zweite Liga, wollten dann aber zu schnell zu viel. Da wurden plötzlich Spieler verpflichtet, die schon Champions-League-Erfahrung hatten und entsprechen verdient haben. Damals war die 2. Bundesliga plötzlich nicht mehr gut genug, man hat alles auf eine Karte gesetzt. Die Schulden von damals zahlen wir heute noch ab."

Sämtliche Pläne, mit den Mehreinnahmen in der zweiten Liga erst einmal die Infrastruktur zu verbessern, waren jedenfalls schnell vergessen. Stattdessen wurde nur in den Kader investiert. Es kam, wie es kommen musste: Nach zwei Abstiegen hat der Klub zum Beispiel immer noch keine vernünftigen Trainingsplätze für sein Nachwuchsleistungszentrum.

Mannschaft in kleinen Schritten stabilisieren

Zunächst gilt es für Nessos, die Mannschaft in kleinen Schritten zu stabilisieren. Sechs Spiele ohne Niederlage sind ein guter Anfang. Am vergangenen Wochenende gab es ein 2:2 beim SV Waldhof Mannheim. Aber Nessos, der aktuell noch als Teamchef firmiert und Anfang des Jahres die fehlende A-Lizenz erwerben will, weiß, dass die hoch gesteckten Erwartungen vor Saisonbeginn kontraproduktiv waren: "Die Enttäuschung der Leute war natürlich riesengroß, da haben wir uns selbst keinen Gefallen getan. Deshalb nehmen wir uns nicht mehr vor, als die nächste Partie zu gewinnen und den Leuten ein gutes Spiel zu liefern. Und am Ende schauen wir, was dabei herauskommt."

Vielleicht gibt es demnächst wieder häufiger positive Schlagzeilen von der TuS Koblenz. Der neue Teamchef ist jemand, der bewiesen hat, dass er Rückschläge verkraften und trotzdem voller Elan zurückkommen kann. Ihm wäre es zu wünschen, dass der nächste Rückschlag noch etwas auf sich warten lässt.

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Die letzten Jahre waren nicht sonderlich gut zur TUS Koblenz. Seit der rheinland-pfälzische Klub 2010 aus der 2. Bundesliga abgestiegen ist, hat es nur selten gute Nachrichten rund um den Verein aus dem Koblenzer Stadtteil Oberwerth gegeben. Schulden, der Rückzug des Hauptsponsors und der damit verbundene freiwillige Gang in die Regionalliga Südwest - das ist nur eine Auswahl der negativen Schlagzeilen aus der jüngeren Vergangenheit.

Auch die Saison 2013/14 begann nicht gut für die Koblenzer. Nach Platz acht in der Vorsaison hatte der Klub vor dieser Spielzeit wieder Richtung Aufstieg geschielt. Doch nach enttäuschendem Start musste Trainer Peter Neustädter gehen. Abgelöst wurde er durch seinen ehemaligen Co-Trainer Evangelos Nessos.

Der griechisch-stämmige Nessos ist inzwischen fast so etwas wie ein Koblenzer Urgestein. Seit 2004 ist er bei der TuS, erst als Spieler, dann als Jugend- und Co-Trainer und nun als Chef. Zwischenzeitlich hat er sogar in der Merchandise-Abteilung des Klubs gearbeitet. Er hat den sensationellen Zweitliga-Aufstieg der Oberwerther genauso miterlebt wie den Absturz danach. Und dabei selbst auch alle Höhen und Tiefen eines Fußballerdaseins erlebt.

Karriere verlief nie geradlinig

Nessos' Karriere verlief nie geradlinig. In der Jugend von Bayer Leverkusen wurde der gebürtige Solinger einst von Trainer Thomas Hörster aussortiert. Begründung: Er sei zwar ein guter Fußballer, habe aber körperliche Defizite.

Im Alter von 17 Jahren ging Nessos dann mit seinem Vater nach Griechenland, an die Fußballschule von PAOK Saloniki, nur um festzustellen, dass er zwar in Deutschland in erster Linie als Grieche wahrgenommen wurde, in Griechenland aber dafür als "der Deutsche" galt. "Bis dahin", berichtet Nessos von seiner schwierigen Zeit in Saloniki, "kannte ich Griechenland nur vom Sommerurlaub, immer Sonnenschein und Meer. Ich hatte so ein richtiges Touristenbild vom Land. Und dann merkte ich, dass es da auch kalt wird und man auch in die Schule gehen muss. Das war insgesamt schon eine Erfahrung fürs Leben."

Danach war der große Traum vom Fußballerleben für Nessos erstmal ausgeträumt. Er kickte zum Spaß in der Landesliga, bis seinem Vater zufällig im Baumarkt der ehemalige Leverkusener Jugendtrainer seines Sohnes über den Weg lief. Der war mittlerweile als Scout beim 1. FC Köln tätig und besorgte Evangelos ein Probetraining beim FC. Der Testlauf war immerhin so erfolgreich, dass die Kölner Nessos nach zwei Monaten erst einen Amateurvertrag anboten und nach zwei Jahren dann auch einen Profikontrakt.

Von Köln nach Koblenz: "Im Nachhinein die beste Entscheidung"

Doch auch jetzt lief es nicht glatt für den hoffnungsvollen Nachwuchsspieler. Unter Trainer Ewald Lienen kam Nessos zwar zu Kurzeinsätzen, der Durchbruch gelang ihm jedoch nicht. Es folgte der Wechsel zur TuS Koblenz, den Nessos selbst damals eher kritisch sah: "Ehrlich gesagt, hatte ich damals schon Bauchschmerzen. Vom 1. FC Köln nach Koblenz, das war schon ein Rückschritt. Aber im Nachhinein war es die beste Entscheidung meines Fußballerlebens, nach nur einer Woche hat es dann einfach gepasst."

Die ersten Jahren in Koblenz waren von Euphorie geprägt. Die TuS schaffte 2006 "das Wunder vom Oberwerth", den Aufstieg in die 2. Bundesliga. Nessos war Stammspieler und Publikumsliebling. Es waren die besten Tage der jüngeren Koblenzer Fußballgeschichte. Und dann schlug das Verletzungspech zu.

"Natürlich habe ich mit dem Schicksal gehadert"

Es war die Patellasehne, die Nessos' Fußballerkarriere beendete. Ein Schlag auf das Knie, danach immer stärkere Schmerzen, vier Operationen, zweieinhalb Jahre in der Reha und langsam dämmerte die Erkenntnis, dass es im eigentlich besten Alter für einen Fußballer vorbei war mit der Karriere. Das muss man erst einmal verkraften.

Nessos erinnert sich: "Natürlich habe ich mit dem Schicksal gehadert und war total deprimiert. Zwei Jahre lang konnte ich mir kaum ein Fußballspiel anschauen. Ohne meine Familie hätte ich das wohl nicht durchgestanden. Die Zeit heilt alle Wunden, aber die ersten Monate waren ganz bitter."

"Wir wollten damals zu schnell zu viel"

Nun ist Evangelos Nessos wieder voll drin im Fußballgeschäft. Als Trainer will er der TuS weiterhelfen auf dem schwierigen Weg zurück. Die Versäumnisse und Irrungen der Vergangenheit hat er hautnah miterlebt. Nessos glaubt, die Fehler wurden, wie so oft, in der Zeit des größten Erfolges gemacht: "Wir kamen ja eigentlich aus dem Nichts in die zweite Liga, wollten dann aber zu schnell zu viel. Da wurden plötzlich Spieler verpflichtet, die schon Champions-League-Erfahrung hatten und entsprechen verdient haben. Damals war die 2. Bundesliga plötzlich nicht mehr gut genug, man hat alles auf eine Karte gesetzt. Die Schulden von damals zahlen wir heute noch ab."

Sämtliche Pläne, mit den Mehreinnahmen in der zweiten Liga erst einmal die Infrastruktur zu verbessern, waren jedenfalls schnell vergessen. Stattdessen wurde nur in den Kader investiert. Es kam, wie es kommen musste: Nach zwei Abstiegen hat der Klub zum Beispiel immer noch keine vernünftigen Trainingsplätze für sein Nachwuchsleistungszentrum.

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Mannschaft in kleinen Schritten stabilisieren

Zunächst gilt es für Nessos, die Mannschaft in kleinen Schritten zu stabilisieren. Sechs Spiele ohne Niederlage sind ein guter Anfang. Am vergangenen Wochenende gab es ein 2:2 beim SV Waldhof Mannheim. Aber Nessos, der aktuell noch als Teamchef firmiert und Anfang des Jahres die fehlende A-Lizenz erwerben will, weiß, dass die hoch gesteckten Erwartungen vor Saisonbeginn kontraproduktiv waren: "Die Enttäuschung der Leute war natürlich riesengroß, da haben wir uns selbst keinen Gefallen getan. Deshalb nehmen wir uns nicht mehr vor, als die nächste Partie zu gewinnen und den Leuten ein gutes Spiel zu liefern. Und am Ende schauen wir, was dabei herauskommt."

Vielleicht gibt es demnächst wieder häufiger positive Schlagzeilen von der TuS Koblenz. Der neue Teamchef ist jemand, der bewiesen hat, dass er Rückschläge verkraften und trotzdem voller Elan zurückkommen kann. Ihm wäre es zu wünschen, dass der nächste Rückschlag noch etwas auf sich warten lässt.