Verl-Trainer Golombek: "Man will immer so weit nach oben wie möglich"

DFB.de: 1993 hatten Sie bereits mit der deutschen Bundeswehr-Nationalmannschaft die Bronzemedaille bei der WM in Marokko geholt. War das für Sie ebenfalls ein besonderer Moment?

Golombek: Auf jeden Fall. Wir hatten eine gute Mannschaft zusammen. Leider hatten wir das Halbfinale gegen Ägypten verloren. Aber im Spiel um den dritten Platz haben wir Frankreich keine Chance gelassen und 3:0 gewonnen. Unter anderem waren auch Christian Wörns, Markus Babbel und Roy Präger dabei. Wir waren eine tolle Truppe, das hat Spaß gemacht.

DFB.de: Stimmt eigentlich die Geschichte, dass Sie dabei waren, als sich Hape Kerkeling beim Grazer AK mit der kompletten Presse einen Spaß erlaubt hat?

Golombek: Oh ja, das wissen viele heute gar nicht mehr. Klaus Augenthaler war damals unser Trainer. Dann haben die Verantwortlichen eine Pressekonferenz einberufen und der verkleidete Hape Kerkeling saß dort. Er hat einen litauischen Trainer gespielt und wurde als Nachfolger von Klaus Augenthaler vorgestellt. Das war einfach großartig.

DFB.de: Wie war die Zeit beim Grazer AK in Österreich?

Golombek: Ich bin absolut froh und glücklich, dass ich diesen Schritt gemacht habe. Der österreichische Fußball war damals im Aufbruch. Wir konnten uns im Europapokal mit Spielern wie Thierry Henry, David Trezeguet oder Didier Deschamps messen. Dazu hätte ich in Deutschland wahrscheinlich nie die Möglichkeit bekommen.

DFB.de: Sie haben nur drei Bundesligaspiele bestritten. Damals standen Sie bei Fortuna Düsseldorf unter Vertrag. Wäre mehr möglich gewesen?

Golombek: Natürlich, davon bin ich überzeugt. Aleksandar Ristic war Trainer. Er hatte eine eingespielte Mannschaft. Aber gleichzeitig hat er mir auch versichert, dass meine Zeit kommen wird. Ich solle etwas Geduld haben. Leider ist Ristic dann weggegangen. Und mit dessen Nachfolger bin ich nicht klar gekommen. Wir lagen einfach nicht auf einer Wellenlänge. Deshalb kam ich nicht mehr zum Einsatz. Wir haben dann meinen Vertrag aufgelöst. Ich wollte nicht auf der Tribüne sitzen. Da bin ich lieber wieder in die 2. Bundesliga nach Uerdingen gegangen. Aber ich habe Bundesliga gespielt, das zählt.



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Andreas Golombek war über 20 Jahre Profifußballer. Er gewann mit der Bundeswehr-Nationalmannschaft die Bronzemedaille bei der Militär-WM 1993 in Marokko. Er war Teil jener Mannschaft des 1. FC Magdeburg, die in der Saison 2000/2001 im DFB-Pokal für so viel Aufsehen gesorgt hatte.

In der ersten Runde setzte sich der damalige Oberligist gegen den 1. FC Köln durch (5:2). Danach folgten die Sensationen gegen den FC Bayern München (5:3 n.E.) und den Karlsruher SC (5:3 n.V.). Erst im Viertelfinale war Schluss gegen den FC Schalke 04 (0:1).

Im DFB.de-Interview mit Mitarbeiter Sven Winterschladen spricht Golombek auch über das Elfmeterschießen gegen den FC Bayern. Der heute 45-Jährige musste ebenfalls antreten: "Ich bin von der Mittellinie losgegangen. Mit jedem Schritt ist Oliver Kahn größer geworden. Das Tor gleichzeitig kleiner. Aber dann habe ich den Ball auf den Punkt gelegt und ihn einfach reingedonnert."

Inzwischen ist Golombek als Trainer tätig. Seit dieser Saison betreut der dreimalige Bundesliga-Spieler den West-Regionalligisten SC Verl. Am Samstag steht das schwere Spiel beim Spitzenreiter Sportfreunde Lotte auf dem Programm (ab 14 Uhr). Golombek weiß, wie Überraschungen funktionieren. Er arbeitet gerade an der nächsten.

DFB.de: Herr Golombek, Sie sind nun seit fast einem halben Jahr Trainer des SC Verl. Wie sind Ihre Eindrücke?

Andreas Golombek: Ausschließlich positiv. Es macht mir unheimlich viel Spaß, mit den jungen Leuten zu arbeiten. Wir sind hier ein kleiner Verein, aber die Strukturen sind sehr professionell. Wir haben zwei tolle Kunstrasenplätze und ein sehr schönes Stadion. Allerdings haben wir im Gegensatz zu vielen anderen Klubs in dieser Klasse kein Vollprofitum. Die meisten unserer Spieler gehen tagsüber arbeiten und kommen abends zum Training. Deshalb wird es womöglich bis zum letzten Spieltag gegen den Abstieg gehen. Das ist jedoch auch allen bewusst.

DFB.de: Wie schätzen Sie die Regionalliga West ein?

Golombek: Für einen Verein wie den SC Verl ist das großartig. Wir sind begeistert, Teil dieser hoch attraktiven Regionalliga West zu sein. Aus meiner Sicht gibt es keine stärkere Staffel. Man muss nur mal schauen, wer aufgestiegen ist: zum Beispiel Wattenscheid 09 und der KFC Uerdingen. Da stecken Tradition und die entsprechenden finanziellen Mittel hinter. Dazu kommen Vereine wie Rot-Weiss Essen, Rot-Weiß Oberhausen, Fortuna Köln, Viktoria Köln, Alemannia Aachen oder die Sportfreunde Lotte. Dort ist wahrscheinlich das entsprechende Kleingeld vorhanden. Aber wir können bei den Großen mitspielen. Das haben wir bereits bewiesen.

DFB.de: Sind Sie also zufrieden bislang?

Golombek: Ja und nein. Wir hatten einen guten Start. Zuletzt haben wir jedoch leider einige Punkte liegen gelassen. Da hat man gesehen, dass wir teilweise noch zu naiv sind. Aber die Mannschaft marschiert, sie ist willig. Deshalb bin ich auch davon überzeugt, dass wir unsere Ziele erreichen werden.

DFB.de: Am Samstag geht es zu Spitzenreiter Sportfreunde Lotte. Eine unlösbare Aufgabe?

Golombek: Unlösbar sicher nicht. Aber schwer. Wir haben bislang in dieser Saison noch nicht einmal richtig enttäuscht. Wir spielen keinen schlechten Fußball. Es geht für uns nicht darum, dort nicht zu hoch zu verlieren. Nein, wir fahren nach Lotte, um dagegen zu halten. Vielleicht gelingt uns dann die Überraschung. Natürlich sind wir totaler Außenseiter. Aber warten wir doch einfach mal ab, was am Samstag passiert. Ich habe schon so viele Dinge im Fußball erlebt…

DFB.de: Ist Ihre eigene Vergangenheit im Profifußball ein Thema in Verl?

Golombek: Die Jungs wissen natürlich Bescheid. Sie wollen ja auch wissen, ob ihr Trainer überhaupt einen Ball geradeaus spielen kann. Ich muss den Jungs was vermitteln können. Das ist sicher einfacher, wenn man eine Karriere hinter sich hat und dabei Bundesliga oder 2. Bundesliga gespielt hat. Das heißt nicht, dass man dadurch ein besserer Trainer ist. Aber es macht die Situation etwas leichter, denke ich. Es gibt ja viele Geschichten über mich…

DFB.de: …zum Beispiel die aus der Saison 2000/2001, als Sie als Spieler des Oberligisten 1. FC Magdeburg im DFB-Pokal Geschichte geschrieben haben…

Golombek: …das war großartig. Wir waren der ganz krasse Außenseiter. Und dann haben wir nacheinander den 1. FC Köln, den FC Bayern München und den Karlsruher SC aus dem Wettbewerb geschossen. Erst im Viertelfinale waren gegen Schalke 04 Schluss. Das war eine unglückliche Niederlage – 0:1 durch einen Elfmeter von Jörg Böhme.

DFB.de: War das Weiterkommen gegen den FC Bayern der außergewöhnlichste Moment Ihrer Karriere?

Golombek: Das war schon herausragend. Ich bin stolz auf diese Geschichten von damals. Wenn ich heute noch manchmal in Magdeburg zu Gast bin, werde ich mit offenen Armen empfange. Dort sind wir immer noch kleine Helden. Die Leute haben nicht vergessen, was damals los war.

DFB.de: Ofodile schießt Ihr Team in Führung, Salihamidzic schafft zehn Minuten vor Schluss den Ausgleich, in der Verlängerung fallen keine Tore mehr. Es kommt zum Elfmeterschießen. Auch Sie treten gegen Oliver Kahn an…

Golombek: …das war schon ein Erlebnis. So etwas wird womöglich nie wieder passieren.

DFB.de: Was geht einem vor so einem Schuss durch den Kopf?

Golombek: Das war eine wahnsinnige Situation damals. Ich glaube, es waren 27.000 Zuschauer da. Die sind dann alle hinter das Tor geströmt, auf das wir geschossen haben. Ich bin dann von der Mittellinie losgegangen. Und Oliver Kahn wurde für mich immer größer, gleichzeitig das Tor immer kleiner. Da macht man sich schon Gedanken. Aber dann bin ich die letzten Schritte einfach zum Punkt gegangen, habe mir den Ball genommen und ihn ins Tor gedonnert. Das war es dann. Wenn man zu viel überlegt, geht es garantiert schief. Alle Magdeburger haben getroffen, Miroslav Dreszer hat teilweise überragend gehalten. Dann war die Sensation perfekt.

DFB.de: Realisiert man das in diesem Augenblick?

Golombek: Ja, schon. Das war einfach ein geiles Spiel. Wir haben 120 Minuten richtig guten Fußball gespielt. Wir haben die Bälle nicht nur lang weggeschlagen. Die Anspannung ist da. Und mit jeder Minute ist sie größer geworden. Wir haben ja gespürt, dass es etwas möglich ist. Gut, dass dann alles auf dieses Elfmeterschießen hinaus läuft, hat dem Ganzen sicher die Krone aufgesetzt. Aber letztlich ist es egal, ob man den Strafstoß im DFB-Pokal gegen den FC Bayern schießt oder in der Kreisliga. Es geht nur darum: Der Ball muss aus elf Metern ins Tor.

DFB.de: 1993 hatten Sie bereits mit der deutschen Bundeswehr-Nationalmannschaft die Bronzemedaille bei der WM in Marokko geholt. War das für Sie ebenfalls ein besonderer Moment?

Golombek: Auf jeden Fall. Wir hatten eine gute Mannschaft zusammen. Leider hatten wir das Halbfinale gegen Ägypten verloren. Aber im Spiel um den dritten Platz haben wir Frankreich keine Chance gelassen und 3:0 gewonnen. Unter anderem waren auch Christian Wörns, Markus Babbel und Roy Präger dabei. Wir waren eine tolle Truppe, das hat Spaß gemacht.

DFB.de: Stimmt eigentlich die Geschichte, dass Sie dabei waren, als sich Hape Kerkeling beim Grazer AK mit der kompletten Presse einen Spaß erlaubt hat?

Golombek: Oh ja, das wissen viele heute gar nicht mehr. Klaus Augenthaler war damals unser Trainer. Dann haben die Verantwortlichen eine Pressekonferenz einberufen und der verkleidete Hape Kerkeling saß dort. Er hat einen litauischen Trainer gespielt und wurde als Nachfolger von Klaus Augenthaler vorgestellt. Das war einfach großartig.

DFB.de: Wie war die Zeit beim Grazer AK in Österreich?

Golombek: Ich bin absolut froh und glücklich, dass ich diesen Schritt gemacht habe. Der österreichische Fußball war damals im Aufbruch. Wir konnten uns im Europapokal mit Spielern wie Thierry Henry, David Trezeguet oder Didier Deschamps messen. Dazu hätte ich in Deutschland wahrscheinlich nie die Möglichkeit bekommen.

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DFB.de: Sie haben nur drei Bundesligaspiele bestritten. Damals standen Sie bei Fortuna Düsseldorf unter Vertrag. Wäre mehr möglich gewesen?

Golombek: Natürlich, davon bin ich überzeugt. Aleksandar Ristic war Trainer. Er hatte eine eingespielte Mannschaft. Aber gleichzeitig hat er mir auch versichert, dass meine Zeit kommen wird. Ich solle etwas Geduld haben. Leider ist Ristic dann weggegangen. Und mit dessen Nachfolger bin ich nicht klar gekommen. Wir lagen einfach nicht auf einer Wellenlänge. Deshalb kam ich nicht mehr zum Einsatz. Wir haben dann meinen Vertrag aufgelöst. Ich wollte nicht auf der Tribüne sitzen. Da bin ich lieber wieder in die 2. Bundesliga nach Uerdingen gegangen. Aber ich habe Bundesliga gespielt, das zählt.

DFB.de: In der Regionalliga schließt sich offenbar wieder der Kreis. Sie treffen mit Verl auf zahlreiche Klubs, für die Sie als Profi aktiv waren – Düsseldorf, Uerdingen, Wattenscheid zum Beispiel.

Golombek: Ich kenne unheimlich viele Leute von früher. Das ist für mich eine Reise zurück in die Vergangenheit. Es ist toll, viele alte Weggefährten nun wieder zu sehen.

DFB.de: Was sind Ihre persönlichen Ziele als Trainer?

Golombek: Ich bin zunächst glücklich mit meiner Aufgabe beim SC Verl. Das ist eine spannende Herausforderung. Aber als Sportler will man immer so weit nach oben wie möglich. Als Spieler, aber auch als Trainer. Am liebsten möchte ich Nationaltrainer werden. Aber wir haben ja einen sehr guten. Nein, im Ernst: Ich würde gerne irgendwann den nächsten Schritt wagen. Vielleicht mal als Co-Trainer bei einem Bundesligisten oder in der 2. Bundesliga. Ich möchte gerne noch mal reinkommen in den echten Profibereich. Es gibt keinen tolleren Beruf als Fußballer. Für mich ist das der absolute Hammer, ein Traum. Ich durfte es 25 Jahre erleben. Es war eine schreckliche Erfahrung, als es irgendwann vorbei war. Aber man kann sich gegen das Alter nicht wehren. Damit muss man klar kommen. Vielleicht gelingt mir die Rückkehr als Trainer. Das ist mein großes Ziel.