Trainer-Novize Effenberg: "Ich will ganz nach oben"

Effenberg: Ich nehme aus jedem der Fächer etwas mit. Ob es jetzt Konditionslehre ist oder Sportbiologie oder was auch immer. Aber das sind Dinge, die für mich persönlich ein wenig zäh sind, bei denen es mir weniger leicht fällt, aufmerksam zuzuhören. Aber ich finde es richtig, dass hier auch diese Inhalte vermittelt werden.

DFB.de: Zu Beginn des Lehrgangs ging es gleich nach Dänemark. Wie hat Ihnen die U 21-EM gefallen?

Effenberg: Es war sportlich abzusehen, wie es ausgehen wird. Nach den ersten Spielen war ziemlich klar, dass entweder Spanien oder die Schweiz das Turnier gewinnen würden. Sie haben den besten Fußball gespielt, sie waren organisiert und zielstrebig. Es war durchaus interessant, auch mal den Fußball-Nachwuchs so intensiv zu beobachten, auch wenn ich dort jetzt keine bahnbrechend neuen Dinge gesehen habe, die mir neue Erkenntnisse gebracht hätten.

DFB.de: Und wie war es mit dem Kurs: Haben Sie sich auch hier an Ihre Schulzeit erinnert gefühlt?

Effenberg: Ja, es hatte durchaus etwas von einer Klassenfahrt und hat mich an früher erinnert. Es war gut, dass wir diesen Ausflug gemacht haben. Man lernt sich schnell kennen, man verbringt intensiv viel Zeit miteinander. Das macht das Arbeiten leichter, weil man weiß, wie man die einzelnen Charaktere einschätzen muss.

DFB.de: Als Spieler hatten Sie den Ruf, unbequem zu sein. Mitunter auch für Ihre Trainer. Hätten Sie als Trainer einen Spieler, einen Typ wie Stefan Effenberg gerne in Ihrer Mannschaft?

Effenberg: Natürlich, klar. Es können auch nur wenige Menschen beurteilen, wie ich als Spieler war. Nach außen galt ich als aggressiv und unbequem. Das ist aber nur ein Teil der Wahrheit. Als Mensch, als Kapitän war ich immer für meine Mitspieler da. Das haben meine Trainer auch immer an mir geschätzt. Ich würde mich freuen, wenn ich einen ähnlichen Charakter später trainieren könnte. Schon weil er mir als Trainer das Leben leichter machen würde, weil er mir viel abnehmen und dafür sorgen würde, dass die Mannschaft funktioniert.

DFB.de: Ihr Praktikum wollten Sie bei Real Madrid absolvieren. Klappt das?



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Er hat als Spieler polarisiert, Höhen und Tiefen erlebt, provoziert und Prügel bezogen. Wo Stefan Effenberg war, war es nie langweilig. Mit Bayern München gewann er 2001 die Champions League und insgesamt drei Deutsche Meisterschaften, für die Nationalmannschaft absolvierte er 35 Länderspiele.

Diese Erfahrungen will er nun weitergeben. An der Hennes-Weisweiler-Akademie in Hennef absolviert der 42-Jährige den 58. Fußball-Lehrer-Lehrgang, danach will er ins Trainergeschäft einsteigen.

Sein Anspruch ist der Alte: "Ich will ganz nach oben", sagt Effenberg im DFB.de-Interview mit Redakteur Steffen Lüdeke. Außerdem spricht er über seinen Reifeprozess, seine Mitschüler und seine Vorbilder.

DFB.de: Herr Effenberg, bereits im Jahr 2001 haben Sie gesagt, dass Sie davon überzeugt sind, ein guter Trainer sein zu können. Was hat Sie vor zehn Jahren in dieser Hinsicht schon so sicher gemacht?

Stefan Effenberg: Im Grunde war es Ottmar Hitzfeld, der dieses Thema angesprochen hat. Er hat mich als Spieler erlebt, hat gesehen, dass ich bereits damals sehr strategisch und analytisch gedacht habe. Deswegen hat er mir schon damals empfohlen, den Trainerschein zu machen.

DFB.de: Diesem Ratschlag folgen Sie jetzt. Nach Ihrer Karriere als Fußballer haben Sie kategorisch ausgeschlossen, dass Sie sofort in den Trainerberuf einsteigen würden. Warum eigentlich?

Effenberg: Es war wichtig für mich, ein wenig Abstand zu bekommen, auch für den Kopf. Während der Karriere war ich häufig und lange von zu Hause weg, dieses Leben wollte ich nicht sofort in dieser Intensität weiterführen. Mit meinen Tätigkeiten für das Fernsehen habe ich dann schnell die andere Seite des Fußballs kennen- und verstehen gelernt. Und generell bin ich der Meinung, dass es nicht schaden kann, seine Lebenserfahrung zu vergrößern, bevor man in den Trainerberuf einsteigt.

DFB.de: Wie groß ist der Vorteil, den Sie aufgrund Ihrer Erfahrungen als Spieler haben? Muss ein guter Trainer eine erfolgreiche Vita als Spieler vorzuweisen haben?

Effenberg: Trainer wie Robin Dutt zeigen ja, dass eine erfolgreiche Trainerkarriere auch ohne vorherige große Laufbahn als Spieler möglich ist. Ich denke dennoch, dass es nicht schaden kann, wenn ein Trainer als Spieler hochklassig agiert hat. Man weiß, wie Spieler denken, kann sich besser in ihre Situation hineinversetzen und damit auch besser auf sie eingehen.

DFB.de: Sie haben in Ihrer Spielerkarriere zahlreiche Trainer erlebt. Wen würden Sie als ein Vorbild nennen?

Effenberg: Ich mag das Wort Vorbild nicht so, weil ich als Trainer nicht lediglich ein Abbild sein will. Aber es gibt drei Trainer, die mich sehr geprägt haben: Jupp Heynckes hat mir in meiner Anfangszeit sehr geholfen, Ottmar Hitzfeld war für mich zum Ende meiner Karriere wertvoll, und mittendrin war in Italien Claudio Ranieri extrem wichtig für mich.

DFB.de: Bitte konkret: Inwiefern waren diese drei Trainer für Ihre Karriere prägend?

Effenberg: Claudio Ranieri war in taktischer Hinsicht ein guter Lehrmeister, Ottmar Hitzfeld war herausragend in der Menschenführung, im persönlichen Umgang mit den Spielern. Und Heynckes war mehr oder weniger mein Förderer, mein Entdecker. Heynckes hat großen Wert auf die Grundlagenschulung gelegt, technisch und taktisch, das war in der frühen Phase meiner Karriere Gold wert.

DFB.de: Jetzt sind Sie in Hennef - wie fühlt es sich an, wieder die Schulbank zu drücken?

Effenberg: Nach den ersten Stunden hier im Unterrichtsraum habe ich mich gefragt: "Mein Gott, wie habe ich das zehn Jahre lang in der Schule ausgehalten?!" Aber damals war ich noch jung und belastbar (lacht). Nein, Spaß beiseite. Das macht hier großen Spaß.

DFB.de: Wie waren Sie denn als Schüler? Hatten es Ihre Lehrer leicht mit Ihnen?

Effenberg: Ich war ein guter Schüler, zumindest in den jungen Jahren. Als ich älter wurde, hat der Fußball immer mehr Bedeutung bekommen, und meine schulischen Leistungen sind schlechter geworden. Aber unter dem Strich war ich ein ganz ordentlicher Schüler und habe meinen Lehrern das Leben nicht sonderlich schwer gemacht. Hoffe ich zumindest.

DFB.de: Der 58. Lehrgang an der HWA ist ein ganz Besonderer. Zum einen, weil er erstmals in Hennef stattfindet, zum anderen, weil neben Ihnen noch zahlreiche andere ehemalige Nationalspieler und Stars der Bundesliga teilnehmen. Wie empfinden Sie das Miteinander im Kurs?

Effenberg: Ich finde es gut, dass in diesem Lehrgang die Teilnehmer aus sehr vielen unterschiedlichen Bereichen teilnehmen. Der eine kommt aus dem Jugendfußball, der andere kommt aus einem Verbandsstützpunkt, andere haben schon lange als Trainer im Nicht-Profi-Bereich gearbeitet. Dann haben wir eine ehemalige Frauen-Nationalspielerin und fünf oder sechs ehemalige Profis dabei. Deshalb haben wir sehr viele unterschiedliche Sichtweisen auf den Fußball und auf die Anforderungen des Trainerberufs. Das tut dem Lehrgang gut, insgesamt ist das es eine sehr produktive Mischung - so empfinde ich es bisher.

DFB.de: Sie sind neben Mehmet Scholl einer von zwei Klassensprechern. Warum haben Sie dieses Amt übernommen?

Effenberg: Ich konnte mich dagegen gar nicht wehren, Frank Wormuth hat gesagt, dass wir zwei Klassensprecher brauchen. Und dann hat Mehmet einfach bestimmt, dass wir beide das übernehmen. Ich wurde gar nicht gefragt. Aber ich mache das natürlich gerne. So war es als Spieler ja auch, ich habe immer bereitwillig das Kapitänsamt übernommen und mich für die Mannschaft eingesetzt. Ähnlich ist es jetzt hier, nur dass die Mannschaft nicht mehr Fußball spielt, sondern lernt, Fußball zu lehren.

DFB.de: Der Kurs läuft noch nicht sehr lange, dennoch: Haben Sie bereits jetzt das Gefühl, viel Neues erfahren zu haben?

Effenberg: Auf jeden Fall. Ein Fach, das mich sehr interessiert, ist die Sportpsychologie. Der Umgang mit den Spielern, auf welche Kleinigkeiten man achten muss, da gibt es jetzt schon Dinge, die ich für mich angenommen habe, die mir vorher einfach so noch nicht bewusst waren. Ich kann jetzt schon sagen, dass es aus den drei Tagen Unterricht in jeder Woche jedes Mal gewisse Dinge gibt, wo ich denke: "Hey, da habe ich noch nie drüber nachgedacht, das ist ein richtig guter Punkt." Es werden viele Sichtweisen vermittelt, die man aus der Spielerperspektive nicht wahrgenommen hat.

DFB.de: Sportpsychologie liegt Ihnen also. Mit welchen Fächern tun Sie sich schwerer?

Effenberg: Ich nehme aus jedem der Fächer etwas mit. Ob es jetzt Konditionslehre ist oder Sportbiologie oder was auch immer. Aber das sind Dinge, die für mich persönlich ein wenig zäh sind, bei denen es mir weniger leicht fällt, aufmerksam zuzuhören. Aber ich finde es richtig, dass hier auch diese Inhalte vermittelt werden.

DFB.de: Zu Beginn des Lehrgangs ging es gleich nach Dänemark. Wie hat Ihnen die U 21-EM gefallen?

Effenberg: Es war sportlich abzusehen, wie es ausgehen wird. Nach den ersten Spielen war ziemlich klar, dass entweder Spanien oder die Schweiz das Turnier gewinnen würden. Sie haben den besten Fußball gespielt, sie waren organisiert und zielstrebig. Es war durchaus interessant, auch mal den Fußball-Nachwuchs so intensiv zu beobachten, auch wenn ich dort jetzt keine bahnbrechend neuen Dinge gesehen habe, die mir neue Erkenntnisse gebracht hätten.

DFB.de: Und wie war es mit dem Kurs: Haben Sie sich auch hier an Ihre Schulzeit erinnert gefühlt?

Effenberg: Ja, es hatte durchaus etwas von einer Klassenfahrt und hat mich an früher erinnert. Es war gut, dass wir diesen Ausflug gemacht haben. Man lernt sich schnell kennen, man verbringt intensiv viel Zeit miteinander. Das macht das Arbeiten leichter, weil man weiß, wie man die einzelnen Charaktere einschätzen muss.

DFB.de: Als Spieler hatten Sie den Ruf, unbequem zu sein. Mitunter auch für Ihre Trainer. Hätten Sie als Trainer einen Spieler, einen Typ wie Stefan Effenberg gerne in Ihrer Mannschaft?

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Effenberg: Natürlich, klar. Es können auch nur wenige Menschen beurteilen, wie ich als Spieler war. Nach außen galt ich als aggressiv und unbequem. Das ist aber nur ein Teil der Wahrheit. Als Mensch, als Kapitän war ich immer für meine Mitspieler da. Das haben meine Trainer auch immer an mir geschätzt. Ich würde mich freuen, wenn ich einen ähnlichen Charakter später trainieren könnte. Schon weil er mir als Trainer das Leben leichter machen würde, weil er mir viel abnehmen und dafür sorgen würde, dass die Mannschaft funktioniert.

DFB.de: Ihr Praktikum wollten Sie bei Real Madrid absolvieren. Klappt das?

Effenberg: Daraus wird leider nichts. Wir haben drei Praktika, und alle sollen beim selben Verein durchgeführt werden. Das erste Praktikum beginnt bereits in der übernächsten Woche - und gerade sind meine Kinder aus den USA bei mir zu Besuch. Daher war es für mich nicht möglich, dass ich jetzt drei Wochen nach Madrid gehe. Meine Praktika absolviere ich deshalb bei den Bayern. Ich werde aber mein Selbststudium nutzen, um bei Jose Mourinho über die Schulter zu gucken.

DFB.de: Warum ist es Ihnen so wichtig, bei Mourinhos Training dabei zu sein?

Effenberg: Man hört und liest viel über ihn als Menschen, als Trainer, als Persönlichkeit. Ich kenne ihn zwar, aber nur flüchtig. Im Rahmen von Champions-League-Spielen habe ich ihn häufig getroffen, das beschränkt sich dann aber auf Smalltalk. Das will ich ändern. Ich will seine Philosophie verstehen, seine Art zu trainieren erleben und mich intensiv mit ihm austauschen. Für viele gilt er als der Beste, und mein Anspruch muss sein, mich mit den Besten zu umgeben.

DFB.de: Ist es auch Ihr Anspruch, den Lehrgang als Bester abzuschließen? Wie wichtig ist Ihnen die Note, die Sie am Ende bekommen?

Effenberg: Ich mache das auch, um hier gut abzuschneiden. Wichtig ist für mich aber vor allem, dass ich die Zeit hier nutze, um möglichst viel dazuzulernen. Die Angebote sind überzeugend und vielfältig, und es wäre unklug, wenn ich das nicht so gut wie möglich annehmen würde.

DFB.de: Sie haben in Ihrer Laufbahn etliche Trainer erlebt. Die Einstellung, dass Sie deswegen bereits alles kennen und wissen, haben Sie trotzdem nicht?

Effenberg: Nein. Ich gebe zu, dass ich vor vier, fünf Jahren noch in diese Richtung gedacht habe: "Ich kann ja alles, ich weiß, wie man einen Pass spielt, ich weiß, welche taktischen Variationen es gibt." Aber nein, ich weiß nicht, wie der Trainerjob im Detail funktioniert. Deshalb finde ich es ja so wichtig, dass die Ausbildung so ausführlich ist. Jeder ist sehr gut beraten, sich diese Zeit auch zu nehmen. Diese intensive und lange Schulung ist die richtige, um im späteren Berufsleben als Trainer auf etwas Großes vorbereitet zu sein.

DFB.de: Wie sicher ist denn, dass Sie nach der Ausbildung auch tatsächlich als Trainer arbeiten werden?

Effenberg: Ich will in diesen Beruf, sonst würde ich diese lange Ausbildung nicht mitmachen. Ich bin hier, um Trainer zu werden - und nicht, um eine weitere Lebenserfahrung zu sammeln oder meinen Horizont zu erweitern. Ich hätte keine Probleme, ins Ausland zu gehen, nach England oder wohin auch immer. Aber mein Ziel wird immer ganz oben sein, erste Liga, ob in Deutschland oder woanders.