Torschützenkönig Mario Gomez: Stürmische Zeiten

28 Tore in der Bundesliga, acht in der Champions League, drei im DFB-Pokal, sieben in der Nationalmannschaft, macht zusammen 46 - hinter Mario Gomez liegt ein starkes Jahr. Dabei hatte sich der Ex-Stuttgarter zunächst schwer getan beim FC Bayern München. Die Folge: Die Tore blieben aus. Kritik wurde laut.

Doch am Ende der Saison 2010/2011 wurde er überall in den höchsten Tönen gelobt, bei der Wahl zum "Fußballer des Jahres" landete er knapp hinter seinem neuen Teamkollegen Manuel Neuer auf Platz zwei. Gomez´ Selbstbewusstsein könnte daher größer kaum sein.

Und was kommt jetzt? Der Journalist Günter Klein ist bei einem Treffen mit dem 26-jährigen Nationalstürmer, der von 2001 bis 2009 für den VfB Stuttgart spielte, für DFB.de auch dieser Frage nachgegangen.

"Mein Spiel braucht Power und Spritzigkeit"

Es ist heiß, Mario Gomez trägt eine kurze Hose, ein ausgeschnittenes T-Shirt, Sonnenbrille. Eigentlich eher Ferienlook. Die perfekte Verkleidung für die Mittagspause an einem arbeitsintensiven Tag mit zwei Trainingseinheiten. Sommer kann eine schwere Zeit sein.

Zwar ist Mario Gomez keiner, der, wie er selbst sagt, „mit zehn Kilo Übergewicht aus dem Urlaub kommt“, weil er auch in der Freizeit sportlich aktiv ist (Basketball, Tennis), doch er weiß, dass er eine Saison intensiver vorbereiten muss als andere. „Mein Spiel braucht Power und Spritzigkeit“, sagt der Stürmer des FC Bayern München und der Nationalmannschaft.

"Überheblich und faul"? Von wegen!

Wenn er fit ist, kann die neue Saison so werden, wie die alte für Mario Gomez war: perfekt. Er wurde Torschützenkönig der Bundesliga mit 28 Treffern, einem persönlichen Bestwert, und auch für die Nationalmannschaft erzielte er am Ende wichtige Tore in der EM-Qualifikation, in Österreich und Aserbaidschan. Dann wählten ihn die Leser des „Kicker“ noch zum sympathischsten Stürmer Deutschlands. „Wenn’s gut läuft, ist man wuchtig und strotzt vor Selbstbewusstsein“, weiß Gomez um seine Wirkung in diesen Momenten. „Doch wenn’s nicht läuft, gilt man als überheblich und faul.“ Er hat auch diese andere Wahrnehmung erfahren müssen, das ist noch gar nicht so lange her.

Gomez hat die bewegendste Saison seiner Laufbahn hinter sich. Gewiss, „wenn man jung ist und es zu den Profis schafft, ist das auch ein großer Schritt“, sagt er, doch das Spieljahr 2010/2011 war ebenfalls eines der großen Weichenstellungen. Hinter ihm lag eine erste Saison beim FC Bayern, die bestenfalls durchwachsen war: Trainer Louis van Gaal setzte nicht auf ihn, und nach einer Verletzung im Winter fand der Zugang vom VfB Stuttgart nicht in die Mannschaft, „denn die hat gut gespielt und Titel gewonnen, da gab es für den Trainer keinen Grund zu wechseln“.

Und die zweite Saison in München fing nicht gut an. „Ich war außen vor“, keine erquickliche Aussicht für jemanden, der über sich sagt: „Ich war es immer gewohnt, eine entscheidende Rolle zu spielen. Doch nun stand ich in der Öffentlichkeit als sehr teurer Spieler da, der in Stuttgart viele Tore gemacht hat – aber bei Bayern sieht man, dass es ohne ihn geht.“ Mario Gomez wollte sich nach Liverpool ausleihen lassen, „um ein Jahr Selbstvertrauen zu holen“, doch der FC Bayern erteilte keine Freigabe.

Gelassenheit und kühler Kopf

Gomez traf die Entscheidung, weiter wenigstens für sich persönlich alles zu geben, wenn er die Situation schon nicht ändern könne. „Da habe ich die Gelassenheit bekommen, die notwendig ist, um einen kühlen Kopf zu bewahren, wenn man die Chance bekommt.“

Sie kam. Weil die anderen Stürmer nicht trafen, probierte es Louis van Gaal am siebten Spieltag mit Gomez in der Startaufstellung. Die Bayern kassierten in Dortmund mit dem 0:2 eine Niederlage, die sie so erschütterte, dass sie sogar den traditionellen Oktoberfestbesuch absagten, doch Gomez fühlte sich gut in diesem Spiel. „Und dem Trainer hatte es auch gefallen.“ Gomez hatte „die Sicherheit, dass ich drei, vier, fünf Spiele am Stück machen kann“.

Das große Toreschießen

Beim EM-Qualifikationsspiel gegen Kasachstan gut eine Woche später zog sich Sturmkonkurrent Miroslav Klose einen Muskelfaserriss zu, Bayern-Kollege Gomez wurde eingewechselt und schoss das 2:0, es war ein Treffer, wie er Torjägern in ihren besten Phasen gelingt. „Ich hatte eine positive Grundstimmung– vielleicht hat das eine Rolle gespielt, dass ich das Tor gemacht habe. Vielleicht auch, dass der Gegner nicht so stark oder dass der Pass so gut war.“ Jedenfalls: Das große Toreschießen begann. Und hörte nicht mehr auf. „Mario Gomez muss die Eiger-Nordwand hinauf“, hatte Bayern-Präsident Uli Hoeneß die Situation des teuersten Einkaufs der Klubgeschichte im Sommer 2010 beschrieben. Im Frühjahr 2011 feierte Zwangsalpinist Gomez sein Gipfelglück.

Inzwischen wirkt er wie ein Weiser aus den Bergen, der Distanz gewonnen hat zum überhitzten Betrieb in den Tallagen. Es geht ihm nicht mehr so nahe, den extremen Schwankungen derWahrnehmung ausgesetzt zu sein. Ihm ist klar, dass seine Position das mit sich bringt. „Stürmer sind wie Torhüter und Innenverteidiger diejenigen, die für Fakten sorgen. Beim Stürmer ist es Tor oder kein Tor, beim Innenverteidiger Fehler zum Tor oder kein Fehler zum Tor, beim Torhüter ebenso. Das ist einfacher zu bewerten, deswegen stehen diese Spieler mehr im Fokus als die anderen.“

Bei ihm kommt dazu, "dass ein Spieler meiner Statur und mit meiner Spielweise polarisiert". Mehr Gelassenheit in der Medienwelt will er nicht einfordern: „Ich glaube, ich habe mich gut damit arrangiert, dass es so ist.“

EM 2012 als Ziel

Was im Bundesliga- und Champions-League-Betrieb funktioniert, will Mario Gomez nun auch auf die Nationalmannschaft übertragen. Bei planmäßigem Verlauf wird die neue Saison in die EM 2012 münden, in Polen und der Ukraine, es wäre das dritte Turnier, an dem Gomez teilnimmt. Und es soll das erste werden, bei dem er mit seinem Können eine zentrale Rolle spielt. Anders als bei der EM 2008 und WM 2010.

Als Mario Gomez Ende März 2011 beim EM-Qualifikationsspiel in Kaiserslautern gegen Kasachstan vom Publikum ausgepfiffen wurde, hat er das in Zusammenhang gebracht "mit diesem Schuss in Österreich, der in die Hose ging, das hat mich Sympathien gekostet". Es war im letzten Gruppenspiel der EM 2008 in Wien gegen das Team des Gastgebers. Eine vergebene Megachance in einer bedeutsamen Partie. „Die Mannschaft hat keinen Schaden erlitten durch diesen Fehlschuss, sie hat trotzdem gewonnen und ist weitergekommen. Doch für mich war es die Situation, wo es angefangen hat, dass dieFans der Nationalmannschaft begannen, an mir zu zweifeln.“

Gomez selbst hatte mit sich schon nach dem ersten Turnierspiel gehadert. 2:0 gegen Polen, „ganz gut gespielt“, wie er sich beurteilte, aber ohne ein Tor von ihm. „Ich habe mir die Aufzeichnung des Spiels angeschaut. Es waren zwei Szenen, wo ein Tor hätte fallen können, aber es fiel nicht, teils aus Eigenverschulden, teils aus Pech.“ Gomez galt damals allseits als hoch veranlagter und anerkannter junger Stürmer, doch er hatte noch nicht die Gelassenheit von heute. Nun sagt er sich: „Im Fußball kriegst du jede Chance ein zweites Mal, gerade als Stürmer.“

"Bin sicher, dass ich noch viele wichtige Tore für den DFB schieße"

Was den Österreich-Fehlschuss angeht, räumt er ein, „dass ich in diesem Moment bei der EM nicht damit zurechtgekommen bin“. Im Nachhinein sei die Szene aber abgehakt gewesen, wenn er sie im Fernsehen sah, „habe ich nicht die Augen zugemacht“, bei der WM 2010 habe er sie definitiv nicht mehr im Kopf gehabt. Trotzdem lief es auch da nicht: 56 Einsatzminuten brachte Gomez aus Südafrika mit. Es war die WM der anderen, vor allem die des Miroslav Klose.

Der hat die Bayern in Richtung Lazio Rom verlassen, die kuriose Konstellation, dass zwei Klubkameraden in der Nationalmannschaft um einen Platz wetteifern, ist dadurch aufgelöst. „Doch die Situation ändert sich nicht groß“, sagt Gomez. „Es ist ein Duell, das wir harmonisch führen, indem wir uns aber auch nicht jeden Tag auf die Schulter klopfen.“ Keinesfalls will Gomez sich mit einer donnernden Kampfansage belasten: „Miro hat gezeigt, dass er über Jahre die Nummer eins ist im deutschen Sturm, und ich muss versuchen, diesen Platz zu erobern.“ Wann? „Irgendwann. Ich habe keinen Zeitpunkt. Ich bin mir sicher, dass ich noch viele wichtige Tore für den DFB schieße.“ Gomez ist 26, sieben Jahre jünger als Klose. „Ich stehe in der Nationalmannschaft besser da als vor einem Jahr, ich habe ein gutes Gefühl“, sagt er.

Vor einem Jahr hätte ein Länderspiel in Stuttgart wie das gegen Brasilien auch noch eine andere Bedeutung gehabt für Mario Gomez. Man hätte von Heimkehr gesprochen und von Nestwärme. Solche Gefühle lässt der Ex-VfB-Stürmer nicht mehr zu, auch wenn er sich auf das Spiel freut: „Klar, wenn man irgendwo acht Jahre war, lässt man mehr zurück als eine leere Wohnung – doch mein Stadion ist jetzt die Allianz-Arena.“

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28 Tore in der Bundesliga, acht in der Champions League, drei im DFB-Pokal, sieben in der Nationalmannschaft, macht zusammen 46 - hinter Mario Gomez liegt ein starkes Jahr. Dabei hatte sich der Ex-Stuttgarter zunächst schwer getan beim FC Bayern München. Die Folge: Die Tore blieben aus. Kritik wurde laut.

Doch am Ende der Saison 2010/2011 wurde er überall in den höchsten Tönen gelobt, bei der Wahl zum "Fußballer des Jahres" landete er knapp hinter seinem neuen Teamkollegen Manuel Neuer auf Platz zwei. Gomez´ Selbstbewusstsein könnte daher größer kaum sein.

Und was kommt jetzt? Der Journalist Günter Klein ist bei einem Treffen mit dem 26-jährigen Nationalstürmer, der von 2001 bis 2009 für den VfB Stuttgart spielte, für DFB.de auch dieser Frage nachgegangen.

"Mein Spiel braucht Power und Spritzigkeit"

Es ist heiß, Mario Gomez trägt eine kurze Hose, ein ausgeschnittenes T-Shirt, Sonnenbrille. Eigentlich eher Ferienlook. Die perfekte Verkleidung für die Mittagspause an einem arbeitsintensiven Tag mit zwei Trainingseinheiten. Sommer kann eine schwere Zeit sein.

Zwar ist Mario Gomez keiner, der, wie er selbst sagt, „mit zehn Kilo Übergewicht aus dem Urlaub kommt“, weil er auch in der Freizeit sportlich aktiv ist (Basketball, Tennis), doch er weiß, dass er eine Saison intensiver vorbereiten muss als andere. „Mein Spiel braucht Power und Spritzigkeit“, sagt der Stürmer des FC Bayern München und der Nationalmannschaft.

"Überheblich und faul"? Von wegen!

Wenn er fit ist, kann die neue Saison so werden, wie die alte für Mario Gomez war: perfekt. Er wurde Torschützenkönig der Bundesliga mit 28 Treffern, einem persönlichen Bestwert, und auch für die Nationalmannschaft erzielte er am Ende wichtige Tore in der EM-Qualifikation, in Österreich und Aserbaidschan. Dann wählten ihn die Leser des „Kicker“ noch zum sympathischsten Stürmer Deutschlands. „Wenn’s gut läuft, ist man wuchtig und strotzt vor Selbstbewusstsein“, weiß Gomez um seine Wirkung in diesen Momenten. „Doch wenn’s nicht läuft, gilt man als überheblich und faul.“ Er hat auch diese andere Wahrnehmung erfahren müssen, das ist noch gar nicht so lange her.

Gomez hat die bewegendste Saison seiner Laufbahn hinter sich. Gewiss, „wenn man jung ist und es zu den Profis schafft, ist das auch ein großer Schritt“, sagt er, doch das Spieljahr 2010/2011 war ebenfalls eines der großen Weichenstellungen. Hinter ihm lag eine erste Saison beim FC Bayern, die bestenfalls durchwachsen war: Trainer Louis van Gaal setzte nicht auf ihn, und nach einer Verletzung im Winter fand der Zugang vom VfB Stuttgart nicht in die Mannschaft, „denn die hat gut gespielt und Titel gewonnen, da gab es für den Trainer keinen Grund zu wechseln“.

Und die zweite Saison in München fing nicht gut an. „Ich war außen vor“, keine erquickliche Aussicht für jemanden, der über sich sagt: „Ich war es immer gewohnt, eine entscheidende Rolle zu spielen. Doch nun stand ich in der Öffentlichkeit als sehr teurer Spieler da, der in Stuttgart viele Tore gemacht hat – aber bei Bayern sieht man, dass es ohne ihn geht.“ Mario Gomez wollte sich nach Liverpool ausleihen lassen, „um ein Jahr Selbstvertrauen zu holen“, doch der FC Bayern erteilte keine Freigabe.

Gelassenheit und kühler Kopf

Gomez traf die Entscheidung, weiter wenigstens für sich persönlich alles zu geben, wenn er die Situation schon nicht ändern könne. „Da habe ich die Gelassenheit bekommen, die notwendig ist, um einen kühlen Kopf zu bewahren, wenn man die Chance bekommt.“

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Sie kam. Weil die anderen Stürmer nicht trafen, probierte es Louis van Gaal am siebten Spieltag mit Gomez in der Startaufstellung. Die Bayern kassierten in Dortmund mit dem 0:2 eine Niederlage, die sie so erschütterte, dass sie sogar den traditionellen Oktoberfestbesuch absagten, doch Gomez fühlte sich gut in diesem Spiel. „Und dem Trainer hatte es auch gefallen.“ Gomez hatte „die Sicherheit, dass ich drei, vier, fünf Spiele am Stück machen kann“.

Das große Toreschießen

Beim EM-Qualifikationsspiel gegen Kasachstan gut eine Woche später zog sich Sturmkonkurrent Miroslav Klose einen Muskelfaserriss zu, Bayern-Kollege Gomez wurde eingewechselt und schoss das 2:0, es war ein Treffer, wie er Torjägern in ihren besten Phasen gelingt. „Ich hatte eine positive Grundstimmung– vielleicht hat das eine Rolle gespielt, dass ich das Tor gemacht habe. Vielleicht auch, dass der Gegner nicht so stark oder dass der Pass so gut war.“ Jedenfalls: Das große Toreschießen begann. Und hörte nicht mehr auf. „Mario Gomez muss die Eiger-Nordwand hinauf“, hatte Bayern-Präsident Uli Hoeneß die Situation des teuersten Einkaufs der Klubgeschichte im Sommer 2010 beschrieben. Im Frühjahr 2011 feierte Zwangsalpinist Gomez sein Gipfelglück.

Inzwischen wirkt er wie ein Weiser aus den Bergen, der Distanz gewonnen hat zum überhitzten Betrieb in den Tallagen. Es geht ihm nicht mehr so nahe, den extremen Schwankungen derWahrnehmung ausgesetzt zu sein. Ihm ist klar, dass seine Position das mit sich bringt. „Stürmer sind wie Torhüter und Innenverteidiger diejenigen, die für Fakten sorgen. Beim Stürmer ist es Tor oder kein Tor, beim Innenverteidiger Fehler zum Tor oder kein Fehler zum Tor, beim Torhüter ebenso. Das ist einfacher zu bewerten, deswegen stehen diese Spieler mehr im Fokus als die anderen.“

Bei ihm kommt dazu, "dass ein Spieler meiner Statur und mit meiner Spielweise polarisiert". Mehr Gelassenheit in der Medienwelt will er nicht einfordern: „Ich glaube, ich habe mich gut damit arrangiert, dass es so ist.“

EM 2012 als Ziel

Was im Bundesliga- und Champions-League-Betrieb funktioniert, will Mario Gomez nun auch auf die Nationalmannschaft übertragen. Bei planmäßigem Verlauf wird die neue Saison in die EM 2012 münden, in Polen und der Ukraine, es wäre das dritte Turnier, an dem Gomez teilnimmt. Und es soll das erste werden, bei dem er mit seinem Können eine zentrale Rolle spielt. Anders als bei der EM 2008 und WM 2010.

Als Mario Gomez Ende März 2011 beim EM-Qualifikationsspiel in Kaiserslautern gegen Kasachstan vom Publikum ausgepfiffen wurde, hat er das in Zusammenhang gebracht "mit diesem Schuss in Österreich, der in die Hose ging, das hat mich Sympathien gekostet". Es war im letzten Gruppenspiel der EM 2008 in Wien gegen das Team des Gastgebers. Eine vergebene Megachance in einer bedeutsamen Partie. „Die Mannschaft hat keinen Schaden erlitten durch diesen Fehlschuss, sie hat trotzdem gewonnen und ist weitergekommen. Doch für mich war es die Situation, wo es angefangen hat, dass dieFans der Nationalmannschaft begannen, an mir zu zweifeln.“

Gomez selbst hatte mit sich schon nach dem ersten Turnierspiel gehadert. 2:0 gegen Polen, „ganz gut gespielt“, wie er sich beurteilte, aber ohne ein Tor von ihm. „Ich habe mir die Aufzeichnung des Spiels angeschaut. Es waren zwei Szenen, wo ein Tor hätte fallen können, aber es fiel nicht, teils aus Eigenverschulden, teils aus Pech.“ Gomez galt damals allseits als hoch veranlagter und anerkannter junger Stürmer, doch er hatte noch nicht die Gelassenheit von heute. Nun sagt er sich: „Im Fußball kriegst du jede Chance ein zweites Mal, gerade als Stürmer.“

"Bin sicher, dass ich noch viele wichtige Tore für den DFB schieße"

Was den Österreich-Fehlschuss angeht, räumt er ein, „dass ich in diesem Moment bei der EM nicht damit zurechtgekommen bin“. Im Nachhinein sei die Szene aber abgehakt gewesen, wenn er sie im Fernsehen sah, „habe ich nicht die Augen zugemacht“, bei der WM 2010 habe er sie definitiv nicht mehr im Kopf gehabt. Trotzdem lief es auch da nicht: 56 Einsatzminuten brachte Gomez aus Südafrika mit. Es war die WM der anderen, vor allem die des Miroslav Klose.

Der hat die Bayern in Richtung Lazio Rom verlassen, die kuriose Konstellation, dass zwei Klubkameraden in der Nationalmannschaft um einen Platz wetteifern, ist dadurch aufgelöst. „Doch die Situation ändert sich nicht groß“, sagt Gomez. „Es ist ein Duell, das wir harmonisch führen, indem wir uns aber auch nicht jeden Tag auf die Schulter klopfen.“ Keinesfalls will Gomez sich mit einer donnernden Kampfansage belasten: „Miro hat gezeigt, dass er über Jahre die Nummer eins ist im deutschen Sturm, und ich muss versuchen, diesen Platz zu erobern.“ Wann? „Irgendwann. Ich habe keinen Zeitpunkt. Ich bin mir sicher, dass ich noch viele wichtige Tore für den DFB schieße.“ Gomez ist 26, sieben Jahre jünger als Klose. „Ich stehe in der Nationalmannschaft besser da als vor einem Jahr, ich habe ein gutes Gefühl“, sagt er.

Vor einem Jahr hätte ein Länderspiel in Stuttgart wie das gegen Brasilien auch noch eine andere Bedeutung gehabt für Mario Gomez. Man hätte von Heimkehr gesprochen und von Nestwärme. Solche Gefühle lässt der Ex-VfB-Stürmer nicht mehr zu, auch wenn er sich auf das Spiel freut: „Klar, wenn man irgendwo acht Jahre war, lässt man mehr zurück als eine leere Wohnung – doch mein Stadion ist jetzt die Allianz-Arena.“