Tobias Bertsch: Im Land der langen weißen Wolke

Doch das, was er sich von der Hochschulausbildung versprochen hat, tritt nicht ein. Schon nach einem Semester merkt er: "Ich war nicht glücklich." Perfekter Nährboden für Fernweh. Die Erinnerungen an Neuseeland sind noch frisch und die Kontakte dorthin schnell aktiviert. Es gibt kein Halten mehr. Bald ist er zurück.

In Wellington läuft es für Tobias Bertsch sofort wieder nach Wunsch. Alles entwickelt sich bestens. So gut sogar, dass er jetzt ein Dreifach-Engagement vorweisen kann. Die Strukturen im neuseeländischen Fußball machen dies möglich. In der Wintersaison von April bis August spielt er Liga für den Lower Hutt City FC. Der Klub spielt in einer regionalen Spielklasse, der Central League. In der Sommersaison von Oktober bis März trägt der defensive Mittelfeldspieler das Trikot vom Team Wellington in der ASB Premiership, der Nationalliga Neuseelands.

Und sein dritter Klub ist Wellington Phoenix FC. Es ist ein Profiklub, der in der australischen A-League antritt. Dort gehört er der Nachwuchsakademie an, in der acht Talente angestellt sein dürfen, die voll bei den Profis mittrainieren, aber weiterhin in ihren Heimatklubs Spielpraxis sammeln und zu bestimmten Stichtagen für die Profis aktiviert werden können.

"Die Aorta des Spiels"

Das heißt, Tobias Bertsch schnuppert derzeit am Profifußball. Er ist ganz nah dran. "Ich möchte mich beweisen", sagt er. So lautet die moderate Formulierung für den Wunsch, sich schnellstmöglich als Berufsfußball durchzusetzen. Aber der deutsche Import weiß schon, warum er es nicht herausposaunt. Denn wie realistisch ist es? "Schwer einzuschätzen", sagt er, "ich halte es für nicht unrealistisch, weiß aber auch, dass es nicht einfach ist."

Zu den Unwägbarkeiten zählt für ihn auch, dass es für seine Klubs zu Beginn des Jahres nicht rund lief. Phoenix spielte sich am Tabellenende fest. Und für das Team Wellington, das im vergangenen Jahr noch Vizemeister wurde, stand die Teilnahme an den Play-offs in Frage. Zudem warf ihn eine Mitte Januar erlittene Verletzung zurück. Aber Tobias Bertsch gibt sich kämpferisch. In die Runde der besten Vier will er es mit dem Team Wellington auf jeden Fall schaffen. Und dann auch die Weichen für die Zukunft stellen. Bis April will er Klarheit haben. "Bis dahin will ich alle Gespräche geführt haben", erklärt er.

Rückkehr nach Deutschland ist eine Option

Denn auch eine Rückkehr nach Deutschland ist eine Option für ihn. Er macht keinen Hehl daraus, dass ihm der Fußball in seiner Heimat eher entgegenkommt. "In Neuseeland basiert das Spiel stark auf Kampf- und Laufbereitschaft", erzählt der Sechser."Das taktische Verständnis ist nicht so groß wie in anderen Ländern."



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Der deutsche Fußball genießt weltweit einen hervorragenden Ruf. Die Erfolge der Nationalmannschaften und die Titelgewinne der Vereine auf internationaler Ebene haben zu diesem Renommee geführt. Diesem Ansehen wollen viele Spielerinnen und Spieler gerecht werden, die ihr Glück im Ausland versuchen. Dafür gibt es viele Beispiele – manche prominente Namen sind dabei, aber auch eher unbekannte Spieler. DFB.de stellt einige von ihnen vor, in der Serie Made in Germany. Heute: Quereinsteiger Tobias Bertsch in Neuseeland.

Ausgeträumt! Tobias Bertsch hatte das Ziel abgehakt, Profifußballer zu werden. Als Kind fantasierte er sich in die Trikots der Bundesliga-Klubs hinein. Glaubte an die große Karriere. Was nicht nur bloßes Wunschdenken war. "Es lief alles sehr gut", sagt er. Der große Traum hätte Wirklichkeit werden können. Zweimal war er der Realität ganz nah. Als Jugendlicher war der Mittelfeldspieler des FC Radolfzell den Sichtern der Bundesliga-Klubs aufgefallen. Mit 14 Jahren absolvierte er ein Probetraining beim SC Freiburg, mit 16 eines beim VfB Stuttgart.

Doch ein Wechsel kam nicht zustande. Er sagte den Vereinen ab. "Ich wollte nicht weg von daheim", erklärt er. Chance verpasst. Aus, vorbei! Doch plötzlich ist er wieder da. Der Traum. Mit 20 Jahren hat ihn Tobias Bertsch wieder aufleben lassen. Kurioserweise fern der Heimat. Sogar ganz weit weg von Zuhause. Am anderen Ende der Welt. In Neuseeland.

Studienplatz oder Sportplatz

Ausgerechnet zwischen Hobbits, All Blacks und Schafen hat die Fußball-Karriere von Tobias Bertsch noch einmal Fahrt aufgenommen. Es ist ein unverhoffter Zufall. Oder wie er es nennt: "Ein Glücksgriff." Denn vor eineinhalb Jahren weiß der Abiturient nicht genau wohin mit sich selbst. Den Schulabschluss hat er im Juni 2011 gemacht. Die berufliche Orientierung fällt schwer. Da entscheidet er sich das zu tun, was so viele Altersgenossen zunächst einmal tun. Er will die große weite Welt entdecken. Aotearoa, wie es in der Maori-Sprache heißt, das "Land der langen weißen Wolke" ist sein Ziel.

Es soll keine Vergnügungsreise sein. "Work and Travel" steht auf dem Plan. Es bietet sich an. Denn es gibt einen Anlaufpunkt, eine Starthilfe. Ein Freund der Familie lebt in Wellington, der Hauptstadt Neuseelands. Nebenbei ist er auch Kassenwart beim Lower Hutt City FC. Klar, dass er den Jungen in seinem Klub unterbringt. Schließlich hat der schon mit 18 in Deutschland in der Verbandsliga gekickt.

Dass Tobias Bertsch dann so einschlägt, hätte jedoch niemand gedacht. Besonders stark spielt er bei einem U 19-Turnier in Napier auf. Die nationalen Spitzenvereine sind da. "Und ich habe sehr gut performed", wie er es nennt. Sein Name spricht sich herum. Doch auskosten kann er die Popularität nicht. Er muss zurück nach Deutschland. "Ich hatte mich für einen Studienplatz – Sportwissenschaft und Sportmanagement in Tübingen – beworben", erzählt er.

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Training mit den Profis von Wellington Phoenix

Doch das, was er sich von der Hochschulausbildung versprochen hat, tritt nicht ein. Schon nach einem Semester merkt er: "Ich war nicht glücklich." Perfekter Nährboden für Fernweh. Die Erinnerungen an Neuseeland sind noch frisch und die Kontakte dorthin schnell aktiviert. Es gibt kein Halten mehr. Bald ist er zurück.

In Wellington läuft es für Tobias Bertsch sofort wieder nach Wunsch. Alles entwickelt sich bestens. So gut sogar, dass er jetzt ein Dreifach-Engagement vorweisen kann. Die Strukturen im neuseeländischen Fußball machen dies möglich. In der Wintersaison von April bis August spielt er Liga für den Lower Hutt City FC. Der Klub spielt in einer regionalen Spielklasse, der Central League. In der Sommersaison von Oktober bis März trägt der defensive Mittelfeldspieler das Trikot vom Team Wellington in der ASB Premiership, der Nationalliga Neuseelands.

Und sein dritter Klub ist Wellington Phoenix FC. Es ist ein Profiklub, der in der australischen A-League antritt. Dort gehört er der Nachwuchsakademie an, in der acht Talente angestellt sein dürfen, die voll bei den Profis mittrainieren, aber weiterhin in ihren Heimatklubs Spielpraxis sammeln und zu bestimmten Stichtagen für die Profis aktiviert werden können.

"Die Aorta des Spiels"

Das heißt, Tobias Bertsch schnuppert derzeit am Profifußball. Er ist ganz nah dran. "Ich möchte mich beweisen", sagt er. So lautet die moderate Formulierung für den Wunsch, sich schnellstmöglich als Berufsfußball durchzusetzen. Aber der deutsche Import weiß schon, warum er es nicht herausposaunt. Denn wie realistisch ist es? "Schwer einzuschätzen", sagt er, "ich halte es für nicht unrealistisch, weiß aber auch, dass es nicht einfach ist."

Zu den Unwägbarkeiten zählt für ihn auch, dass es für seine Klubs zu Beginn des Jahres nicht rund lief. Phoenix spielte sich am Tabellenende fest. Und für das Team Wellington, das im vergangenen Jahr noch Vizemeister wurde, stand die Teilnahme an den Play-offs in Frage. Zudem warf ihn eine Mitte Januar erlittene Verletzung zurück. Aber Tobias Bertsch gibt sich kämpferisch. In die Runde der besten Vier will er es mit dem Team Wellington auf jeden Fall schaffen. Und dann auch die Weichen für die Zukunft stellen. Bis April will er Klarheit haben. "Bis dahin will ich alle Gespräche geführt haben", erklärt er.

Rückkehr nach Deutschland ist eine Option

Denn auch eine Rückkehr nach Deutschland ist eine Option für ihn. Er macht keinen Hehl daraus, dass ihm der Fußball in seiner Heimat eher entgegenkommt. "In Neuseeland basiert das Spiel stark auf Kampf- und Laufbereitschaft", erzählt der Sechser."Das taktische Verständnis ist nicht so groß wie in anderen Ländern."

Dabei sieht er sich selbst als einsatzstarken Strategen. "Ball halten und verteilen, Arbeitsbereitschaft für die Mitspieler, Zweikampfverhalten", nennt er seine Stärken. Freunde haben ihn als "Aorta des Spiels" bezeichnet. Seine Schwäche ist der Abschluss. "Ich bin nicht torgefährlich genug", gesteht er. Doch daran zu arbeiten, ist kein Ding der Unmöglichkeit. Zumindest nicht im Vergleich dazu, einen Traum Realität werden zu lassen.