Ter Stegen: Endlich auch mal Liga spielen

Ter Stegen übernimmt vom verletzten Bravo

Mehr als eine Spielzeit ist seither vergangen. Und während sich seine Ex-Kollegen nach desaströsen Saisonstart am Freitag (ab 20.30 Uhr, live bei Sky) gegen den HSV darum bemühen, das Tabellenende der Bundesliga zu verlassen, bemüht sich ter Stegen am Samstag (ab 20.30 Uhr) gemeinsam mit Lionel Messi darum, die Tabellenspitze in der Primera Division zu übernehmen. Barcelona spielt auswärts bei Atletico, kein Clasico, aber fast. Ein großes Spiel in jedem Fall, zumal für ter Stegen. Vor knapp einem Jahr hat der Deutsche für Barcelona debütiert, im Champions-League-Spiel am 17. September 2014 gegen Apoel Nikosia. 360 Tage später winkt am Samstag das Debüt in der Liga.

Der Blick auf die knapp zwölf Monate dazwischen führt fast unweigerlich zu einer Fehlstellung des Augapfels. Beim ersten Blinzeln stellt sich die Konstellation für das Spiel gegen Atletico so dar, dass der Ersatztorwart nun die Möglichkeit bekommt, den Stammtorhüter zu verdrängen. Schließlich stand Claudio Bravo (32) in allen Ligaspielen der vergangenen Saison zwischen den Pfosten - und auch in der aktuellen Spielzeit vertraute Trainer Luis Enrique in Spanien auf Bravo. Nun ist der Chilene an der Wade verletzt, drei Wochen Ausfallzeit sind prognostiziert. Und nun bekommt die Nummer zwei ihre große Chance, so jedenfalls die herkömmliche Lesart.

In Barcelona steht anderes geschrieben. Es gibt keine Nummer 1, keine Nummer 2, kein Torhüter 1a, kein Torhüter 1b. Ter Stegen sagt: "Ich empfinde mich auf keinen Fall als Ersatztorwart." Er sagt dies aus gutem Grund. In der vergangenen Saison hütetet er in allen Spielen des nationalen Pokalwettbewerbs und in der Champions League das Tor. Er tat dies überaus erfolgreich. Auch dank ter Stegen wurde der FCB spanischer Pokalsieger. Die Krönung folgte in Berlin. Des Deutschen Paraden sicherten Barca zunächst den Einzug ins Endspiel und im Finale gegen Juventus Turin den Titel in der Königsklasse. So sagt der 23-Jährige angesichts der Ersatztorhüterdiskussion: "Ich habe noch nie einen zweiten Keeper gesehen, der konstant in der Champions League spielt."

"Ich weiß, dass ich bislang gute Arbeit gezeigt habe"

Selten ist allerdings auch, dass ein Keeper, der konstant in der Champions League spielt, mit genauso großer Konstanz in der nationalen Liga lediglich zuschaut. Aus Sicht von ter Stegen: selten unschön. Talent und Ehrgeiz des Torhüters verhindern, dass er sich mit dieser Aufteilung zufrieden gibt, ter Stegen will mehr: "Die Situation ist nicht erfreulich, das ist ja kein Geheimnis. Am liebsten würde natürlich ich alle Spiele bestreiten."

Die Wunscherfüllung ist nun ein gutes Stück näher gerückt. Wunschlos glücklich ist ter Stegen nicht. Seine Ambition war es nicht, von einer Verletzung zu profitieren, er wollte von seinem überlegenen Können zehren. "Ich versuche, so viel Druck auf Claudio und den Trainer auszuüben, dass kein Weg an mir vorbeigeht", sagt er.

Aber natürlich weiß ter Stegen, dass nun seine Zeit gekommen sein kann. Bisher konnte er Druck lediglich in Training, Pokal und Champions League aufbauen. Nun kommt die Primera Division hinzu. "Ich weiß, dass ich bislang gute Arbeit gezeigt habe, denn mit mir im Tor haben wir nur ein Spiel verloren", sagt ter Stegen. Und diese Äußerung ist nicht gewagt, sie fußt auch nicht auf lokalem Egoismus. "Wenn das so weitergeht, werde ich auch öfter im Tor stehen." In Barcelonas Tor kann eine neue Ära beginnen, ter Stegen hat es in der Hand.

[sl]


Regelmäßig stellt DFB.de einen Spieler des A-Teams vor, für den am Wochenende Außergewöhnliches ansteht. Heute: Marc-André ter Stegen, der beim FC Barcelona am Samstag (ab 20.30 Uhr) im Gastspiel bei Atletico Madrid erstmals auch in der Primera Division im Tor stehen dürfte.

Vor der EM 2012 schon gehörte Marc-André ter Stegen zum Kader des A-Teams. Im Sommer 2015 stand er für Deutschland bei der U 21-EM im Tor. Bei den EM-Qualifikationsspielen gegen Polen und Schottland fand sich der 23-Jährige wieder im Kreis der A-Mannschaft wieder. Die Rolle hinter Manuel Neuer hat er in der deutschen Auswahl klaglos akzeptiert. Im Verein will er mehr. Ter Stegen will spielen, immer und überall. Am Samstag hat er die Chance, diesem Ziel einen großen Schritt näher zu kommen.

Fünf-Jahres-Vertrag: Barcelona ruft, ter Stegen hört

Bei allem Lokalpatriotismus, bei allem Verständnis für subjektive Wahrheiten - aber diese Äußerung ist dann doch ganz schön gewagt. Ausgerechnet der Tabellenletzte der Bundesliga soll auf dem gesamten Planeten Erde der einzige Verein sein, der mit dem FC Barcelona konkurrieren kann? Kaum vorstellbar. Marc-André ter Stegen hat dennoch genau das behauptet. Exakt hat er dem Magazin 11 Freunde gesagt: "Es gab weltweit nur einen Verein, der gegen den FC Barcelona eine Chance hatte: Borussia Mönchengladbach."

Ter Stegen bezog sich nicht auf die 70er-Jahre, nicht auf die Blütezeit am Bökelberg. Seine Aussage zielte auf die Gegenwart und einen sehr speziellen Wettbewerb: das Ringen um Marc-André ter Stegen. Im Interview beschrieb ter Stegen noch einmal, wie es damals für ihn gewesen ist, vor etwa 18 Monaten. Seit geraumer Zeit hatte der Weltverein aus Barcelona die Finger nach dem Deutschen ausgetreckt, und wenn Barca lockt, da kann man schon mal ins Grübeln geraten.

Lange hatte ter Stegen mit sich gerungen, er hat hin- und her überlegt, für und wider abgewogen. Für zwei Wochen zog er sich zu einer Klausurtagung mit sich selber zurück, dann stieg weißer Rauch auf. Gladbach hatte eine Chance, obsiegt hat gleichwohl der FC Barcelona. Als Ergebnis stand: Habemus einen neuen Verein. Nach 18 Jahren für den VfL Borussia Mönchengladbach wechselte der gebürtige Mönchengladbacher zur Saison 2014/2015 Land, Liga und Klub und unterschrieb einen Fünf-Jahres-Vertrag in Spanien.

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Ter Stegen übernimmt vom verletzten Bravo

Mehr als eine Spielzeit ist seither vergangen. Und während sich seine Ex-Kollegen nach desaströsen Saisonstart am Freitag (ab 20.30 Uhr, live bei Sky) gegen den HSV darum bemühen, das Tabellenende der Bundesliga zu verlassen, bemüht sich ter Stegen am Samstag (ab 20.30 Uhr) gemeinsam mit Lionel Messi darum, die Tabellenspitze in der Primera Division zu übernehmen. Barcelona spielt auswärts bei Atletico, kein Clasico, aber fast. Ein großes Spiel in jedem Fall, zumal für ter Stegen. Vor knapp einem Jahr hat der Deutsche für Barcelona debütiert, im Champions-League-Spiel am 17. September 2014 gegen Apoel Nikosia. 360 Tage später winkt am Samstag das Debüt in der Liga.

Der Blick auf die knapp zwölf Monate dazwischen führt fast unweigerlich zu einer Fehlstellung des Augapfels. Beim ersten Blinzeln stellt sich die Konstellation für das Spiel gegen Atletico so dar, dass der Ersatztorwart nun die Möglichkeit bekommt, den Stammtorhüter zu verdrängen. Schließlich stand Claudio Bravo (32) in allen Ligaspielen der vergangenen Saison zwischen den Pfosten - und auch in der aktuellen Spielzeit vertraute Trainer Luis Enrique in Spanien auf Bravo. Nun ist der Chilene an der Wade verletzt, drei Wochen Ausfallzeit sind prognostiziert. Und nun bekommt die Nummer zwei ihre große Chance, so jedenfalls die herkömmliche Lesart.

In Barcelona steht anderes geschrieben. Es gibt keine Nummer 1, keine Nummer 2, kein Torhüter 1a, kein Torhüter 1b. Ter Stegen sagt: "Ich empfinde mich auf keinen Fall als Ersatztorwart." Er sagt dies aus gutem Grund. In der vergangenen Saison hütetet er in allen Spielen des nationalen Pokalwettbewerbs und in der Champions League das Tor. Er tat dies überaus erfolgreich. Auch dank ter Stegen wurde der FCB spanischer Pokalsieger. Die Krönung folgte in Berlin. Des Deutschen Paraden sicherten Barca zunächst den Einzug ins Endspiel und im Finale gegen Juventus Turin den Titel in der Königsklasse. So sagt der 23-Jährige angesichts der Ersatztorhüterdiskussion: "Ich habe noch nie einen zweiten Keeper gesehen, der konstant in der Champions League spielt."

"Ich weiß, dass ich bislang gute Arbeit gezeigt habe"

Selten ist allerdings auch, dass ein Keeper, der konstant in der Champions League spielt, mit genauso großer Konstanz in der nationalen Liga lediglich zuschaut. Aus Sicht von ter Stegen: selten unschön. Talent und Ehrgeiz des Torhüters verhindern, dass er sich mit dieser Aufteilung zufrieden gibt, ter Stegen will mehr: "Die Situation ist nicht erfreulich, das ist ja kein Geheimnis. Am liebsten würde natürlich ich alle Spiele bestreiten."

Die Wunscherfüllung ist nun ein gutes Stück näher gerückt. Wunschlos glücklich ist ter Stegen nicht. Seine Ambition war es nicht, von einer Verletzung zu profitieren, er wollte von seinem überlegenen Können zehren. "Ich versuche, so viel Druck auf Claudio und den Trainer auszuüben, dass kein Weg an mir vorbeigeht", sagt er.

Aber natürlich weiß ter Stegen, dass nun seine Zeit gekommen sein kann. Bisher konnte er Druck lediglich in Training, Pokal und Champions League aufbauen. Nun kommt die Primera Division hinzu. "Ich weiß, dass ich bislang gute Arbeit gezeigt habe, denn mit mir im Tor haben wir nur ein Spiel verloren", sagt ter Stegen. Und diese Äußerung ist nicht gewagt, sie fußt auch nicht auf lokalem Egoismus. "Wenn das so weitergeht, werde ich auch öfter im Tor stehen." In Barcelonas Tor kann eine neue Ära beginnen, ter Stegen hat es in der Hand.