Stark: "Nominierung ist eine große Bestätigung"

Stark: Wenn man sieht, dass das Spiel immer schneller und immer athletischer wird, dann gilt das eben nicht nur für die Spieler, sondern auch für die Schiedsrichter. Die Schiedsrichter legen in der Bundesliga und in der Champions League in 90 Minuten Wegstrecken zwischen elf und 14 Kilometern, teilweise im Sprint, zurück. Das sind Werte, wie sie nur von den Topspielern erreicht werden. Es ist deshalb mit absoluter Gewissheit gerechtfertigt, den Schiedsrichter als Leistungssportler zu bezeichnen.

DFB.de Deshalb gibt es immer mal wieder Rufe nach dem Profischiedsrichter.

Stark: Ich glaube nicht, dass das Profitum zwingend die Zukunft der Schiedsrichter ist. So wie wir in Deutschland seit einigen Jahren in der Bundesliga arbeiten, haben wir von den ganzen Abläufen, von der Vorbereitung und vom Training her schon beinahe einen Profistatus erreicht. Ich finde es aber gut, wie es in Deutschland ist. Dass die Schiedsrichter daneben noch einem regulären Beruf nachgehen, ist aus meiner Sicht eher ein Vorteil. Denn von der Persönlichkeit her kann jeder Dinge von seinem Berufsleben mit in die Spielleitung mit hineinnehmen und umgekehrt. Ich glaube, dass wir wegkommen sollten von dem Denken, dass, wenn wir Profischiedsrichter haben, dann alles zwingend viel besser funktionieren würde.

DFB.de Bei welchen Spielen macht Ihnen das Pfeifen am meisten Spaß: in der Bundesliga, in der Champions League, im Ausland?

Stark: Lust habe ich immer, auf jedes Spiel. An diesem Wochenende zum Beispiel hat meine Sparkasse in Landshut ein riesengroßes Turnier für Kinder veranstaltet. Am Samstag und Sonntag wurde eine Mini-WM ausgetragen, die ganze WM für U 8-Mannschaften eins-zu-eins nachgespielt. Das war für mich ein ganz tolles Erlebnis. Ich pfeife unheimlich gern Kinderspiele. Man sieht, mit welcher Freude die Jungs dabei sind, man sieht, dass sie wirklich noch einen tollen, sauberen und unverbrauchten Fußball spielen. So etwas gefällt mir sehr und ist für mich genauso wichtig wie ein Spiel in der Champions League. Leider komme ich nicht mehr häufig dazu, an solchen Veranstaltungen teilzunehmen. Aber wenn es denn mal gelingt, dann macht es mir umso mehr Spaß.

DFB.de War die Mini-WM für Sie auch eine gute Ablenkung nach den Vorfällen beim Zweitligafinale zwischen Düsseldorf und Rostock, als Sie das Spiel wegen Ausschreitungen auf den Rängen mehrfach unterbrechen mussten?

Stark: Es war zumindest schön zu sehen, wie Fußball eigentlich ist, wenn er nicht von Chaoten mit Füßen getreten wird.

DFB.de Wie gehen Sie denn mit Vorfällen wie dem in Düsseldorf um: Vergeht Ihnen da nicht die Lust am Pfeifen?



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Seine Karriere begann als klassischer Libero, später agierte Wolfgang Stark als umsichtiger Spielmacher der Spielvereinigung Landshut. Bis ihn die Fehlentscheidungen der Unparteiischen, die damals häufig von Betreuern und Eltern der Mannschaften gestellt wurden, zu einem Seitenwechsel veranlassten.

Stark beschloss, den Weg seines Vaters Rudi, der heute Schiedsrichterobmann beim Bayrischen Fußball-Verband ist, einzuschlagen „Eine gute Entscheidung“, wie der 40-Jährige heute findet. Am Freitag wurde er von der FIFA offiziell zum Schiedsrichter für die WM in Südafrika berufen.

Im DFB.de-Gespräch der Woche mit Redakteur Steffen Lüdeke erzählt Stark von seinen Anfängen, von Erfolgen und Problemen auf dem Platz und seiner Vorfreude auf die WM.

DFB.de Herr Stark, seit Freitag sind Sie offiziell von der FIFA für die Weltmeisterschaft in Südafrika nominiert. Wie groß war die Freude im Hause Stark, als Sie den Brief der FIFA geöffnet haben?

Wolfgang Stark: Natürlich haben wir uns alle sehr gefreut. Das gilt auch für meine Assistenten Jan-Hendrik Salver und Mike Pickel. Es ist eine tolle Sache und eine große Bestätigung, dass die Nominierung jetzt offiziell ist. Wir hatten in der vorvergangenen Woche in Zürich noch den letzten und entscheidenden Lehrgang. Und natürlich macht es mich stolz, dass ich mich zu den 30 Auserwählten für die WM zählen kann.

DFB.de Eine große Überraschung ist Ihre Nominierung aber nicht. Sie haben schon damit gerechnet, oder?

Stark: Ich bin seit Februar 2007 in dem neuen Schiedsrichter-Programm der FIFA. Das heißt aber nicht, dass von vornherein klar war, dass ich es nach Südafrika schaffen würde. Am Anfang waren knapp 80 Schiedsrichter involviert, und jetzt freue ich mich natürlich, dass ich zu jenen gehöre, die mit zur WM fahren. Bis dahin war es aber ein steiniger Weg. Es gab zahlreiche Lehrgänge der FIFA, auf denen wir uns behaupten mussten, dann die Spiele, bei denen wir beobachtet worden sind. Nicht zuletzt mussten wir, also meine beiden Assistenten und ich, immer topfit sein und vor allem von Verletzungen verschont bleiben. Es gab also schon diverse Faktoren, die zusammen kommen mussten, damit es mit der Nominierung tatsächlich klappt. Deswegen war die Freude natürlich sehr groß.

DFB.de Insbesondere bei Ihrem Vater? Es muss ihn mit viel Stolz erfüllen, dass sein Sohn in seine Fußstapfen getreten und so ein erfolgreicher Schiedsrichter geworden ist.

Stark: Natürlich macht ihn das stolz, das ist doch klar. Er war allerdings von uns allen derjenige, der sich am sichersten war, dass es klappen würde. Er ist halt ein Mensch, der immer positiv denkt. Er hat mich im Laufe meiner Karriere immer unterstützt, so gut es ging. Er hat mir über all die Jahre moralisch und mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Meine Nominierung ist deswegen auch sein Verdienst, und ich freue mich jetzt, dass er sich für mich freuen kann.

DFB.de Ihre Frau und Ihre sechsjährige Tochter Selina werden zumindest aber auch ein weinendes Auge haben, oder? Immerhin müssen die beiden jetzt im Sommer auf Sie verzichten.

Stark: Meine Familie ist es ja gewohnt, dass ich immer mal wieder für längere Zeit weg bin. Aber, es stimmt schon, diesmal ist es schon ein wenig länger, weil es fünf oder sechs Wochen werden können. Allerdings ist die WM nun mal ein einmaliges Erlebnis, auf das ich lange hingearbeitet habe. Da nimmt man die Trennung von der Familie dann schweren Herzens in Kauf. Aber mit der heutigen Technik, mit Internet und Internet-Telefon kann man ja gut Kontakt halten. Das erleichtert die Trennung.

DFB.de Zur Vorbereitung auf Ihre Spiele studieren Sie die Charaktere der Mannschaften und der Spieler. Sie sammeln also im Vorfeld möglichst viele Informationen, um auf dem Platz nicht überrascht zu werden. Beim FC Barcelona dürfte dies nicht sonderlich schwierig sein, weil es viel Material gibt. Aber wie bereiten Sie sich vor, wenn Sie bei der WM eine Mannschaft wie Honduras pfeifen?

Stark: Bei den U 17- und U 20-Turnieren, bei denen ich war, war es immer so, dass es eine technische Kommission bei der FIFA gibt, die über Videomaterial der Mannschaften verfügt. Dieses Material wird uns dann vor den Spielen zur Verfügung gestellt. Meistens ist dies aber immer nur eine DVD von einem Spiel. Das ist natürlich nicht vergleichbar mit dem, was bei einer Mannschaft wie Barcelona zur Verfügung steht. Es gibt dennoch wichtige Hilfestellung. Man kann sehen, welche Spielertypen es in der Mannschaft gibt, welches System sie spielen. Das sind alles wertvolle Informationen.

DFB.de In der Bundesliga verbrennen Sie bei einem Spiel im Schnitt 1900 Kalorien, in der Champions League sind es 2200 - was erwarten Sie für die WM?

Stark: Das kommt immer auf die Paarung an - und wie sich das Spiel entwickelt. Aber ich denke mal, es wird sich so in dem Bereich dazwischen einpendeln. Wenn ein Schiedsrichter nicht körperlich topfit ist, hat er heute keine Chance mehr, auf höchstem Niveau zu pfeifen.

DFB.de Sie haben die Schiedsrichter deshalb schon vor Jahren als Ausdauer-Leistungssportler bezeichnet.

Stark: Wenn man sieht, dass das Spiel immer schneller und immer athletischer wird, dann gilt das eben nicht nur für die Spieler, sondern auch für die Schiedsrichter. Die Schiedsrichter legen in der Bundesliga und in der Champions League in 90 Minuten Wegstrecken zwischen elf und 14 Kilometern, teilweise im Sprint, zurück. Das sind Werte, wie sie nur von den Topspielern erreicht werden. Es ist deshalb mit absoluter Gewissheit gerechtfertigt, den Schiedsrichter als Leistungssportler zu bezeichnen.

DFB.de Deshalb gibt es immer mal wieder Rufe nach dem Profischiedsrichter.

Stark: Ich glaube nicht, dass das Profitum zwingend die Zukunft der Schiedsrichter ist. So wie wir in Deutschland seit einigen Jahren in der Bundesliga arbeiten, haben wir von den ganzen Abläufen, von der Vorbereitung und vom Training her schon beinahe einen Profistatus erreicht. Ich finde es aber gut, wie es in Deutschland ist. Dass die Schiedsrichter daneben noch einem regulären Beruf nachgehen, ist aus meiner Sicht eher ein Vorteil. Denn von der Persönlichkeit her kann jeder Dinge von seinem Berufsleben mit in die Spielleitung mit hineinnehmen und umgekehrt. Ich glaube, dass wir wegkommen sollten von dem Denken, dass, wenn wir Profischiedsrichter haben, dann alles zwingend viel besser funktionieren würde.

DFB.de Bei welchen Spielen macht Ihnen das Pfeifen am meisten Spaß: in der Bundesliga, in der Champions League, im Ausland?

Stark: Lust habe ich immer, auf jedes Spiel. An diesem Wochenende zum Beispiel hat meine Sparkasse in Landshut ein riesengroßes Turnier für Kinder veranstaltet. Am Samstag und Sonntag wurde eine Mini-WM ausgetragen, die ganze WM für U 8-Mannschaften eins-zu-eins nachgespielt. Das war für mich ein ganz tolles Erlebnis. Ich pfeife unheimlich gern Kinderspiele. Man sieht, mit welcher Freude die Jungs dabei sind, man sieht, dass sie wirklich noch einen tollen, sauberen und unverbrauchten Fußball spielen. So etwas gefällt mir sehr und ist für mich genauso wichtig wie ein Spiel in der Champions League. Leider komme ich nicht mehr häufig dazu, an solchen Veranstaltungen teilzunehmen. Aber wenn es denn mal gelingt, dann macht es mir umso mehr Spaß.

DFB.de War die Mini-WM für Sie auch eine gute Ablenkung nach den Vorfällen beim Zweitligafinale zwischen Düsseldorf und Rostock, als Sie das Spiel wegen Ausschreitungen auf den Rängen mehrfach unterbrechen mussten?

Stark: Es war zumindest schön zu sehen, wie Fußball eigentlich ist, wenn er nicht von Chaoten mit Füßen getreten wird.

DFB.de Wie gehen Sie denn mit Vorfällen wie dem in Düsseldorf um: Vergeht Ihnen da nicht die Lust am Pfeifen?

Stark: Natürlich ist so etwas schwierig. Aber wir haben schon im Vorfeld des Spiels gewusst, dass etwas passieren könnte. Das Spiel wurde ja auch als Sicherheitsspiel von der DFL und dem DFB eingestuft, also wir waren mehr oder weniger gewarnt. Dass es natürlich solche Ausmaße annehmen würde, damit haben wir nicht gerechnet. Da ist man dann auch als Schiedsrichter machtlos. Auf die Spieler hat man noch Einfluss, aber wenn dann Zuschauer so ausrasten, ist man abhängig von den Sicherheitskräften und von der Polizei. Und trotzdem muss man versuchen, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, das Spiel in einigermaßen geordneten Bahnen über die Bühne zu bekommen.

DFB.de Das ist Ihnen ja zum Glück gelungen.

Stark: Ja. Kompliment auch an die beiden Mannschaften. Die haben wirklich Fußball gespielt, haben sich nicht von außen provozieren lassen. Auf dem Spielfeld war zum Glück alles in Ordnung, und ich bin froh, dass wir dieses Spiel noch haben durchziehen können. Aber das ist Vergangenheit, mir ist die Lust am Pfeifen dadurch nicht vergangen. Ich freue mich auf die neuen Herausforderungen und natürlich nun erst mal ganz besonders auf die WM.

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DFB.de Sie haben gegenüber einer Schülerzeitung vor drei Jahre in einem Interview als Lebenstraum geäußert, dass Sie die Schlagzeile lesen wollen: „Wolfgang Stark für das WM-Finale nominiert“. Wie groß ist Ihre Hoffnung, dass Sie nicht nur die WM pfeifen, sondern auch mit der Leitung des Endspiels beauftragt werden?

Stark: Ich habe gestern ja schon ein WM-Finale gepfiffen. Auch wenn es nur das bei der Mini-WM war. Aber Spaß bei Seite. Ich muss jetzt mal schauen, wie es bei der WM läuft. Wichtig ist, dass wir da weiter unsere Leistung bringen. Meine Assistenten Jan-Hendrik Salver und Mike Pickel gehören ja genauso dazu. Wir sind als Team dort und müssen die FIFA als Team überzeugen. Viel mehr habe ich, haben wir als Team, nicht in der Hand. Es ist ja auch ein bisschen abhängig davon, wie weit die deutsche Mannschaft im Turnier kommt.

DFB.de Inwieweit fällt es Ihnen deswegen schwer, der deutschen Mannschaft bei der WM die Daumen zu drücken?

Stark: Ich bin Fußballfan. Das war ich immer und werde ich immer sein. Und ich bin Deutscher und natürlich Fan der Nationalmannschaft. Ich fiebere also genau so mit der Nationalmannschaft mit, wie jeder andere Fußballfan auch.