Silvia Neid: "Natürlich wollen wir den WM-Titel 2007 holen"

Der Countdown läuft. Für die Frauen-Nationalmannschaft hat in der vergangenen Woche die direkte Vorbereitung auf die vom 10. bis 30. September in China stattfindende Weltmeisterschaft begonnen.

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „DFB live“ in Leipzig hat Silvia Neid über die Erwartungen für die WM gesprochen. Die DFB-Trainerin äußerte sich aber auch über die Entwicklung des Frauenfußballs und schaute schon auf die WM 2011 nach vorne. Die DFB-Internetredaktion hat das Interview mit der Trainerin der Frauen-Nationalmannschaft aufgezeichnet.

Frage: Silvia Neid, Sie waren als Spielerin beim ersten Frauen-Länderspiel in der Geschichte des Deutschen Fußball-Bundes am 10. November 1982 beim 5:1 über die Schweiz in Koblenz dabei. Wenn Sie zurückblicken, wie viel Aufwand war damals notwendig, um in die Nationalmannschaft berufen zu werden?

Silvia Neid: Das war damals schon sehr aufregend. Gero Bisanz machte seinerzeit zwei Sichtungen im Norden und Süden und hatte dazu 60 Spielerinnen eingeladen. Aus diesem Kreis nominierte er dann die 16, die beim Länderspiel gegen die Schweiz dabei sein durften. Das ist natürlich kein Vergleich zu heute. Was aber auch nachvollziehbar ist, schließlich stand der Frauenfußball in Deutschland erst am Anfang seiner Entwicklung. Man muss bedenken, dass die Förderung des Frauenfußballs erst 1970 in die Statuten des DFB aufgenommen worden ist. Es gab die Frauen-Bundesliga noch gar nicht. Das heißt, gerade im Spitzenbereich war man längst nicht so gut organisiert wie heute. Viel beruhte deswegen auf Eigeninitiative der Spielerinnen. Mittlerweile wird in den Klubs immer professioneller gearbeitet, auch wenn man noch weit vom Profitum entfernt ist.

Frage: Sie haben in Ihrer Karriere 111 Länderspiele bestritten und dabei viele interessante Dinge erlebt. An welche Ereignisse erinnern Sie sich besonders gerne zurück?

Silvia Neid: Da gibt es einige Momente, an die ich mich sehr gerne zurückerinnere. Grundsätzlich waren für mich die Einladungen in die Nationalmannschaft immer etwas ganz Besonderes. Herausgeragt haben natürlich die großen Turniere. Der Gewinn der EM 1989 war ein prägendes Erlebnis, bei der Endrunde wurde erstmals ein Frauen-Länderspiel live in Deutschland übertragen, beim Finale hatten wir ein ausverkauftes Stadion in Osnabrück, es standen sogar noch Leute ohne Eintrittskarte vor dem Stadion, es herrschte einfach eine unglaubliche Stimmung. Ein unvergessliches Erlebnis war es auch, bei der ersten Frauen-Weltmeisterschaft 1991 in China dabei sein zu dürfen. Allerdings verlief das Turnier nicht so gut für mich, weil ich auf Grund einer Verletzung nicht durchspielen konnte. Da war die WM 1995 in Schweden schon viel erfolgreicher. Leider haben wir im Finale unglücklich mit 0:2 gegen Norwegen verloren.

Frage: Nach dem Ende Ihrer aktiven Laufbahn sind Sie direkt in den Trainerstab des DFB gewechselt. Seit 1996 haben Sie damit die Entwicklung des deutschen Frauenfußballs vorangetrieben. Wie haben sich die Bedingungen verändert?

Silvia Neid: Da hat sich sehr viel getan. Nach und nach haben wir uns in allen Bereichen gesteigert. So ist zum Beispiel der Trainerstab im Frauen-Bereich des DFB größer geworden. Mittlerweile haben wir in Michael Fuchs einen festangestellten Torwarttrainer und in Dr. Norbert Steinen einen Konditionstrainer. Auch die medizinische Betreuung der Frauen-Nationalmannschaften ist intensiver geworden. Ebenso sind wir für Sponsoren und für die Medien immer interessanter geworden, was sich auch in einer entsprechenden Begleitung des Teams niedergeschlagen hat. Ebenso hat sich auf sportlicher Ebene viel für die Spielerinnen getan. Wie erwähnt wird immer professioneller und intensiver trainiert. Der Frauenfußball hat sich enorm entwickelt, ist schneller, athletischer geworden. Die Weltspitze rückt immer mehr zusammen. Entsprechend müssen die Spielerinnen einen höheren Aufwand betreiben.

Frage: Immer mehr große Vereine entdecken den Frauen-Fußball für sich. Wie wichtig ist das aus Ihrer Sicht, um das Niveau zu erhöhen?

Silvia Neid: Wir brauchen noch mehr Professionalität - dem Frauen-Fußball kann deshalb nichts besseres passieren, als dass große Vereine wie Bayern München, Werder Bremen oder der Hamburger SV ihre Frauenabteilungen fördern.

Frage: Das gilt also auch für die Vorbereitung auf die vom 10. bis 30. September in China stattfindende WM. Wie sieht die genau aus?

Silvia Neid: Einmal mehr muss ich mich dafür beim DFB, insbesondere natürlich bei Präsident Dr. Theo Zwanziger und Generalsekretär Horst R. Schmidt, bedanken, dass es uns ermöglicht wird, eine intensive Vorbereitung zu betreiben. Ich kann im Vorfeld der WM neun Wochen mit der Mannschaft zusammenarbeiten, um sie bestmöglich auf die WM vorzubereiten. Mit der Vorbereitung haben wir vergangene Woche begonnen. Ich werde die Mannschaft von nun zu wöchentlichen Lehrgängen zusammenziehen. Bis zum Abflug am 3. September werden wir außerdem noch vier Länderspiele bestreiten, am 29. Juli in Magdeburg gegen Dänemark, am 2. August in Gera gegen die Tschechische Republik, am 22. August in Koblenz gegen die Schweiz und zum Abschluss am 30. August in Mainz gegen Norwegen

Frage: Welchen Eindruck haben Sie von der Mannschaft beim ersten Lehrgang in Köln gewonnen?

Silvia Neid: Einen sehr guten. Ich habe die Spielerinnen nach dem Ende der Bundesliga-Saison zwei Wochen in den Urlaub geschickt, um zu entspannen und den Kopf frei zu bekommen. Jetzt sind sie motiviert und konzentriert an das Projekt WM 2007 rangegangen. Aber das verwundert mich nicht, schließlich geht es auch noch um die Plätze im WM-Kader. Ich habe derzeit 26 Spielerinnen dabei und kann nur 21 Spielerinnen für die WM nominieren. Einziger Wermutstropfen beim ersten Lehrgang war die Verletzung von Isabell Bachor. Sie zog sich einen Innenbandanriss im Knie zu und fällt damit für die WM aus. Für sie habe ich Conny Pohlers nachnominiert.

Frage: Mit welchen Erwartungen gehen Sie in die Weltmeisterschaft?

Silvia Neid: Natürlich wollen wir den Titel holen. Wir gehören sicherlich zum Favoritenkreis, doch der ist ziemlich groß. Es sind einige starke Nationen dabei, denen ich zutraue, ein Wörtchen bei der Vergabe des Titels mitzureden. Auf dem Zettel habe ich auf jeden Fall die USA, Norwegen, Schweden, Brasilien, China, Nordkorea, Nigeria. Außerdem muss man den Turnierverlauf abwarten. Der Spielplan hat es in sich. Die Auslosung hat ja ergeben, dass wir, sollten wir uns für das Viertelfinale qualifizieren, dort auf ein Team der Gruppe B treffen und das bedeutet, das wir dann schon auf die USA, Schweden, Nordkorea oder Nigeria treffen würden...

Frage: Nach dem WM-Gewinn 2003 in den USA wünschen sich die Fans nun natürlich erneut den Titel. Wie gehen Sie mit dem öffentlichen Druck um?

Silvia Neid: Ich kann die Fans verstehen und ich freue mich über das große und immer größer werdende Interesse. Was die öffentliche Wahrnehmung angeht, hat der Frauenfußball gerade in jüngster Vergangenheit eine tolle Entwicklung gemacht. Unsere Heimspiele werden mittlerweile regelmäßig von mehr als 10.000 Zuschauern besucht. Fast alle unserer Spiele werden in der ARD und dem ZDF live übertragen, so dass wir stets ein Millionen-Publikum am Fernsehen erreichen. Allen denen, die uns die Daumen drücken, kann ich versprechen, dass wir alles dafür tun werden, um den Wunsch der Fans zu erfüllen. Aber wir werden uns nicht davon unter Druck setzen lassen, dass wir der Titelverteidiger sind. Das Turnier 2003 hat mit dem 2007 nichts mehr zu tun, das ist jetzt eine neue Herausforderung. Wir haben eine andere Mannschaft, wir treffen auf andere Gegner, die ganze Situation ist eine andere. Von daher werden wir nicht mit der Einstellung nach China reisen, etwas verteidigen zu müssen, wir wollen dort etwas gewinnen, wir wollen etwas Neues erreichen, einen neuen Titel gewinnen.

Frage: Wunsch vieler Anhänger ist es auch die WM 2011 nach Deutschland zu holen. Wie schätzen Sie die Chancen ein?

Silvia Neid: Auch in diesem Wunsch teile ich mit unseren Anhängern. Und ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir gute Chancen haben, den Zuschlag von der FIFA zu erhalten. Wir werden eine perfekte Bewerbung abgeben, weil wir mit DFB-Präsident Dr. Zwanziger, Hannelore Ratzeburg, der Vorsitzenden des DFB-Frauenfußball-Ausschusses, DOSB-Präsident Dr. Thomas Bach, DFB-Vize-Präsident Dr. Engelbert Nelle und Heike Ullrich, der DFB-Abteilungsleiterin Frauenfußball, ein absolut kompetentes Bewerbungskomitee haben. Und wir haben meiner Meinung nach, absolut überzeugende Argumente. Bei der WM 2006 hat man gesehen, dass wir eine begeisterungsfähige und fußballverrückte Bevölkerung haben. Schon der Zuspruch für die Bewerbung war enorm: Mehr als 30 Städte haben sich als Spielort beworben. Jetzt gehen wir mit zwölf hochmodernen Stadien in die Bewerbung. Das sind Indizien für mich, dass Deutschland ein echtes Frauenfußball-Land geworden ist. Ich könnte mir kein besseren Austragungsort für die WM 2011 vorstellen.

Frage: Welche Auswirkungen könnte die WM 2011 auf den Frauenfußball in Deutschland haben?

Silvia Neid: Ich glaube, dass kann man jetzt noch gar nicht so genau absehen, aber ich bin felsenfest davon überzeugt, dass es die Massen mobilisieren wird. Wir werden volle Stadien haben, in den Städten wieder Fußball-Feste feiern und Überzeugungsarbeit in Sachen Frauenfußball leisten. Frauenfußball war schon in den vergangenen Jahren das am stärksten wachsende Segment in der DFB-Mitgliederstatistik. Und was die Gewinnung von neuen, aktiven Mitgliedern angeht, steckt gerade im Mädchenbereich noch so viel Potenzial, da würde eine WM sicherlich helfen, das noch weiter auszureizen. Ich bin sogar sicher: Der Mädchen- und Frauen-Fußball würde dadurch einen Boom erleben.

Frage: Werden Sie selbst 2011 noch dabei sein?

Silvia Neid: Mein Vertrag läuft noch bis 2009. Aber es wäre selbstverständlich eine tolle Sache, ein solches Turnier als Trainerin zu begleiten. Das würde ich liebend gerne mitmachen. Es ist doch das größte Erlebnis für Trainerin, eine Weltmeisterschaft im eigenen Land absolvieren zu dürfen.

[nb/cm]

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Der Countdown läuft. Für die Frauen-Nationalmannschaft hat in der vergangenen Woche die direkte Vorbereitung auf die vom 10. bis 30. September in China stattfindende Weltmeisterschaft begonnen.

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „DFB live“ in Leipzig hat Silvia Neid über die Erwartungen für die WM gesprochen. Die DFB-Trainerin äußerte sich aber auch über die Entwicklung des Frauenfußballs und schaute schon auf die WM 2011 nach vorne. Die DFB-Internetredaktion hat das Interview mit der Trainerin der Frauen-Nationalmannschaft aufgezeichnet.

Frage: Silvia Neid, Sie waren als Spielerin beim ersten Frauen-Länderspiel in der Geschichte des Deutschen Fußball-Bundes am 10. November 1982 beim 5:1 über die Schweiz in Koblenz dabei. Wenn Sie zurückblicken, wie viel Aufwand war damals notwendig, um in die Nationalmannschaft berufen zu werden?

Silvia Neid: Das war damals schon sehr aufregend. Gero Bisanz machte seinerzeit zwei Sichtungen im Norden und Süden und hatte dazu 60 Spielerinnen eingeladen. Aus diesem Kreis nominierte er dann die 16, die beim Länderspiel gegen die Schweiz dabei sein durften. Das ist natürlich kein Vergleich zu heute. Was aber auch nachvollziehbar ist, schließlich stand der Frauenfußball in Deutschland erst am Anfang seiner Entwicklung. Man muss bedenken, dass die Förderung des Frauenfußballs erst 1970 in die Statuten des DFB aufgenommen worden ist. Es gab die Frauen-Bundesliga noch gar nicht. Das heißt, gerade im Spitzenbereich war man längst nicht so gut organisiert wie heute. Viel beruhte deswegen auf Eigeninitiative der Spielerinnen. Mittlerweile wird in den Klubs immer professioneller gearbeitet, auch wenn man noch weit vom Profitum entfernt ist.

Frage: Sie haben in Ihrer Karriere 111 Länderspiele bestritten und dabei viele interessante Dinge erlebt. An welche Ereignisse erinnern Sie sich besonders gerne zurück?

Silvia Neid: Da gibt es einige Momente, an die ich mich sehr gerne zurückerinnere. Grundsätzlich waren für mich die Einladungen in die Nationalmannschaft immer etwas ganz Besonderes. Herausgeragt haben natürlich die großen Turniere. Der Gewinn der EM 1989 war ein prägendes Erlebnis, bei der Endrunde wurde erstmals ein Frauen-Länderspiel live in Deutschland übertragen, beim Finale hatten wir ein ausverkauftes Stadion in Osnabrück, es standen sogar noch Leute ohne Eintrittskarte vor dem Stadion, es herrschte einfach eine unglaubliche Stimmung. Ein unvergessliches Erlebnis war es auch, bei der ersten Frauen-Weltmeisterschaft 1991 in China dabei sein zu dürfen. Allerdings verlief das Turnier nicht so gut für mich, weil ich auf Grund einer Verletzung nicht durchspielen konnte. Da war die WM 1995 in Schweden schon viel erfolgreicher. Leider haben wir im Finale unglücklich mit 0:2 gegen Norwegen verloren.

Frage: Nach dem Ende Ihrer aktiven Laufbahn sind Sie direkt in den Trainerstab des DFB gewechselt. Seit 1996 haben Sie damit die Entwicklung des deutschen Frauenfußballs vorangetrieben. Wie haben sich die Bedingungen verändert?

Silvia Neid: Da hat sich sehr viel getan. Nach und nach haben wir uns in allen Bereichen gesteigert. So ist zum Beispiel der Trainerstab im Frauen-Bereich des DFB größer geworden. Mittlerweile haben wir in Michael Fuchs einen festangestellten Torwarttrainer und in Dr. Norbert Steinen einen Konditionstrainer. Auch die medizinische Betreuung der Frauen-Nationalmannschaften ist intensiver geworden. Ebenso sind wir für Sponsoren und für die Medien immer interessanter geworden, was sich auch in einer entsprechenden Begleitung des Teams niedergeschlagen hat. Ebenso hat sich auf sportlicher Ebene viel für die Spielerinnen getan. Wie erwähnt wird immer professioneller und intensiver trainiert. Der Frauenfußball hat sich enorm entwickelt, ist schneller, athletischer geworden. Die Weltspitze rückt immer mehr zusammen. Entsprechend müssen die Spielerinnen einen höheren Aufwand betreiben.

Frage: Immer mehr große Vereine entdecken den Frauen-Fußball für sich. Wie wichtig ist das aus Ihrer Sicht, um das Niveau zu erhöhen?

Silvia Neid: Wir brauchen noch mehr Professionalität - dem Frauen-Fußball kann deshalb nichts besseres passieren, als dass große Vereine wie Bayern München, Werder Bremen oder der Hamburger SV ihre Frauenabteilungen fördern.

Frage: Das gilt also auch für die Vorbereitung auf die vom 10. bis 30. September in China stattfindende WM. Wie sieht die genau aus?

Silvia Neid: Einmal mehr muss ich mich dafür beim DFB, insbesondere natürlich bei Präsident Dr. Theo Zwanziger und Generalsekretär Horst R. Schmidt, bedanken, dass es uns ermöglicht wird, eine intensive Vorbereitung zu betreiben. Ich kann im Vorfeld der WM neun Wochen mit der Mannschaft zusammenarbeiten, um sie bestmöglich auf die WM vorzubereiten. Mit der Vorbereitung haben wir vergangene Woche begonnen. Ich werde die Mannschaft von nun zu wöchentlichen Lehrgängen zusammenziehen. Bis zum Abflug am 3. September werden wir außerdem noch vier Länderspiele bestreiten, am 29. Juli in Magdeburg gegen Dänemark, am 2. August in Gera gegen die Tschechische Republik, am 22. August in Koblenz gegen die Schweiz und zum Abschluss am 30. August in Mainz gegen Norwegen

Frage: Welchen Eindruck haben Sie von der Mannschaft beim ersten Lehrgang in Köln gewonnen?

Silvia Neid: Einen sehr guten. Ich habe die Spielerinnen nach dem Ende der Bundesliga-Saison zwei Wochen in den Urlaub geschickt, um zu entspannen und den Kopf frei zu bekommen. Jetzt sind sie motiviert und konzentriert an das Projekt WM 2007 rangegangen. Aber das verwundert mich nicht, schließlich geht es auch noch um die Plätze im WM-Kader. Ich habe derzeit 26 Spielerinnen dabei und kann nur 21 Spielerinnen für die WM nominieren. Einziger Wermutstropfen beim ersten Lehrgang war die Verletzung von Isabell Bachor. Sie zog sich einen Innenbandanriss im Knie zu und fällt damit für die WM aus. Für sie habe ich Conny Pohlers nachnominiert.

Frage: Mit welchen Erwartungen gehen Sie in die Weltmeisterschaft?

Silvia Neid: Natürlich wollen wir den Titel holen. Wir gehören sicherlich zum Favoritenkreis, doch der ist ziemlich groß. Es sind einige starke Nationen dabei, denen ich zutraue, ein Wörtchen bei der Vergabe des Titels mitzureden. Auf dem Zettel habe ich auf jeden Fall die USA, Norwegen, Schweden, Brasilien, China, Nordkorea, Nigeria. Außerdem muss man den Turnierverlauf abwarten. Der Spielplan hat es in sich. Die Auslosung hat ja ergeben, dass wir, sollten wir uns für das Viertelfinale qualifizieren, dort auf ein Team der Gruppe B treffen und das bedeutet, das wir dann schon auf die USA, Schweden, Nordkorea oder Nigeria treffen würden...

Frage: Nach dem WM-Gewinn 2003 in den USA wünschen sich die Fans nun natürlich erneut den Titel. Wie gehen Sie mit dem öffentlichen Druck um?

Silvia Neid: Ich kann die Fans verstehen und ich freue mich über das große und immer größer werdende Interesse. Was die öffentliche Wahrnehmung angeht, hat der Frauenfußball gerade in jüngster Vergangenheit eine tolle Entwicklung gemacht. Unsere Heimspiele werden mittlerweile regelmäßig von mehr als 10.000 Zuschauern besucht. Fast alle unserer Spiele werden in der ARD und dem ZDF live übertragen, so dass wir stets ein Millionen-Publikum am Fernsehen erreichen. Allen denen, die uns die Daumen drücken, kann ich versprechen, dass wir alles dafür tun werden, um den Wunsch der Fans zu erfüllen. Aber wir werden uns nicht davon unter Druck setzen lassen, dass wir der Titelverteidiger sind. Das Turnier 2003 hat mit dem 2007 nichts mehr zu tun, das ist jetzt eine neue Herausforderung. Wir haben eine andere Mannschaft, wir treffen auf andere Gegner, die ganze Situation ist eine andere. Von daher werden wir nicht mit der Einstellung nach China reisen, etwas verteidigen zu müssen, wir wollen dort etwas gewinnen, wir wollen etwas Neues erreichen, einen neuen Titel gewinnen.

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Frage: Wunsch vieler Anhänger ist es auch die WM 2011 nach Deutschland zu holen. Wie schätzen Sie die Chancen ein?

Silvia Neid: Auch in diesem Wunsch teile ich mit unseren Anhängern. Und ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir gute Chancen haben, den Zuschlag von der FIFA zu erhalten. Wir werden eine perfekte Bewerbung abgeben, weil wir mit DFB-Präsident Dr. Zwanziger, Hannelore Ratzeburg, der Vorsitzenden des DFB-Frauenfußball-Ausschusses, DOSB-Präsident Dr. Thomas Bach, DFB-Vize-Präsident Dr. Engelbert Nelle und Heike Ullrich, der DFB-Abteilungsleiterin Frauenfußball, ein absolut kompetentes Bewerbungskomitee haben. Und wir haben meiner Meinung nach, absolut überzeugende Argumente. Bei der WM 2006 hat man gesehen, dass wir eine begeisterungsfähige und fußballverrückte Bevölkerung haben. Schon der Zuspruch für die Bewerbung war enorm: Mehr als 30 Städte haben sich als Spielort beworben. Jetzt gehen wir mit zwölf hochmodernen Stadien in die Bewerbung. Das sind Indizien für mich, dass Deutschland ein echtes Frauenfußball-Land geworden ist. Ich könnte mir kein besseren Austragungsort für die WM 2011 vorstellen.

Frage: Welche Auswirkungen könnte die WM 2011 auf den Frauenfußball in Deutschland haben?

Silvia Neid: Ich glaube, dass kann man jetzt noch gar nicht so genau absehen, aber ich bin felsenfest davon überzeugt, dass es die Massen mobilisieren wird. Wir werden volle Stadien haben, in den Städten wieder Fußball-Feste feiern und Überzeugungsarbeit in Sachen Frauenfußball leisten. Frauenfußball war schon in den vergangenen Jahren das am stärksten wachsende Segment in der DFB-Mitgliederstatistik. Und was die Gewinnung von neuen, aktiven Mitgliedern angeht, steckt gerade im Mädchenbereich noch so viel Potenzial, da würde eine WM sicherlich helfen, das noch weiter auszureizen. Ich bin sogar sicher: Der Mädchen- und Frauen-Fußball würde dadurch einen Boom erleben.

Frage: Werden Sie selbst 2011 noch dabei sein?

Silvia Neid: Mein Vertrag läuft noch bis 2009. Aber es wäre selbstverständlich eine tolle Sache, ein solches Turnier als Trainerin zu begleiten. Das würde ich liebend gerne mitmachen. Es ist doch das größte Erlebnis für Trainerin, eine Weltmeisterschaft im eigenen Land absolvieren zu dürfen.