Schweinsteiger: Im siebten Himmel?

Im Film, der den historischen Triumphzug des FC Bayern durchs Spieljahr 2012/2013 beleuchtet, mit Wembley und dem 2:1-Finalsieg gegen Dortmund als Höhepunkt, ist neben Spielführer Philipp Lahm eben Vizekapitän Bastian Schweinsteiger der Protagonist.

Verhältnis zu Guardiola ist intakt

Die Interviews in einem Filmstudio zeigen einen Menschen, der mit sich ins Reine gekommen und erleichtert ist. Und er feiert auch wieder. Mitte März 2014 lud er 400 Gäste zur Kostümparty in die Münchner Location "Kesselhaus" ein, es kamen Leichtathletik-Weltstar Usain Bolt und Ski-Ass Felix Neureuther, Schweinsteigers Kumpel aus gemeinsamen Jugendzeiten im deutschen Alpinkader.

Wer nicht da war: Pep Guardiola. Aber der hatte auch gar nicht eingeladen werden wollen, "weil das eine Veranstaltung der Spieler ist". Gleichwohl war er von Schweinsteiger über die Veranstaltung rechtzeitig informiert worden. Das Verhältnis Trainer/Vizekapitän ist intakt. Und Guardiola nennt Schweinsteiger einen "Supersupersuperspieler".

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Einer noch. Sollte der FC Bayern München das DFB-Pokalfinale am Samstag (ab 20 Uhr, live in der ARD und bei Sky) in Berlin gegen Borussia Dortmund gewinnen, wäre einer alleiniger Rekordsieger beim Rekordpokalsieger: Bastian Schweinsteiger. DFB.de porträtiert den 29 Jahre alten Nationalspieler.

Der Anwohner der Feilitzschstraße, die in München-Schwabing an den Englischen Garten grenzt, staunte nicht schlecht, als er am Abend des 16. Juli 2013 aus dem Fenster seiner Wohnung blickte. Die beiden Herren gegenüber im italienischen Restaurant "Seerose", waren das nicht zwei außerordentliche Fußball-Berühmtheiten? Der Mann reagierte schnell, schraubte das Teleobjektiv aufs Kameragehäuse, fotografierte die Szene und verkaufte die Bilder am nächsten Tag an die Münchner Zeitungen und Internetportale.

Auf dem Bild waren: Pep Guardiola, der neue Trainer des FC Bayern, und Bastian Schweinsteiger, der Vizekapitän und einer der Triplegewinner der vorangegangenen Saison. Und es war ein besonderer Tag, an dem sie bei Bresaola, Tiramisu und Weißwein zusammensaßen. Der FC Bayern hatte ein paar Stunden zuvor den Spanier Thiago Alcántara vorgestellt, Guardiolas Mitbringsel vom FC Barcelona, seinen Lieblingsspieler, dessen Verpflichtung er vehement gefordert hatte mit dem Satz: "Thiago oder nix!"

Barca-Zugang Thiago: Neuer Konkurrent in der Zentrale

Thiago spielt auf der Position, die auch Schweinsteigers liebste ist: zentral im Mittelfeld. Wobei auch schon klar war, dass Guardiola das von Vorgänger Heynckes gepflegte System der Doppelsechs abschaffen würde. Mit Thiago hatte Schweinsteiger also einen Konkurrenten bekommen. In einer Phase, in der er gesundheitlich angeschlagen war.

Ging es bei dem Arbeitsessen mit dem Trainer darum? Um die Einstimmung eines bislang verdienten Spielers darauf, dass er nicht mehr so wichtig sein würde? Pep Guardiola trug noch dasselbe Hemd wie bei der Thiago-Präsentation, und auf den Bildern aus dem Lokal "Seerose" ist er wild gestikulierend zu sehen. Bastian Schweinsteiger ist in kurzer Hose und schwarzem T-Shirt gekommen - und er wirkt auf der Fotoserie, als wäre er in Abwehrhaltung.

Und als würde ihm etwas erklärt, was er nicht verstehen und akzeptieren könne. Die umliegenden Tische waren alle unbesetzt, Guardiola hatte sie mitreservieren lassen - war das Gespräch so brisant? Die Schweinsteiger-Deutung, sie begann mal wieder auf Hochtouren zu laufen.

Gleichauf mit Kahn: Bisher sechs Pokalsiege in Berlin

Gut ein Dreivierteljahr nach der Szene in der "Seerose" ist jedoch klar: Es ist alles nicht so wild gekommen, wie von manchem Beobachter befürchtet. Schweinsteiger hatte keine leichte Saison, weil seine sommerliche Operation am Sprunggelenk nicht optimal verlaufen war und die Schmerzen ihn dazu zwangen, sich einem weiteren Eingriff zu unterziehen. Doch in der Rückrunde fand er wieder seinen Platz in der Mannschaft, nun war Thiago derjenige, den eine komplizierte Verletzung erwischt hatte.

Bastian Schweinsteiger schoss wichtige Tore, holte mit dem Team die früheste Deutsche Meisterschaft aller Zeiten und steht nun sogar vor einer individuellen historischen Marke: Er kann, sollte er mit dem FC Bayern im Berliner Finale Borussia Dortmund besiegen, der Spieler mit den meisten Erfolgen im DFB-Pokal werden. Gemeinsam mit Oliver Kahn steht er bei sechs Cuperfolgen, 2014 könnte Schweinsteigers siebter folgen.

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2003: Der erste DFB-Pokaltriumph

2003 wird er erstmals als DFB-Pokalsieger geführt – im Finale war er gleichwohl nicht dabei. Dennoch war es damals eine bemerkenswerte Saison für Schweinsteiger: Er rückte in den Profikader auf, und gerade der Verlauf des Pokalwettbewerbs ist bezeichnend für seinen rasanten Aufstieg. Zu Beginn der Saison gehörte er noch zur zweiten Mannschaft - die ein großes Pokallos in der ersten Hauptrunde am 31. August 2002 gezogen hatte: Schalke 04.

Da gab es im Vorfeld sogar eine eigene Pressekonferenz mit Trainer Hermann Gerland und Philipp Lahm, einem der jungen, unbekannten Spieler des FC Bayern II. Lahm, der noch viel jünger aussah, als er war (damals knapp 19), wurde gefragt, ob es ihn denn mit Stolz erfülle, auf Stars wie Ebbe Sand oder Emile Mpenza zu treffen - doch statt Lahm antwortete sein Coach Gerland: "Vielleicht werden eines Tages die Schalker stolz erzählen: 'Wir haben mal gegen Philipp Lahm gespielt.'"

Die Bayern-Amateure um Lahm, Torhüter Michael Rensing, Piotr Trochowski, Zvjezdan Misimovic, Christian Lell und den heutigen Trainer Ralph Hasenhüttl (FC Ingolstadt) verloren 1:2, und in der 54. Minute für den Kollegen Lell eingewechselt wurde ein gewisser Bastian Schweinsteiger, gerade 18 Jahre alt. Der Name war markant genug, um ihn sich zu merken; lediglich das Rechtschreibprüfprogramm einer Münchner Zeitung wurde stutzig und wandelte den Schweinsteiger in "Schweinebetrieb" um. Bastian Schweinebetrieb. "Schweini" war einfacher und gleich geläufiger.

Champions-League-Debüt im November 2002

In der Saison 2002/2003 debütierte Schweinsteiger gleich auch noch in der Champions League - am 13. November 2002 beim 3:3 gegen RC Lens, da ersetzte er Mehmet Scholl -, in der Bundesliga war er erstmals am 7. Dezember als Einwechselspieler für Niko Kovac dabei. Und im DFB-Pokal hatte er im Viertelfinale gegen den 1. FC Köln, damals Zweitligist, einen großen Auftritt mit zwei Toren, die er zum 8:0 beisteuerte.

Nur: Schweinsteigers Jubel war Manager Uli Hoeneß etwas zu exaltiert, es setzte trotz guter Leistung die erste öffentliche Kopfwäsche. Die Einsätze für den Jungstar wurden wieder seltener, im DFB-Pokalfinale 2003 kam er beim 3:1 gegen den 1. FC Kaiserslautern nicht zum Zug. Was ihm übrigens auch 2006 beim 1:0 gegen Eintracht Frankfurt passierte.

Auf dem Platz stand Schweinsteiger in den Endspielen 2005 (2:1 gegen Schalke 04), 2008 (2:1 nach Verlängerung gegen Borussia Dortmund), 2010 (4:0 über Werder Bremen) und 2013. Bei jenem historischen 3:2 gegen den VfB Stuttgart vollendete der FC Bayern das Triple, als erste deutsche Mannschaft.

Herbe Rückschläge 2012 - in Liga, Pokal und Champions League

Doch auch eine schwere Niederlage steht in Schweinsteigers Pokalfinalbilanz: das 2:5 gegen Dortmund 2012. Jener Sommer war sein schwerster: Eine Woche nach Berlin setzte er im Champions-League-Finale gegen den FC Chelsea im "Finale dahoam" den letzten Elfmeter an den Pfosten, und bei der Europameisterschaft, die noch folgte, fand er nicht die Form, die er bei seinen großen Turnieren - WM 2006, EM 2008, WM 2010 mit dem Aufstieg in die Weltklasse - gehabt hatte.

Die Frage, ob es sinnvoll war, dass Bundestrainer Joachim Löw Schweinsteiger im Halbfinale gegen Italien überhaupt eingesetzt hatte, beschäftigte die Nation. Und es begann wieder die Schweinsteiger-Deutung. Wer ihn in München mit aufgesetzter Kapuze und einem Becher Kaffee in der Hand versonnen an der Isar spazieren sah, sorgte sich: War Bastian Schweinsteiger, der als junger Lustfußballer in die Spitzenfußballszene eingedrungen war, nicht viel zu ernst geworden, wirkte er nicht zu belastet, von seinen Ansprüchen und denen der Öffentlichkeit?

Lob von Jupp Heynckes

In einem Interview mit DFB.de während der EM 2012 hatte er geklagt, dass er als Topsportler kaum Leute fände, die ihn wirklich verstünden - aus diesen Worten glaubten manche, schon Anzeichen einer bevorstehenden Krise herauszuhören. Dass der FC Bayern 40 Millionen Euro in den Transfer des spanischen Mittelfeldmannes Javi Martínez investierte, wurde als Präventivmaßnahme interpretiert.

Doch Schweinsteiger ist über die Saison 2011/2012 hinweggekommen. Gerade auf dem Weg ins Champions-League-Finale, wie bei den beiden Siegen (4:0 und 3:0) über Barcelona, lieferte er Spiele voller Reife. Trainer Jupp Heynckes adelte ihn als "besten Mittelfeldspieler der Welt". Das verloren geglaubte Lachen kehrte zurück.

Im Film, der den historischen Triumphzug des FC Bayern durchs Spieljahr 2012/2013 beleuchtet, mit Wembley und dem 2:1-Finalsieg gegen Dortmund als Höhepunkt, ist neben Spielführer Philipp Lahm eben Vizekapitän Bastian Schweinsteiger der Protagonist.

Verhältnis zu Guardiola ist intakt

Die Interviews in einem Filmstudio zeigen einen Menschen, der mit sich ins Reine gekommen und erleichtert ist. Und er feiert auch wieder. Mitte März 2014 lud er 400 Gäste zur Kostümparty in die Münchner Location "Kesselhaus" ein, es kamen Leichtathletik-Weltstar Usain Bolt und Ski-Ass Felix Neureuther, Schweinsteigers Kumpel aus gemeinsamen Jugendzeiten im deutschen Alpinkader.

Wer nicht da war: Pep Guardiola. Aber der hatte auch gar nicht eingeladen werden wollen, "weil das eine Veranstaltung der Spieler ist". Gleichwohl war er von Schweinsteiger über die Veranstaltung rechtzeitig informiert worden. Das Verhältnis Trainer/Vizekapitän ist intakt. Und Guardiola nennt Schweinsteiger einen "Supersupersuperspieler".