Schwarz und Gelb als Religion

Für viele Menschen im Ruhrgebiet ist Borussia Dortmund eine Religion, dabei ist der Klub vor 100 Jahren nicht gerade mit dem Segen der Kirche auf die Welt gekommen. Im Lokal „Wildschütz“ hatten sich 40 Männer getroffen, um den Verein Ballspielverein Borussia 1909 zu gründen.

Sie gehörten der Jugendgruppe der katholischen Dreifaltigkeits-Gemeinde an und liebten auch den Fußball, der ihnen angeblich mehr Freude bereitete als die Jugendarbeit ihres Kaplans Dewald. Also institutionalisierten sie ihre Ersatzreligion, während der Geistliche vergeblich versuchte, die Versammlung zu sprengen. Man ließ ihn und seinen Anhang einfach nicht hinein.

Erstes Spiel in "Blau-Weiß"

Zwar lichteten sich die Reihen aufgrund der Turbulenzen im Eingangsbereich etwas, aber 18 Urväter der Borussia blieben übrig an diesem 19. Dezember 1909. Seitdem geschah viel. Erfolge und Krisen, Kurioses und einfach Unglaubliches. Zum Beispiel der heute unvorstellbare Vorgang, dass Borussia ihr erstes offizielles Spiel gegen den VfB Dortmund (9:3) ausgerechnet in Schalker Farben, Blau-Weiß, austrug. Erst seit 14. Februar 1913 sind die Farben offiziell Schwarz-Gelb.

Vor dem Krieg blieb Borussia aber noch im Schatten der Königs-blauen, die erstmals im November 1943 besiegt wurden – das einzige Tor erzielte der erste BVB-Nationalspieler August Lenz, nach dem prompt das Vereinsheim benannt wurde.

Seit 1936 spielte man buchstäblich erstklassig in der Gauliga Westfalen, ab 1937 im mythischen Stadion Rote Erde, die alte Platzanlage fasste nur 18.000 Besucher und war zu klein geworden. Der Rahmen war gesetzt, nach dem Krieg wurden die großen Erfolge eingefügt: sechs Meisterschaften, zwei DFB-Pokalsiege, zwei Europacup-Triumphe und der Gewinn des Weltpokals zieren heute den Briefkopf.

Der 18.Mai 1947 ist dabei ein Markstein in der Klub-Historie und als „Wende im Westen“ in die Annalen eingezogen. Nach 21 Jahren entthronte der BVB den Seriensieger Schalke 04 als Westfalenmeister. 30.000 Zuschauer waren in Herne Zeuge des großen Sieges (3:2). Von 1948 bis 1950 wird der Titel verteidigt, nun in der Oberliga West und erstmals das Finale um die Deutsche Meisterschaft erreicht. Bis fünf Minuten vor Schluss führten die Borussen 1949 2:1 gegen den VfR Mannheim, aber der drehte die Partie noch mit zwei Treffern. Trotzdem strömten 80.000 Menschen beim Empfang in der Heimatstadt zusammen. Das geschah in den Fünfzigern öfter, es gab vier Oberliga- Meisterschaften und endlich, 1956 und 1957, die ersten Deutschen Meisterschaften. Im Regen von Berlin wurde am 24. Juni 1956 der KSC mit 4:2 geschlagen.

1956 und '57 Meister mit der gleichen Aufstellung



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Für viele Menschen im Ruhrgebiet ist Borussia Dortmund eine Religion, dabei ist der Klub vor 100 Jahren nicht gerade mit dem Segen der Kirche auf die Welt gekommen. Im Lokal „Wildschütz“ hatten sich 40 Männer getroffen, um den Verein Ballspielverein Borussia 1909 zu gründen.

Sie gehörten der Jugendgruppe der katholischen Dreifaltigkeits-Gemeinde an und liebten auch den Fußball, der ihnen angeblich mehr Freude bereitete als die Jugendarbeit ihres Kaplans Dewald. Also institutionalisierten sie ihre Ersatzreligion, während der Geistliche vergeblich versuchte, die Versammlung zu sprengen. Man ließ ihn und seinen Anhang einfach nicht hinein.

Erstes Spiel in "Blau-Weiß"

Zwar lichteten sich die Reihen aufgrund der Turbulenzen im Eingangsbereich etwas, aber 18 Urväter der Borussia blieben übrig an diesem 19. Dezember 1909. Seitdem geschah viel. Erfolge und Krisen, Kurioses und einfach Unglaubliches. Zum Beispiel der heute unvorstellbare Vorgang, dass Borussia ihr erstes offizielles Spiel gegen den VfB Dortmund (9:3) ausgerechnet in Schalker Farben, Blau-Weiß, austrug. Erst seit 14. Februar 1913 sind die Farben offiziell Schwarz-Gelb.

Vor dem Krieg blieb Borussia aber noch im Schatten der Königs-blauen, die erstmals im November 1943 besiegt wurden – das einzige Tor erzielte der erste BVB-Nationalspieler August Lenz, nach dem prompt das Vereinsheim benannt wurde.

Seit 1936 spielte man buchstäblich erstklassig in der Gauliga Westfalen, ab 1937 im mythischen Stadion Rote Erde, die alte Platzanlage fasste nur 18.000 Besucher und war zu klein geworden. Der Rahmen war gesetzt, nach dem Krieg wurden die großen Erfolge eingefügt: sechs Meisterschaften, zwei DFB-Pokalsiege, zwei Europacup-Triumphe und der Gewinn des Weltpokals zieren heute den Briefkopf.

Der 18.Mai 1947 ist dabei ein Markstein in der Klub-Historie und als „Wende im Westen“ in die Annalen eingezogen. Nach 21 Jahren entthronte der BVB den Seriensieger Schalke 04 als Westfalenmeister. 30.000 Zuschauer waren in Herne Zeuge des großen Sieges (3:2). Von 1948 bis 1950 wird der Titel verteidigt, nun in der Oberliga West und erstmals das Finale um die Deutsche Meisterschaft erreicht. Bis fünf Minuten vor Schluss führten die Borussen 1949 2:1 gegen den VfR Mannheim, aber der drehte die Partie noch mit zwei Treffern. Trotzdem strömten 80.000 Menschen beim Empfang in der Heimatstadt zusammen. Das geschah in den Fünfzigern öfter, es gab vier Oberliga- Meisterschaften und endlich, 1956 und 1957, die ersten Deutschen Meisterschaften. Im Regen von Berlin wurde am 24. Juni 1956 der KSC mit 4:2 geschlagen.

1956 und '57 Meister mit der gleichen Aufstellung

Alle hatten sie abgehängt, nur ihre Frauen wollten die Borussen nicht loswerden. Der Vorstand hatte zwar angeordnet, den letzten Waggon mit den Frauen vor der Einfahrt des Sonderzugs in den Bahnhof abzukoppeln, damit nur die Spieler den Beifall bekämen. Da setzten sich drei der Helden eben nach hinten und verhinderten die Abkoppelung der besseren Hälften einer Meister-Elf, die 1957 in exakt derselben Besetzung gegen den HSV (4:1) den Titel verteidigte. Diesmal warteten 250.000 am Borsig-Platz auf die Schwarz-Gelben um Torschüt-zenkönig Alfred Kelbassa, Jockel Bracht und Adi Preißler, den man heute noch wegen seiner ewig gültigen Sprüche („Wat zählt is aufm Platz“) erwähnt, doch setzte er auch als Torjäger Maßstäbe. Den dritten Titel holte der BVB im letzten Jahr vor der Bundesliga-Gründung 1963 durch ein hart umkämpftes 3:1 gegen den 1. FC Köln. Kapitän Wilhelm Burgsmüller empfing schon 20 Jahre vor Dieter Hoeneß die Trophäe mit blutigem Turban.

Manchmal musste die große Fan-Gemeinde auch leiden. Wie 1953, als der Torquotient in der Endrundengruppe um 0,238 zu schlecht war, um das Finale zu erreichen. Oder 1963, als mit einem enttäuschenden 0:3 im Pokalfinale gegen den HSV die Double-Chance verschleudert wurde. „Wir waren uns unserer Sache wohl zu sicher“, grollte Trainer Hermann Eppenhoff. Eine Woche später erzielte sein Stürmer Timo Konietzka in Bremen das erste Tor der Bundesliga-Historie, aber Borussia verlor mit 2:3. 1965 kam der erste Pokalsieg in die Titelsammlung, ein 2:0 gegen Alemannia Aachen legte die Basis für eine Sternstunde des deutschen Fußballs – der größten seit Bern 1954. Am 5. Mai 1966 gewann Borussia in Glasgow als erste deutsche überhaupt einen Europapokal – den der Pokalsieger. Stan Libudas Bogenlampe ins leere Tor des FC Liverpool zum 2:1 in der Verlängerung schien etwas Einmaliges zu sein. Niemand konnte damals ahnen, dass ein solches Tor dazu gehört, wenn Borussia einen Europapokal gewinnt. 1997 vollbrachte Lars Ricken im Finale der Champions League ein ähnliches Kunststück gegen Juventus Turin. Bis es so weit war, musste der Klub noch so mache Turbulenz erleben.

Die erste Bundesliga-Phase endete 1972 und nach dem Abstieg traten sogar die Bayern zu einem Benefizspiel an für den BVB, den Otto Rehhagel 1976 zurück ins Oberhaus führte. Er flog 1978 nach einem 0:12 gegen Mönchengladbach, dem höchsten Ergebnis in 46 Jahren Bundesliga. Der DFB führte damals Ermittlungen durch, die Spieler kamen aber nach vier Monaten mit einem schriftlichen Verweis „wegen unsportlichen Verhaltens“ davon. Der Verein verhängte pro Kopf 2500 DM Strafe.

Seit dem Wiederaufstieg ist Borussia nun schon 33 Jahre fester Bestandteil der Bundesliga, auch wenn es 1986 beinahe wieder schief gegangen wäre. Jürgen Wegmanns Tor gegen Fortuna Köln vermied neun Sekunden vor Schluss den Abstieg. Wer weiß, was sonst gekommen wäre?

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Pokal-Held Dickel läutet neue Ära ein

So kam ein umjubelter DFB-Pokalsieg, als Norbert Dickel 1989 eines der begeisterndsten Finales mit zwei Toren gegen Werder Bremen (4:1) entschied. Der Triumph von Berlin läutete ein glorreiches Jahrzehnt ein, das ein Mann prägte. 1991 kam ein gewisser Ottmar Hitzfeld aus der Schweiz und mit ihm die Meisterschale zurück an den Borsigplatz.

1995 und 1996 feiert man im Westfalen-Stadion die ersten Bundesliga-Meisterschaften, 1992 hatten dazu noch neun Minuten gefehlt. 1993 erreichte Borussia das Uefa-Cup-Finale gegen Juventus Turin, verlor aber klar. Ausnahme-Spieler wie Matthias Sammer, Karl-Heinz Riedle und Andreas Möller prägten diese Ära, in die 1997 der Gewinn von Champions League – wieder gegen Juventus – und Weltpokal, aber auch eine gewisse Maßlosigkeit fiel.

Der einsetzende Zuschauer-Boom im stetig wachsenden Stadion konnte die Millionen-Gehälter und Transfers nicht kompensieren, ein Finanzloch in dreistelliger Millionen-Höhe tat sich auf in der Ära des Präsidenten Gerd Nie-baum. Dennoch war Borussia am 31. Oktober 2000 der erste Bundesligist an der Börse.

Kein nachahmenswertes Modell, die Aktie (Ausgabepreis: 11 Euro) degenerierte zum Penny-Stock, heute steht sie bei 1,06 Euro. Sportlich setzte sich im neuen Jahrtausend eine Kursrallye in beide Richtungen fort. 2002 noch Meister mit dem jüngsten Trainer aller Zeiten, Matthias Sammer, und Uefa-Cup-Finalist, dann Jahre des Mittelmaßes ohne internationale Ausflüge. Auch der neue Trainer Jürgen Klopp verpasste das Ziel Europa League vergangene Saison durch ein Tor in letzter Minute, das der HSV erzielte.

Konstant blieb die Begeisterung um den Klub, der 34.000 Mitglie-der hat und seit 1998/99 ununter-brochen „Zuschauer-Meister“ geworden ist. Zwischenzeitlich hatte Borussia sogar den höchsten Zuschauerschnitt Europas, ehe Manchester United sein Stadion ausbaute. Der Trubel um den BVB hat übrigens längst den Segen der Kirche, am Samstag wird der 100. Geburtstag in einem Festgottes-Dienst der Dreifaltigkeits-Gemeinde feierlich zelebriert. Borussia Dortmund ist längst eine Religion, mit der auch die Kirche leben kann.