Schiedsrichter mit Pfiff: Turac kämpft gegen Vorurteile

Sie gehören zum Spiel wie der Ball ins Tor. 80.000 Schiedsrichter sorgen auf Deutschlands Fußballplätzen für Recht und Ordnung. DFB.de-Redakteur Steffen Lüdeke stellt immer donnerstags Referees mit ungewöhnlichen Geschichten vor. Engagiert und unparteiisch - Schiedsrichter mit Pfiff!

Etwas Besonderes will Sinem Turac am allerwenigsten sein. Schließlich, so sieht sie es, ist an dem, was sie macht, auch nicht viel Besonderes. Die 21-Jährige ist Schiedsrichterin, aber das sind viele andere auch. Sie ist türkischstämmig, auch das macht sie wenig einzigartig. Sie ist hübsch, wie andere Frauen auch. Ohne das Interesse der Medien zu wecken.

Bei Turac hingegen häufen sich die Anfragen. Dem Focus war ihre Geschichte eine mittlerweile preisgekrönte Geschichte wert („Mit Zuckerbrot und Pfeife“), die Berliner taz fertigte schon vor zwei Jahren ein ausführliches Porträt über die „unerschrockene Unparteiische“, in der DFB-Schiedsrichterzeitung war Turac im Zentrum der Titelgeschichte. Aktuell liegt ihr eine Anfrage des ARD-Magazins Brisant vor, das die Schiedsrichterin bei einem Spiel mit der Kamera begleiten will. Die Aufzählung ist nicht abschließend.

Leuchtendes Beispiel für ein positives Miteinander der Kulturen

Warum das alles? „Ich weiß es wirklich nicht“, sagt Turac, ohne mit ihrer Bescheidenheit zu kokettieren. Bei ihr ergänzen sich schließlich viele Dinge, die in ihrer Addition die Neugier der Medien nachvollziehbar erscheinen lassen.<7P>

Denn schließlich ist Turac nicht nur Schiedsrichterin, eine die in jungen Jahren schon in der 2. Frauen-Bundesliga und der Berlin-Liga der Männer zum Einsatz kommt - sie ist auch und insbesondere eine Vorreiterin im Kampf gegen Vorurteile und ein leuchtendes Beispiel für ein positives Miteinander der Kulturen und die integrative Kraft des Sports.

Veraltete Denkmuster aufgebrochen

Zum einen durch ihr Wirken auf dem Platz. Eine muslimische Spielleiterin, die als Unparteiische auf dem Platz muslimischen Männern Befehle erteilt, ist schon deswegen geeignet, veraltete Denkmuster aufzubrechen.

Zum anderen aber durch ihr privates Engagement außerhalb ihres Wirkens als Schiedsrichterin. Jahrelang trainierte sie im Berliner Bezirk Wedding ehrenamtlich Schülerinnen mit Migrationshintergrund im Alter von sieben bis zehn Jahren. Nur eine von vielen Tätigkeiten, die Turac zur Integrationsbotschafterin des DFB werden ließen.

Diskussionen mit Bundeskanzlerin Merkel

„Sinem Turac ist ein Paradebeispiel dafür, welch integrative Kraft der Fußball hat“, sagt DFB-Boss Theo Zwanziger über die Berlinerin, die ihre Leidenschaft für die Schiedsrichterei mit 15 Jahren entdeckte. Es folgten eine Einladung ins Kanzleramt, Diskussionen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Rolle als Hauptdarstellerin eines Werbespots zum Thema Integration.

Nichts Besonderes also? Nicht für Turac jedenfalls. „Mir ist es ein Anliegen, mich zu engagieren“, sagt sie, „Integration ist schließlich ein Thema, das alle Bürger in Deutschland angeht.“

Ihren Titel als Integrationsbotschafterin will sie weiter mit Leben füllen. Also macht sie weiter, überlegt genau, wie und wo sie ihren Teil dazu leisten kann, Integration zu fördern. In diesem Frühjahr hat sie dem Berliner Fußball-Verband ein Konzept vorgelegt, dass auf die Integration ausländischer Schülerinnen an Grund- und Oberschulen zielt. Näheres will sie noch nicht verraten, zeitnah wird sie mit dem Verband beraten, wie sich ihre Ideen am sinnvollsten umsetzen lassen.

„Endlich bin ich zurück auf dem Platz“

Integration ist ihr also ein Anliegen, daneben aber will sie vor allem eines: Fußballspiele leiten. Eine Qual war deshalb die lange Pause, die der Winter und eine anschließende Verletzungspause für sie bedeuteten. „Über Monate nicht auf dem Platz zu stehen, das ist nichts für mich“, sagt sie.

Die Pause ist zum Glück vorüber, auch am kommenden Wochenende wird sie aktiv sein. Am Sonntag leitet sie in Kiel das Spiel zwischen Holstein und Victoria Gersten, 2. Frauen-Bundesliga. Inzwischen Alltag für die 21-Jährige. „Endlich bin ich zurück auf dem Platz“, freut sich Turac. „Mir hat das Pfeifen sehr gefehlt.“

[sl]

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Sie gehören zum Spiel wie der Ball ins Tor. 80.000 Schiedsrichter sorgen auf Deutschlands Fußballplätzen für Recht und Ordnung. DFB.de-Redakteur Steffen Lüdeke stellt immer donnerstags Referees mit ungewöhnlichen Geschichten vor. Engagiert und unparteiisch - Schiedsrichter mit Pfiff!

Etwas Besonderes will Sinem Turac am allerwenigsten sein. Schließlich, so sieht sie es, ist an dem, was sie macht, auch nicht viel Besonderes. Die 21-Jährige ist Schiedsrichterin, aber das sind viele andere auch. Sie ist türkischstämmig, auch das macht sie wenig einzigartig. Sie ist hübsch, wie andere Frauen auch. Ohne das Interesse der Medien zu wecken.

Bei Turac hingegen häufen sich die Anfragen. Dem Focus war ihre Geschichte eine mittlerweile preisgekrönte Geschichte wert („Mit Zuckerbrot und Pfeife“), die Berliner taz fertigte schon vor zwei Jahren ein ausführliches Porträt über die „unerschrockene Unparteiische“, in der DFB-Schiedsrichterzeitung war Turac im Zentrum der Titelgeschichte. Aktuell liegt ihr eine Anfrage des ARD-Magazins Brisant vor, das die Schiedsrichterin bei einem Spiel mit der Kamera begleiten will. Die Aufzählung ist nicht abschließend.

Leuchtendes Beispiel für ein positives Miteinander der Kulturen

Warum das alles? „Ich weiß es wirklich nicht“, sagt Turac, ohne mit ihrer Bescheidenheit zu kokettieren. Bei ihr ergänzen sich schließlich viele Dinge, die in ihrer Addition die Neugier der Medien nachvollziehbar erscheinen lassen.<7P>

Denn schließlich ist Turac nicht nur Schiedsrichterin, eine die in jungen Jahren schon in der 2. Frauen-Bundesliga und der Berlin-Liga der Männer zum Einsatz kommt - sie ist auch und insbesondere eine Vorreiterin im Kampf gegen Vorurteile und ein leuchtendes Beispiel für ein positives Miteinander der Kulturen und die integrative Kraft des Sports.

Veraltete Denkmuster aufgebrochen

Zum einen durch ihr Wirken auf dem Platz. Eine muslimische Spielleiterin, die als Unparteiische auf dem Platz muslimischen Männern Befehle erteilt, ist schon deswegen geeignet, veraltete Denkmuster aufzubrechen.

Zum anderen aber durch ihr privates Engagement außerhalb ihres Wirkens als Schiedsrichterin. Jahrelang trainierte sie im Berliner Bezirk Wedding ehrenamtlich Schülerinnen mit Migrationshintergrund im Alter von sieben bis zehn Jahren. Nur eine von vielen Tätigkeiten, die Turac zur Integrationsbotschafterin des DFB werden ließen.

Diskussionen mit Bundeskanzlerin Merkel

„Sinem Turac ist ein Paradebeispiel dafür, welch integrative Kraft der Fußball hat“, sagt DFB-Boss Theo Zwanziger über die Berlinerin, die ihre Leidenschaft für die Schiedsrichterei mit 15 Jahren entdeckte. Es folgten eine Einladung ins Kanzleramt, Diskussionen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Rolle als Hauptdarstellerin eines Werbespots zum Thema Integration.

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Nichts Besonderes also? Nicht für Turac jedenfalls. „Mir ist es ein Anliegen, mich zu engagieren“, sagt sie, „Integration ist schließlich ein Thema, das alle Bürger in Deutschland angeht.“

Ihren Titel als Integrationsbotschafterin will sie weiter mit Leben füllen. Also macht sie weiter, überlegt genau, wie und wo sie ihren Teil dazu leisten kann, Integration zu fördern. In diesem Frühjahr hat sie dem Berliner Fußball-Verband ein Konzept vorgelegt, dass auf die Integration ausländischer Schülerinnen an Grund- und Oberschulen zielt. Näheres will sie noch nicht verraten, zeitnah wird sie mit dem Verband beraten, wie sich ihre Ideen am sinnvollsten umsetzen lassen.

„Endlich bin ich zurück auf dem Platz“

Integration ist ihr also ein Anliegen, daneben aber will sie vor allem eines: Fußballspiele leiten. Eine Qual war deshalb die lange Pause, die der Winter und eine anschließende Verletzungspause für sie bedeuteten. „Über Monate nicht auf dem Platz zu stehen, das ist nichts für mich“, sagt sie.

Die Pause ist zum Glück vorüber, auch am kommenden Wochenende wird sie aktiv sein. Am Sonntag leitet sie in Kiel das Spiel zwischen Holstein und Victoria Gersten, 2. Frauen-Bundesliga. Inzwischen Alltag für die 21-Jährige. „Endlich bin ich zurück auf dem Platz“, freut sich Turac. „Mir hat das Pfeifen sehr gefehlt.“