Schiedsrichter mit Pfiff: Mit 50 in der Oberliga

Mittlerweile ist Elke Harmening in der Frauen-Oberliga angekommen, hat dort ihre ersten beiden Spiele gepfiffen. „Für mich ist das schön“, sagt die Schiedsrichterin. „Es ist Bestätigung und Anerkennung.“

Und Herausforderung. Zum ersten Mal im Gespann, wieder eine Umstellung, wieder eine neue Situation. Die sie gemeistert hat. „So ganz einfach ist das nicht“, sagt sie dennoch, „man muss anders laufen, anders blicken, wenn man plötzlich von zwei Assistenten unterstützt wird. Ich war bis dahin gewohnt, immer auf mich alleine gestellt zu sein. Mir macht aber beides Spaß.“

Der schönste Lohn: Dank der Spieler

Denn eigentlich, sagt Elke Harmening, sei es unwichtig, in welcher Liga sie eingesetzt werde. „Wenn die Akteure zufrieden sind und sich bei mir bedanken, dann ist das der schönste Lohn“, sagt sie.

Die größte Genugtuung erfährt sie also durch die Bestätigung durch die Spieler. Und die ist gleich groß und gleich schön, egal in welcher Liga. Auch wenn sie nicht immer in den Genuss kommt, Zeuge eines Kompliments zu werden, das so schön ist, wie jenes beim Hallenturnier vor 14 Tagen.

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Sie gehören zum Spiel wie der Ball ins Tor. 80.000 Schiedsrichter sorgen auf Deutschlands Fußballplätzen für Recht und Ordnung. DFB.de-Redakteur Steffen Lüdeke stellt immer donnerstags Referees mit ungewöhnlichen Geschichten vor. Engagiert und unparteiisch - Schiedsrichter mit Pfiff!

So sehr Elke Harmening ihre Augen mühte - eine andere Schiedsrichterin konnte sie nicht entdecken. Das Kompliment muss also ihr gegolten haben. Vor zwei Wochen war sie bei einem Hallenturnier von C-Jugendlichen angesetzt, vor dem ersten Spiel lehnte sie an der Bande, als folgende Konversation an ihr Ohr drang: „Guck mal.“ - „Wo denn?“ - „Da drüben, die Omi, das ist meine absolute Lieblingsschiedsrichterin.“

Zwei Jugendliche, drei Sätze, drei Wahrheiten. Elke Harmening ist Schiedsrichterin, eine gute noch dazu. Und, bei allem Respekt, mit ihren 50 Jahren kein junger Hüpfer mehr. Schon gar nicht aus Sicht eines 14-Jährigen. Doch Alter schützt vor Leistung nicht. Harmening hat mit ihrer Art Respekt und Anerkennung erworben, sie ist beliebt bei den Spielern - ob alt oder jung, man kennt und schätzt sie.

Premiere im Jahr 1975

Ganz anders war die Situation zu Beginn ihrer Karriere. Heute gibt es im Deutschen Fußball-Bund 78.455 Schiedsrichter, immerhin 2790 davon sind weiblich. Eine Schiedsrichterin fällt auf den Fußballplätzen nicht mehr auf, Spitzenkräfte wie Bibiana Steinhaus sind längst im Profifußball angekommen.

Vor 35 Jahren war daran noch kaum zu denken. Elke Harmening war eine Exotin, als sie sich mit gerade mal 15-Jährige im Schiedsrichter-Lehrgang zu lauter Jungen gesellte. So sehr sie ihre Augen mühte - eine andere angehende Schiedsrichterin konnte sie nicht entdecken.

Sie ließ sich davon nicht beirren. Was sie anfängt, zieht sie durch. Ihr Vater hat sie auf die Idee gebracht, die Fußballbegeisterung nicht nur als Spielerin, sondern auch als Schiedsrichterin auszuleben. Seine Tochter nahm die Idee begeistert auf, hatte wenig später den Schiedsrichterschein in der Tasche und das erste Spiel vor der Brust.

Mit dem Fahhrad zum Sportplatz

Noch heute erinnert sie sich gut daran, wie sie im Jahr 1975 mit Fahrrad zum Spielort geradelt ist. Sieben Kilometer musste sie bis zum Sportplatz zurücklegen, je mehr sie sich näherte, desto mehr raste ihr Herz. Sie war aufgeregt.

Und wie. Gleich das erste Spiel war ein Pflichtspiel, nicht unter Gleichaltrigen, nicht unter Mädchen - sie war angesetzt für eine Partie zwei A-Jugend-Mannschaften. Elke Harmening wurde ins kalte Wasser geschmissen, ohne Warmschwimmen, ohne doppelten Boden und Sicherheitsnetz. Entsprechend mulmig war ihr zumute. Werde ich akzeptiert, wie verschaffe ich mir Autorität, wie kann ich mich durchsetzten? Die Fragen rasten, die Zweifel nagten.

Fast 30 Jahre Pause nach dem ersten Spiel

In ihrer Unsicherheit hielt sie sich an das, was sie zuvor erlernt hatte: Regeln anwenden. Im Rückblick sagt sie, dass sie sich damals ein wenig zu sklavisch ans Regelbuch gehalten habe. Vielleicht war es nicht nötig, den Elfmeter wiederholen zu lassen, vielleicht hat ihr hier und dort das Fingerspitzengefühl gefehlt.

Insgesamt aber war die Premiere gelungen, das junge Mädchen wurde nach dem Spiel von Spielern und Trainern zu ihrer Leistung beglückwünscht. Doch, trotz des Erfolges, die Premiere wäre beinahe zugleich die Derniere gewesen. Denn nach ihrem ersten Einsatz hat Elke Harmening eine lange Pause eingelegt.

Bis zum Jahr 2007. Mehr als drei Jahrzehnte. Nach ihrem ersten Spiel hat sie noch einige Freundschaftsspiele im Jugendbereich geleitet, richtig groß waren ihre Ambitionen in der Schiedsrichterei damals aber nicht. Außerdem hat sie zu dieser Zeit noch als Aktive gespielt, zudem im Tischtennis einen zweiten Sport für sich entdeckt. Später kamen Beruf, Heirat, Kinder - die Prioritäten verschoben sich. Ein normaler Werdegang, der sie weg von der Schiedsrichterei und auch weg vom Fußball führte.

Comeback gemeinsam mit Sohn Tim

Über ihren Sohn Tim fand Elke Harmening den Weg zurück. Vor vier Jahren wollte der damals 14-Jährige Schiedsrichter werden, kurzerhand entschied sich die Mama, gemeinsam mit ihrem Filius den Kurs zu besuchen und zum zweiten Mal die Schiedsrichter-Prüfung zu absolvieren. Längst war ihr altes Zertifikat abgelaufen, der alte Schein nichts mehr wert.

Also drückte sie erneut die Schulbank, lernte neue und alte Regeln. „Vieles war mir schon noch bekannt“, sagt sie. Einiges aber nicht, zudem fiel es ihr nicht mehr ganz so leicht wie früher, den Stoff zu verinnerlichen. „Ein Kinderspiel war das nicht“, sagt sie.

Auch zweite Prüfung bestanden

Dennoch hat sie die Prüfung auch im zweiten Anlauf ohne Probleme bestanden. Selbstverständlich. Und seither eine rasante, zweite Karriere gestartet. Bezirksliga, Verbandsliga, Elke Harmening pfiff sich schnell die Ligen nach oben. Auch weil der Schiedsrichterausschuss auf ihr Alter gepfiffen und die Leistung in der Vordergrund gestellt hat.

„Nur weil sie meine Leistung so einschätzen und nicht nur nach reinen Altersregeln bewerten, ist so ein Aufstieg, wie ich ihn jetzt erfahren durfte, möglich“, sagt Elke Harmening. „Dieses Vertrauen finde ich ungewöhnlich.“

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"Das Alter spielt keine große Rolle"

Für Corinna Hedt vom Schiedsrichterausschuss des Niedersächsischen Fußball-Verbandes ist dieses Vertrauen nicht ungewöhnlich, sondern selbstverständlich. Wenig verwunderlich deshalb, dass mit Astrid Harde (47) und Martina Bennett (44) in der Oberliga Niedersachsen zwei weitere Unparteiische zum Einsatz kommen, die dem Kindergarten bereits seit geraumer Zeit entwachsen sind. „Das Alter kann keine große Rolle spielen“, sagt Hedt. „Entscheidend sollte immer die Leistung sein.“

Und die stimmt bei Elke Harmening. „In den Beobachtungen ist sie gut benotet worden“, sagt Hedt, „außerdem ist sie sehr fleißig und steht immer zur Verfügung. Mit ihrer Erfahrung und Einstellung ist sie ein gutes Vorbild für Jüngere.“

Bestätigung, Anerkennung und Herausforderung zugleich

Mittlerweile ist Elke Harmening in der Frauen-Oberliga angekommen, hat dort ihre ersten beiden Spiele gepfiffen. „Für mich ist das schön“, sagt die Schiedsrichterin. „Es ist Bestätigung und Anerkennung.“

Und Herausforderung. Zum ersten Mal im Gespann, wieder eine Umstellung, wieder eine neue Situation. Die sie gemeistert hat. „So ganz einfach ist das nicht“, sagt sie dennoch, „man muss anders laufen, anders blicken, wenn man plötzlich von zwei Assistenten unterstützt wird. Ich war bis dahin gewohnt, immer auf mich alleine gestellt zu sein. Mir macht aber beides Spaß.“

Der schönste Lohn: Dank der Spieler

Denn eigentlich, sagt Elke Harmening, sei es unwichtig, in welcher Liga sie eingesetzt werde. „Wenn die Akteure zufrieden sind und sich bei mir bedanken, dann ist das der schönste Lohn“, sagt sie.

Die größte Genugtuung erfährt sie also durch die Bestätigung durch die Spieler. Und die ist gleich groß und gleich schön, egal in welcher Liga. Auch wenn sie nicht immer in den Genuss kommt, Zeuge eines Kompliments zu werden, das so schön ist, wie jenes beim Hallenturnier vor 14 Tagen.