Schiedsrichter mit Pfiff: Erfolg im Eiltempo

Sie gehören zum Spiel wie der Ball ins Tor. 80.000 Schiedsrichter sorgen auf Deutschlands Fußballplätzen für Recht und Ordnung. DFB.de-Redakteur Steffen Lüdeke stellt immer donnerstags Referees mit ungewöhnlichen Geschichten vor. Engagiert und unparteiisch - Schiedsrichter mit Pfiff!

Und nicht vergessen: Der Doktortitel sollte schon erwähnt werden, den bekommt man ja schließlich nicht geschenkt. „Außerdem finde ich ganz generell, dass ich ziemlich toll bin“, sagt Riem Hussein. Pardon, Frau Dr. Riem Hussein. Eitel? Arrogant? Selbstverliebt? Nichts von alldem! Im Gespräch mit der Schiedsrichterin präsentiert sich eine gänzlich uneitle, sympathische junge Frau, die kaum weniger Wert auf die akademischen Leistungen ihres Lebens legen könnte. Jedenfalls auf den damit verbundenen Titel. Die entsprechende Bemerkung war mit einem kräftigen Augenzwinkern versehen, Attribute wie Arroganz, Eitelkeit oder gar Selbstverliebtheit sind ihr gänzlich fremd.

Dabei hätte Riem Hussein allen Grund, stolz auf sich und ihre Karriere zu sein. Immerhin ist sie auserwählt, am Samstag in Köln das Pokalendspiel der Frauen zwischen dem FCR 2001 Duisburg und dem USV Jena zu leiten. Ein ganz besonderes Spiel, schließlich ist das Finale der Damen erstmals entkoppelt vom Pendant der Herren, in Köln findet also gewissermaßen eine Premiere für den deutschen Fußball statt. Ein historisches Ereignis also, an dem sie an exponierter Stelle mitwirkt. „Es ist ja nicht mein Verdienst, dass das Spiel erstmals in Köln stattfindet“, sagt sie, „das ist ja nur zufällig so, ich kann da gar nichts für.“

Bescheidenheit gehört bei ihr zum Lebensmotto. Viele ihrer Sätze enthalten abwiegelnde Formulierungen, so wundert es nicht, dass sie auch und insbesondere ihre Karriere als Schiedsrichterin als eher zufällig bezeichnet. „Ich habe mir gar nichts dabei gedacht“, sagt sie im Rückblick auf ihre Anfänge als Unparteiische. Und wie das halt so ist, wenn man sich gar nichts dabei denkt: Mitunter resultieren die besten Dinge daraus. „Einfach nur so“, hat sie im Jahr 2001 den Schiedsrichter-Schein gemacht. Ambitionen – Fehlanzeige. Eine Karriere als Schiedsrichterin – nicht geplant. Die Leitung eines DFB-Pokal-Finals – undenkbar.

Neun Jahre später ist sie immer noch überrascht von der Kometenhaftigkeit des eigenen Aufstiegs. „Ich hatte viel Glück“, sagt Riem Hussein im für sie typischen Duktus. „Ich hatte immer Leute, die sich für mich stark gemacht haben.“ Anders sei die Rasanz ihrer Karriere als Schiedsrichterin nicht zu erklären. Nach vier Jahren an der Pfeife kam sie bereits 2005 als Schiedsrichterin beim DFB an, in der Frauen-Bundesliga pfeift sie seit 2006.

Ihren Stil, Spiele zu leiten, beschreibt sie als sachlich und zurückhaltend. Als Schiedsrichterin will sie Nebendarstellerin sein, eine Figur, die sich nicht in den Vordergrund drängt, die immer dann mit sich zufrieden ist, wenn ihre Spielleitung kaum wahr genommen wurde. Weit gebracht hat sie es mit dieser Einstellung, seit 2009 gehört sie als eine von vier Deutschen zum elitären Kreis der FIFA-Schiedsrichterinnen.

Die Vita von Riem Hussein ist also eine Erfolgsgeschichte, und ja, auch ein weiterer Beleg für die integrative Kraft des Fußballs. Auch wenn die Apothekerin dies einmal mehr nicht zu hoch gehängt sehen will. Ihr Name lässt die zutreffende Folgerung zu, dass sie „nicht klassisch deutscher Herkunft ist“, wie sie mit einem weiteren Augenzwinkern sagt. Vor 50 Jahren kamen ihre Eltern aus Palästina nach Europa, sesshaft wurden sie als Pharmazeuten in Deutschland. Im beschaulichen Bad Harzburg hat Riem Hussein ihre nichtdeutschen Wurzeln nie als Nachteil empfunden, gegen Vorurteile hat sie nie bewusst ankämpfen müssen. Doch natürlich fiel die Familie auf, und erst recht die kleine Riem, als sie im Alter von sechs Jahren von einem Schulfreund zum Training der F-Jugend der BSV Bad Harzburg mitgenommen wurde und fortan als Mädchen unter Jungen gegen den Ball kickte. „Ich hatte im Fußball nur deutsche Freunde“, sagt sie, und auch, dass sie ohne den Fußball in Deutschland niemals so schnell ein Heimatgefühl entwickelt hätte.

Ihre ersten Schritte auf dem Fußballplatz waren der Beginn einer Karriere, die sie bis in die Zweite Bundesliga und sogar bis in die deutsche U 21-Nationalmannschaft geführt hat. Naja, fast. Zu einem einzigen Lehrgang wurde sie eingeladen. „Kerstin Garefrekes war auch dabei“, erinnert sich Riem Hussein. Doch während Garefrekes später Welt- und Europameistertitel en Masse gewinnen sollte, blieb das Erlebnis Nationalmannschaft für Riem Hussein einmalig.



[bild1]

Sie gehören zum Spiel wie der Ball ins Tor. 80.000 Schiedsrichter sorgen auf Deutschlands Fußballplätzen für Recht und Ordnung. DFB.de-Redakteur Steffen Lüdeke stellt immer donnerstags Referees mit ungewöhnlichen Geschichten vor. Engagiert und unparteiisch - Schiedsrichter mit Pfiff!

Und nicht vergessen: Der Doktortitel sollte schon erwähnt werden, den bekommt man ja schließlich nicht geschenkt. „Außerdem finde ich ganz generell, dass ich ziemlich toll bin“, sagt Riem Hussein. Pardon, Frau Dr. Riem Hussein. Eitel? Arrogant? Selbstverliebt? Nichts von alldem! Im Gespräch mit der Schiedsrichterin präsentiert sich eine gänzlich uneitle, sympathische junge Frau, die kaum weniger Wert auf die akademischen Leistungen ihres Lebens legen könnte. Jedenfalls auf den damit verbundenen Titel. Die entsprechende Bemerkung war mit einem kräftigen Augenzwinkern versehen, Attribute wie Arroganz, Eitelkeit oder gar Selbstverliebtheit sind ihr gänzlich fremd.

Dabei hätte Riem Hussein allen Grund, stolz auf sich und ihre Karriere zu sein. Immerhin ist sie auserwählt, am Samstag in Köln das Pokalendspiel der Frauen zwischen dem FCR 2001 Duisburg und dem USV Jena zu leiten. Ein ganz besonderes Spiel, schließlich ist das Finale der Damen erstmals entkoppelt vom Pendant der Herren, in Köln findet also gewissermaßen eine Premiere für den deutschen Fußball statt. Ein historisches Ereignis also, an dem sie an exponierter Stelle mitwirkt. „Es ist ja nicht mein Verdienst, dass das Spiel erstmals in Köln stattfindet“, sagt sie, „das ist ja nur zufällig so, ich kann da gar nichts für.“

Bescheidenheit gehört bei ihr zum Lebensmotto. Viele ihrer Sätze enthalten abwiegelnde Formulierungen, so wundert es nicht, dass sie auch und insbesondere ihre Karriere als Schiedsrichterin als eher zufällig bezeichnet. „Ich habe mir gar nichts dabei gedacht“, sagt sie im Rückblick auf ihre Anfänge als Unparteiische. Und wie das halt so ist, wenn man sich gar nichts dabei denkt: Mitunter resultieren die besten Dinge daraus. „Einfach nur so“, hat sie im Jahr 2001 den Schiedsrichter-Schein gemacht. Ambitionen – Fehlanzeige. Eine Karriere als Schiedsrichterin – nicht geplant. Die Leitung eines DFB-Pokal-Finals – undenkbar.

Neun Jahre später ist sie immer noch überrascht von der Kometenhaftigkeit des eigenen Aufstiegs. „Ich hatte viel Glück“, sagt Riem Hussein im für sie typischen Duktus. „Ich hatte immer Leute, die sich für mich stark gemacht haben.“ Anders sei die Rasanz ihrer Karriere als Schiedsrichterin nicht zu erklären. Nach vier Jahren an der Pfeife kam sie bereits 2005 als Schiedsrichterin beim DFB an, in der Frauen-Bundesliga pfeift sie seit 2006.

Ihren Stil, Spiele zu leiten, beschreibt sie als sachlich und zurückhaltend. Als Schiedsrichterin will sie Nebendarstellerin sein, eine Figur, die sich nicht in den Vordergrund drängt, die immer dann mit sich zufrieden ist, wenn ihre Spielleitung kaum wahr genommen wurde. Weit gebracht hat sie es mit dieser Einstellung, seit 2009 gehört sie als eine von vier Deutschen zum elitären Kreis der FIFA-Schiedsrichterinnen.

Die Vita von Riem Hussein ist also eine Erfolgsgeschichte, und ja, auch ein weiterer Beleg für die integrative Kraft des Fußballs. Auch wenn die Apothekerin dies einmal mehr nicht zu hoch gehängt sehen will. Ihr Name lässt die zutreffende Folgerung zu, dass sie „nicht klassisch deutscher Herkunft ist“, wie sie mit einem weiteren Augenzwinkern sagt. Vor 50 Jahren kamen ihre Eltern aus Palästina nach Europa, sesshaft wurden sie als Pharmazeuten in Deutschland. Im beschaulichen Bad Harzburg hat Riem Hussein ihre nichtdeutschen Wurzeln nie als Nachteil empfunden, gegen Vorurteile hat sie nie bewusst ankämpfen müssen. Doch natürlich fiel die Familie auf, und erst recht die kleine Riem, als sie im Alter von sechs Jahren von einem Schulfreund zum Training der F-Jugend der BSV Bad Harzburg mitgenommen wurde und fortan als Mädchen unter Jungen gegen den Ball kickte. „Ich hatte im Fußball nur deutsche Freunde“, sagt sie, und auch, dass sie ohne den Fußball in Deutschland niemals so schnell ein Heimatgefühl entwickelt hätte.

Ihre ersten Schritte auf dem Fußballplatz waren der Beginn einer Karriere, die sie bis in die Zweite Bundesliga und sogar bis in die deutsche U 21-Nationalmannschaft geführt hat. Naja, fast. Zu einem einzigen Lehrgang wurde sie eingeladen. „Kerstin Garefrekes war auch dabei“, erinnert sich Riem Hussein. Doch während Garefrekes später Welt- und Europameistertitel en Masse gewinnen sollte, blieb das Erlebnis Nationalmannschaft für Riem Hussein einmalig.

[bild2]

Die Wege der Mannschaftskameradinnen von einst haben sich also getrennt. Garefrekes stieg auf zur Weltklasse, Hussein wurde zur guten Zweitligaspielerin. Schweren Herzens hat sie dort nach der Saison 2004/2005 ihre Karriere als Spielerin beendet. Zuvor hatte sie beim MTV Wolfenbüttel parallel zu ihrer Karriere als Schiedsrichterin noch als Spielerin dem Ball hinterher gejagt, doch mit dem Aufstieg an der Pfeife ließ sich eine ambitionierte Karriere als Spielerin nicht länger vereinbaren. „Mir hat das Spielen anfangs sehr gefehlt“, sagt sie. Lange Zeit war Riem Hussein nicht sicher, ob ihre Entscheidung die richtige war. Auch heute zögert sie mit ihrer Antwort lange, bevor sie schließlich sagt: „Ja, ich habe mit dem Wechsel zu den Schiedsrichtern alles richtig gemacht. Ich habe viele Dinge erlebt, die ich sonst nicht erlebt hätte.“

So wie jetzt das Pokalfinale. Schon 2008 war sie dabei, damals als Assistentin. Bisher war dies das Highlight ihrer Karriere. Ein Höhepunkt allerdings mit kleinen Schönheitsfehlern. Zu groß sei das Olympiastadion gewesen, zu groß jedenfalls, um dem Frauenfinale einen würdigen Rahmen zu verleihen. „Bei Anpfiff habe ich mich damals umgeschaut, es schien mir, als sei kaum jemand im Stadion“, erzählt sie. Zwar hätten sich die Ränge nach und nach gefüllt, dennoch – mehr als Beiwerk sei das Frauenfinale 2008 und auch ansonsten nie gewesen.

Mit dem Umzug nach Köln ist diese Zeit vorbei. Endlich, wie wohl nicht nur die Schiedsrichterin findet. „Ich freue mich sehr, dass wir jetzt in einem Stadion spielen, dass alleine uns gehört“, sagt sie, „ich finde es super, dass die Frauen endlich eine eigene Bühne haben.“ Mit den Spielerinnen als Protagonistinnen und Riem Hussein als Nebendarstellerin.