Sandrock zum Fußballmuseum: "Wichtig ist ein guter Mix"

DFB.de: Heute wird nicht nur der Grundstein gelegt, das Museum bekommt auch ein neues Logo und wird umbenannt. Künftig wird das Museum nicht mehr DFB-Fußballmuseum heißen, sondern unter dem Namen Deutsches Fußballmuseum firmieren. Ist damit eine Loslösung vom DFB verbunden?

Sandrock: Gar nicht. Das Museum soll für alle sein, deswegen ist es sinnvoll, mit dem Namen einen möglichst weiten Bogen zu spannen. Der Name Deutsches Fußballmuseum spricht alle an. Daher finde ich den Namen sehr passend.

DFB.de: Sie wurden 1956 geboren, das Wunder von Bern haben Sie noch nicht miterlebt. Wohl aber den WM-Titel 1974. Was glauben Sie, welche Erinnerungen werden bei Ihnen wach, wenn Sie 2014 im Fußballmuseum durch die Hall of Fame gehen, die sich den großen Erfolgen der Nationalmannschaft widmet?

Sandrock: Für mich war das damals eine spezielle Zeit. 1974 hatte meine Profikarriere gerade zaghaft begonnen - und sich durch eine Verletzung schon wieder dem Ende geneigt. Dennoch war ich zu dieser Zeit so eng am Fußball, wie man nur sein kann. Insofern war die Nationalmannschaft für mich das Allergrößte, die Spieler meine Helden. Müller, Beckenbauer, Maier, Bonhof - die Bilder des Endspiels von München sind immer noch in meinem Kopf.

DFB.de: Wo haben Sie das Spiel denn gesehen? Waren Sie im Stadion?

Sandrock: Als damaliger Jugendnationalspieler war ich vom DFB nach Berlin eingeladen, dort habe ich das erste Gruppenspiel unserer Mannschaft gesehen, das 1:0 gegen Chile. Das war ein spannendes und einmaliges Erlebnis. Alles weitere habe ich vor dem Fernseher erlebt. Ich weiß noch, dass wir in unserer Familie für die WM den ersten Farbfernseher gekauft haben. Das war ein absoluter Luxus, den sich meine Eltern, besser gesagt mein Vater, für den Fußball geleistet haben. Sie haben den Fernseher auf Raten gekauft, die ganze Summe auf einmal zu bezahlen, war ihnen damals unmöglich.

DFB.de: Der erste Spatenstich für das Deutsche Fußballmuseum wurde im September 2012 gesetzt, nun wird der Grundstein gelegt. Wie sieht die weitere Planung aus, wann werden die ersten Besucher in Dortmund begrüßt werden können?

Sandrock: Trotz des langen Winters gehen die Baumaßnahmen zeitgerecht voran. Anvisiert ist die Fertigstellung im vierten Quartal des kommenden Jahres - ein ehrgeiziges Ziel. Ich hoffe, dass alle Pläne eingehalten werden und wir das Museum planmäßig 2014 eröffnen können.



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Schauplatz Dortmund. Bauplatz Dortmund. Der BVB will am Dienstag (ab 20.45 Uhr, live bei Sky) in der Champions League Geschichte schreiben und Real Madrid im Halbfinale ausschalten. Schon heute wird in der Heimat Geschichte zementiert. In Dortmund wird am Mittag der Grundstein des Deutschen Fußballmuseums gelegt, die Präsidenten der Regional- und Landesverbände sind ebenso vor Ort wie DFL-Präsident Dr. Reinhard Rauball und DFB-Präsident Wolfgang Niersbach.

Auch DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock ist dabei. Sandrock ist Mitglied der Gesellschafterversammlung des Museums, er freut sich schon jetzt auf die für Ende 2014 geplante Eröffnung. Im DFB.de-Gespräch der Woche mit Redakteur Steffen Lüdeke redet der 56-jährige Sandrock über das neue Museum, Meilensteine der deutschen Fußballgeschichte und wichtige Projekte für die Zukunft des deutschen Fußballs.

DFB.de: Herr Sandrock, welches Museum haben Sie zuletzt besucht?

Helmut Sandrock: Ich muss gestehen, dass ich leider kein regelmäßiger Museumsgänger bin. Meist fehlt mir dazu die Zeit und Muße.

DFB.de: Auch wenn Sie nicht häufig in Museen gehen - wie muss ein Museum grundsätzlich gestaltet sein, damit es Ihnen gefällt?

Sandrock: Meine Präferenzen sind da sicher nicht entscheidend. Ich glaube, dass es für die meisten Besucher darauf ankommt, im Museum nicht ausschließlich zu konsumieren. Wichtig ist daher meines Erachtens ein guter Mix. Das heißt, neben Exponaten gehören heute interaktive Elemente dazu. Selbstverständlich werden Trikots, Bälle und Schuhe von großen Spielern und Spielen ihren Platz im Museum finden. Das ist Faszination. Dennoch glaube ich, dass moderne Technik wichtig ist, gerade wenn wir auch die junge Generation ansprechen wollen. Und das ist unser Ziel.

DFB.de: Warum ist es für den deutschen Fußball wichtig, ein Museum zu haben?

Sandrock: Weil es gut ist, einen Ort für Erinnerungen zu haben, einen Ort, der die Faszination dieser Sportart greifbar und begreifbar macht. Je länger wir warten, desto weniger Zeitzeugen gibt es. Schon jetzt ist es doch so, dass niemand mehr aus eigenem Erleben erzählen kann, wie das damals in Leipzig genau war, als der DFB im Jahr 1900 im Mariengarten gegründet wurde. Vieles von damals ist heute nicht mehr präsent. Die Geschichte des deutschen Fußballs beginnt für die meisten heute lebenden Menschen erst mit dem Wunder von Bern. Zweifelsohne ist der Gewinn der Weltmeisterschaft 1954 der wichtigste Titel in der Geschichte des DFB. Sepp Herberger, Fritz Walter und das gesamte Team, sie haben Historisches vollbracht. Aber alles davor und danach gehört eben auch dazu.

DFB.de: Heute wird nicht nur der Grundstein gelegt, das Museum bekommt auch ein neues Logo und wird umbenannt. Künftig wird das Museum nicht mehr DFB-Fußballmuseum heißen, sondern unter dem Namen Deutsches Fußballmuseum firmieren. Ist damit eine Loslösung vom DFB verbunden?

Sandrock: Gar nicht. Das Museum soll für alle sein, deswegen ist es sinnvoll, mit dem Namen einen möglichst weiten Bogen zu spannen. Der Name Deutsches Fußballmuseum spricht alle an. Daher finde ich den Namen sehr passend.

DFB.de: Sie wurden 1956 geboren, das Wunder von Bern haben Sie noch nicht miterlebt. Wohl aber den WM-Titel 1974. Was glauben Sie, welche Erinnerungen werden bei Ihnen wach, wenn Sie 2014 im Fußballmuseum durch die Hall of Fame gehen, die sich den großen Erfolgen der Nationalmannschaft widmet?

Sandrock: Für mich war das damals eine spezielle Zeit. 1974 hatte meine Profikarriere gerade zaghaft begonnen - und sich durch eine Verletzung schon wieder dem Ende geneigt. Dennoch war ich zu dieser Zeit so eng am Fußball, wie man nur sein kann. Insofern war die Nationalmannschaft für mich das Allergrößte, die Spieler meine Helden. Müller, Beckenbauer, Maier, Bonhof - die Bilder des Endspiels von München sind immer noch in meinem Kopf.

DFB.de: Wo haben Sie das Spiel denn gesehen? Waren Sie im Stadion?

Sandrock: Als damaliger Jugendnationalspieler war ich vom DFB nach Berlin eingeladen, dort habe ich das erste Gruppenspiel unserer Mannschaft gesehen, das 1:0 gegen Chile. Das war ein spannendes und einmaliges Erlebnis. Alles weitere habe ich vor dem Fernseher erlebt. Ich weiß noch, dass wir in unserer Familie für die WM den ersten Farbfernseher gekauft haben. Das war ein absoluter Luxus, den sich meine Eltern, besser gesagt mein Vater, für den Fußball geleistet haben. Sie haben den Fernseher auf Raten gekauft, die ganze Summe auf einmal zu bezahlen, war ihnen damals unmöglich.

DFB.de: Der erste Spatenstich für das Deutsche Fußballmuseum wurde im September 2012 gesetzt, nun wird der Grundstein gelegt. Wie sieht die weitere Planung aus, wann werden die ersten Besucher in Dortmund begrüßt werden können?

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Sandrock: Trotz des langen Winters gehen die Baumaßnahmen zeitgerecht voran. Anvisiert ist die Fertigstellung im vierten Quartal des kommenden Jahres - ein ehrgeiziges Ziel. Ich hoffe, dass alle Pläne eingehalten werden und wir das Museum planmäßig 2014 eröffnen können.

DFB.de: Welche Highlights erwarten die Besucher: Gibt es Exponate, die Ihnen besonders am Herzen liegen?

Sandrock: Zu viel will ich noch gar nicht verraten. Ich kann aber versprechen, dass es gelungen ist, einige wirklich bemerkenswerte Stücke zu bekommen. So wie den Originalball des Finals der WM 1954. Wir werden viele sehr persönliche Gegenstände aus dem Besitz unserer Spieler ausstellen können. Museumsgeschäftsführer Manuel Neukirchner hat sich da sehr reingehängt und durch Privatbesuche bei Persönlichkeiten wie Günter Netzer, Franz Beckenbauer, Uwe Seeler und vielen anderen mehr so manchen Schatz ausgegraben.

DFB.de: Als Generalsekretär des DFB stehen Sie für eine moderne Verbandsstruktur. Sehen Sie keinen Widerspruch zur Ihrer Funktion als Museumsgesellschafter?

Sandrock: Vergangenheit ist immer eine wichtige Ressource, wenn es darum geht, die Zukunft zu gestalten. Klug handelt derjenige, der die Erfahrungen und das Wissen der Vergangenheit als wertvolle Hilfe versteht. Alt und Neu stehen nämlich sehr häufig in einem viel engeren Verhältnis zueinander, als es oftmals gesehen wird. Natürlich setzen wir heute auf moderne Technik, zum Beispiel auf die intelligente Nutzung des Internets. So werden wir mit der Einführung eines CRM-Systems unseren Kunden demnächst einen optimalen und professionellen Service im Internet anbieten.

DFB.de: Beim Deutschen Fußballmuseum ist der Grundstein mittlerweile gelegt. Ein anderes großes Projekt ist das Kompetenzzentrum, deren Projektverantwortlicher Sie sind. Wann wird es die Grundsteinlegung für das Kompetenzzentrum geben?

Sandrock: Zunächst einmal habe ich eine Projektorganisation aufgebaut, ohne die können derart große Projektvorhaben nicht gemanagt werden. Parallel dazu haben wir ein externes Beratungsbüros mit erfahrenen Projektleitern hinzugezogen. Derzeit führen wir eine Analyse durch, um festzustellen, wo genau wir mit unseren Talent- und Spitzenförderinstrumenten stehen. Im Anschluss daran werden wir definieren, was genau wir zur Verbesserung benötigen, speziell in Bezug auf infrastrukturelle Erfordernisse.

DFB.de: Ein wenig konkreter, bitte! Wie ist der Status quo in Sachen Kompetenzzentrum?

Sandrock: Wie ich gesagt habe: Wir analysieren die Schwachstellen und erstellen dann ein zukunftsgerichtetes Konzept. Das ist die Basis für die Entscheidung in den Gremien des DFB, Wasserstandsmeldungen werde ich vorher nicht abgeben. Grundsätzlich gilt, Qualität und Gründlichkeit gehen vor Zeit, und die erforderliche Zeit nehmen wir uns. Den DFB-Bundestag im Oktober dieses Jahres sehe ich aber sehr wohl als einen zeitlichen Meilenstein, an dem es gilt, zum Stand des Projektes zu berichten.

DFB.de: Der DFB gehört zu den erfolgreichsten Verbänden überhaupt, die Nationalmannschaft ist Zweiter der Weltrangliste und gehört bei jedem Turnier zu den Favoriten. Weshalb wird beim DFB überhaupt nach Veränderungen gesucht?

Sandrock: Wer sich im Erfolg zurücklehnt, der verspielt oftmals die Zukunft. Von daher muss unser Bestreben und unsere Einstellung sein, jeden Tag ein bisschen besser werden zu wollen und sich nicht mit dem Erreichten zufriedenzugeben. Gerade im Juniorenbereich haben wir zuletzt überdurchschnittlich viele Endrundenturniere verpasst, das gefällt uns gar nicht. Der letzte Titelgewinn der A-Nationalmannschaft liegt auch schon eine Zeit zurück, nämlich 1996. Ein Verband von der Größe des DFB muss auch angesichts der Historie den Anspruch haben, Titel zu gewinnen, diesem Ziel müssen wir unser Denken und Handeln unterordnen.

DFB.de: Heute wird in Dortmund der Grundstein für ein Gebäude gelegt, das die Fußballhistorie abbilden wird, am Dienstag will Dortmund in Madrid Fußballhistorie schreiben. Wie sicher sind Sie, dass der BVB bei Real bestehen kann?

Sandrock: Nach dem Hinspiel ist man geneigt zu sagen, dass eigentlich nichts mehr schiefgehen kann. Ich warne davor. In Madrid ist schon vieles passiert. 4:1 ist ein tolles Ergebnis, es könnte aber fatal sein, sich zu sehr in Sicherheit zu wiegen. Auch die Bayern sind nach dem 4:0 im Hinspiel sehr weit - aber ebenfalls noch nicht am Ziel. Natürlich aber hoffe ich und wünsche mir wie Millionen Fußballfans, dass der Traum von einem deutschen Finale in Wembley wahr wird. In jedem Fall hat die Bundesliga in der Champions League bisher eine großartige Visitenkarte abgegeben.

DFB.de: Am 25. Mai könnte in Wembley Fußballgeschichte geschrieben werden. Sie werden vor Ort sein - mindestens den Finalball müssten Sie für das Deutsche Fußballmuseum unterschlagen, oder?

Sandrock: Nicht nur den. (lacht) Ich bin sicher, dass uns Manuel Neukirchner den einen oder anderen Auftrag mit auf den Weg geben wird.